Frau Junge-Reyer ist nicht in der Lage, Themen wie die Nachnutzung des Flughafens Tempelhof, Mediaspree oder kleine Punkte wie WLAN im Citybereich so umzusetzen, dass wir ein kraftvollen Zeichen für Wirtschaftsansiedlung in Berlin setzen können. Das Einzige, was von Senator Wolf kommt, ist ein wirtschaftsfeindliches Vergabegesetz, das in der Tat in keiner Weise dazu beiträgt, Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Prosperität in Berlin zu schaffen.
Auch an anderer Stelle sind die Versäumnisse groß. Der S-Bahnvertrag ist das klassische Beispiel. Das eine ist, dass hier die S-Bahn als solche versagt hat. Das andere ist aber, dass Sie Ihre Aufsichtsmöglichkeiten nicht wahrgenommen haben durch die Art, wie Sie den S-Bahnvertrag damals geschlossen und wie Sie sich über eine Direktvergabe zur S-Bahn gegen Wettbewerb, gegen eine Ausschreibung entschieden haben. Jetzt müssen Sie sich auch dafür verantworten, dass es die S-Bahn nicht einmal schafft, den Fahrplan zum 13. Dezember wieder regulär einzuhalten.
Auch beim Thema linke Gewalt ist das so. Die Aussagen von Herrn Körting werden immer schriller. Inhaltlich kann man sie durchaus teilen. Aber man muss sich natürlich nicht wundern, wenn seit acht Jahren ein latentes Klima herrscht, in dem zumindest das Gefühl da ist, dass man auf dem linken Auge ein Stück weit blind ist,
wenn immer wieder auf der einen Seite vor allem in der Führung der Linksfraktion ein ganz klares Bekenntnis gegen Gewalt vorherrscht, auf der anderen Seite aber andere Abgeordnete und Bezirksverordnete das sofort im nächsten Atemzug relativieren. So geht es nicht, und deshalb haben Sie auch hierfür die Verantwortung zutragen.
Zum Haushalt selbst: Herr Sarrazin sagte zur Einbringung des Haushalts 2008/2009, dass dies ein Haushalt der ruhigen Hand ist. Herr Wieland hatte dieses damals auch positiv hervorgehoben und sich glücklich geschätzt, dass das eine gute Entwicklung ist. – Herr Wieland! Sie haben eben noch mal formuliert, dass man bei den Ausgaben nicht übermütig werden sollte. Ich frage Sie: Wie sieht das denn aus, wenn Sie oder die Koalition bei den Ausgaben übermütig wird, wenn nicht so, wie Sie es in diesem Haushalt abgebildet haben? Sie haben in der gesamten Breite des Haushalts Aufwüchse. Sie – und auch keiner der Vorredner – haben zu keinem Zeitpunkt Konsolidierungsziele benannt, Konsolidierungsmöglichkeiten erkannt und sich dafür ausgesprochen, dass diese gehoben werden sollen.
Herr Müller hat vor zwei Jahren formuliert: Versprochen – gehalten, der Haushalt ist konsolidiert! Man muss zwei
Sie haben sich auf den Steuermehreinnahmen der letzten Jahre ausgeruht, und Sie haben sich auf das Geldausgeben konzentriert. Die Nettokreditaufnahme im Jahr 2010 wird um 2,8 Milliarden Euro steigen, im Jahr 2011 um 2,7 Milliarden Euro. Die Zinszahlen werden von 2,3 Milliarden Euro auf 2,5 Milliarden Euro steigen, trotz eines historisch niedrigen Zinsumfeldes.
Doch statt in den Haushaltsberatungen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, die Ausgaben zumindest auf dem Stand der Vorjahre einzufieren, die Klientelprojekte wie den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor oder die Gemeinschaftsschule auf den Prüfstand zu stellen, nutzen SPD und Linke das letzte Haushaltsgesetz vor dem Ende der Legislaturperiode, um die Ausgaben in die Höhe zu treiben. Aufwüchse gibt es – wie gesagt – in der gesamten Bandbreite des Haushalts. Auch wenn man die Transferleistungen rauszählt, ist ein Anstieg in den konsumtiven Sachausgaben im Jahr 2010 von über 300 Millionen Euro, im Jahr 2011 von noch einmal über 100 Millionen Euro zu verzeichnen.
Herr Müller! Formulieren Sie doch mal, wo Ihre Schwerpunkte bei diesen Aufwüchsen sind! Schwerpunkt heißt auch immer, dass sie an irgendeiner Stelle in der Lage sind, sich zurückzunehmen. Das können wir in diesem Haushalt leider nicht sehen. Sie haben sich darauf konzentriert und auch in den 30 Minuten, die Sie hier gesprochen haben, zu keinem Zeitpunkt einen Punkt genannt, bei dem Sie in der Lage waren, eine Ausgabenreduzierung zu verkünden. Das ist wirklich erbärmlich!
Jeder in diesem Haus weiß, dass ein Umsteuern nötig ist. Deswegen sind die Beratungen, die wir in den letzten Monaten geführt haben, auch ein Stück weit gespenstisch. Denn jeder ist sich darüber im Klaren, dass wir im Jahr 2012 damit anfangen müssen, wenn wir in diesem Haushaltsgesetz nicht damit angefangen. Das ist auch Ihr Versuch, die Haushaltsberatungen jetzt noch zu überstehen, um in den nächsten zwei Jahren keine Konsolidierungsleistungen anstrengen zu müssen. Sie verschieben das Ganze auf das Jahr 2012. Interessant ist bloß die Frage, wie Sie im Jahr 2011 die Haushaltsplanaufstellung bewerkstelligen wollen. Da werden Sie Farbe bekennen müssen, und da werden wir Sie im Wahlkampf stellen.
Es gilt weiterhin: Berlin hat nicht in erster Linie ein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Ungefähr ein Drittel der Ausgaben Berlin sind durch EU- und Bundesvorgaben vorgegeben. Der Rest ist theoretisch Gestaltungsspielraum. Ich vermisse in dieser Debatte die Diskussion mit allen politischen Akteuren darüber, wo wir diese Gestaltungsspielräume nutzen können. Herr Nußbaum hat es in einer der Hauptausschusssitzungen zumindest umrissen: Wir haben einen Investitionshaushalt von
1,4 Milliarden Euro pro Jahr. In beiden Jahren werden mehr als 8 Milliarden Euro Zuschüsse und Zuwendungen an Dritte meistens ohne gesetzliche Verpflichtungen ausgeschüttet. Wir zahlen jährlich ungefähr 4 Milliarden Euro an Transferausgaben, und wir geben für fragwürdige Arbeitsmarktförderung über 100 Milliarden Euro pro Jahr aus. Hier müsste es möglich sein, Zeichen zu setzen, und hier müsste es vor allem möglich sein, in diesem Haushaltsjahr Konsolidierungsleistungen anzusetzen. Das wollen Sie nicht. Das ist nicht Ihr politischer Wille, und deswegen müssen wir Sie an diesen Zahlen messen.
Herr Nußbaum gefällt sich in Ankündigungen. Ich zitiere aus der „Bild“ vom 5. Dezember zu der Frage: „Wetten, dass Sie den teuren öffentlichen Beschäftigungssektor mit 7 000 Stellen für Langzeitarbeitslose nicht antasten werden?“ – Herr Nussbaum formuliert: „Nein!“ – Mit anderen Worten, er möchte den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor antasten.
Herr Wolf erzählt uns hier gerade das Gegenteil. Genau das ist das Doppelspiel, das Sie spielen. Auf der einen Seite sagen Sie, der ÖBS ist ihr Erfolgsprojekt, sie tasten ihn nicht an. Auf der anderen Seite sagt Herr Nußbaum genau das Gegenteil. In der Lage, hier in irgendeiner Form einen Schwerpunkt zu setzen, sind Sie nicht. Wie gesagt, Herr Nußbaum ist bei Ankündigungen. Wir haben, Herr Nußbaum – das muss man dazu auch sagen –, die Situation, dass wir ein warnendes Beispiel aus Bremen kennen. Sie haben in Bremen bereits dabei versagt, einen Haushalt zu konsolidieren. Sie haben damals den Schuldenstand dieses kleinen Stadtstaates von 10 auf 15 Milliarden Euro mit hochgetrieben. Das haben Sie als Finanzsenator damals zu verantworten gehabt. Wir können alle nur hoffen, dass Sie aus den Fehlern, die Sie in Bremen gemacht haben, gelernt haben.
Wenn wir beim Thema ÖBS sind, dann vielleicht noch ein Wort zu Ihnen, Herr Henkel: Wenn Sie gegen den ÖBS sind, dann hätten wir uns gewünscht, dass Sie mit uns zusammen den gesamten ÖBS als Ansatz streichen und nicht nur 30 Millionen Euro, wie Sie in den Haushaltsberatungen beantragt haben.
Statt die Ausgabenkonsolidierung voranzutreiben, üben sich die Akteure von Rot-Rot in immer neuen, nicht finanzierbaren Hirngespinsten. Es fing mit der Kunsthalle an – das wird jetzt immerhin eine mobile Kunsthalle – oder einer Landesbibliothek, und es geht weiter mit der Frage des S-Bahnkaufs, der Quasi-Rückverstaatlichung, und mit dem Rückkauf der GASAG. Die Wasserbetriebe sind im Gespräch oder jetzt der Aufbau eines landeseigenen Stromversorgers. All das ist nicht im Haushalt abgebildet, und das alles ist – das könnte man in der Tat noch sagen, dass man hier keinen konkreten Haushaltstitel einbauen möchte – auch nicht in der mittelfristigen Finanzplanung abgebildet. Zumindest dazu hätten Sie ein Wort reinschreiben können. Dass Sie das nicht getan haben, entlarvt das natürlich wieder als eine Art Vorwahlkampfgeplänkel zwischen SPD und Linken. Sie ver
suchen, sich gegenseitig links zu positionieren, und überbieten sich in entsprechenden Formulierungen.
Auch Ihr Mietenkonzept, das Sie jetzt überraschend vorgelegt haben, ist nicht ausfinanziert. Wir sind gespannt, wie Sie das im nächsten Jahr in den laufenden Haushalt implementieren werden.
Die Kitafrage: Wenn Sie sagen, 83 Millionen Euro für die Kitas – ja, interessant. Aber wie schnell Sie diese im Haushalt umgeschichtet haben, ist natürlich problematisch. Sie machen damit Ihren ganzen Anspruch, dass Sie auf der anderen Seite hier Ausgaben konsolidiert haben und nicht Mehrausgaben reduzieren können, unglaubwürdig, wenn Sie mal eben 83 Millionen Euro umschichten können. Die Gegenfinanzierung ist auch nicht nachhaltig. Sie schichten ein paar Millionen Euro durch Streichung von Wirtschafts- und Ansiedlungsförderung um. Beim Geschäftsbedarf der Polizei und bei der Entschädigung von Opfern von Gewalttaten sparen Sie ein bisschen. Der Großteil der Gegenfinanzierung sind Einmaleffekte – Sie nehmen der Wissenschaft 32 Millionen Euro weg, und verschieben Baumaßnahmen in Höhe von 20 Millionen Euro. Auch das ist die Kehrseite Ihrer Kitafinanzierung. Das bestimmende Merkmal Ihrer Politik ist: Sie verschieben Lasten in die Zukunft, und ab 2012 muss dann die Zeche gezahlt werden. Das Zahlenwerk wird ab dem Jahr 2012 zusammenbrechen. Die Frage für Sie ist nur, ob es noch bis zur Wahl reicht.
Auch wir wollten Kitaqualitätsverbesserungen, aber wir waren ehrlich und haben gesagt, das geht nicht umsonst, sondern wir müssen auch die Eltern mit ins Boot holen, und wir müssen Kitabeiträge erheben. Das wäre der ehrlichere Weg gewesen.
Sie haben in diesem Haushalt eine ganze Reihe von weiteren, ungelösten Baustellen, die Sie vertagt haben – Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst zum Beispiel: Sie haben immer noch kein Personalbedarfskonzept vorgelegt. Stichwort ICC bzw. Messesituation insgesamt: Soll das ICC jetzt saniert werden, oder setzt sich Herr Wolf mit einem Abriss und einem Neubau durch? Die Charité ist ein Beispiel: Auch hier erzählte uns Herr Nußbaum im Sommer noch, dass er ein Konzept erstellen und dann auf diesem Konzept eine Entscheidung treffen möchte. Am Wochenende steht in der Zeitung, dass er dem Campus Benjamin Franklin als Universitätsstandort keine Chance gibt und stattdessen die Bettenhochburg in Mitte sanieren möchte. Auch das ist alles keine seriöse Haushalts- und Wirtschaftspolitik. Die nächste Frage – IBB: Werden Sie im nächsten Jahr gegen die Empfehlung vom BaFin eine Gewinnabführung durchführen? – Das sind alles Fragen, die Sie sich stellen lassen müssen, wo Sie im Haushalt keine Antworten haben. Das wäre eigentlich der Punkt, wo Sie Antworten geben müssten.
Das, was die rot-rote Koalition in den Haushaltsberatungen geleistet hat, waren Einsparungen in einer Größe von 1,8 Millionen Euro. Das ist fast schon peinlich. Sie halten damit die Zinsuhr um ganze sechs Stunden auf. Das ist alles das, was Sie in den Haushaltsberatungen geschafft haben.
Und, Herr Wieland, wenn Sie sagen, Sie wünschen sich da mehr Mut auch von Ihren Fraktionären, dann würde ich Sie bitten, nächstes Mal vor den Haushaltsberatungen zu appellieren und nicht danach.
Unser Ziel ist Generationengerechtigkeit. Wir wollen zwar der Krise nicht hinterhersparen, sind aber der Meinung, dass die Politik die Handlungsspielräume der nächsten Generationen in der Zukunft nicht beschränken darf. Deswegen sind wir der Auffassung, dass der Zinsaufwuchs, der durch die neuen Schulden entsteht, zumindest durch Ausgabenkürzung gegenfinanziert werden soll. Wir haben unsere Ausgabenreduzierungs- und Einnahmeerhöhungsvorschläge in einem Sparbuch zusammengefasst, das werde ich gleich Herrn Senator Nußbaum übergeben.
Wir haben aber auch vorsichtige Entlastungen aufgezeigt. Zum Beispiel sind wir für die Abschaffung des Grundwasserentnahmenentgelts. Hier könnte man die Bürgerinnen und Bürger der Stadt sehr einfach entlasten. Da sind wir auch gleich beim Thema Wasser: Es wäre ein Einfaches für den Senat und auch für Sie, Herr Wolf, statt über die Preistreiberei der Privaten zu schimpfen, zunächst erst mal den Preistreiber Nummer eins bei den Wasserpreisen zu benennen: Das ist der Senat.
Die Wasserbetriebe führen im Jahr 200 Millionen Euro an das Land ab, 50 Millionen Euro über das Grundwasserentnahmeentgelt.
Sie könnten auch über Themen wie die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals unproblematisch sehr schnell zu einer Linderung des Wasserpreises kommen. Das wollen Sie nicht, weil Sie auf der anderen Seite abkassieren wollen. Deswegen sind Ihre Einlassungen zu der Wasserpreistreiberei in Berlin durch die Privaten in höchstem Maße unseriös.
Wir haben in allen Etats Kürzungsvorschläge vorgelegt. Wir haben diese in den einzelnen Bereichen konkretisiert. Damit haben wir uns in der Stadt an der einen oder anderen Stelle sicherlich nicht beliebt gemacht. Aber wir sind der Auffassung, es gehört zu einer seriösen und ehrlichen Haushaltspolitik dazu, nicht über pauschale Minderausgaben oder über pauschale Mehreinnahmen Beispiele aufzuzeigen, wie es andere Fraktionen getan haben. Uns geht es
Wie gesagt, wir werden die nächsten anderthalb Jahre Stillstand in der Stadt erleben. Wir werden zwei verschenkte Jahre für Berlin erleben. Dieser Haushalt mündet zwar in die Abwahl des Senats,
aber wir werden bis dahin Politik auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner in der Stadt erleben. Sie werden sich zu keinen strukturellen Entscheidungen mehr durchringen können. Das ist schade für Berlin, das ist bedauerlich für Berlin. In anderthalb Jahren werden Sie abgewählt!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer! – Das Wort hat jetzt der Regierende Bürgermeister von Berlin, Herr Klaus Wowereit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte am Anfang meiner Rede Dank sagen, Dank sagen dem Vorsitzenden des Hauptausschusses, den Abgeordneten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Abgeordnetenhauses für ihre Arbeit im Rahmen der Beratung des Haushalts. Aber ich möchte auch gleichzeitig den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Senatsverwaltung, der Bezirksämter und der nachgeordneten Einrichtungen recht herzlich Dank sagen, weil sie auch viel zu tun hatten, um Ihren Informationsbedürfnissen mit den vielen Berichten gerecht zu werden, die angefordert worden sind und hoffentlich auch weitestgehend zu Ihrer Zufriedenheit erledigt worden sind. Es war auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Verwaltung eine Hochkampfzeit. Dafür auch ein recht herzliches Dankeschön!
Das Budgetrecht ist das originäre Recht eines Parlaments. Natürlich wird der vorgelegte Entwurf des Senats zu einem Doppelhaushalt kontrovers diskutiert. Das ist normal, das ist legitim, und das hat auch in den letzten Wochen stattgefunden. Man freut sich eigentlich immer auf den Höhepunkt dieser Plenardebatte, wenn die Opposition zeigt, was sie alles zu kritisieren hat. Vollkommen richtig, Herr Henkel, Sie sind Oppositionsführer, Sie müssen alles schlecht machen, was der Senat macht. Dafür werden Sie aus Steuergeldern bezahlt. Diese Aufgabe haben Sie erfüllt, Herr Henkel! Herzlichen Glückwunsch zu dieser Oppositionsrede!