Protocol of the Session on March 5, 2009

lfd. Nr. 12:

Nachwahl

Ein Mitglied des Präsidiums des Abgeordnetenhauses von Berlin

Bevor wir zur Nachwahl kommen, möchte ich auf diesem Weg Frau Dr. Stefanie Schulze von der Linksfraktion im Namen des gesamten Hauses für ihre geleistete Arbeit im Präsidium herzlich danken und ihr viel Erfolg im weiteren beruflichen Leben zum Wohl der Wissenschaft wünschen.

[Allgemeiner Beifall]

Als neues Präsidiumsmitglied schlägt die Linksfraktion den Abgeordneten Sayan vor. Wer den Abgeordneten Sayan zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Wer enthält sich? – Damit ist er gewählt worden. Herzlichen Glückwunsch und auf gute Zusammenarbeit!

[Beifall]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 13:

Bericht

Bericht des Petitionsausschusses gemäß § 12 des Petitionsgesetzes für die Zeit vom 14. November 2007 bis 13. November 2008

Bericht Drs 16/2142

Dazu gibt es den mündlichen Bericht des Vorsitzenden des Petitionsausschusses. – Bitte schön, Herr Abgeordneter Hillenberg!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist eine Regel, das haben wir jedes Jahr, dass wir die Sitzungen des Petitionsausschusses, der immer hinter verschlossenen Türen stattfindet, in diesem Parlament vorstellen, Ihnen über unsere Arbeit berichten. Das ist auch Ihr gutes Recht.

Erlauben Sie mir eine kurze Bemerkung, dass ich nicht glaube, dass die späte Zeit, in der alle schon mit Blick auf die Uhr nach Hause wollen, der geeignete Rahmen ist, über diese Arbeit hier zu sprechen. Aber wir haben uns dieses Mal so entschieden. Es gibt ja mehrere Reden dazu. Deshalb will ich es dieses Mal kürzer machen. Wollen wir hoffen, dass ich das Versprechen auch einhalte.

Ich will Ihnen auch nicht alle Positionen aus dem Bericht vortragen. Ich gehe wie jedes Jahr davon aus, dass Sie ihn intensiv gelesen, sich sachkundig gemacht haben, wie viele Sitzung wir gemacht, wie viele Sprechstunden wir abgehalten haben. Darum gestatten Sie mir, lieber Dinge zu erzählen, die man dort nicht auf den ersten Blick sehen kann, sondern mehr das, was sich zwischen den Zeilen verbirgt. Ich glaube, das ist an dieser Stelle interessanter.

Immerhin konnten wir in diesem Jahr 500 Menschen helfen, ob nun unmittelbar vollständig oder anteilig. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen und ein gutes Argument für den Petitionsausschuss, denn für 500 Menschen in dieser Stadt direkt etwas zu tun, ist doch einen Applaus wert.

[Beifall]

Was uns bei der Arbeit aufgefallen ist, ist dass es zunehmend Probleme mit den Jobcentern gibt. Das ist auch aus unserer Sicht erst einmal nicht unerklärlich, weil es durch die Umstellung von Sozialhilfe zu dem System von Hartz IV Eingewöhnungsschwierigkeiten gibt. Aber was dann doch außergewöhnlich ist, ist die Tatsache, dass wir es bei einer normalen Quote von 26 Prozent positiven Petitionen mit einer Erfolgsquote von fast 60 Prozent zu tun haben, von 38 bis 78 Prozent. Ich glaube – und da spreche ich auch im Namen meiner Mitglieder –, das wird in Zukunft ein Schwerpunkt unserer Arbeit sein, dass wir uns mit der Arbeit in den Jobcentern intensiver beschäftigen werden und müssen.

An dieser Stelle gestatten Sie mir den Aufruf an alle, die denken, da ein Problem zu haben: Wir werden uns darum kümmern, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Bescheide nicht ordnungsgemäß sind. Das kann ich Ihnen auch im Namen unseres Ausschusses versprechen.

[Beifall]

Es ist natürlich nicht alles positiv bei uns. Es gibt auch Dinge, die uns nicht gefallen. Nun stand heute schon einiges in den Zeitungen. Ich will das auch nicht weiter vertiefen. Aber, wenn hier der Vorwurf existiert – und das ist eine Sache, die mir doch an die Nieren oder ans Herz geht –, dass man sich bestimmte Leute hier heraussucht, die man gerne kritisiert, dann tut mir das leid, dann haben Sie die Arbeit des Ausschusses und auch die der letzten Jahre nicht verstanden. Denn mir persönlich als Vorsitzendem ist es egal, was für ein Parteibuch jemand hat oder welche Position er einnimmt. Da tauchen Namen auf wie Peter Strieder oder wie Sarrazin oder auch Frau Schubert. Wenn wir nun dieses Mal Probleme haben mit Frau Lompscher, mit Frau Senatorin Knake-Werner, dann hat das nichts mit der Partei zu tun, sondern lediglich mit den Problemen, die wir mit diesen Ämtern haben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und den Grünen]

Ich will nicht ins Einzelne gehen, Frau Lompscher, aber ich glaube – dafür werden Sie auch Verständnis haben –,

[Martina Michels (Linksfraktion): Es geht auch um die Form!]

wenn wir ein Problem mit Giftschlangen in Wohngebäuden haben, und wenn es in diesem Haus einen einstimmigen Beschluss gibt, etwas zu tun, eine Verordnung auf den Tisch zu legen, mit der alle zufrieden sind, und seitdem fast zwei Jahre vergangen sind, ohne dass diese Verordnung heute auf dem Tisch liegt, dann ist in Ihrer Verwaltung etwas nicht in Ordnung. Es ist unser gutes Recht, den Finger in die Wunde zu legen und dies hier anzusprechen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und den Grünen]

Ein anderer Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Sie wissen, dass Berlin im bundesdeutschen Vergleich nicht immer gut wegkommt, auch nicht beim Ansehen. Es ist für uns eine Freude, und wir sind stolz darauf, dass wir zunehmend Einladungen aus anderen Bundesländern bekommen, die fragen: Wie arbeitet ihr mit dem Petitionsgesetz, und was ist bei euch anders als in den einzelnen Bundesländern? Was niemand weiß oder nur wenige von ihnen: Wir haben das mächtigste Petitionsgesetz in der Bundesrepublik Deutschland,

[Daniel Buchholz (SPD): Hört, hört!]

denn wir haben als Petitionsausschuss das Recht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Trotzdem wollen wir diese Waffe nur im äußersten Notfall wählen. Wir hatten darum eine Idee, und zwar wollten wir gern bei uns im Ausschuss auch Zeugen vernehmen können ohne dass

der Senat dabei ist. Dies haben wir bisher nicht erreicht. Wir haben daher alle Fraktionen angeschrieben, und darum meine herzliche Bitte: Versuchen Sie, noch einmal darüber nachzudenken, dass wir nicht gezwungen sind, in äußersten Situationen diesen Untersuchungsausschuss zu wählen, worauf wir das Recht haben, sondern ob es nicht noch eine Vorstufe gibt, um diese Eskalation zu vermeiden! Ich glaube, es ist eine ausgestreckte Hand von uns, darüber nachzudenken, ob man dieses Gesetz ändern kann, dass wir Zeugen vernehmen können, ohne dass der Senat dabei ist.

Da ich noch viele nachfolgende Rednerinnen und Redner habe, die heute zu diesem Thema sprechen wollen, will ich es an der Stelle lassen, über Inhalte zu sprechen. Das kommt noch, aber eines gestatten Sie mir, doch noch anzusprechen. Ich möchte nämlich bei der vielen Arbeit, die wir haben, Ihnen allen hier in diesem Hause danken, allen Fraktionen, weil sie eine Truppe zusammengestellt und Mitglieder des Abgeordnetenhauses in den Petitionsausschuss entsandt haben, deren gute Zusammenarbeit man in diesem Haus sucht.

[Beifall]

Ich bin froh und stolz darauf, dass es uns gelungen ist, seit Beginn der Legislaturperiode bei fast 4 000 Petitionen zu helfen, dass wir nach meiner Erinnerung nur einen einzigen Fall hatten, wo wir nicht einstimmig entschieden haben. Ich glaube, das beweist, dass wir in diesem Ausschuss eine vertrauensvolle Arbeit haben, sie auch weiterhin haben werden, unabhängig davon, welches Parteibuch jeder Einzelne in der Hand hat.

Das andere: Mein Dank gebührt dem Büro unseres Petitionsausschusses in unserem Haus.

[Beifall]

Herr Präsident! Wir wissen, dass es mit dem Weggang von Frau Stange ein relativ großes Loch bei uns in der Arbeit gegeben hat. Frau Stange – langjährige Leiterin des Büros – ist nicht so schnell zu ersetzen. Aber wir haben eine neue Mitarbeiterin bekommen, Frau Albers, und ich sage Ihnen: In einem halben Jahr hat sie sich so toll eingearbeitet, dass ich mich diesmal besonders bei ihr bedanken möchte! Ich glaube, angesichts ihrer Arbeit hat sie den Marschallstab im Tornister.

[Beifall]

Es gäbe hier noch so viele Dinge zu erzählen über Europa, hier bei uns in Berlin zu Gast gewesen etc. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche allen noch einen schönen Abend!

[Beifall]

Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat Frau Kofbinger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mir sagen lassen, dass unser Begehren, hier heute zu reden, auf Unverständnis gestoßen ist. Das sei hier nicht üblich. Das sollte aber üblich sein!

[Oliver Scholz (CDU): Wer sagt das?]

Das sei hier nicht üblich, hat man mir gesagt. Das wurde noch nie gemacht. – Der Vorsitzende des Petitionsausschusses hält einen Bericht, und dann gehen alle nach Hause. Das wollen wir heute ändern.

Der Petitionsausschuss ist – die meisten von Ihnen wissen es, Herr Hillenberg hat es dankenswerterweise auch schon gesagt – ein wöchentlich tagendes Gremium, das auch gern mal in den Ferien tagt. Dort sitzen Vertreterinnen und Vertreter aller Parteien friedlich zusammen und bemühen sich nach bestem Wissen und Gewissen, zum Wohle der Bevölkerung zu handeln. Alle! Auch die Koalition! Wo gibt es das sonst noch in diesem Haus? Das allein ist es schon wert, dass man hier einmal im Jahr jeweils pro Partei eine Person entsendet, die diese Arbeit einfach noch einmal Revue passieren lässt. Ich stehe hier, weil wir nicht über das segensreiche Wirken berichten wollen, sondern über die Erfahrungen, die wir in diesem Jahr gemacht haben. Nirgendwo sieht man Fehlentwicklungen in dieser Stadt klarer und deutlicher als in diesem Petitionsausschuss. Wir suchen uns die Themen ja nicht aus, die Themen finden uns.

Ich habe das große Vergnügen, zusammen mit dem Kollegen Jauch von der SPD, Berichterstatterin für das Sozialwesen zu sein. Allein schon der Umstand, dass wir uns das teilen müssen, ist sehr besorgniserregend. So viele Akten haben wir da liegen. Dieser Umstand ist besorgniserregend, aber auch konkrete Fälle sind sehr besorgniserregend. Herr Hillenberg hat schon darauf hingewiesen. Wir haben mit Abstand die meisten Petitionen zu behandeln. Es sind im vergangenen Jahr 318 gewesen, und allein 267 haben sich nur mit den Fehlern in den Berliner Jobcentern beschäftigt. Wir reden hier über die Spitze eines Eisberges. Das zeigt deutlich einen Missstand auf, und ich bin gespannt, ob sich da mal etwa ändern wird. Jetzt hätte ich eigentlich auf Frau Senatorin KnakeWerner weisen müssen, die ist gerade nicht da, aber Herr Hillenberg hatte es der Presse schon gesagt: Da muss sich etwas tun.

[Beifall bei den Grünen]

Lieber Herr Hillenberg! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition! Dann tun Sie etwas! Bitte! Vor gut zwei Jahren stand meine Kollegin Ramona Pop hier und hat unseren Antrag zur Ombudsstelle vorgestellt. Das wurde von Ihnen in Bausch und Bogen mit dem Argument abgelehnt: Das brauchen wir alles nicht. Ist überflüssig. Wir machen da etwas anders.

[Elke Breitenbach (Linksfraktion): Das Gesetz muss geändert werden!]

Richtig! Sie brauchen die Ombudsstelle nicht, denn Sie haben ja den Petitionsausschuss. Der kann ja das teilweise krasse Fehlverhalten der Behörden ausbügeln. – Das geht natürlich nicht!

[Beifall bei den Grünen]