Protocol of the Session on January 28, 2010

Zum Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachennummer 16/2030 – Stichworte: Kinderlärm ist Zukunftsmusik II – empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der CDU die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Ist das niemand mehr?

[Heiterkeit]

Doch! Die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? – Dagegen sind alle anderen Fraktionen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Zum Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachennummer 16/2031 – Stichworte: Kinderlärm ist Zukunftsmusik III – empfiehlt der Fachausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der CDU bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls die Ablehnung. Wer dem Antrag gleichwohl zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CDU. Wer ist dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen und die FDP-Fraktion. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Fraktion der Grünen ist dieser Antrag ebenfalls abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 d:

Antrag

Arbeitszeitgerechtigkeit für die Berliner Lehrerinnen und Lehrer durch ein neues Arbeitszeitmodell herstellen

Antrag der CDU Drs 16/2920

Das ist die Priorität der Fraktion der CDU unter dem laufenden Tagesordnungspunkt 23. Für die Beratung steht pro Fraktion jeweils wieder fünf Minuten Redezeit zur Verfügung. Das Wort hat von der antragstellenden Fraktion der CDU der Kollege Steuer. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 1 000 ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer sitzen dauerkrank bei voller Bezahlung zu Hause, während gleichzeitig 500 000 Unterrichtsstunden ersatzlos ausfallen. Das ist die schizophrene Gleichung des Personalmanagements in der Berliner Schule durch Rot-Rot. Angesichts der riesigen Probleme in den Berliner Schulen können wir uns – um es ganz deutlich zu sagen – nicht einen einzigen dauerkranken Lehrer leisten.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Felicitas Tesch (SPD)]

Natürlich sind auch einige unter den Dauerkranken, die schlicht den falschen Beruf gewählt haben und mit der Situation zu unterrichten grundsätzlich nicht klarkommen. Aber es sind eben auch viele unter ihnen, die unterrichten wollen, die begeistert waren, aber die letztlich an den ständigen Reformen, der Mehrarbeit, der Demotivation, dem ständigen Personalmangel und den zunehmenden Defiziten der Schulanfänger verzweifelt sind.

Den Berliner Lehrerinnen und Lehrern ist in den letzten Jahren viel abverlangt worden: weniger Einkommen als ihre Kollegen in den anderen Bundesländern, aber gleichzeitig Mehrarbeit, Fortbildungen, neue pädagogische Modelle, jetzt die Schulstrukturreform. Der Senat hat dabei immer wieder übersehen, dass Reformen nur dann umsetzbar sind, wenn sie auch von den Mitarbeitern getragen werden. Wenn nur ein Drittel der Lehrer binnendifferenziert unterrichten kann, muss man sie eben motivieren, an Fortbildungen teilzunehmen. Es reicht nicht aus, immer nur alles zu beklagen und die Lehrerinnen und Lehrer zu beschimpfen.

Wir müssen die Lehrer wieder motivieren und sie in ihrer Arbeit mehr als bisher unterstützen. Wir fordern deshalb die Erprobung eines neuen Lehrerarbeitszeitmodells, mit dem die Arbeitszeiten transparenter und vergleichbarer gemacht werden, mit dem die Schulleitungen flexibler arbeiten, ihr Profil flexibler ausgestalten, Lehrer differenziert eingesetzt werden können und zusätzlich ein Gesundheitsmanagement implementiert wird, mit dem die Lehrer auch entlastet werden. Wir haben hierzu gemeinsam mit dem Verband Bildung und Erziehung vor einigen Monaten ein konkretes Modell vorgelegt. Die Details sind der Öffentlichkeit damals vorgestellt worden. Wir schlagen vor, die Wochenarbeitszeit eines Lehrers so zu gestalten, dass alle Tätigkeiten einbezogen werden und die maximale Wochenarbeitszeit bei 47 Stunden liegt, was am Ende der gesamten Jahresarbeitszeit eines Beamten entspricht. Wir wollen, dass aus den heutigen 26 Regelunterrichtsstunden à 45 Minuten 19,5 Stunden à 60 Minuten werden. Diese Verlängerung auf eine Zeitstunde bedeutet eine deutliche Reduzierung der Vor- und Nachbereitungszeiten. Das Anrechnungsverhältnis von Unterricht, Vor- und Nachbereitungszeit soll grundsätzlich eins zu eins betragen, sodass am Ende 39 Wochenstunden dabei herauskommen. Es bleiben dann noch acht Stunden Zeit für schulorganisatorische Aufgaben, Eltern- und SchülerGespräche, Gremienarbeit, Kooperationen und weitere Projekte. Eine weitere Entlastung der Wochenstunden soll durch die Einbeziehung von Wochenendzeiten und unterrichtsfreie Zeit für Fortbildungen und Schuljahresvorbereitungen erfolgen. Es muss klar werden: Jede im Rahmen der Schule wahrgenommene Aufgabe ist Bestandteil der Lehrerarbeitszeit. Hier brauchen wir mehr Transparenz und mehr Gerechtigkeit.

[Beifall bei der CDU]

Wir sind davon überzeugt, dass ein solches Modell in Berlin erprobt werden sollte. In unserem Antrag haben wir allerdings bewusst nicht so viele Details aufgenommen, weil wir mit Ihnen gemeinsam nach einem Modell suchen wollen.

Dieses Thema eignet sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen. Vielmehr sollten wir versuchen, parteiübergreifend etwas für mehr Lehrermotivation, für Lehrergesundheit und gegen den Unterrichtsausfall in der Stadt zu tun. Wir fordern Sie daher auf, mit uns im Bildungsausschuss auf der Grundlage unseres Modells, aber offen nach einem gemeinsamen Weg zu suchen und so schnell zu Modellversuchen in der Stadt zu kommen, um die Lehrer in Berlin mehr zu motivieren und zu entlasten.

[Beifall bei der CDU]

Für die SPD-Fraktion hat nun Kollegin Dr. Tesch das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Vorstoß der CDU-Fraktion ist nicht neu. Es ist in Insiderkreisen allgemein bekannt, dass in der Schule wie in anderen Berufen auch einige mehr arbeiten und andere weniger. Ich war selbst, als ich noch in der Schule war, davon betroffen. Mit zwei Korrekturfächern und Abiturabnahme sind Sie sehr gefordert. Das versichere ich Ihnen. Aber wir haben uns dieses Themas bereits in der letzten Legislaturperiode angenommen und im Bildungsausschuss sogar eine Anhörung durchgeführt.

[Mieke Senftleben (FDP): Ohne Ergebnis! – Özcan Mutlu (Grüne): Und was war das Ergebnis?]

Sie waren dabei, Frau Senftleben! Herr Mutlu! Wenn Sie sich erinnern: Dort hatten wir auch Hamburger Experten, die uns ihr Faktorenmodell vorgeführt haben, das aber nach meiner Erinnerung niemand so richtig verstanden oder zur Umsetzung in Berlin vorgeschlagen hat.

[Mieke Senftleben (FDP): Na, super! Das lag an Ihnen!]

Es gab bereits in Berlin – nach § 4a der Arbeitszeitverordnung – in der Zeit von März 1997 bis zum 31. Juli 2006 für jede Einzelschule die Möglichkeit, Arbeitszeitmodelle auszuprobieren. Damit war das Land Berlin sehr fortschrittlich. Aber von dieser Option, die fast 10 Jahre bestand, hat keine einzige Schule Gebrauch gemacht. Also scheint hierfür keine Notwendigkeit zu bestehen.

[Mieke Senftleben (FDP): Das kann doch nicht wahr sein!]

Auch nach Auslaufen der Regelung wurde diese nicht nachgefragt. Offensichtlich kann die Arbeitszeitgerechtigkeit deshalb auch durch Unterrichtsverteilung in der Schulorganisation der einzelnen Schule hergestellt wer

den. Es hat keinen Sinn, par Ordre du Mufti allen Schulen eine neue Arbeitszeitregelung zu oktroyieren. Dies würde eine landesweite Diskussion und die Abstimmung mit allen Beteiligten voraussetzen. Aber auch innerhalb der einzelnen Fächer gibt es engagierte und nicht so engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Dies kann jedoch die Einzelschule viel besser beurteilen, die die jeweils sehr belasteten Kolleginnen und Kollegen dann dementsprechend freistellen kann. Ein Landesentscheid würde an dieser Stelle nichts bringen.

[Mieke Senftleben (FDP): Doch!]

Es gibt übrigens auch kein anderes Bundesland, das diese Frage zufriedenstellend gelöst hat – außer vielleicht Bayern, das einfach oktroyiert, alle Kunst- und Sportlehrer unterrichten zwei Stunden weniger.

[Mieke Senftleben (FDP) und Sascha Steuer (CDU): Mehr!]

Mehr! Entschuldigung! – Aber auch da muss man differenzieren. Es gibt Sportlehrerinnen und Sportlehrer, die sich der Landesjugendspiele annehmen und da sehr viel Arbeit hineinstecken.

[Mieke Senftleben (FDP): Mir kommen die Tränen!]

Es gibt Musiklehrerinnen und Musiklehrer, die ein Orchester oder einen Chor leiten oder bei „Jugend musiziert“ mitmachen. Insofern müsste ich auch innerhalb der einzelnen Fächergruppe noch mal Differenzierungen vornehmen. Das kann aber am besten der Schulleiter oder die Schulleiterin bestimmen.

[Mieke Senftleben (FDP): Das müsste man machen, aber die Freiheit haben sie gar nicht!]

Wenn man Arbeitszeitgerechtigkeit herstellen wollte, könnte man das nur anhand der Präsenzzeiten, und das ist schwierig zu messen. Da noch nicht alle Schulen so ausgestattet sind, dass die Lehrerinnen und Lehrer rund um die Uhr dort sein können, müssen sie selbstverständlich auch zu Hause Korrekturarbeiten erledigen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat mal einen Modellversuch gemacht, wo alle Lehrerinnen und Lehrer in Minuten aufgeschrieben haben, welche Zeit sie zu Hause mit Telefonaten mit den Eltern oder mit Korrekturen verbringen. Herausgekommen ist nur, dass sie mehr arbeiten, als sie eigentlich müssten. Das kann nun auch nicht der Sinn des Ganzen sein.

Ich verstehe auch nicht, warum die CDU-Fraktion dieses Thema schon heute auf die Prioritätenliste setzt, wenn wir doch am 4. März im Bildungsausschuss darüber abermals diskutieren wollen. Ich sage Ihnen schon jetzt: Diese Diskussion wird nichts Neues erbringen, sondern nur unsere Lebenszeit kosten.

[Andreas Gram (CDU): Die Blockierer wieder mal! – Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne)]

Dazu, dass Herr Steuer in seiner Rede anfängt, auf die dauerkranken Lehrer und den Unterrichtsausfall abzu

heben, sage ich nur – weil wir uns mit Schule befassen –: Thema verfehlt!

[Beifall bei der SPD]

Natürlich sind Fortbildungen wichtig und nötig. Wir haben sie auch immer in unsere Koalitionsvereinbarungen aufgenommen. In anderen Berufen ist es überhaupt kein Thema, dass man verpflichtend – obligatorisch – zu Fortbildungen geht. Vergessen Sie bitte Folgendes nicht: Was die Schulformen angeht, so hat diese Koalition bereits eine Annäherung an die Arbeitszeitgerechtigkeit erreicht, denn in der neuen integrierten Sekundarschule werden alle 26 Wochenstunden unterrichten. Das halte ich für einen richtigen Schritt.

[Mieke Senftleben (FDP): Alle 26 – das hat nichts mit Arbeitszeitgerechtigkeit zu tun! Was ist mit den anderen?]

Egal, ob sie vorher an einer Hauptschule, an einer Realschule oder an einer Gesamtschule waren! Auch Gymnasiallehrer unterrichten 26 Wochenstunden. Und das finde ich richtig.

[Beifall bei der SPD – Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

Frau Senftleben! Ich weiß nicht, warum Sie diesen CDUAntrag so vehement vertreten,

[Mieke Senftleben (FDP): Das tue ich nicht!]

aber offensichtlich gehören Sie jetzt schon zu dieser Fraktion. Diesen Antrag halte ich jedenfalls nicht für besonders zielführend. Ich bitte aber dennoch um Überweisung in den Bildungsausschuss, um dort die eben erwähnte Diskussion zu ermöglichen. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Für die Fraktion der Grünen hat nun der Abgeordnete Mutlu das Wort. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja nichts Neues, dass Sie Oppositionsanträge per se schlecht finden. Frau Dr. Tesch! Ich hätte mir aber gewünscht, dass Sie vielleicht mal das rot-rote Konzept vorstellen und uns erklären, was dieser rot-rote Senat seit über acht Jahren in puncto Arbeitszeitgerechtigkeit in dieser Stadt getan hat.