Ich schlage vor, die Frage Nr. 2 des Abgeordneten Friederici sowie die Frage Nr. 5 des Abgeordneten Meyer zum Thema A 100 mit dem üblichen Verfahren zusammen zu behandeln. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat der Abgeordnete Christian Gaebler von der Fraktion der SPD zum Thema
1. Hat der Senat Erkenntnisse darüber, worauf die Entgleisung eines S-Bahnzuges am vergangenen Wochenende zurückzuführen ist, und wurde er zeitnah von dem Verkehrsunternehmen über die erneute Störung im Schienenverkehr und die damit verbundenen Auswirkungen informiert?
2. Welche Sanktionsmöglichkeiten sieht der Senat, um gegenüber der S-Bahn Berlin GmbH die Lieferung einer stabilen Verkehrsleistung durchzusetzen?
Dazu hat die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau JungeReyer, das Wort! – Bitte schön, Frau Senatorin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaebler! Über die am Sonntag, es war der 22. November, gegen 3.55 Uhr eingetretene Entgleisung wurde der VBB von der S-Bahn unmittelbar, das heißt gegen 5.00 Uhr, informiert. Ich selbst bin am Mittag informiert worden, gegen 14.30 Uhr wurde der Sachstand dann förmlich übermittelt, also noch am selben Tag. Über länger andauernde Auswirkungen können zurzeit noch keine Aussagen gemacht werden. Im Augenblick laufen die Untersuchungen des Eisenbahnbundesamtes und die der S-Bahn selbst. Ursache für die Entgleisung war nach ersten Ermittlungen eine gebrochene Pendelspitze am Fahrzeug.
Zu Ihrer Frage 2: Wenn es um die Durchsetzung eines sicheren und vertragsgemäßen Ablaufs der Verkehrsleistungen geht, ist zunächst die Frage der technischen Sicherheit, für die die Eisenbahnbetriebsleiterin beziehungsweise das Eisenbahn-Bundesamt – EBA – zuständig sind, zu erwähnen. Eine gesetzlich vorgeschriebene technische Überwachungsinstanz hat mit dem EBA und der S-Bahn GmbH ein engmaschiges Kontrollnetz aufzubauen. Dabei kommt es vor allem darauf an, dass das EBA Sanktions- und Reaktionsmöglichkeiten hat, wenn die SBahn GmbH die Vorschriften für die technische Sicherheit verletzt. Momentan sehen wir, dass die vom EBA erteilten Auflagen gravierend sind. Sie führen dazu, dass die Viertelzüge quasi wöchentlich kontrolliert werden müssen, eine Auflage, die die S-Bahn einhält. Neben diesen Instrumenten gibt es diejenigen aus dem Verkehrsvertrag. Dies sind vorrangig Finanzierungsleistungen und Gewährleistungsregelungen. Wir haben die entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Der Anspruch der S-Bahn GmbH auf finanzielle Ausgleichsleistungen ist begrenzt worden. Aufgrund der nicht erbrachten Leistungen hat der Senat bereits bis zum November 31 Millionen Euro einbehalten. Darüber hinaus wird es eine Schlussrechnung mit Malusregelungen zu Beginn des Jahres 2010 geben.
Die S-Bahn GmbH hat – dies gilt es besonders zur Kenntnis zu nehmen – Ihre eigenen Ziele zum Herauffahren des Angebots nicht erreicht. Sie wird auch das Ziel, das sie sich bis Mitte Dezember gesteckt hat, nicht erreichen. Besonders zu beklagen ist, dass im Augenblick im Wesentlichen fahrplanmäßig gefahren werden kann, dass es aber sehr häufig nur Zwei-Viertelzüge anstatt Drei- oder Vier-Viertelzüge sind und dass dadurch die Qualität in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Ich habe deshalb entschieden, dass Berechnungen darüber angestellt werden, welche Verluste an Qualität für die Fahrgäste entstehen, aber auch an Einschränkungen des Betriebs, der nach meiner Einschätzung nicht mehr verkehrsvertragskonform ist. Wir werden die Beträge ermitteln, die an der vollen
Erfüllung des Verkehrsvertrages dadurch fehlen, dass die Züge nicht richtig behängt sind, und einen Einbehalt vornehmen.
Offensichtlich ist die S-Bahn GmbH nicht in der Lage, einen ausreichend dimensionierten und funktionstüchtigen Fahrzeugbestand für eine vertragskonforme Leistung zur Verfügung zu stellen. Wenn die Deutsche Bahn AG glaubt – das zeigt sich jetzt auch in den Nachverhandlungen –, dass es so weitergehen kann, wenn die Deutsche Bahn AG glaubt, dass dies von den Kundinnen und Kunden hinzunehmen ist, dann begeht sie einen schweren Fehler. Ich kenne die öffentliche Diskussion, die sich mit der Rekommunalisierung der S-Bahn auseinandersetzt. Einfach zu sagen: Wir kaufen –, wäre sicher falsch, vor allem, weil man sich ansehen muss, welchen Wert solch ein Betrieb hat und welche Lasten damit verbunden wären. Dass wir es aber ins Auge fassen, eine solche Rekommunalisierung ernsthaft zu prüfen, dazu stehe ich. Wir sollten uns mit dieser Frage auseinandersetzen.
Ich sage deshalb sehr deutlich, Herr Gaebler: Wenn es ein Weiter-so nicht geben kann, dann bedeutet dies auch, dass es ein Weiter-so weder für die Deutsche Bahn noch für das Land Berlin noch für die Fahrgäste geben kann. Wenn die S-Bahn GmbH so weitermacht, werden wir uns mit der Frage der Ausschreibung intensiv auseinandersetzen.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Volker Ratzmann (Grüne): Was sagt denn Frau Matuschek dazu?]
Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Gaebler. – Bitte schön, Herr Gaebler!
Frau Senatorin! Sie haben die Nachverhandlungen erwähnt, die mit der Deutschen Bahn AG stattfinden. Gibt es hier bereits einen Zwischenstand, oder wie sehen Sie die Perspektive, dass dabei etwas herauskommt? Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen, oder spielt die Deutsche Bahn AG hier auf Zeit?
Herr Gaebler! Mein Eindruck ist, dass die Gefahr besteht, die Deutsche Bahn AG rechnet damit, dass allein das ZurVerfügung-Stellen von mehr Leistung bis zu einem Grad von 80 bis 85 Prozent zur Beruhigung der Lage beitragen und dass man in dieser Zeit die Verhandlungen ruhig und mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung so weit treiben könnte, bis weitere Schlussfolgerungen gezogen worden
sind. Hierzu sage ich ausdrücklich: Wer so etwas tut, gefährdet den eigenen Vertrag, gefährdet die Fortsetzung des Vertrages und veranlasst das Land Berlin, gegebenenfalls dann doch auszuschreiben.
Eine solche Drohung muss gegenüber der S-Bahn GmbH ausgesprochen und gegenüber der Deutschen Bahn AG deutlich gemacht werden. Wer sich in diesen Verhandlungen nicht bewegt, kann nicht damit rechnen, dass es so weitergeht.
Danke schön, Frau Senatorin! – Jetzt gibt es eine Nachfrage der Kollegin Hämmerling. – Bitte schön, Frau Hämmerling!
Schönen Dank, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Es freut mich außerordentlich, dass Sie jetzt auch auf den Gedanken kommen, dass eine Ausschreibung die Möglichkeit bietet, der Deutschen Bahn AG die Daumenschrauben anzulegen,
aber wie lange darf denn die S-Bahn GmbH den Vertrag noch weiter verletzten, bis Sie diese Entscheidung treffen?
tut in Verhandlungen gut. Deshalb, liebe Frau Hämmerling, hören Sie auf mit populistischen Forderungen! Schauen Sie sich genau an, wie die Rechtsposition des Landes Berlin und die der S-Bahn GmbH aussehen! Unterstützen Sie uns bei den Verhandlungen zur Findung eines Vertrages, der von der S-Bahn GmbH, der Deutschen Bahn AG und vom Land Berlin im Interesse der Kundinnen und Kunden besser wird, in der Qualität mehr bietet, aber versuchen Sie nicht, irgendetwas zu behaupten, das nur dazu führt, dass die Verhandlungsposition des Landes Berlin schlechter wird! Das ist nicht Ihre Aufgabe, und das können Sie nicht verantworten, Frau Hämmerling.
Jetzt geht es weiter mit der Anfrage Nr. 2 des Kollegen Friederici von der Fraktion der CDU zu dem Thema
1. Erkennt der Senat die erheblichen Nachteile und den wirtschaftlichen Totalschaden, der mit dem durch SPD und Linkspartei beschlossenen Planungsstopp des Weiterbaus der die Stadt entlastenden Stadtautobahn A 100 einhergehen wird?
2. Welche Maßnahmen zur Schadensbegrenzung wird der Senat nun einleiten, damit zum einen die Bundesmittel für Berlin nicht verfallen und zum anderen nicht der BBI in Schönefeld, Adlershof, die Wohngebiete in Neukölln, Mitte, Prenzlauer Berg, Pankow und Treptow
[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Reinickendorf! – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Es fehlen noch ein paar Bezirke!]
nachhaltigen Schaden nehmen durch den Nichtbau dieser für die Stadtentwicklung Berlins so wichtigen Stadtautobahn?
Danke schön! – Jetzt ist mit der Frage Nr. 5 der „Kollege Nr. 1“ der FDP-Fraktion an der Reihe zu dem Thema
1. Wie bewertet der Senat das mögliche Scheitern eines weiteren Projektes des 2006 vereinbarten rot-roten Koalitionsvertrages durch die beabsichtigte Sperre der Haushaltsmittel 2010 und 2011 für die geplante Ausführungsvorbereitung und Baudurchführung des Neubaus der A 100 in den Jahren 2010 und 2011 durch die Regierungskoalition?
2. Wie bewertet der Senat den möglichen wirtschaftlichen und politischen Schaden für das Land Berlin, der aus dem Verlust eines vom Bund mit mehr als 400 Millionen Euro finanzierten Infrastrukturprojektes entstehen würde?
Danke schön, Herr Kollege Meyer! – Die Senatorin für Stadtentwicklung, Frau Junge-Reyer, hat das Wort. – Bitte schön!