Jetzt gibt es keine weiteren Nachfragen mehr. Damit hat die Fragestunde ihr Ende gefunden. Die nicht beantworteten Fragen werden mit der von der Geschäftsordnung abweichenden Frist beantwortet werden.
Die Wortmeldungen erfolgen zuerst nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt die SPDFraktion in Person von Herrn Dr. Felgentreu. – Bitte schön, Herr Felgentreu!
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage Herrn Senator Dr. Körting: Was unternimmt der Senat, um die Bespitzelung der Westberliner Polizei durch die Stasi zu untersuchen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Felgentreu! Der Senat hat – wie ich das hier dargestellt habe – schon in früherer Zeit umfangreiche Überprüfungen von Berliner Polizeibeamten durchführt, von etwa 2 800 Personen kurz nach der Wiedervereinigung. Nachdem jetzt bekannt geworden ist, dass es spezifische Aktenberge zur Berliner Polizei und zur Bespitzelung der Berliner Polizei durch die Staatssicherheit der ehemaligen DDR gibt, wird der Polizeipräsident – er hat das auch schon gegenüber Frau Birthler angekündigt – mit ihr ein Verfahren vereinbaren, wie man spezifisch auch die Bespitzelung der Berliner Polizei im Nachhinein aufdecken und aufarbeiten kann, das heißt, es wird zu dieser Frage durch den Berliner Polizeipräsidenten, auch in Absprache mit dem Stasi-Beauftragten in Berlin ein Forschungsprojekt geben.
Herr Kollege Dr. Felgentreu! Ich habe darauf hingewiesen, dass es unmittelbar nach 1990 eine Vielzahl von Überprüfungen von Mitarbeitern gegeben hat. Es hat übrigens auch vor 1990 eine Vielzahl von Mitarbeitern gegeben, die überprüft wurden. Es hat auch die Entfernung von Mitarbeitern aus dem öffentlichen Dienst gegeben, wenn festgestellt wurde, dass sie mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet haben.
Forschungsvorhaben, die von der Polizei finanziert worden sind, hat es bisher nicht gegeben. Es hat drei Polizeibeamte gegeben, die ein Interesse daran gehabt haben, etwas Derartiges zu machen. Sie sind auch von der Polizeihistorischen Sammlung oder Ähnlichem unterstützt worden. Die haben sich dann mit einem Schreiben der Polizeihistorischen Sammlung bzw. des Landeskriminaldirektors an die sogenannte Gauck-Behörde bzw. Birthler-Behörde gewandt. In einem Fall ist demjenigen, der dort ein Forschungsvorhaben realisieren wollte, Einsicht in umfangreiche Akten gegeben worden. Die hat er in einem Buch, das er veröffentlicht hat, teilweise verwertet.
Es gibt auch noch vom ehemaligen Polizeipräsidenten Hübner – als Privatperson, nicht etwa als Mitarbeiter der Berliner Polizeibehörde – ein angekündigtes Forschungsvorhaben, von dem wir aber kein Ergebnis haben. Ein drittes Forschungsvorhaben ist nicht zustande gekommen. Der Polizeipräsident wird jetzt ein eigenes initiieren.
Jetzt gibt es eine Frage von Frau Demirbüken-Wegner von der CDU-Fraktion. – Bitte schön, Frau DemirbükenWegner, Sie haben das Wort!
Danke, Herr Präsident! – Ich frage Senator Zöllner: Wie schätzt der Senat die Arbeit der Beratungsstelle für Risikokinder in Berlin-Mitte ein? Ist dem Senat bekannt, dass diese Beratungsstelle vor dem Aus steht?
Sie fragen Herrn Prof. Zöllner, wenn ich das richtig sehe? – Bitte, Herr Prof. Zöllner, Sie haben das Wort!
[Ramona Pop (Grüne): Sie lesen doch wenigstens mal die Zeitung? – Mieke Senftleben (FDP): Lesen bildet!]
Ich finde das sehr verwunderlich. Seit Tagen berichtet die Presse über nichts anderes als über diese Beratungsstelle. Ich frage trotzdem zwei Senatoren, wobei Frau Lompscher nicht da ist. Was gedenken Sie zu tun, wenn Sie erfahren, dass diese Beratungsstelle gefährdet ist, um Ihrer Führsorgepflicht nachzukommen, diese Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche mit Multiproblemlagen zu erhalten?
Wenn ich jetzt inhaltlich antworten würde, hätten Sie den Beweis dafür, dass ich zu Politikern gehöre, die über irgendetwas reden, ohne eine Ahnung davon zu haben. Ich habe Ihnen gesagt, ich kenne die akute Problematik nicht. Ich kann nicht einmal die Frage der Zuständigkeit überblicken. Wenn ich Ihnen jetzt eine inhaltliche Aussage geben würde, wäre das verantwortungslos.
Jetzt geht es weiter mit einer Frage des Kollegen Liebich von der Linksfraktion. – Bitte schön, Herr Kollege Liebich!
Ich habe eine Frage an den Bürgermeister und Senator für Wirtschaft, Technologie und Frauen, Harald Wolf. – Herr Wolf! Mich interessiert, wie Sie es aus wirtschaftspolitischer Sicht mit Blick auf das Land Berlin bewerten, wenn die Vorschläge, die gegenwärtig in der CDU/CSUBundestagsfraktion diskutiert werden, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, Realität werden würden.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Abgeordneter Liebich! Die Diskussion gibt es ja seit einigen Wochen, nach meiner Erinnerung angestoßen von Prof. Zimmermann vom DIW. Es wird jetzt auch im einen oder anderen politischen Kreis diskutiert. Ich halte den Gedanken, das Instrument der Mehrwertsteuererhöhung zu nutzen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt für ein völlig absurde Überlegung, weil eine Mehrwertsteuererhöhung das verfügbare Einkommen massiv einschränken und damit die private Nachfrage noch weiter begrenzen würde. Das heißt, das würde die Konjunktur noch mehr treffen. Da wir im Moment nicht davon ausgehen können, dass wir im nächsten Jahr wieder einen völlig normalen Aufschwung haben werden, würde das in eine Situation der Depression fallen. Und hier das verfügbare Einkommen zu reduzieren, wäre so ziemlich das Falscheste, was man gegenwärtig tun kann.
Zum Zweiten ist die Mehrwertsteuer bekanntlich in ihrer Verteilungswirkung sozial ausgesprochen ungerecht,
da die Mehrwertsteuer diejenigen Haushalte, die einen höheren Anteil ihres Einkommens in den Konsum geben müssen und eine geringere Sparquote haben, besonders stark trifft. Auch aus diesem Grund wäre es abzulehnen.
Es ist richtig, sich gegenwärtig Gedanken darüber zu machen, dass angesichts der exorbitant hohen Staatsausgaben, die sowohl für Konjunkturprogramme getätigt werden mussten und wahrscheinlich auch in der Zukunft getätigt werden müssen, als auch der Stützungsmaßnahmen für die Banken Gegenfinanzierungen in der Zukunft gefunden werden müssen. Ich glaube allerdings, dass es da sinnvoller wäre, über die Erhebung einer Börsenumsatzsteuer nachzudenken, wo allein ein Prozentpunkt pro Jahr 70 Milliarden Euro einspielen würde, oder darüber nachzudenken, dass der Spitzensteuersatz unter der Regierung Kohl über 50 Prozent lag. Diese Höhe muss ja vielleicht nicht unbedingt erreicht werden, aber jedenfalls kann ein höherer Spitzensteuersatz genommen werden kann als gegenwärtig. Ich kann mich erinnern, dass das nicht die Zeit war, in der alle das Land fluchtartig verlassen und uns die Leistungsträger hier allein gelassen haben.
Zum Dritten muss man, glaube ich, darüber nachdenken und eine Diskussion darüber führen, inwieweit jetzt auch wieder Vermögen herangezogen werden müssen, weil das, was in den letzten Jahren an den Börsen an Spekulationen stattgefunden hat, zu einem Aufbau von umfangreichen Vermögen geführt hat. Hier zu einer Vermögensabgabe im Sinne eines Lastenausgleichs zu kommen, wie es in der Geschichte der Bundesrepublik schon einmal erfolgreich praktiziert wurde, wäre angesichts dieser gigantischen Summen, die verausgabt wurden, sinnvoll. Aber von der Mehrwertsteuer sollte man die Finger lassen.
Nun gehen die Überlegungen, die in der CDU/CSUBundestagsfraktion bezogen auf die Mehrwertsteuererhöhung diskutiert werden, nach den Bundestagswahlen in die Richtung, dass man die bereits jetzt teilweise abgesenkten Mehrwertsteuersätze erhöhen soll. Wäre das denn ein besserer Weg?
Es wäre sicher kein besserer Weg, weil da, wo die Mehrwertsteuersätze auf den ermäßigten Satz abgesenkt sind, gerade die Bereiche sind, die in den Konsum eingehen,
wie die Absenkung für Lebensmittel. Diejenigen, die einen relativ hohen Anteil ihres Einkommens für ihren Grundbedarf verausgaben müssen, wären dadurch doppelt stark getroffen. Ich habe vorhin schon auf die Reduktion des verfügbaren Einkommens hingewiesen. Es wäre sowohl unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkt als auch unter verteilungspolitischem Gesichtspunkt gerade an diesem Punkt erst recht abzulehnen.
Jetzt geht es weiter mit der Frau Kollegin Ströver von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit einer Frage. – Bitte schön, Frau Ströver!
Herr Senator Wolf! Ich frage Sie: Wie hoch waren die Förderungen aus Landes- und EU-Mitteln für die in der nächsten Woche im Flughafen Tempelhof stattfindende Modemesse „Bread and Butter“ bis heute? Können Sie bestätigen und wie beurteilen Sie, dass gegen die Beihilfe auf EU-Ebene eine Beschwerde von Konkurrenten aus der Modebranche eingereicht wurde?
Frau Ströver! Mir ist nicht bekannt, dass an „Bread and Butter“, wenn Sie das meinen, irgendwelche Mittel aus EFRE oder Strukturfondsmittel geflossen sind. Nach meiner Kenntnis richtet sich die Beschwerde gegen den Mietvertrag, in dessen Konditionen vonseiten der Konkurrenten ein Beihilfetatbestand gesehen wird. Der Senat hat in diesem Mietvertrag bislang keinen Beihilfetatbestand erkennen können, aber es ist jedem Wettbewerber unbenommen, bei der Europäischen Kommission Beschwerde einzulegen und Sachverhalte überprüfen zu lassen.