Protocol of the Session on December 14, 2006

[Zurufe von den Grünen]

Das sieht im Übrigen auch der Finanzsenator so. Deshalb lässt er sich auch auf diese Strategie ein, obwohl er einen seriösen, – und das ist völlig richtig – angemessenen Umgang mit den Berliner Finanzen will. Das unterscheidet uns. Wir machen das Notwendige, damit Primärüberschüsse steigen, damit Kredite sinken können. Wir verlangsamen den Aufwuchs den Berliner Schulden, aber Ihren Weg, den gehen wir nicht mit.

Nun sagen Sie, Sie finden die Erhöhung der Grundsteuer richtig, aber weil es im Großen und Ganzen nicht passt, sind Sie wieder einmal dagegen. Ich sage Ihnen noch etwas zur Gewerbesteuer, und zwar ausdrücklich als Vertreter eines Bezirks wie Marzahn-Hellersdorf, der es sich bei seiner Gewerbestruktur nicht leisten kann,

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

dass die dort ansässigen Unternehmen, das verarbeitende Gewerbe, mit höheren Steuern belastet wird. Denn dann wandern diese Unternehmen ab, nämlich über die Grenze nach Brandenburg.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Der Weg dorthin ist verdammt kurz. Das ist das Problem, wenn man über eine Erhöhung der Gewerbesteuer redet, Herr Kollege. Die Klientel, die Sie im Auge haben, die Dienstleister in der Innenstadt, die Banken und Versicherungen, können eine höhere Gewerbesteuer locker bezahlen. Das notleidende Gewerbe, die verarbeitende Industrie, die wir noch in der Stadt haben, die sich aussuchen kann, ob sie im Speckgürtel in den zahlreichen Gewerbegebieten produziert oder ob sie das bei uns in MarzahnHellersdorf tut, kann sich eine Erhöhung der Gewerbesteuer nicht leisten. Wenn sie aber geht, nimmt sie die Arbeitsplätze mit über die Grenze. Das ist das Problem an dieser Stelle. Deshalb geht es um Verantwortung, wenn man über Steuererhöhungen redet und nicht einfach um solch eine platte Antwort, wie Sie sie geben.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Ich sage Ihnen noch etwas, was die Gesamtstruktur der Berliner Finanzpolitik betrifft. Wir haben uns vereinbart, dass wir die Berliner Ausgaben auf einem bestimmten Niveau einfrieren, auf dem Niveau 2005, und dass wir sie von dort aus nicht weiter erhöhen. Das bedeutet, wenn man Mehrausgaben tätigt, wie wir es tun wollen, wie wir es für notwendig erachten – insbesondere im Bildungsbereich –, wenn wir die Kostenfreiheit im Kitabereich gewährleisten, wenn wir das sicherstellen – ein großer finanzieller Kraftakt –, wenn wir Modellversuche zur Überwindung des gegliederten Schulsystems machen

[Mieke Senftleben (FDP): „Zur Überwindung des gegliederten Schulsystems“!]

und wenn wir zusätzliche Vertretungsmittel an die Schulen geben, dann brauchen wir dafür eine Gegenfinanzierung. Auch dazu dient die Grundsteuererhöhung. Schließlich hat der Kollege Zackenfels völlig recht, wenn er im Ergebnis feststellt, dass die Belastung aus der Grundsteuererhöhung für sich genommen für jeden Einzelnen absolut moderat ist und deshalb in der Regel auch gut verkraftbar,

[Mieke Senftleben (FDP): Das sagen Sie!]

weil 25 € für eine Mietwohnung im Osten und 50 € für ein Eigenheim pro Jahr verträglich sind. – Vielen Dank!

Herr Kollege Wechselberg! Sie sind nun schon fertig. Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Mario Czaja (CDU): Frau Momper!]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt das Wort Herr Christoph Meyer – bitte!

Hier blinkt noch etwas, Frau Präsidentin.

[Mario Czaja (CDU): Deine Redezeit ist um, Christoph!]

Ich glaube auch.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wechselberg! Ich glaube, Sie haben am Ende noch einmal den Unterschied zwischen der PDS und der SPD in dieser Frage herausgearbeitet. Während Herr Zackenfels zumindest noch versucht, das Feigenblatt der Haushaltskonsolidierung begeistert hochzuhalten, haben Sie am Ende in der Tat – wie auch schon im Hauptausschuss – darauf hingewiesen, dass es Ihnen darum geht, einige Mehrausgaben, die Sie mit Ihrer Koalitionsvereinbarung verabschiedet haben, finanztechnisch neutral in diesem Haushalt darzustellen. Wir sind gegen diese Gewerbesteuererhöhung, Herr Zackenfels

[Stefan Zackenfels (SPD): Grundsteuer!]

oh, Entschuldigung, das wäre jetzt der Part für Herrn Esser gewesen – gegen die Grundsteuererhöhung, Herr Zackenfels, weil es eben Ihrerseits kein Gesamtkonzept gibt. Wenn Sie diese Einzelmaßnahme als einen Schritt in die richtige Richtung zur Haushaltskonsolidierung loben, dann frage ich Sie, wo im Koalitionsvertrag, wo in der heutigen Regierungserklärung, wo in den Verlautbarungen von Ihnen, der PDS, Herrn Sarrazin sind die Konzepte, um den Rest der Konsolidierungslast, die wir im Land Berlin in den nächsten Jahren schultern müssen – vom Abbau des Solidarpaktes ganz zu schweigen –, schultern zu können. Es gibt keine Vorschläge. Sie müssten jetzt aber vorliegen, um seriös argumentieren zu können, dass Sie sich nach Karlsruhe nicht von der Haushaltskonsolidierung im Land Berlin verabschiedet haben. Ich versuche es einmal umzudrehen: Was wäre passiert, wenn das Land Berlin in Karlsruhe Erfolg gehabt hätte und wir nach Sarrazin sofort 30 Milliarden € Schuldenübernahme bekommen hätten, auf der anderen Seite aber kein so positives Ergebnis bei den Steuereinnahmen?

Dann hätten wir ungefähr genau die selbe Konsolidierungslast zu tragen, wie wir sie jetzt zu tragen haben, nämlich ungefähr 1 Milliarde € bis 1,4 Milliarden €. Auch da hätten Sie Antworten geben müssen. Das Ergebnis, das Sie jetzt hier vorstellen, ist genau das Gegenteil von Antworten. Sie entlarven durch Ihr jetziges Nichtverhalten und Nichttun, dass Sie nach dem Karlsruher Urteil – ganz egal, wie das Verfassungsgericht entschieden hätte – keinerlei Handlungsfaden oder Idee gehabt hätten, wie Sie die restlichen Hunderte von Millionen Euro hier noch konsolidiert bekommen. Das ist das Traurige an dieser Vorstellung, die Sie seit dem 19. Oktober hier abliefern.

Deswegen noch einmal ganz klar: Wenn ein Gesamtkonsolidierungskonzept vorliegen würde, an dem ein Teil durch Steuererhöhungen hätte finanziert werden müssen, dann wären wir dabeigewesen. Dann wäre im Ergebnis irgendwann – in vier, fünf, sechs Jahren – ein ausgeglichener Gesamthaushalt von Herrn Sarrazin vorgelegt worden, nicht irgendwelche Spielchen mit Primärhaushalt oder so. Wenn Sie Herrn Sarrazin die Konzepte, die er in seinen tollen Folienvorträgen in den letzten Jahren immer wieder herausgeholt hat, in der Koalitionsvereinbarung, in der Regierungserklärung in eine wie auch immer geartete

Verbindlichkeit hätten gießen lassen, dann hätten wir darüber reden können.

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Solange das nicht geschieht, wird mit diesen Steuermehreinnahmen nichts anderes passieren, als die mittelfristige Finanzplanung, wie Sie sie jetzt vorgelegt haben, erwarten lässt: Es wird irgendwo zwischen den wegbrechenden Solidarpakteinnahmen und den explodierenden Zinsausgaben in den nächsten Jahren versacken. Dafür – muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen – sind wir uns als FDP einfach zu schade.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP die Annahme. Wer dem Gesetz zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen.

[Michael Braun (CDU): Schaut, die waren alle draußen! – Zuruf von der SPD: Von der CDU fehlten auch welche! – Dr. Martin Lindner (FDP): Jetzt macht mal Schluss hier!]

Gegenprobe! – Das sind die Oppositionsfraktionen. Enthaltungen? – Sehe ich nicht. Das erste war die Mehrheit, damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen jetzt zur

lfd. Nr. 5 B:

Dringliche II. Lesung

Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen

Beschlussempfehlung Haupt Drs 16/0120 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/0027

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden. Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 3 gemäß Drucksache 16/0027. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme mit Änderungen. Wer dem Gesetz auf der Basis der Drucksachen 16/0027 und 16/0121 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen SPD, Grüne und die Linksfraktion.

[Uwe Goetze (CDU): Wo sind wir denn? – Gelächter links]

Wir sind in der Abstimmung des lfd. Punktes 5 B. – Die Gegenprobe bitte! – Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Keine.

[Gelächter links – Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Ihr kommt zu spät, ihr schlaft schon!]

Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Wir kommen jetzt zur

lfd. Nr. 6:

I. Lesung

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Berlin (Schulgesetz – SchulG) – flexible Schulanfangsphase gründlich vorbereiten

Antrag der CDU Drs 16/0064

Dieser Antrag ist auf Wunsch der antragstellenden Fraktion der CDU vertagt.

Die lfd. Nrn. 7, 8 und 10 sind bereits durch die Konsensliste erledigt. Die lfd. Nr. 9 war Priorität der FDP unter dem Tagesordnungspunkt 5 c.