Protocol of the Session on January 29, 2009

Ich will noch einen Satz dazu sagen, wie es zu dem Einbruch der beschäftigungspolitischen Maßnahmen kommt. Das hat damit zu tun, dass die Bundesagentur für Arbeit bis heute den Eingliederungstitel noch nicht bekannt gegeben hat, d. h. das Geld, das für beschäftigungspolitische Maßnahmen nötig ist, noch nicht an die Länder ausgegeben hat. Das ist ein Problem. Damit ist ein Monat vertan, und ausnahmsweise hat Berlin daran nun wirklich keinen Anteil, sondern dies ist Bundesangelegenheit, und alle Betroffenen sind sehr darauf aus, dass sich dies ändert.

Danke schön! – Eine Nachfrage von Frau Grosse – bitte!

Frau Senatorin! Können Sie eine Einschätzung vornehmen, wie sich die Kurzarbeit in Berlin entwickeln wird? Werden die Firmen die Weiterbildung nutzen?

Frau Senatorin Dr. Knake-Werner, bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Abgeordnete Grosse! Im Moment ist das relativ schwierig festzustellen. Bisher kannten wir nur Zahlen von angezeigter möglicher Kurzarbeit, aber noch nichts, was verbindlich ist.

Wichtig ist, dass wir die Möglichkeiten, die die Bundesregierung und das Bundesarbeitsministerium im Rahmen des Konjunkturprogramms II aufmachen – da gibt es das Konzept mit dem Titel „Einsatz für Arbeit“ –, gerade hinsichtlich der Kurzarbeit in Berlin offensiv nutzen. Da geht es ja um Kurzarbeit und Qualifizierung anstelle von Entlassungen. Das haben wir bereits mit den Kammern diskutiert. Wir werden eine Informationsoffensive starten, um vor allen Dingen die kleinen Unternehmen, die unter zehn Beschäftigten liegen, wo es keinen Kündigungsschutz gibt, zu gewinnen, damit sie die Fördermöglichkeiten des Bundes bei Kurzarbeit in Anspruch nehmen und diese Zeit zur Qualifizierung nutzen. Es kommt in dieser Zeit auch darauf an, die Fachkräfteentwicklung voranzubringen.

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt geht es weiter mit einer Anfrage des Kollegen Goetze von der Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Goetze, Sie haben das Wort!

Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister von Berlin. – Herr Wowereit! Können Sie nach den mehreren lustlosen Dementis hier im Hause, die damit zusammenhingen, dass Herr Senator Sarrazin angeblich den Senat nicht verlassen wird, nun heute dem Abgeordnetenhaus bestätigen, dass Herr Sarrazin den Senat verlassen wird? Wann genau wird das der Fall sein?

Herr Regierender Bürgermeister, bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich kann verstehen, dass Personalien immer von hohem allgemeinem Interesse sind. Das Typische an Personalentscheidungen ist jedoch, dass sie getroffen werden, wenn sie anstehen.

Richtig ist, dass das Land Berlin und Brandenburg gemeinsam bei der Nachbesetzung von Positionen bei der Bundesbank ein Vorschlagsrecht haben. Dieses Recht bedarf der Zustimmung beispielsweise der Bundesregierung, der Bundesbank und dann auch einer entsprechenden Mehrheit im Bundesrat. Dieses Verfahren wird im Februar gestartet werden. Der Senat wird sich rechtzeitig entscheiden, wer in Abstimmung mit dem Land Brandenburg vorgeschlagen wird. Diese Entscheidung ist noch nicht getroffen worden.

Jetzt hat der Kollege Goetze eine Nachfrage. – Bitte, Sie haben das Mikrofon!

Sehen Sie im Zusammenhang mit der erklärten Lustlosigkeit des Senators, im Senat mitarbeiten zu wollen, eine Verbindung damit, dass er gestern im Hauptausschuss nicht mehr bereit war, den Nachtragshaushalt und die damit verbundene Neuverschuldung in Höhe von rund 1 Milliarde Euro zu vertreten?

[Unruhe bei der SPD und der Linksfraktion]

Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Man kann dem Finanzsenator vieles unterstellen, aber dass er nicht lustvoll auch notfalls mit dem Parlament in einen Streit eintritt, das kann man ihm nicht unterstellen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion]

Ich habe den Eindruck, dass der Finanzsenator seine Aufgaben mit viel Freude und oft auch mit Lust – vielleicht manches Mal auch mit Frust! – wahrnimmt. Er ist ein erfolgreicher Senator.

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Für die Linksfraktion ist jetzt der Kollege Liebich an der Reihe. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Wirtschaftssenator. – Angesichts der gestern angekündigten Rückkehr der Modemesse Bread and Butter nach Berlin, die künftig im ehemaligen Flughafen Tempelhof stattfinden soll, frage ich Sie, wie sich der Senat dafür eingesetzt hat und was das für die Branche in Berlin bedeutet.

[Zuruf von den Grünen: Ganz schön kritisch, Herr Liebich! – Heiterkeit bei den Grünen]

Herr Wirtschaftssenator, bitte schön!

Herr Liebich! Sie wissen, dass wir 2005 alle nicht begeistert waren über die Entscheidung von Bread and Butter, Berlin zu verlassen und nach Barcelona zu gehen. Es gab etliche, die geunkt haben, das sei das Ende des Modestandortes Berlin. Ungeachtet des Weggangs von Bread and Butter haben wir daran gearbeitet, die Fashion Week aufzubauen, die gegenwärtig stattfindet. Sie hat große internationale Aufmerksamkeit auf unsere Stadt gelenkt und hat sich sowohl vom Programm als auch von ihrer Qualität immer mehr ausgeweitet.

Wir haben mit Freude zur Kenntnis genommen, dass Bread and Butter sich entschieden hat, wieder nach Berlin zurückzukommen und für die Zeit der von ihr durchgeführten Shows eine neue Nutzung in den Flughafen Tempelhof bzw. in das Gebäude zu bringen. Das ist ein wichtiger Impuls und für den Modestandort Berlin. Wir haben nach dem Jahr 2005 nie das Gespräch mit Bread and Butter und mit Karlheinz Müller abreißen lassen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung! Wie Sie vielleicht wissen – das ist auch in der Presse noch einmal berichtet worden –, hatte die Messe in Barcelona über 80 000 Besucherinnen und Besucher, d. h. hier kommt ein zusätzlicher Impuls, eine zusätzliche Kaufkraft in die Stadt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das ausgesprochen erfreulich. Ich hoffe, dass Bread and Butter und die Fashion Week zu einem guten Übereinkommen gelangen, damit beide gemeinsam zu einer weiteren Stärkung des Design- und Modestandortes beitragen.

Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Liebich? – Das ist nicht der Fall.

[Zuruf von den Grünen: Oh, schade!]

Dann ist Frau Eichstädt-Bohlig von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe. – Bitte schön!

Danke schön! – Ich habe eine Frage an den Herrn Regierenden Bürgermeister. – Herr Regierender Bürgermeister! Wie wird sich der Senat im Bundesrat zu dem Konjunkturpaket II verhalten, nachdem Sie die Investitionsmittel aus dem Programm bereits per Senatsbeschluss verteilt haben und sich Herr Sarrazin im letzten Plenum sehr positiv geäußert hat, während Herr Senator Wolf für eine Ablehnung des Programms plädiert hat und Ihr Fraktionskollege Jahnke sogar erklärt hat, dass es auf Berlins Votum nicht ankomme?

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Was haben denn die Grünen für eine Meinung dazu?]

Danke schön! – Herr Regierender Bürgermeister, bitte schön!

Herr Präsident! Frau Fraktionsvorsitzende! Sie haben in der Tat richtig zitiert, dass der Senat von Berlin in Umsetzung der Beschlüsse der Bundesregierung zum Konjunkturpaket den Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht hat. Wir haben insgesamt in der Bundesrepublik eine Debatte darüber, welchen Umfang Konjunkturpakete haben sollen, ob sie überhaupt Wirkungsmöglichkeiten haben, wie die Schwergewichte darin verteilt sind. Wie immer im politischen Leben, erst recht, wenn Koalitionen beteiligt sind, gibt es bei solch einer großen Vorlage, wie es die Beschlüsse zum Konjunkturpaket II sind, Kompromisse, die geschlossen werden müssen. Und das hin bis zur Namensgebung.

Auch da ist es kein Geheimnis, dass es Unterschiede zwischen der SPD und der CDU gegeben hat. Wir haben hauptsächlich dafür plädiert, für die Zukunft, vor allen Dingen im Bildungsbereich, nachhaltige Investitionen vorzunehmen. Sie kennen die Positionierung der CSU und anderer, die hauptsächlich Steuersenkungen vorgesehen haben, was nicht die Position der SPD gewesen ist. Insgesamt ist ein Kompromiss geschlossen worden. Ich persönlich habe auch zu dem einen oder anderen Beschlusspunkt eine sehr kritische Einstellung.

Ich habe den Medien entnommen, dass die Grünen auf Bundesebene auch sehr viele kritische Anmerkungen gemacht haben, bis hin zu ablehnenden Stellungnahmen zu dem Konjunkturpaket. Ähnlich haben das andere Parteien im Deutschen Bundestag gemacht. Wir werden die Situation haben, dass der Bundesrat entscheiden muss. Wie immer werden wir im Senat festlegen, wie diese Entscheidung aussehen wird. Es gibt Hinweise darauf, dass der kleinere Koalitionspartner – speziell beim steuerlichen Teil – erhebliche Bedenken hat. Nach meinem Kenntnisstand – das wird abzuwarten sein – wird es allerdings eine gemeinsame Abstimmung zu den wesentlichen Punkten geben und keine getrennte, sodass durchaus zu erwarten ist, dass es in dieser Frage in der Koalition einen Dissens zwischen Zustimmung auf der SPD-Seite und Ablehnung – jedenfalls eines Teils – der Links-Partei gibt. Dann gilt das Koalitionsabkommen, da ist das geregelt – wie im Übrigen in Bayern, Hamburg, Bremen oder in anderen Ländern der Republik.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – Eine Nachfrage von Frau Eichstädt-Bohlig. – Bitte!

Es ist schon erstaunlich, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie erst die Mittel verplanen und dann überlegen, wie Sie Ihr Votum zu dem Programm festlegen wollen.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Darum frage ich Sie konkret, Herr Regierender Bürgermeister, ob Sie Ihre Koalition bei bundespolitischen Themen überhaupt noch im Griff haben, nachdem es schon Streit beim EU-Reformvertrag und bei der Erbschaftsteuer gab, beim Thema Schuldenbremse und jetzt beim Konjunkturprogramm! Haben Sie die Koalition bundespolitisch noch im Griff?

Bitte schön, Herr Regierender Bürgermeister!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Meine vornehmste Aufgabe ist es nicht, den Koalitionspartner bundespolitisch in den Griff zu bekommen, sondern vielmehr, für die Landespolitik einzustehen, und das tue ich auch.

[Beifall bei der SPD]

Ich will mir nicht vorstellen, wie wir beide uns bei bundespolitischen Themen streiten würden, Frau EichstädtBohlig, und wie selbstverständlich Sie bei jeder Gelegenheit auf Enthaltung plädieren würden, wenn wir uns nicht einig wären.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Lassen Sie die Bigotterie ein bisschen aus dem politische Geschäft heraus! – Wir wissen noch nicht, wie sich die Grünen in Hamburg mit der CDU oder in Bremen mit der SPD einigen. Diese beiden Landesregierungen haben sich in der letzten Zeit häufig enthalten, weil die Grünen die Koalitionskarte ausgespielt haben.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion)]

Das ist die bundespolitische Realität, Frau EichstädtBohlig. Lassen Sie die Kirche im Dorf! Erinnern Sie sich an Ihre bundespolitischen Einlassungen! Ihre Bundestagsfraktion hat zu dem Thema Ablehnung signalisiert, und Frau Künast hat mit den schärfsten Worten gesagt, man könne dem nicht zustimmen. Dennoch fangen Sie an, die Debatte, ob die Linkspartei zustimmen kann, bigott zu führen. Ich muss schon sagen: Niveau, Niveau, Niveau!

[Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und der FDP]

Danke, Herr Regierender Bürgermeister!