Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt der Kollege Gaebler von der Fraktion der SPD. – Bitte schön, Herr Gaebler!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Senatorin für Stadtentwicklung. – Frau Junge-Reyer! Wir hatten im Parlament schon über die S-BahnvertragPlanerfüllung, Probleme bei Pünktlichkeit und Kundenservice, gesprochen. Hat es auf Ihre Ankündigung hin inzwischen schon Reaktionen der S-Bahn gegeben?
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaebler! Wir hatten die S-Bahn vor etwa sechs Wochen mit der mangelnden Pünktlichkeit, mit der Kritik am Kundenservice und auch mit dem Fehlen von Beförderungsqualität in anderer Hinsicht konfrontiert. Wir hatten die S-Bahn aufgefordert, Gegenmaßnahmen vorzuschlagen. Die S-Bahn hat gestern bei mir ein Maßnahmenpaket mit vielen einzelnen Maßnahmen vorgestellt, von dem sie glaubt, dass es zu einem Erfolg führen kann. Ich freue mich vor allen Dingen darüber, dass die S-Bahn eingesehen hat, dass auch die Bahn mit einem solchen Ergebnis nicht zufrieden sein kann, und zwar völlig unabhängig von den Pönalen, die ins Haus stehen.
Diese Überzeugung, die ich gestern gewinnen konnte, kommt auch aus der Tatsache heraus, dass die S-Bahn tatsächlich einzelne Maßnahmen vorsieht, von denen ich glaube, dass sie kurz- oder mittelfristig wirken müssen, wenn sie ernsthaft verfolgt werden. Mir geht es vor allen Dingen darum, dass Verfahrensregelungen von der S-Bahn neu formuliert oder überprüft werden, wenn es darum geht, Züge pünktlich abfahren zu lassen und sie pünktlich in den laufenden Verkehr einzuschnüren. Mir geht es darum, dass die S-Bahn im Rahmen dieses Maßnahmenpaketes zugesichert hat, die Baustellenkoordination besser zu betreiben, die Baustellenfahrpläne noch einmal zu überprüfen, die langsamen Fahrstellen sehr kritisch anzuschauen und zum Beispiel auch bei der Reakti
on auf Störfälle standardisierte Verfahren einzuführen – um nur das eine oder andere Beispiel zu nennen.
Mir ist wichtig, dass die S-Bahn vor allen Dingen die Reservezüge, die sie zur Verfügung hat, ständig einsatzbereit hält. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, so habe ich gedacht, aber die Tatsache, dass immer wieder mit kürzeren Zügen, mit weniger Viertelzügen gefahren wird, ist inzwischen wohl auch der S-Bahn als ein wesentlicher Qualitätsmangel bewusst geworden.
Vielen Dank! – Frau Senatorin! Das hört sich erst einmal sehr gut an. Nun haben wir von der S-Bahn schon häufig Ankündigungen gehört, die dann nicht richtig umgesetzt wurden. Gibt es zu dem Maßnahmenplan auch einen Zeitplan? Ab wann können die Kunden damit rechnen, dass wieder jede S-Bahn – oder fast jede – pünktlich ist und dass sie sich nicht in überfüllten Zügen drängeln müssen?
Herr Kollege Gaebler! Ich habe die S-Bahn aufgefordert, einen solchen Maßnahmenplan mit einer zeitlichen Einschätzung zu versehen, und wir haben verabredet, dass ein Controlling eingeführt wird, bei dem sich die S-Bahn gemeinsam mit der Verwaltung nicht nur ständig einer Überprüfung der Einführung der jetzt versprochenen Teile des Maßnahmenpaketes stellt, sondern bei der auch überprüft wird, wie das Ganze wirkt. Ich bin damit zufrieden, dass eine solche Verabredung getroffen werden konnte. Ich gehe davon aus, dass sich die S-Bahn im eigenen Interesse und im Interesse der Kundinnen und Kunden jetzt endlich sehr intensiv und mit hohem Qualitätsbewusstsein dieser Aufgabe stellt.
Danke, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Sind Sie eigentlich mit dem ergebnislosen Verlauf des ersten Runden Tisches mit Migrantenvertretern gegen Homophobie
zufrieden, oder haben Sie vor, im Senat die Initiative zu ergreifen, um mehr gegen Homophobie, vor allem von Berlinern mit Migrationshintergrund, zu tun?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Steuer! Ich bin nicht zufrieden mit der Tatsache, dass offensichtlich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Runden Tisches nicht alle zufrieden waren. Entsprechend scheint sich ein Problem aufzuzeigen, das gelöst werden muss. Die Absicht dieses Runden Tisches kann nicht bestritten werden: erstens, dass es notwendig ist, sich zusammenzusetzen, zweitens, dass man nach gemeinsamen Lösungsmöglichkeiten sucht, und drittens, dass man dann mutig nach vorn geht, und nicht, dass man anschließend ein schlechteres Gefühl als vorher hat. Das muss ich so erst einmal zur Kenntnis nehmen. Das heißt, dass dieser Umstand mich nicht befriedigt. Ich werde deshalb – in Absprache mit Frau Knake-Werner – selbst noch einmal die Initiative ergreifen und vor allem diejenigen, die diese Unzufriedenheit geäußert haben, noch einmal einladen, um herauszubekommen, ob das etwas Subjektives ist oder ob tatsächlich inhaltlich etwas schiefgelaufen ist, was korrigiert werden müsste.
Herr Regierender Bürgermeister! Seit wann sind Sie darüber informiert, dass auch die Übergriffe auf Homosexuelle durch Berliner mit Migrationshintergrund ansteigen? Halten Sie diesen Runden Tisch gegen Homophobie für ausreichend – wenn er denn auch gut funktioniert –, um mehr Aufklärungsarbeit unter den Migrantinnen und Migranten zu leisten und gegen die Homophobie vorzugehen?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Steuer! Ein Runder Tisch kann nicht die tägliche Arbeit ersetzen – es wäre völlig illusionsbehaftet, wenn man diese These verträte –, sondern er soll Möglichkeiten bieten, sich auszutauschen, auch Initiativen zu vereinbaren und zu verstärken.
Ich möchte an dieser Stelle auch deutlich machen: Homophobie gibt es leider nicht nur in Bereichen mit Migrationshintergrund, sondern in allen Bereichen unserer Gesellschaft. Trotzdem muss sie an der Wurzel, da wo sie im
Dennoch wissen wir, dass es gerade homosexuelle Menschen besonders schwer haben, in einem Umfeld, wo das Thema Homosexualität – auch kulturell – ausgeklammert ist oder sogar – wie wir das wissen – mit kulturellem Hintergrund in den jeweiligen Heimatländern unter Strafe gestellt wird, ihr Coming Out zu haben oder in der Pubertät ihre Homosexualität festzustellen. Da kann man sich vorstellen, wie das Seelenleben eines jungen Menschen aussieht, der in einem solchen Milieu groß wird. Dementsprechend muss da mit ganz besonderen Maßnahmen und einem verstärkten Einsatz gearbeitet werden. Das ist noch einmal ein anderes Thema als die Frage, wie jemand hier frei von jeder Diskriminierung seiner Lebensweise entsprechend in dieser Stadt glücklich werden kann. Deshalb müssen wir hier viele Anstrengungen leisten, um die Homophobie in unserer Gesellschaft zweifach zu bekämpfen: bei Deutschen und Nichtdeutschen genauso. Es ist kein Unterschied und interessiert denjenigen, der homosexuell nicht, ob er von einem Deutschen oder von einem Mitbürger mit Migrationshintergrund belästigt oder geschlagen wird oder schlimmere Dinge passieren. Das ist völlig egal, wer das ist, es ist genauso schlimm. Wir haben eine besondere Situation von Homosexuellen, die ein einem solchen Milieu groß werden. Auch da muss geholfen werden.
Es geht weiter mit einer spontanen Anfrage des Kollegen Dr. Lederer von der Linksfraktion. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Anfrage an die Frau Gesundheitssenatorin Lompscher. – Frau Senatorin! Wie schätzen Sie die aktuellen Perspektiven der ambulanten Versorgung für HIV- und Aids-Patienten in Berlin ein, vor allem die der Schwerpunktpraxen, nachdem die Aids-Pauschale durch die Kassenärztliche Vereinigung zum Beginn 2009 gekündigt wurde?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lederer! Nach derzeitigem Stand müssen wir davon ausgehen, dass die ambulante Versorgung der HIV-/Aids-Patienten ab
2009 nicht mehr im derzeitigen Umfang zur Verfügung stehen kann. Das wäre außerordentlich bedauerlich. Die Aids-Pauschale ist schon im Lauf des Jahrs 2008 von der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen – die muss man hier auch erwähnen – gekürzt worden. Sie soll nun ab 2009 gar nicht mehr bezahlt werden. Das ist vor dem Hintergrund, dass in Berlin besonders viele Betroffene leben und wir ein außerordentlich gutes Netz mit den Schwerpunktpraxen in der ambulanten Versorgung haben, besonders bedauerlich.
Die Situation hat sich inzwischen weiter verschärft, weil absehbar ist, dass auch auf Bundesebene die sogenannte EBM-Ziffer, eine Behandlungsziffer, die den ärztlichen Leistungsumfang und die Bewertung festlegt, zum 1. Januar 2009 nicht vereinbart werden wird. Deshalb habe ich, wie ich schon verschiedentlich deutlich gemacht habe, ein großes Interesse daran, dass sich Kassen und Kassenärztliche Vereinigung in Berlin schnell an den Tisch setzen, um kurzfristig eine Lösung zu finden.
Ich bin es leid – das sage ich hier einmal deutlich –, dass der Schwarze Peter ständig hin- und hergeschoben wird. Es hat in Berlin eine Regelung gegeben, die gut funktioniert hat, die vorbildlich war. Wir haben ab 2009 veränderte Honorar- und Vergütungsbedingungen für die Ärzte. Wir haben andere Finanzierungswege bei den Krankenkassen. Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass eine vernünftige Lösung gefunden werden kann, die in erster Linie zugunsten der Patienten ist und nicht zugunsten der KV und der Krankenkassen.
Frau Senatorin! Wenn sich dennoch nichts tut, hat dann die Gesundheitsverwaltung irgendwelche Möglichkeiten, mehr zu tun, um in diesen Konflikt einzugreifen, als zu appellieren? Es gibt einen Sicherstellungsauftrag der Krankenkassen. Ab einem bestimmten Punkt steht man ansonsten hilflos da und muss zusehen, wie ein ganzer Zweig qualifizierter Betreuung im Land Berlin einfach wegbricht.
Ich muss erneut sagen, das es zunächst einmal eine Aufgabe der Selbstverwaltung der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen ist. Allerdings haben wir
eine Aufsichtsfunktion, insbesondere gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung und gegenüber der AOK Berlin. Wir beobachten die Dinge juristisch im Rahmen unserer Rechtsaufsicht. Wir müssen und können aber auch erst eingreifen, wenn erkennbar wird, dass der Sicherstellungsauftrag durch die Kassenärztliche Vereinigung nicht mehr erfüllt wird. Ich gehe davon aus, dass wir das im Rahmen der kontinuierlichen Kommunikation hinreichend deutlich gemacht haben. Ich habe mich zuletzt auf der Landesgesundheitskonferenz dazu in deutlichen Worten öffentlich geäußert. Ich habe nochmals die Beteiligten zu einem Gespräch in der nächsten Woche eingeladen und bin vorsichtig optimistisch, dass wir auf diesem Weg zu einer Lösung kommen, die ab 1. Januar 2009 nicht zu dem Sachverhalt führt, dass wir eventuell aufsichtsrechtlich eingreifen müssen.
Nun hat der Kollege Esser für Bündnis 90/Die Grünen das Wort zu einer spontanen Frage. – Bitte schön, Herr Kollege Esser!
Ich habe eine Frage an den Finanzsenator, Herrn Sarrazin, der gerne den Eindruck erweckt, er wisse alles besser als andere. – Wie konnte es Ihnen passieren, dass Sie sich als Aufsichtsratsvorsitzender der BVG im Juli 2007 ein verlustträchtiges CDO-Paket haben andrehen lassen, dessen Inhalt Sie offenbar nicht verstanden hatten, und obwohl zu diesem Zeitpunkt der Zusammenbruch des Marktes für derartige Papiere wegen des allgemeinen Misstrauens bereits in Gang gekommen war?
Vielen Dank! – Herr Esser! Ihre Bewertung möchte ich übergehen. – Der Sachverhalt ist folgender: Wie Sie wissen, gab es in den Jahren 1998 bis 2002 bei der BVG eine Reihe von Operationen, bekannt unter dem Thema CrossBorder-Leasing. Dies hatte der BVG 68 Millionen Euro Vorteil verschafft. Derartige Transaktionen werden immer zu einem bestimmten Stichtag abgewickelt, sind dann aber hinterlegt mit der Zahlung von Leasingraten in allen normalen Zahlungsströmen, für die es Bürgen gibt, welche diese vornehmen. Wenn diese Bürgen in dem Umfang nicht mehr die notwendige Bonität haben, werden Nachzahlungen fällig bis hin zur Nachzahlung der ganzen Summe, weil die BVG oder der Betroffene immer derjenige ist, der am Ende einstehen muss.
Hier war es so, dass drei beteiligte Banken, die dafür geradegestanden hatten, in ihrer Bonität nicht mehr so
waren, dass man eine Nachzahlung hätte ausschließen können. Die beratende Bank hatte dann der BVG im Jahr 2006 vorgeschlagen, umzuschulden und das Risiko, dass man selbst eintreten würde, durch diese Umschuldung zu verringern. Darüber hat der Aufsichtsrat Ende April 2007 beraten. Die Aufsichtsratsvorlage hat den Prozess geschildert und eindeutig dargelegt, dass sich dort das Risiko, das immer bestand, sowohl in der alten Konstruktion als in der neuen, vermindern würde.
Es hat sich jetzt gezeigt, dass dies nicht der Fall war. Der Vortrag und die Vorlage im Aufsichtsrat war schlüssig und in den tatsächlichen Aussagen eindeutig. Der Markt war damals auch ein anderer. Niemand hätte sich im April 2007 gedacht, dass Papiere, welche Triple A bewertet sind, ausfallen könnten. Insoweit war dies vor dem damaligen Informationsstand die Entscheidung, wie sie geboten schien. Dass sich aus heutiger Sicht die Dinge anders darstellen, ist absolut klar. Dass niemand sich darüber mehr ärgert als ich, ist sicherlich auch verständlich. Wir haben die Wirtschaftsprüfer, die jetzt den Jahresabschluss machen, und mit denen ich gestern sowieso zusammensaß gebeten, dass sie auch die Beratungsvorgänge durch die beratende Bank, die zu diesem Entscheidungsvorschlag kommen, wie auch die Abläufe innerhalb der BVG im Rahmen ihrer Prüfung genau aufarbeiten. Bis dahin bleibe ich nur bei der Aussage, dass die Unterlagen jedenfalls im Aufsichtsrat ein derartiges Risiko definitiv ausschlossen.