Am Ende könnte es aber wie in Hamburg am geeigneten rechtlichen Instrument fehlen, dieses Vorhaben tatsächlich zu verhindern. Demzufolge soll uns der vorliegende Antrag das geeignete Verhinderungsinstrument an die Hand geben. Ihm zuzustimmen läge aus dieser Betrachtung schon sehr nahe.
Der Inhalt des Antrags birgt aber auch eine Schwäche. Auf diese muss im Abwägungsprozess freilich eingegangen werden. Die Versagung eines Kohlekraftwerkneubaus könnte nämlich dazu führen, dass alte Anlagen länger als geplant in Betrieb bleiben. Welchen Grund sollte eigentlich ein Betreiber haben, ein altes Kraftwerk abzuschalten, wenn dieser kein neues dafür errichten darf? Die Möglichkeit, Kraftwerke aus Klimaschutzerwägungen auf Länderebene versagen zu können, ist letztlich ein eher untaugliches, wenn nicht sogar hinderliches Instrument, um das Klima zu schützen. Ein Ersatz bzw. Neubau in Rummelsburg ließe sich mit einem Versagungsrecht der Länder möglicherweise verhindern. Die daraus resultierende Konsequenz könnte aber sein, dass das alte Kraftwerk Klingenberg länger als geplant in Betrieb bleibt. Das ist gerade aus Klimaschutzerwägungen die schlechteste Variante.
In Rummelsburg wird es vor allem darauf ankommen, dass der Senat gegenüber Vattenfall deutlich macht, dass Berlin aus Gründen des Klimaschutzes und des Wettbewerbs auf diesem gigantischen Kohlekraftneubau gut und gern verzichten kann. Dezentrale Gaskraftwerke mit Kraftwärmekoppelung können hier eine sinnvolle, klimaschonende Alternative bieten. Es müsste nicht einmal mehr Gas importiert werden. Das Gas, das bisher in Privatheizungen nur für Heizenergie verbrannt wird, könnte zukünftig in Kleinkraftwerken für Strom und Heizwärme sorgen.
Die Umwelt- und Energiepolitik des Senats ist also im Hinblick auf die zukünftige Energieversorgung der Stadt
daran zu messen, inwieweit es ihm gelingt, mit Vattenfall einen solchen Konsens herbeizuführen. – Frau Lompscher, da sind wir gespannt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist verständlich, dass von den Kollegen der Grünen nach dem selbstorganisierten Debakel um die Genehmigung des Kohlekraftwerks Moorburg in Hamburg hier in Berlin Anträge eingebracht werden, die die erheblich beschädigte Glaubwürdigkeit grüner Politik aufbessern sollen.
Der vorgelegte Antrag war in seiner Ursprungsfassung – das haben wir im Ausschuss von allen Fraktionen vernehmen können – höchstens in der Überschrift konsensfähig. Der Inhalt selbst ist widersprüchlich und in Bezug auf erneuerbare Energien äußerst kontraproduktiv. Der im Ausschuss vorgebrachte Änderungsantrag – heute liegt er wieder vor – wäre über eine Willensbekundung zur Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten bei der Genehmigung von Neubau und Ersatzkohlekraftwerken nicht hinausgekommen.
Das greift meiner Fraktion zu kurz und hilft nicht wirklich. Deshalb folgt die Fraktion der Linken auch der Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz und lehnt den Antrag ab. Die Überlegung zu dem Thema in den Reihen der Koalition geht aber weiter. Das Grundanliegen und die Schwierigkeiten durch die Bundesgesetzgebung sind hier schon klar dargestellt. Das inhaltliche Fundament bei den Linken ist in dieser Frage stabil und öffentlich verkündet. Bereits im März 2007 hat sich der Berliner Parteitag der Linken.PDS mit dem Beschluss „Energiepolitik in Berlin umwelt- und sozialverträglich gestalten“ für die Verschärfung der CO2Norm auf Bundesebene ausgesprochen.
Ich muss nachfragen, weil ich es nicht genau gehört habe. Mir ist entgangen, warum Sie sich im Ausschuss zu diesem Antrag enthalten haben, den Sie hier so geißeln. Das sollten Sie uns noch einmal darlegen.
Ich denke, ich habe es deutlich gesagt: Es ist nur eine Willensbekundung. Wir wollten eigentlich noch weiter gehen. Das werden wir auch innerhalb der Koalition noch tun.
Die Bundestagsfraktion der Linken hat diese Forderung in ihrem Antrag „Nationales Sofortprogramm und verbindliche Ziele für den Klimaschutz festlegen“ im April 2007 aufgegriffen. Die Forderung für Festschreibung der Klima-Gas-Immission gegenüber den Schutzgütern als relevante schädliche Umwelteinwirkung im Bundesimmissionsschutzgesetz in Bezug auf den Neubau oder die wesentliche Änderung von Kraftwerken ist dort einer von insgesamt 27 Punkten. Das Fundament ist also da. Das Haus bauen wir in diesem Land gemeinsam mit unserem Koalitionspartner der SPD. Wir sind in der Vorbereitung eines Koalitionsantrages – das wurde schon angedeutet – zur Unterstützung der Aktivitäten unserer Senatorin, um auf Bundesebene Lösungen zu finden, die es den Ländern ermöglichen, wegen der Herausforderung unseres Jahrhunderts Klimaschutz zur Rettung unserer Lebensgrundlage zu betreiben und den CO2-Produzenten auch die Versagung von Genehmigungsersuchen für klimaschutzschädliche Investitionen entgegenzusetzen. Klar ist uns, dass die Diskussion nicht nur im Bundesrat zur Abstimmung gestellt werden soll. Die zuständigen Bund-LänderArbeitsgemeinschaften sollen die Regelungen erarbeiten, die notwendig sind, um Genehmigungsverfahren deutlicher und verbindlicher an Klimaschutzaspekte zu koppeln. Dann können wir in den Ländern lokal handeln und global denken. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fand es gut, dass die Grünen ihren Antrag überarbeitet und Gesichtspunkte aus der Diskussion aufgenommen haben. Ich würde mir auch von anderen Fraktionen im Hause wünschen, dass Diskussionsbeiträge in Anträge eingearbeitet werden. Das war eine gute Sache.
Ich fand es allerdings witzig, dass Herr Ratzmann das noch nicht mitbekommen und über den alten Antrag geredet hat.
Der Punkt mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist genau der, den Ihre Kolleginnen und Kollegen herausgestrichen haben. Vielleicht sollten Sie einmal die neue Fassung lesen.
Es hat nämlich einen Grund, weshalb dieser Punkt herausgestrichen wurde. Er war eins der Probleme des Antrags. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz hilft bei lokalen Schadstoffbelastungen. Hier geht es aber um CO2, das ist ein globales Problem. Das ist im Sinne des Gesetzes kein Schadstoff, deshalb kommt man da nicht weiter.
Der zweite Punkt, mit dem man nicht weiterkam, war die Festlegung von Wirkungsgraden. Er ist zu formal. Man kann mit Wirkungsgraden nämlich auch Wind- und Sonnenenergie ausschließen. Auf der anderen Seite können Kohlekraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung die Wirkungsgrade erreichen. Damit kam man also auch nicht in die richtige Richtung. Aber die Grünen haben die beiden Punkte aufgenommen und den Antrag konstruktiv verändert. Das ist lobenswert.
Der Antrag ist aus der Sicht der FDP-Fraktion richtig. Es ist wichtig, einen Weg zu finden und Klimaschutzaspekte auch in die Genehmigungsdiskussion einzubringen. Deshalb wird die FDP-Fraktion diesem Antrag heute zustimmen.
Zwei Erläuterungen zu unserem Verständnis des Antrags: Das Wort „berücksichtigen“ beinhaltet für mich und für die FDP-Fraktion, dass das ein Faktor unter anderen ist. Das ist nach der Rechtslage auch so gefordert. Man muss Klimaschutzaspekte gegen andere Faktoren abwägen, deshalb kann es auch keinen gesetzlichen Mechanismus geben, dass Kohlekraftwerke automatisch immer abgelehnt werden. Insofern ist die Überschrift des Antrag etwas irreführend.
Außerdem gilt, dass der Gesamtzusammenhang immer noch der CO2-Zertifikatehandel ist. Er sorgt dafür, dass ein Limit für die Belastung vorgegeben wird. Und das bedeutet, das neue Kohlekraftwerke nur gebaut werden können, wenn alte wegfallen oder CO2 woanders gestrichen wird. Das heißt, dieser Antrag der Grünen wird die Summe der Emissionen nicht verändern.
Aber wir sind hier in einem Stadtstaat, der sich hohe Ziele setzt. Wir wollen ein Energiekonzept für Berlin und eigene Vorgaben zum Klimaschutz, die über die allgemeinen Vorgaben hinausgehen. Deshalb hat gerade Berlin ein Interesse, dass Klimaschutzaspekte auch konkret in die Genehmigungsverfahren einfließen können.
Das konkrete Ziel – dabei bleiben wir, gerade jetzt in der Diskussion über das Steinkohlekraftwerk – ist: Wir wol
len eine dezentrale Wärmeversorgung ohne große Kohlekraftwerke. Das ist auch für meine Fraktion weiterhin vordringlich. Auch deshalb wird die FDP-Fraktion dem Antrag zustimmen.
Das Steinkohlekraftwerk bleibt aktuell. Indirekt über ihren Antrag haben die Grünen das Thema wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Und so klar ist der Standpunkt der Koalition nicht. Es ist zwar so, dass wir in diesem Hause mit vernünftigen Menschen der SPD und der Linksfraktion etwas beschlossen haben, aber es fehlt immer noch eine klare Stellungnahme des Senats. Der Regierende Bürgermeister lässt immer wieder durchblicken, dass er eigentlich doch nicht ganz gegen Kohlekraftwerke ist. – Hin und wieder halten Sie uns Vorträge zur allgemeinen Energiepolitik, aber wir warten immer noch auf die Beantwortung der Frage: Will der Senat das Kraftwerk in Lichtenberg – ja oder nein?
Wir werden wahrscheinlich noch lange darauf warten müssen. Wir werden sehen, dass die Anträge der Opposition zu diesem Thema immer wieder von der Koalition abgelehnt werden. Das ist schade, aber die FDP, die Grünen und die CDU werden Ihnen das Thema nicht ersparen und die Debatte über das Steinkohlekraftwerk so lange führen, bis vom Senat endlich eine klare Aussage kommt. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der FDP bei Enthaltung der CDU und einer Stimme der Linksfraktion die Ablehnung des Antrags auch in der neuen Fassung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der Grünen und die Fraktion der FDP. Wer enthält sich? – Die Fraktion der CDU enthält sich. Wer ist gegen den Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist er abgelehnt.
Ich eröffne die II. Lesung und rufe auf die Überschrift, die Einleitung und die Ziffern 1 und 2 gemäß Drucksache 16/1215 sowie Drucksache 16/1215-1. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag der CDU abstimmen. Wer diesem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Hand
zeichen. – Das sind die Fraktion der CDU und die Fraktion der Grünen. Wer enthält sich? – Scheinbar die Fraktion der FDP. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.