Entsprechend unserem Änderungsantrag müssten wir auch erstens den Blick auf die Chancen richten, die uns durch Zuwanderung und Internationalität erwachsen, und im Konzept darauf achten, mit dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität ein Negativimage zu vermeiden; zweitens mit Blick auf die Rahmenbedingungen der deutschen „Armutshauptstadt“ zügig die Gegenkonzepte entwickeln, die die soziale Ungleichheit abbaut und nicht – wie unter Rot-Rot – verschärft. – Ich brauche Sie nicht auf die UNICEF-Studie hinzuweisen, in der wir auf der Kinderarmutsskala innerhalb Europas mit 16 Prozent die höchste Quote erreicht und die Aufforderung bekommen haben, diese auf 10 Prozent zu senken; drittens mit Blick auf die vorgestern vorgestellten IGLU-Ergebnisse die Verbesserung der Unterrichtsqualität verwirklichen, um endlich Bildungsgerechtigkeit – heute wurde schon eine ganze Menge dazu gesagt – für alle in der Schule zu gewährleisten, statt Strukturdebatten zu führen.
Bereits bei Viertklässlern in der Grundschule bundesweit einsamer „Spitzenreiter“ bei dieser Sozialauslese zu sein, tut weh. Es macht mich als Mutter traurig und nicht stolz, dass ich auch nach der Kitazeit zu 70 Prozent für die Lesefähigkeit meiner Kinder verantwortlich bin, wenn ich möchte, dass sie eine Zukunft durch Bildung erleben.
Gerade Sie müssen „Oh“ machen – gerade die richtige Seite, die nicht in die Kitaqualität investiert! Das zeigt, dass Sie es immer noch nicht begriffen haben.
Wir müssen dem Senat deutlich machen, dass es in der Regierungspolitik an einem wirkungsvollen Gesamtkonzept für diese Zukunftsaufgabe mangelt. Wir müssen den Senat auffordern, dieses Demografiekonzept ernsthaft und professionell zu entwickeln und für die Umsetzungsvorschläge Ressourcen, das bedeutet Finanzen, zur Verfügung zu stellen. Es kann nicht sein, dass – wie im letzten Zwischenbericht des Senats – aus den vier in Auftrag gegebenen Handlungsfeldern in Kurzfassung zehn Thesen angekündigt und dann elf Thesen dazu ausgeführt wurden. Ungewollt, verzählt oder völlig ohne Konzeption? – diese Frage lässt der vorliegende Zwischenbericht vom Mai dieses Jahres offen. Das konnte auch bei dem aktualisierten und im Oktober im Familienbeirat vorgestellten Entwurf zum Demografiekonzept nicht klargestellt werden. – Deshalb stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu und fordern Sie vom Senat die zusätzlichen Konzepte für die Zukunft – für eine Zukunft der Jugend in dieser Stadt!
Das ist die Runde der jungen Mütter. Ich setze das jetzt fort. Einige sind nicht mehr ganz so jung, aber zumindest Mütter. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben schon von Frau Scheeres gehört, dass wir gerade neue Bevölkerungsstatistiken bekommen haben. Was für mich aus diesen Statistiken am deutlichsten hervorgeht, ist, dass wir zwar in den letzten zehn Jahren mehr Zuzüge als Wegzüge von jungen Menschen zu verzeichnen haben, dass es dort aber eine extrem hohe Fluktuation gibt. Das heißt, die positive Nachricht, dass wir in den letzten Jahren mehr junge Menschen für die Stadt gewinnen konnten, ist erst einmal da. Trotzdem muss man immer wieder feststellen: Unsere Bevölkerung wird altern.
Der Senat – und auch das Abgeordnetenhaus mit seinem Beschluss – hat sich auf den demografischen Wandel eingestellt und dazu einen ersten Zwischenbericht vorgelegt, über den wir auch im Ausschuss debattiert haben. Mit unserem Antrag fordern wir nun ein, bei der Konzeptentwicklung die Belange junger Menschen erkennbar stärker als bisher in die Überlegungen einzubeziehen. Gerade die Altersgruppe der Jugendlichen und der jungen Erwachsenen wird in den nächsten Jahren den stärksten Rückgang erfahren: um 14,4 Prozent. Zusammen mit der hohen Fluktuation bei den Zuzügen und Wegzügen, von der ich bereits gesprochen habe, muss unter anderem Ziel dieses neuen Handlungsfeldes sein, die Zahl der Zuziehenden zu halten und zu erhöhen und die Wegzüge zu reduzieren. Dabei sollten wir auch die Alterssegregation beachten. Zukünftig werden wir Bezirke haben, die von jungen Menschen dominiert sind, und Bezirke, die von alten Menschen dominiert sind.
Die Senatsverwaltung hat das alles unter dem Thema „Bleibepolitik“ zusammengefasst. Dabei fangen wir allerdings nicht bei null an. In den letzten Jahren ist es trotz einer Haushaltsnotlage gelungen, ressortübergreifende Anstrengungen zu unternehmen, um die Entwicklungsbedingungen und Zukunftschancen junger Menschen zu verbessern. Dabei ist Bildung natürlich ein Schlüssel. Ziel muss es sein, einen jungen Menschen von klein an auf einen optimalen Start in das Leben vorzubereiten. Hier sei zum Beispiel der Ausbau der Kita zur Bildungseinrichtung genannt. Die ersten Gemeinschaftsschulen haben sich bereits auf den Weg gemacht, den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg aufzubrechen.
Bemerkenswert, liebe Frau Senftleben, ist es übrigens, dass die Idee der Gemeinschaftsschule im Onlinedialog des Familienbeirats eine hohe Akzeptanz genießt. Auch der Familienbeirat hat sich das Demografiethema als einen Schwerpunkt gesetzt.
Bildung ist außerdem ein wichtiger Bestandteil des vom Senat entwickelten Integrationskonzepts. Die Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund in unser Gemeinwesen ist wohl eine der größten Herausforderungen bei der Bewältigung des demografischen Wandels in unserer Stadt.
Bleibepolitik im wörtlichen Sinn bedeutet aber auch, stärker etwas für minderjährige Flüchtlinge zu tun und diese in Berlin zu verankern.
Hervorzuheben sind auch die Anstrengungen des Berliner Senats, die Armut junger Menschen und deren Folgen weiter zu bekämpfen. Hier dürfen wir nicht nachlassen.
Die wichtigste Maßnahme gegen Armut von Kindern und Jugendlichen ist es dabei, existenzsichernde Arbeit für die Eltern zu schaffen, gute Schulabschlüsse zu fördern und Ausbildung und den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu gewährleisten.
Die Ressource Jugend in einer alternden Gesellschaft ist das eine. Das ist bisher im Konzept auch dargestellt. Das andere ist es, den Ressourcen junger Menschen selbst mehr Möglichkeiten und Raum zu geben. Die Herausforderung an das neue Handlungsfeld besteht dabei darin, Freiräume zu schaffen: Freiräume des Denkens, des Bewegens, aber auch den Erhalt und den Ausbau der außerschulischen Angebote, seien es Jugendfreizeiteinrichtungen, Selbstorganisation oder Kultur. Aber auch die Förderer von jungen Menschen und ihrer Entwicklung müssen im Sinn von Bleibepolitik in Berlin gehalten und unterstützt werden:
Lehrer, nennen wir das Stichwort Fachkräftemangel, aber auch Sozialpädagogen, Erzieher, Kinderärzte. Diese Liste wäre unendlich weiterzuführen.
Junge Menschen an den Entscheidungen zu beteiligen, die sie und ihre Zukunft betreffen, muss zum Normalfall in dieser Stadt werden. Das ist ein weiteres Thema des Handlungsfeldes.
Wenn wir heute mit unserem Antrag einfordern, dass Jugend ein eigenes Handlungsfeld bekommt, geht es uns auch darum, daran zu erinnern, Jugend nicht auf einen finanziellen Klotz zu reduzieren. Im Gegenteil: Wir können es uns als Gemeinwesen gar nicht leisten, auch nur auf einen jungen Menschen in unserer Stadt zu verzichten. Denn in junge Menschen zu investieren lohnt sich allemal. Und übrigens: Es rechnet sich auch. In diesem Sinn
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorweg zu sagen: Wir Grünen werden dem Antrag in der jetzt vorliegenden Beschlussfassung zustimmen. Wir sagen ein klares Ja dazu, zumal, wie Frau Scheeres schon erwähnte, auf unsere Anregung hin die eigenständige Beteiligung von Jugendlichen an der Gestaltung der Zukunft dieser Stadt aufgenommen wurde.
Die Nachrichten, dass Bolzplätze in Berlin geschlossen werden, weil Nachbarn sich gestört fühlen, dass die Armut von Jugendlichen – und ich sage mit Absicht von Jugendlichen und nicht von den kleineren Kindern – zunimmt, aber auch die Nachrichten von hohem Alkoholkonsum und der Gewaltproblematik bei Jugendlichen machen deutlich, dass die Interessen der Kinder und Jugendlichen in der Stadt stärker als in der Vergangenheit zu berücksichtigen sind. Das ist auch an den Zahlen, die referiert wurden, deutlich geworden, dass Berlin älter wird und die Jugendlichen und jungen Menschen weiterhin abnehmen werden. In dieser Situation müssen wir die Interessen der Jugendlichen sogar vor den Älteren schützen, die hier eine deutliche Mehrheit werden. Gerade weil wir zu den Älteren gehören, haben wir die Aufgabe und die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Jugendliche und nicht nur Kinder hier Freiräume haben und sich in der Stadt bewegen können, ohne ständig von öffentlichen Orten vertrieben zu werden.
Der Antrag, der hier heute zur Abstimmung steht, macht aber deutlich, dass die Koalition bzw. der Senat nicht in der Lage ist, dieses Demografiekonzept wirklich ordentlich so zu gestalten, dass den Herausforderungen des demografischen Wandels tatsächlich begegnet wird. In dem Punkt muss ich Frau Demirbüken-Wegner recht geben: Es wäre besser gewesen, wir hätten eine Enquetekommission dazu eingesetzt, damit auch die Oppositionsparteien bzw. wir alle hier uns gemeinsam Gedanken darüber machen könnten, wo die Handlungsfelder sind.
Das vorgelegte Konzept bzw. der erste Entwurf dazu lässt sehr zu wünschen übrig. Aber Frau Demirbüken-Wegner, die Punkte, die Sie im Einzelnen noch als Handlungsfelder aufgenommen haben wollen, sollten unserer Meinung nach nicht Handlungsfelder sein. Sie sind zum Teil tatsächlich im Entwurf enthalten, teils als strategische Ziele mit drin. Wir werden Ihren Antrag deswegen ablehnen.
Der Antrag macht auch deutlich, dass im Superressort von Senator Zöllner nicht nur im Namen die Worte „Jugend und Familie“ herausgefallen sind, sondern auch in seiner aktuellen politischen Arbeit nicht die wichtige Rolle spielen, die diese spielen müssten.
Ich habe mir die Mühe gemacht, in den Protokollen nachzulesen, wo das Demografiekonzept im Stadtentwicklungsausschuss behandelt wurde. Zu meinem Erstaunen habe ich festgestellt, dass nicht davon die Rede war, dass das Handlungsfeld Jugend zu wenig berücksichtigt werde. Nein, ich durfte lesen, dass die Migrantinnen und Migranten zu kurz kommen. Das sehen wir auch so, da ist noch nachzuarbeiten. Und Frau Haußdörfer meinte dann noch, dass die Gruppe der Kleingärtner besonders berücksichtigt werden müsste. – Das finde ich in Anbetracht der Herausforderung, die dieses Stadt zu bewältigen hat, etwas lächerlich.
Wir haben schon öfter festgestellt, dass wir in der Stadt kein Konzept- oder Erkenntnisdefizit haben, sondern dass wir hauptsächlich ein Handlungsdefizit haben. Das trifft auch auf das Thema des demografischen Wandels und wie wir damit umgehen zu. Wir haben diverse Programme in der Stadt. Das ist einmal das Programm soziale Stadt. Wir haben für die älteren Menschen die Leitlinien für die Seniorenpolitik. Es gibt vom Senat auch bereits Konzepte für neue Wohnformen im Alter. Wir haben die Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadt. Wir haben ein sehr schönes dickes Buch, das sich Integrationskonzept nennt. Das Hauptmanko an all diesen Konzepten und Leitlinien ist, dass sie zwar da sind, aber weder mit operationalisierten Zielen und Maßnahmen untersetzt sind noch mit Finanzmitteln ausgestattet sind, dass sie umgesetzt werden könnten.
Wir befürchten, dass das Demografiekonzept, wenn es endlich da ist, und wie wir alle hoffen in einer Form, die tatsächlich darstellt, dass Berlin in der Lage ist, den demografischen Wandel konstruktiv zu gestalten, mehr oder weniger nur Papier sein und in den Schubladen verschwinden wird. Wir haben, wie gesagt, kein Konzeptdefizit, wir haben ein Handlungsdefizit. Deswegen erwarten wir hier ganz deutlich, dass die Handlungsfelder, die die wenigsten von Ihnen wahrscheinlich kennen – das sind u. a. lebenslanges Lernen, soziale Stadt, jetzt neu hoffentlich Jugend als das Zukunftsfeld –, mit Zielen und konkreten Maßnahmen unterlegt werden, dass es einen Zeithorizont geben wird und dass auch Aussagen zur Finanzierung enthalten sind.
Ich komme zum Schluss. – In diesem Sinne wünsche ich allen, die an diesem Konzept arbeiten – und das sind viele Menschen in der Verwaltung –, ein gutes Gelingen. Wir
von Bündnis 90/Die Grünen werden weiter konstruktiv die Arbeit begleiten und die Umsetzung einfordern. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Auch wir werden dem Antrag bzw. der Beschlussempfehlung zustimmen. Das haben wir im Ausschuss auch schon gemacht. Denn wie ich gleich darlegen werde, ist es absolut richtig, ein eigenes Handlungsfeld für die Jugend in das Demografiekonzept aufzunehmen.
Ich möchte kurz auf die Historie hinweisen. Als der Senat im letzten Jahr vom Parlament aufgefordert wurde, 2008 ein Demografiekonzept vorzulegen, wurde er ausdrücklich aufgefordert, die jugendpolitischen Konsequenzen und Anforderungen darzulegen. Er sollte dabei darstellen, wie die Stadt attraktiv für junge Menschen zu organisieren ist. Ich stelle erstens fest, dass wir das Jahr 2008 haben, das in drei Wochen zu Ende ist, und wir immer noch kein Demografiekonzept haben.
Zweitens stelle ich fest, dass die bisherige Nichtberücksichtigung der jugendpolitischen Konsequenzen und Anforderungen das generelle politische Engagement des Senats in der Jugendpolitik deutlich widerspiegelt. – Herr Senator! Setzen Sie sich nach über zwei Jahren endlich für die Interessen der jungen Menschen in Berlin ein! Zeigen Sie uns auf, welche jugendpolitische Grundsatzlinie Sie haben! Das haben wir bis heute nicht gesehen, und deshalb ist sogar ein Antrag Ihrer Fraktion notwendig, um dieses wichtige Thema in das aktuelle Demografiekonzept des Senats zu heben.