schulen mit sehr gutem Ruf, die teilweise bis zu zwei Drittel der angemeldeten Schülerinnen und Schüler abweisen müssen. Für uns seht weiterhin fest: In Berlin steht der Elternwille an erster Stelle.
Die Bildungsgangempfehlung der Grundschulen in ihrer bisherigen Form entfällt. An ihre Stelle tritt ein verbindliches und zu dokumentierendes Beratungsgespräch mit den Eltern, die darüber hinaus an der weiterführenden Schule, an der sie ihr Kind anmelden wollen, beraten werden. Diese Gespräche sind sinnvoller als fest zementierte Bildungsgangempfehlungen, da es sich gezeigt hat, dass sie im oberen und unteren Bereich oft sehr zutreffend sind, sich im mittleren Bereich aber eine Grauzone befindet, da sich die Kinder und Jugendlichen auch ganz anders als prognostiziert entwickeln können.
Das Beratungsgespräch basiert auf einer schriftlichen Förderprognose der Klassenkonferenz, in der festgelegt wird, in welcher Schulform das Kind voraussichtlich die besten Fördermöglichkeiten erhalten wird. Diese Förderprognose ist für die Eltern nicht verbindlich. Sie muss der weiterführenden Schule vorgelegt werden, die im Rahmen freier Plätze alle Schülerinnen und Schüler aufnehmen muss. Dabei muss natürlich auch die Sprachenfolge berücksichtigt werden.
Besonders wichtig ist mir, dass das Wohnortprinzip, dieser sogenannte BVG-Plan, vollkommen abgeschafft wird. Das entspricht der Intention aller Beteiligten und ist ein großer Fortschritt.
Die Zulassungskriterien gelten also nur für Schulen, die mehr Bewerberinnen und Bewerber als verfügbare Plätze haben. Das trifft, wie ich bereits ausführte, heute auf einige Gymnasien und nachgefragte Gesamtschulen zu, die auch heute schon teilweise ein Losverfahren anwenden müssen. Es geht also nicht um die Aufnahme ins Gymnasium per se, sondern nur um besonders nachgefragte Schulen.
Um es erneut festzustellen: Einen völlig gerechten Schulzugang gibt es nicht. Man kann nur versuchen, das Auswahlverfahren transparenter zu gestalten und soziale Ungerechtigkeiten weitgehend zu vermeiden. Wir haben uns daher nach langen Verhandlungen auf folgendes Modell geeinigt:
Die Schulleiterin oder der Schulleiter nimmt nach gerichtsfesten Kriterien mindestens 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler auf. Dabei spielen neben Leistungskriterien natürlich auch die Schulprofile und die Sprachenfolge eine Rolle. Hinzu kommen 10 Prozent, die nach Härtefallkriterien vergeben werden. Hier wurde jetzt, Frau Senftleben, eine Forderung des Rats der Bürgermeister aufgenommen, der insgesamt der Schulstrukturreform zugestimmt hat: Sollte die Härtefallquote von 10 Prozent nicht ausgeschöpft werden, so entscheiden die Schulleite
rinnen und Schulleiter über diese 10 Prozent. Es verbleiben also lediglich 30 Prozent, Frau Kollegin, die dann durch ein Losverfahren entschieden werden.
Dies ist natürlich auch nicht völlig gerecht, aber ein guter Kompromiss, der sich schon dadurch bestätigt, dass es Vorwürfe von beiden Seiten gibt: Die einen finden diese Losquote zu hoch – die CDU hat einmal von einem Generalangriff auf die Gymnasien gesprochen –, die anderen behaupten, die Losquote sei zu niedrig und die Reform stärke die Macht der Schulleiterinnen und Schulleiter. Solche Reaktionen bekräftigen eigentlich die Tatsache, dass wir eine vernünftige Regelung gefunden haben.
Die Realität wird sicherlich weniger aufgeregt sein. Bereits heute müssen, wie ich schon sagte, nachgefragte Schulen ihre Schülerinnen und Schüler auswählen. Die Statistik zeigt, dass in den vergangenen Jahren, ja sogar Jahrzehnten 0,1 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulempfehlung trotzdem ans Gymnasium gegangen sind. Da verstehe ich nicht, dass man von einer Katastrophe sprechen kann, wenn wir eine Losquote von 30 Prozent einführen.
Neu ist auch das Probejahr. Es bedeutet, dass derjenige, der am Gymnasium am Ende der Jahrgangsstufe 7 nicht versetzt wird, in die Jahrgangsstufe 8 der integrierten Sekundarschule wechselt. Danach ist ein Wechsel nur noch auf freiwilliger Basis möglich, das heißt, dass sich hier auch die Gymnasien bewegen und sich stärker um die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler kümmern müssen.
Viel wichtiger ist es jedoch, dass wir eine Verbesserung der Qualität der Bildung brauchen, weg vom Frontalunterricht hin zur individuellen Förderung jedes Einzelnen und jeder Einzelnen, um zu einer Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit zu gelangen, wie sie uns die PISA-Sieger vormachen. Hierzu gehört auch eine Reform der Lehreraus- und -fortbildung.
Abschließend bitte ich um Überweisung dieser Gesetzesvorlage an den Bildungsausschuss, zusammen mit dem unsäglichen Antrag der CDU, den wir bereits in der letzten Plenarsitzung diskutiert haben. Wir werden zu dieser Gesetzesreform am 5. Oktober eine große Anhörung veranstalten, um nochmals viele Beteiligte zu Wort kommen zu lassen. Ich danke Ihnen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen vor der größten Reform im Berliner Bildungssystem der letzten Jahrzehnte. Eine Strukturreform ist notwendig geworden, weil das heutige System aus sieben Schulformen das
Zufallsergebnis systemwidriger Eingriffe in das Bildungssystem ist, politisch so aber nie gewollt wurde. Die Einführung der Gesamtschule und des Elternwahlrechts haben der Hauptschule und der Realschule die Schüler entzogen, deren Eltern wollten, dass ihre Kinder im Bildungssystem aufsteigen und am Ende vielleicht sogar das Abitur machen können.
So haben wir heute ein Viertel der Schüler auf der Gesamtschule und nur noch knapp sieben Prozent auf den Hauptschulen. Mit „Haupt“ hat das also gar nichts mehr zu tun. Die meisten Schüler kommen auch auf die Hauptschule nicht mehr, weil sie dies gern wollen oder diese Schulen bewusst angewählt haben. Obwohl der Berliner Hauptschüler heute der teuerste Schüler Deutschlands mit dem höchsten Lehrereinsatz ist, ist der Effekt am geringsten. Nur rund 10 Prozent erhalten einen Ausbildungsplatz, wenn sie die Berliner Hauptschule verlassen. Es ist klar: Die Berliner Hauptschule hat keine Zukunft. Die Schulstruktur muss auch deswegen dringend geändert werden.
Wir haben daher als CDU Berlin nach anderthalbjähriger Arbeit bereits im Januar den Bericht einer Expertenkommission mit einem neuen Schulstrukturmodell vorgelegt – früher und weitgehender als jede andere Partei in Berlin.
Die CDU schlägt darin vor, Oberschulen einzuführen, die von allen Schülern freiwillig gewählt werden können und in denen die Schüler unterschiedliche Bildungsangebote erhalten. Denn die Menschen sind eben unterschiedlich.
Für die Schüler, die möglichst schnell in einen Job einsteigen wollen, soll es einen Praxisbildungsgang geben, der im Wesentlichen dem heutigen Modell des Produktiven Lernens entspricht: also zwei Tage Unterricht in der Schule und drei Tage in einem Unternehmen oder Kleinstbetrieb, und dies halbjährlich viermal hintereinander. So hätten diese Schüler die Chance, unabhängig von ihrem Zeugnis einen Job zu finden. Das wäre ein gutes Modell für das Duale Lernen.
Das rot-rote Modell aber, diese Schüler zweimal in der Woche einfach an eine Werkbank in der Schule zu lassen, sie aber sonst ideenlos neben die bisherigen Realschüler zu setzen, wird diese Schüler eben nicht motivieren, etwas zu lernen. Mit Ihrem Wischi-waschi-jeder-macht-was-erwill-Modell wird den schwächeren Schülern keine Chance gegeben und keine Perspektive aufgezeigt.
Sie lassen die schwächeren Schüler im Stich, Rot-Rot lässt sie zurück. Das ist Ihr Modell von der Sekundarschule.
Dieser Praxisbildungsgang kann natürlich nur dann funktionieren, wenn der Schüler ihn freiwillig wählen kann. Niemand kann dazu gezwungen werden. Wer nicht diesen Bildungsgang wählt, kann in unserem Modell an dersel
ben Oberschule in den mittleren Bildungsgang eintreten, der auf einem hohen, guten Niveau zum Mittleren Bildungsabschluss führt. Wer dabei Schwierigkeiten hat, soll einen Förderunterricht erhalten, so dass das gute, hohe Niveau des mittleren Bildungsgangs insgesamt erhalten bleiben kann.
An jedem Standort, an dem ein solcher Bildungsgang angeboten wird, soll es nach unserem Modell eine Oberstufe geben, die zur Fachhochschulreife führt oder, im Verbund mit einem gymnasialen Bildungsgang, zur allgemeinen Hochschulreife. Der Schüler, der also nach dem MSA an die Oberstufe in einem Gymnasium wechseln möchte, kann dies mit einem Aufbaujahr in der 11. Klasse tun und dann im 12. und 13. Jahr das Abitur an Gymnasien machen – aber eben nur am Gymnasium.
Damit haben wir Ihnen ein Modell vorgelegt, in dem es nur ein Abitur in Berlin gibt, nämlich ein hochwertiges und kein rot-rotes Zweiklassenabitur.
Geschätzter Kollege Steuer! Warum haben Sie diese Vorschläge, die Sie vor acht Monaten der Öffentlichkeit kundgetan haben, nicht einmal hier im parlamentarischen Raum in der Form eines Gesetzesentwurfs oder weitgehender Anträge zur Debatte gestellt? Sie haben nur immer wieder Anträge gestellt, in denen Sie Kritik geübt haben, wie es nicht sein solle!
Wir haben dieses Modell, Herr Kollege Mutlu, Anfang des Jahres, im Januar, der Öffentlichkeit vorgestellt. Es ist auch breit diskutiert worden. Wir haben dann den Senat aufgefordert, mit uns genau über solche Modelle zu sprechen. Aber der Senat hat ein halbes Jahr gewartet, bis er sein Gesetz vorgelegt und hier tatsächlich etwas Eigenes eingebracht hat. Wir haben immer wieder darum gebeten, mit uns zu einem Gespräch zu kommen.
Als Letztes hat der Kollege Henkel dies erneut getan, weil wir der Auffassung gewesen sind, es ist besser, zu einem gemeinsamen Weg zu kommen, als alles erst am Ende des Jahres aufeinanderprallen zu lassen. Das ist der Grund.
Herr Steuer! Wie konnte ich das verwechseln? Herr Steuer! Wie kommen Sie dazu, von einem Zweiklassenabitur zu sprechen? Ihnen müsste doch bekannt sein, falls Sie den Gesetzentwurf gelesen haben, dass es ein Zentralabitur ist, das beide schreiben, sowohl die Gymnasiasten als auch die Schüler der Sekundarschule.
Weil sich die Schüler am Ende mit dem Abiturzeugnis bewerben! Dann wird es ein Abitur geben, das man nach 12 Jahren am Gymnasium abgelegt hat, und ein Abitur, das man nach 13 Jahren an der Sekundarschule abgelegt hat. Selbstverständlich werden hier Unterschiede gemacht. Unser Modell hat den Charme, dass es nur ein Abitur gibt, das alle am Gymnasium ablegen können. Das ist ein hochwertiges Abitur für jeden, der es in der Hand hält und der sich mit diesem Zeugnis bewirbt.
Neben dem Übergang vom mittleren Bildungsgang an ein Gymnasium mit dem Ziel des Abiturs schlagen wir einen dritten Bildungsgang vor, für den man sich von Anfang an entscheiden kann, den gymnasialen Bildungsgang. In diesen Bildungsgang kann man mit Beginn der 5. Klasse oder der 7. Klasse auf dem Gymnasium eintreten, denn wir wollen, dass jeder Schüler, dessen Eltern es wollen, auf ein grundständiges Gymnasium gehen kann. Wir wollen Wahlfreiheit. Es darf in Berlin niemandem verboten werden, auch mit der 5. Klasse ans Gymnasium zu gehen.