Protocol of the Session on January 14, 2010

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen von der FDP und der CDU! Ich muss mal einen Irrtum ausräumen: Berlin ist die Hauptstadt der Elektromobilität,

[Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Ach!]

denn Elektromobilität wird bei uns in einem Umfang wie in sonst keiner anderen Stadt praktiziert, nämlich mit Straßenbahn, S-Bahn und U-Bahn. Das ist Elektromobilität, meine Herren, natürlich!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Sebastian Czaja (FDP): Nur dass die S-Bahn nicht mehr viel mit Mobilität zu tun hat!]

Nun sind wir weit davon entfernt, wieder ein O-Bussystem einführen zu wollen, aber natürlich gibt es auch Entwicklungen, die elektrische Busflotten anbelangen. Auch da gibt es inzwischen Initiativen in Berlin. Die sind Ihnen möglicherweise nicht bekannt, aber das heißt nicht, dass sie in Berlin nicht stattfinden. Das ist ja das Problem, dass Sie ja gar nicht wahrnehmen, was in Berlin so alles stattfindet,

[Beifall von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

sondern meinen, Sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen und nur das, was Sie hier vortragen, sei richtig und wichtig. Nein! Berlin hat – Sie sagten es als Kritik – einen großen Kongress „Green Economy“ gemacht. Berlin hat eine Messe, wenn wir Elektromobilität so verstehen wollen, wie Sie es eingeschränkt auf Autovehikel verstehen, für Elektromobilität dieser Art, nämlich in Tempelhof, wo Sie nur mit dem Flugzeug hinwollten. Und es gibt weitere Initiativen. Was wir nicht tun werden, das haben wir mehrfach erklärt, dass wir bestimmte Anbieter, die sich einzeln mit ihren Projekten im Markt dadurch einen Vorteil verschaffen wollen, dass sie es mit der öffentlichen Hand gesichert umsetzen, dass wir diese unterstützen, das werden wir nicht tun. Dann sagen wir, wenn es denn eine Marktentwicklung gibt – im schönsten FDP-Wirtschaftsverständnis –, dann wollen wir doch bitte schön an der Marktentwicklung teilnehmen, und dann werden wir uns auch daran beteiligen, wenn die technische Entwicklung dann auch so weit gediehen ist, dass es für die öffentliche Hand dann auch günstiger wird.

Frau Matuschek! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schmidt?

Ach nein, das muss nicht sein!

Dann nicht!

Wir können auch bilateral darüber reden, Herr Schmidt! Sie sind ein netter Gesprächspartner. Machen wir das lieber so!

[Oh! bei der SPD]

Was Sie allerdings in der Diskussion nicht angesprochen haben – und das darf man nicht unter den Tisch fallen lassen –, ist: Was ist eigentlich der Knackpunkt dieser Elektromobilität im Sinne von Automobilität? – Es ist immer noch: Wo kommt eigentlich die Elektroenergie her? – Und dann sind wir bei dem Problem, wenn man an ein batteriegestütztes System denkt, dass man die Elektroenergie dort auch irgendwie reinkriegt. Also sind wir bei dem Problem der Stromerzeugung. Da haben wir nach wie vor Kohle, Gas, andere fossile Energieträger. Wir haben die Atomstromindustrie. Wir haben die Biovariante, die sich allerdings jetzt schon als Sackgasse entwickelt hat. Und dann haben wir auch noch die alternativen Energien. Und da muss man ansetzen, wenn man über Elektromobilität redet. Man kann nicht nur von dem kleinen, hübschen, süßen Smart mit Elektrobatterie reden, sondern man muss von dem Gesamtsystem reden und eine Gesamtumweltbilanz aufmachen, wenn man denn meint, das sei ökologisch so überlegen. Natürlich gibt es einige Vorteile von elektrischen Fahrzeugen hinsichtlich der Schad

stoffarmut, der Lärmarmut, auch der Geschwindigkeitsbereich ist ein Aspekt. Allerdings ist der ökologische Flächenaspekt in dieser Frage überhaupt nicht bedacht worden. Um mich nicht zu wiederholen, all diese Vorteile, auch die Nachteile betreffen auch den öffentlichen Nahverkehr.

Ein Wort noch zu dem CDU-Antrag: Lieber Herr Buchholz! Mich wundert, sonst sind Sie immer sehr genau im Lesen von Anträgen, da steht nichts von Förderung derjenigen Parkscheinautomaten, die einen Stromanschluss mitbringen,

[Zuruf von den Grünen]

sondern es ist tatsächlich in dem CDU-Antrag die Verknüpfung der Parkwirtschaftszonen. Ich lese den Antrag, dass nur noch – nach Willen der CDU – Parkbewirtschaftungszonen eingerichtet werden sollen, wenn dort entsprechende Parkscheinautomaten mit Stromanschluss dran sind. Das macht wiederum keinen Sinn, wenn wir mal bedenken, wie viel tatsächliche Autos wir haben, die dringend in eine Parkraumbewirtschaftung einbezogen werden müssen, und wie viel Autos davon tatsächlich auch Elektroautos sind. Da wird ein Verhältnis aufgemacht, das so nicht stimmt – erstens! Zweitens muss man sich auch in diesem Fall anschauen, was dort für ein Marktgeschehen, ein Anbieterverhalten bisher nachweisbar ist. Auch in diesem Fall werden wir uns weigern, einen Bestimmten – und mir ist nur einer bekannt, der bisher Parkscheinautomaten mit Stromanschluss anbietet – dadurch zu fördern, dass die öffentliche Hand jetzt nur noch mit diesem einen irgendwas bevorzugt macht. Das wird auch in diesem Fall nicht klappen. Deswegen werden wir auch über diesen Antrag noch im Ausschuss reden, aber eher sehr skeptisch draufschauen, als dass wir, wie von dem Kollegen Buchholz angedeutet wurde – – Die FDP-Anträge haben wir im Ausschuss schon abgelehnt. Das werden wir heute wiederholen.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Matuschek! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Abgeordneter Schäfer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Anteil des Verkehrs am CO2-Ausstoß in Berlin ist in acht Jahren Rot-Rot unaufhörlich angestiegen. Frau Matuschek! Herr Buchholz! Da ist es dann ein bisschen peinlich, wenn Sie hier einen produktiven Antrag der Opposition ablehnen, ohne auch nur ein Wort dazu zu sagen, was Sie selber tun wollen.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Eines muss aber klar sein: Das Elektroauto allein ist nicht die Lösung für das Problem CO2-Ausstoß im Verkehr, es kann aber ein Teil der Lösung sein. Ich denke aber, wich

tiger ist, dass wir von dem Leitbild der autogerechten Stadt wegkommen. Dieses Leitbild verfolgt der Senat mit der A 100 weiter. Davon müssen wir uns verabschieden und zu einem Vorrang für Radverkehr, Fußgänger, Busse und Bahn kommen. Das, denke ich, muss vorab gesagt werden.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Marion Platta (Linksfraktion)]

Denn auch Elektroautos haben einen hohen Energieverbrauch, brauchen öffentlichen Raum, haben einen hohen Ressourcenverbrauch in der Herstellung, mehr als wir uns im Durchschnitt werden leisten können. Dennoch denke ich, das Elektroauto wird ein Teil der Lösung sein, die wir brauchen, da es auch weiterhin Bereiche des motorisierten Individualverkehrs geben wird. Da hat es einen Vorteil gegenüber Biokraftstoffen, kann im Smart Grid integriert werden. Da hat es Vorteile.

Ich möchte jetzt auf die Gegenargumente kommen – wir befürworten beide Anträge der FDP. Die Gegenargumente, die heute hier gebracht worden sind, sind schwach. – Herr Buchholz! Sie sagen, man müsse sich am maximalen Energieverbrauch orientieren. Es müsse technologieoffen sein. Da haben Sie recht. Aber dann müssen Sie den Antrag genau lesen. Frau Matuschek hat schon festgestellt, dass Sie dieses Mal nicht so genau gelesen haben. Im FDP-Antrag steht: Das günstigste Angebot nach Lebenszeitanalyse soll gewählt werden. Das ist ein sehr technologieoffener Antrag.

[Daniel Buchholz (SPD): Oben steht das Gegenteil!]

Sie sagen, die Ökobilanz von Elektromobilen ist teilweise schlechter als die von Verbrennungsmotoren. Das stimmt. Aber dann muss man als Staat die Rahmenbedingungen so setzen, dass das eben nicht so ist.

Dann frage ich: Warum lassen Sie die Großkonzern-Ehen von Daimler und RWE, von Vattenfall und BMW allein bestimmen? Anstatt Rahmenbedingungen selbst zu setzen, lassen Sie hier in Berlin die Großkonzerne die Rahmenbedingungen für Elektromobilität setzen. Da ist es dann eben so, dass man mit seinem Daimler-BenzElektromobil nur RWE-Atomstrom und -Kohlestrom in Berlin tanken kann. Das ist aber ein Versäumnis Ihres Senats, dass er die Rahmenbedingungen nicht anders gesetzt hat.

[Beifall bei den Grünen]

Ihre Gegenargumente sind in Wahrheit Argumente, dem Antrag der FDP zu folgen. Denn der eine Antrag fordert den Senat auf, Rahmenbedingungen so zu setzen, dass jeder selber entscheiden kann, welchen Strom er bezieht, dass jeder selber entscheiden kann, mit welchem Hersteller er sich an Elektromobilität beteiligt. Dahin muss die Reise gehen, und da sind andere Städte weiter als Berlin unter dem rot-roten Senat. Es ist schon bezeichnend, wenn die FDP Ihnen vorschlagen muss, dass Sie endlich Rahmenbedingungen für den Markt setzen, und Sie selber als rot-rote Koalition nicht auf diese Idee kommen.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Ich möchte zum Abschluss Klaus Wowereit von der Green-Economy-Konferenz im November letzten Jahres zitieren. Da sagt er, dass in der Modellregion „E-mobility“ in Berlin-Brandenburg das Problem vor allem in dem Mangel an Elektrofahrzeugen besteht. Er ruft die Berliner Unternehmen dabei auf – ich zitiere:

Nehmen Sie E-Fahrzeuge in ihre Flotte auf, nutzen Sie Berlin als „Labor“ und Referenzstadt! Denn die Stadt verfügt derzeit über die am meisten ausgebaute Lade-Infrastruktur.

Und er sagt:

Und natürlich kann ich mir auch vorstellen, den Fuhrpark öffentlicher Einrichtungen in ein Pilotprojekt einzubeziehen.

Eine Anfrage meiner Kollegin Claudia Hämmerling hat diese Woche ergeben: Nicht ein einziges Elektromobil ist in der Flotte des Senats!

[Zurufe von der SPD]

Ihr angeblich regierender Bürgermeister ruft die Berliner Unternehmen auf, Elektromobile in ihre Fuhrparks zu nehmen, und sein eigener Fuhrpark hat kein einziges. Wir bitten Sie: Befreien Sie den Regierenden Bürgermeister aus dieser peinlichen Situation! Stimmen Sie dem FDPAntrag „Elektromobilität im Berliner Fuhrpark einsetzen!“ zu! Damit wäre dem Regierenden Bürgermeister geholfen. Wir werden ihm diesen Gefallen tun, und wir hoffen, dass sich die Koalitionsfraktionen dem anschließen werden.

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schäfer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, und ich lasse abstimmen. Zum Antrag der FDP Drucksache 16/1801 – Stichwort: Elektromobilität unterstützen – empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich – gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen –, den Antrag auch mit geändertem Berichtsdatum abzulehnen. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion, die FDPFraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letzteres ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag der FDP abgelehnt.

Zum Antrag der FDP Drucksache 16/1802 – Stichwort: Elektromobilität im Berliner Fuhrpark einsetzen – empfiehlt der Ausschuss ebenfalls mehrheitlich – gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen –, den Antrag auch mit geändertem Berichtsdatum abzulehnen. Wer dem Antrag dennoch zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU-Fraktion, die FDPFraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Koalitionsfraktionen. Letz

teres ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag der FDP abgelehnt.

Zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2893 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr sowie mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Die lfd. Nr. 4 d haben wir als gemeinsames Thema unter dem Tagesordnungspunkt 4 b aufgerufen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 e:

Entschließungsantrag

Solidarität im Bildungsstreik – Studierbarkeit gewährleisten

Antrag der CDU Drs 16/2898