Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Melzer hat das Wort. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Spreeraum hat eine herausragende Bedeutung in Berlins Stadtentwicklung. Wer wollte die Signalwirkung bestreiten, die die Entwicklung und Architekturqualität auf einem 140 Hektar großem Areal im Herzen Berlins auf die gesamte Hauptstadt hat? Wir haben das in einer Aktuellen Stunde vor einiger Zeit ausgiebig besprochen. Rund um die Ufer der Spree prallen heute die Gegensätze Tristesse und Aufbruch aufeinander. Es wird deutlich: Berlin ist zwar pulsierend, Berlin erfindet sich ständig neu, aber diese Lebendigkeit braucht eine wirtschaftliche Basis.
Investitionen und Arbeitsplätze sind das Lebenselixier unserer Stadt, nicht „abwarten und Tee trinken“. Eine soziale Infrastruktur ist langfristig nur durch Investitionen und Arbeitsplätze zu sichern. Diesen Grundsatz hat der Senat aber bis heute nicht verstanden.
Es steht außer Frage: Berlin braucht Investitionen. Es geht um Zukunftsprojekte, die Wachstum, Arbeit und Kaufkraft in unsere Stadt bringen. Neue Arbeitsplätze sind keine Bedrohung, sondern eine Chance. Deshalb braucht Berlin endlich wieder eine Regierung, die Investoren nicht als Zumutung auffasst, sondern als Chance.
Die wirtschaftliche Lage Berlins ist nach wie vor besorgniserregend. Ich glaube, es ist der richtige Zeitpunkt, das noch einmal deutlich zu machen. Die Potenziale der Stadt werden von Rot-Rot nicht genutzt. Der Regierende Bürgermeister hat gestern bei der Verabschiedung von Herrn Nerger gesagt: Berlin spielt in derselben Liga wie Paris, London und Rom – nur diese Städte spielen um die Meisterschaft, und wir kämpfen darum, ob wir Letzter oder Vorletzter sind, auf jeden Fall immer gegen den Abstieg. Das ist ein wesentlicher Unterschied in dieser Meisterschaft im Wettbewerb zu London, Paris, Rom und Berlin. Verantwortlich dafür ist Herr Wowereit selbst mit seiner Senatstruppe.
Die Berliner Wirtschaft war in den vergangenen Jahren trotz des Booms, den wir insgesamt erlebt haben, durch unterschiedliche und unterdurchschnittliche Wachstumsraten geprägt. Jetzt stehen wir der Gefahr eines Abschwungs und einer Rezession gegenüber. Die Schere zwischen der Hauptstadt und dem übrigen Bundesgebiet hat immer weiter aufgemacht – letzter Platz unter den Industrieregionen Europas, letzter Platz im Vergleich der wirtschaftlichen Attraktivität der 50 größten deutschen Städte, letzter Platz beim Standortwettbewerb der Bertelsmann-Stiftung, überall die rote Laterne und eben nicht die gleiche Liga. Der Senat muss endlich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen, die für eine anhaltende Aufholjagd notwendig sind. Davon sind wir fest überzeugt.
Ganz besonders bedrückt uns, dass durch das fehlende Handeln der Vergangenheit nicht im ausreichenden Maße Arbeitsplätze umgesetzt worden sind, sodass zu wenig Arbeitsplätze entstanden sind. Berlin hat nach wie vor im Bundesgebiet die höchste Arbeitslosigkeit. Sie ist fast doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Im Oktober waren im Land Berlin mehr als 219 000 Menschen arbeitslos und arbeitsuchend. Das ist eine Arbeitslosenquote von 13 Prozent. Der Abstand zu den anderen Bundesländern hat sich ein weiteres Mal vergrößert.
Zehntausende Arbeitsplätze könnten an der Mediaspree, an der Spree entstehen. Angesichts der desaströsen Wirtschafts- und Arbeitslosenstatistik sind Zehntausende Arbeitsplätze ohne Zweifel eine Größenordnung von gesamtstädtischer Bedeutung. Das hat auch Frau JungeReyer bereits im Parlament bestätigt. Dennoch lautet die bisherige Antwort des Senats, insbesondere des Regierenden Bürgermeisters, man sei nicht zuständig, solle der Bezirk doch zusehen, wie er mit dem Spreeufer, dem Bürgerentscheid, den Investoren fertig werde. Verantwortungsloser und hilfloser kann man auf dieses Problem überhaupt nicht reagieren.
Die Senatsbaudirektorin gibt selbst zu, dass die bisher entstandene Unsicherheit bereits mehrere tausend Arbeitsplätze konkret bedroht. Es reicht eben nicht, Unternehmen nur nach erfolgter Ansiedlung feierlich zu begrüßen und für das Eröffnungsfoto parat zu stehen. Es gilt,
sich aktiv für Investitionen und Arbeitsplätze einzusetzen. Der Senat muss endlich seine Zuständigkeit für die Entwicklung des Spreeufers anerkennen und wahrnehmen. Das fordern wir, das fordert die IHK, und darauf haben auch die Berlinerinnen und Berliner ein Anrecht. Machen Sie das Projekt endlich zur Chefsache, und geben Sie den Investoren Planungssicherheit!
Den Wünschen der Bürger vor Ort kann dabei in dem Maß entsprochen werden, wie sie das Gesamtprojekt nicht gefährden. Das sagen wir ausdrücklich. Bei aller Wertschätzung für die direkte Demokratie darf aber nicht verschwiegen werden: Wenn 500 000 Stimmen berlinweit nicht reichen, um Tempelhof zu retten, dann dürfen auch 30 000 Stimmen in einem einzelnen Bezirk keine Milliardeninvestitionen torpedieren.
Abschließend appelliere ich daran, dass wir den Slogan „Spreeufer für alle“ verinnerlichen. Dieses Gelände hat mehr als blumige Worte verdient.
Ich bin bei meinem letzten Satz, Frau Präsidentin! – Das Land ist in der Verantwortung, das Spreeufer für alle zu entwickeln, die Leben statt Tristesse wollen, für alle, die Arbeit suchen und Arbeitsplätze haben wollen. Dafür werden wir uns einsetzen, denn Mediaspree darf nicht zu einem weiteren Fiasko der Wirtschaftspolitik dieses gruseligen rot-roten Senats werden.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Melzer! – Für die SPDFraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Haußdörfer das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Um es kurz zusammenzufassen: Das Projekt Mediaspree hat sicher gesamtstädtische Aufmerksamkeit und mediale Inszenierung erfahren, aber ob es planungsrechtlich gesamtstädtische Bedeutung hat, ist dahingestellt.
Herr Melzer! Ich bin etwas überrascht: Pseudowirtschaftsparolen und Unkenntnis zeigen sich bei Ihnen und nicht unbedingt Wissen über die Mediaspree. Da war die vergangene Diskussion im Ausschuss wesentlich ertragreicher, und hier fällt mir nur ein: Herr Dr. Juhnke – bitte übernehmen Sie!
Aber wir wollen zum Thema sprechen, und das Thema heißt durchaus: planungsrechtliche Grundlagen und Mediaspree. Die Koalition nimmt die Meinungsbekundung durch den Bürgerentscheid zur Kenntnis und vor allem ernst. Das bedeutet auch, die Verantwortung bei den Akteuren zu belassen und kritisch mit Rat und Diskussion vor Ort dabei zu sein. In Anbetracht der Spreefenster und zugänglichen und auskömmlichen Uferwege sei aber hier mein persönlicher Zweifel an der Forderung und Sinnhaftigkeit von 50 Metern Uferwegbreite durchaus angedeutet.
Wir haben bei der Begehung durch den Ausschuss erfahren, dass alles, was bestehendem Baurecht entspricht, gebaut werden darf und gebaut wird, wobei wir auch hier den einen oder anderen Überprüfungsbedarf angemeldet haben. Wir haben erfahren, dass es neben den komplexen Details nur wenig Spielraum für Änderungen gibt. Wir haben aber auch erfahren, dass es von dem Bezirksamt selbst als schwierig erkannt wird, alle Forderungen umzusetzen, erst recht, wenn historische Baufluchten und Uferwege schon im Leitbild dargestellt sind.
Die Ausschussmitglieder haben aber auch erkannt, dass es der Bezirk versäumt hat, aus dem Planwerk 2001 bezirkseigene Übersetzungen zu entwickeln. Offensichtlich gibt es hier unterschiedliche Sichtweisen, wer zuständig sein sollte. Nur gab es auch bei der Begehung keine Erklärung für die vergangenen Versäumnisse. Der Kollege Dr. Flierl hat mehrfach nachgefragt, aber zu einer Erkenntnis konnten wir leider nicht gelangen.
Es ist eine anspruchsvolle und vielfältige Aufgabe, wenn großzügige öffentliche Räume am Ufer, gelungener Städtebau mit einer urbanen Nutzungsmischung realisiert werden. Selbstverständlich bewegen wir uns auch in einem Spannungsfeld zwischen Investitionen und quartiersbezogenen Entwicklungen sowie bezirklichen Ansprüchen, welche übrigens in anderen Kontexten regelmäßig ausgeweitet und nicht etwa beschnitten werden, wie das hier durchaus gefordert wird.
Frau Kollegin! Ich stimme Ihnen in Bezug auf die Bedeutung des Ortes vollkommen zu, aber wie lange glauben Sie, kann sich der Senat und das Land Berlin aus dieser Sache heraushalten?
Wenn Sie die Ausschussdiskussion verfolgt hätten, wüssten Sie, dass sich weder der Senat noch das Abgeordnetenhaus, der Bezirk oder die BVV dort heraushalten. Ich habe versucht, dies klarzustellen, aber vielleicht muss man es noch einmal ausführen: Es ist die Aufgabe des Bezirkes, Sondierungen vorzunehmen und Handlungsspielräume auszuloten. Über die Aufgabe und die Organisation der Bezirke haben wir heute auch schon ausführlich diskutiert.
Ich möchte zusammenfassend darstellen, dass die Koalition als bestimmende Kraft in Berlin sowohl die positive Arbeitsplatzentwicklung – diese sprechen Sie an – als auch die wirtschaftliche Bedeutung für den Bezirk und das Land, aber auch die stadträumliche Entwicklung Friedrichhain-Kreuzbergs auf ihrer Priorität haben. Es ist nicht unsere Aufgabe, in der Stadtentwicklung – Herr Goetze, das hätten Sie in Ihrer Ausschussüberweisung bedenken können – Wirtschaftlichkeitsprüfungen landeseigener Unternehmen zu bewerten, sondern eine Abwägung zwischen geschaffenen und zu schaffenden Baurecht sowie eine stadträumliche Einschätzung vorzunehmen, die – das muss man zugeben – in mehr oder minder starren Grundzügen vorgegeben ist.
Wir reden vom Übergang zwischen Land- und Stadtspree sowie die Einreihung in die vorhandene Bebauung und auch über die Schaffung von Pendants unter wirtschaftlicher und quartierbezogener Entwicklung, welche gewünscht und befördert wird – ich darf Ihnen versichern, Herr Dr. Lehmann-Brauns, auch vonseiten des Senats. Natürlich geht es auch um die kritische Überprüfung von Entwicklungskonzepten und um eine angepasste Spreeraumentwicklung. Eine entsprechende Neubeurteilung haben wir initiiert. Sie liegt Ihnen als Mitteilung – zur Kenntnisnahme – vor. Da heißt es übrigens für die Opposition auch einmal: Hausaufgaben machen.
Abschließend ist festzuhalten: Alles, was gebaut wird und wo bestehendes Baurecht existiert, wird realisiert werden. Ebenso gibt es wenig Spielraum für großflächige Änderungen. Verhandlungen und Diskussionen dürfen keinen Schadenersatzanspruch – weder juristisch noch finanziell – nach sich ziehen. Ich rede hier auch von einem virtuellen Schadenersatzanspruch, den wir tunlichst vermeiden sollten. Wir als Koalition möchten keinen „Käse“ der Zuständigkeiten, bei dem es Löcher mit bezirklicher Zuständigkeit gibt und einen Rest, bei dem man sich nicht einigen konnte, den der Senat lösen soll. Wer einen Vorgeschmack darauf haben möchte, der kann sich gern manch unterirdische Diskussion über FNP-Änderungen im Ausschuss antun. Wir als SPD setzen auf eine seriöse, kommunikative Arbeit mit allen Akteuren im Abgeordnetenhaus sowie im Sonderausschuss der BVV FriedrichshainKreuzberg. Es sei mir auch erlaubt, auf den gestrigen durchaus konstruktiven BVV-Termin mit der Vorstellung der Bauvorhaben auf den Grundstücken des Lie
Um mit einer Redewendung der Senatorin Junge-Reyer zu enden: Ich bin „durchweg optimistisch“, dass die konstruktiven Abstimmungen zwischen Bezirk, BVV und Land, zwischen den Grundstückseigentümern, den Bürgerinitiativen und den lokalen Akteuren über die Entwicklung dieses stadtentwicklungspolitisch chancenreichen und spannenden Gebiets weiterhin in diesem produktiven Rahmen und den Facetten der Diskussion angemessen erfolgt und eine positive Entwicklung unterstützen wird. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Haußdörfer! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Abgeordnete Eichstädt-Bohlig das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Melzer! Sie und Ihre Fraktion bauen in Ihrem Antrag einen sehr primitiven Gegensatz auf: Senatsplanung gleich investorenorientiert gleich gute Planung, Bezirksplanung gleich bürgerorientiert gleich schlechte Planung. Und Sie sagen indirekt, eine bürger- und stadtteilorientierte Planung wollten Sie nicht. Als Erstes muss ich feststellen: Sie haben weder in der Öffentlichkeit noch sonst irgendwo gehört, dass es an der Planung, die der Bezirk bisher macht, und der Art, wie das Verfahren geführt wird – insbesondere vom Bezirksbürgermeister Franz Schulz –, Kritik gibt. Insofern weiß ich überhaupt nicht, wovon Sie reden und warum Sie meinen, diese Planung schlecht machen zu müssen.
Ich glaube, es ist an der Zeit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es zu dem Ziel des Bezirks, mit den Bürgern auf der einen und den Investoren auf der anderen Seite städtebaulich sinnvolle und verträgliche Konzepte im Konsens auszuhandeln, keine Alternative gibt, jedenfalls nicht, wenn man die Stadt als Kommune, als Gemeinwesen ernst nimmt, denn dann muss man im Sinne dieses Interessenausgleichs handeln und arbeiten. Das ist sinnvoll, und wir Grünen unterstützen dieses Vorgehen nach allen Kräften.
Außerdem muss ich Ihnen sagen und das auch der Industrie- und Handelskammer: Wer meint, die Senatszuständigkeit solle dazu dienen, das Bürgerbegehren auszuhebeln – das tun Sie ja mit Ihrem Antrag –, der sagt ganz deutlich: Bürgerbegehren ist – ich sage es mal freundlich – Augenwischerei, ist eigentlich – ich sage es mal unparlamentarisch – Bürgerverarschung. Das kann niemand wollen, der dieses Instrument, das in diesem Haus geschaffen worden ist, ernst nimmt. Ich bitte darum, dass das ernst genommen wird.
Ich muss als Nächstes sagen: Ich rate CDU, FDP und – leider – auch der Industrie- und Handelskammer, keinen künstlichen Gegensatz zwischen der Schaffung von Arbeitsplätzen und guten städtebaulichen und kommunalpolitischen Lösungen zu konstruieren. Zu meinen, wenn man einfach irgendwo und irgendwie 40 000 qm Büro- oder Dienstleistungsfläche hinsetzt, dann bringe das Arbeitsplätze, ist doch wirklich naiv. In Berlin stehen über 1,2 Millionen qm Dienstleistungsflächen in besten Lagen und sogar zu passablen Mieten leer, in der Friedrichstraße, am Potsdamer Platz, in der City-West, direkt an der Mediaspree gelegen bei den Treptowers und auch auf dem ehemaligen Narva-Gelände. Diese riesigen Leerstände haben Potenziale für 80 000 bis 90 000, wenn nicht gar 100 000 Arbeitsplätze, und trotzdem stehen sie leer. Also was soll dauernd dieses Phantom, wenn dort ein paar neue Quadratmeter gebaut würden, dann würden dort plötzlich Arbeitsplätze en masse zu sehen sein? – Das ist doch völlig naiv.
Insofern ist meine Hauptbotschaft: Ich fordere den Senat dringend auf, und zwar konkret Frau Junge-Reyer, den für die öffentlichen Betriebe zuständigen Senator Wolf und den Finanzsenator Sarrazin, die vom Bezirk eingeleitete Konsenssuche aktiv zu unterstützen, denn bislang geht es überwiegend um virtuelle Investitionshoffnungen bei der BEHALA, bei der BSR und teilweise auch – da scheint es sich jetzt ein bisschen zu ändern – beim Liegenschaftsfonds.
Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele nennen, in welchem Maße es möglich ist, gute Planung sowohl im Investorensinn als auch im Sinn der Schaffung von mehr Grün und städtebaulicher Qualität vor Ort und an der Spree zu machen. Konkretes Beispiel: Der Investor Herr Kilian hat eine gute Verknüpfung zwischen mehr Grün an der Spree und städtebaulich sinnvoller Investition für Büro- und Dienstleistung an der Schillingbrücke und der Straße gegenüber vom Ostbahnhof vorgeschlagen. Das ist machbar, wir alle vom Ausschuss haben es uns zeigen lassen. Insofern habe ich die dringende Bitte: Unterstützen Sie so einen Vorschlag! Das ist konkrete Konsenssuche.