Protocol of the Session on November 13, 2008

Geben Sie diesem Antrag Ihre Zustimmung, dann werden die Heizpilze in Berlin ab morgen abgestellt!

[Beifall bei den Grünen – Bravo! von den Grünen – Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion): Und jetzt die Türen zu!]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kubala! – Für die SPDFraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Buchholz das Wort.

Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wenn man zum Beispiel durch die Oranienburger Straße läuft, kann man sich tatsächlich Auswüchse von Giftpilzen, von Heizpilzen, anschauen. Da gibt es einzelne Gastronomen, die es schaffen, zwischen zwei Gebäuden 30 Heizpilze zu betreiben. Das halte ich auch für einen Auswuchs. Das ist unangemessen, und es ist auch sehr schade, dass Gastwirte das so überstrapazieren, dass sie meinen, sie müssten den gesamten Gehweg oder die Flächen daneben oder hinter ihrer Gast- und Schankwirtschaft mit Heizstrahlern zupflastern. Das ist sehr seltsam, und das ist auch nicht unterstützenswert. – Frau Kubala! Sie haben es angeführt: Es gibt Gastronomen, die sehr vernünftig sind und sagen, man kann das anders regeln, man kann Decken hinlegen, man kann – für die armen Raucherinnen und Raucher, die nach dem Nichtraucherschutzgesetz jetzt nach draußen müssen – auch einmal einen Heizpilz aufstellen. Das ist eine angemessene Variante, aber nicht 30 Heizpilze vor einem Lokal!

Wir haben jetzt aber einen Gesetzesantrag der Grünen vorliegen, der eine Änderung des Energiespargesetzes fordert. Vermeintlich ist er ganz einfach, aber er schüttet leider das Kind mit dem Bade aus, denn er fordert, dass der Betrieb von gasbetriebenen Anlagen und Elektrostrahlern auf Freiflächen, Terrassen und Balkonen zum Zwecke des Heizens zu untersagen ist.

Entschuldigung, Herr Buchholz! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Kubala?

Bitte schön!

Kollege Buchholz! Im Zusammenhang mit den Heizpilzen wird immer wieder die Not der Raucherinnen und Raucher angesprochen. Ein paar Züge an einer Zigarette dauern im Durchschnitt fünf Minuten. Viele Menschen stehen Tag für Tag 20 Minuten und mehr an Bushaltestellen und auf offenen S-Bahnhöfen herum. Würden Sie jetzt im Gegenzug empfehlen, dort auch Heizpilze aufzustellen?

Frau Kubala! Die Frage lasse ich einfach so stehen. Sie zeigt, wie verquer Sie denken. Es tut mir leid. Das ist das Einzige, was man dazu sagen kann.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich komme zurück zu Ihrem Gesetzesantrag. Das verquere Denken zeigt sich auch im Gesetzesantrag, den Sie hier vorlegen. Sie haben das Thema nicht zu Ende gedacht.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Richtig!]

Sie legen einen Antrag vor, der im Prinzip jede Beheizung einer Freifläche verbietet, auch eine gasbetriebene. Da wäre, wenn man den Gesetzesantrag genau liest, die Frage: Sie definieren nur „zu Heizzwecken“, aber was ist mit einem gasbetriebenen Grill auf einer Freifläche, z. B. in einem Park, in dem Grillen erlaubt ist?

[Ramona Pop (Grüne): Grillen ist kein Problem!]

Ist Grillen demnächst bei Ihnen auch komplett verboten?

[Ramona Pop (Grüne): Heizen Sie mit dem Grill?]

Das sind Probleme, die Sie uns mit Ihrem Antrag neu schaffen würden. Wenn demnächst jemand meint, er möchte im Sommer auf seinem Balkon eine Grillparty machen und das mit einem Gasherd macht, ist das dann verboten oder nicht, Frau Kubala?

[Gelächter von Ramona Pop (Grüne) und Joachim Esser (Grüne)]

Die Frage lässt sich mit Ihrem Gesetzesvorschlag nicht beantworten.

[Michael Schäfer (Grüne): Können Sie lesen, Herr Buchholz?]

Wir merken, es ist des Guten zu viel, was Sie hier vorschlagen. Sie schütten das Kind mit dem Bade aus.

Sie haben mit einem recht. Es ist eine ungute Situation dadurch entstanden, dass mehrere Innenstadtbezirke für sich gesagt haben, sie wollten das auf dem öffentlichen Straßenland, dort, wo sie darauf einwirken können, verbieten.

Herr Buchholz! Darf ich Sie noch einmal unterbrechen, auch Frau Pop hätte gern eine Zwischenfrage an Sie gestellt.

Bitte schön, Frau Pop!

Ich bin etwas verwirrt, denn Sie haben so wunderbar unseren Gesetzestext vorgetragen, wo doch eindeutig steht, zum Zwecke des Heizens sollen die Heizpilze verboten werden, Sie problematisieren aber die Grills. Jetzt frage ich mich, ob Sie zuhause mit einem Grill heizen.

[Beifall und Heiterkeit bei den Grünen]

Keine Angst, ich habe keinen Grillheizer. Frau Pop! Die Frage ist in der Praxis nicht so einfach zu beantworten, wie Sie es jetzt gerne darstellten. So einfach ist es eben nicht. Was definieren Sie im Zweifelsfall als Grill und was als Heizgerät? Je nachdem, ob etwas draufliegt oder nicht?

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD]

Sagen Sie das dann den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ordnungsämter, wie das genau aussehen soll? Viel Spaß bei der Unterscheidung! Dann stellt sich immer einer von der Grünen-Fraktion neben den Grill

[Christian Gaebler (SPD): Setzen Sie sich auf den Grill!]

und sagt, hier ist jetzt gerade erlaubt, fünf Meter weiter, oder wenn sie im Winter die Hände daran erwärmen, ist es verboten. Viel Spaß!

[Beifall von Markus Pauzenberger (SPD) – Dr. Martin Lindner (FDP): Ein gottverdammter Schwachsinn!]

Sie lachen vielleicht, aber so unrealistisch ist es nicht.

Noch einmal: Ich war gerade bei der Ausführung. Man sieht, auch die Zwischenfragen der Grünen bringen einen nicht weiter, sondern verwirren eher bei dem Thema. – Das Problem ist, dass wir fünf Bezirke haben, die es für die öffentlichen Flächen anders regeln wollen, es aber für die privaten Flächen nicht regeln können. Sie sagen auf der anderen Seite wieder, Sie freuten sich immer, wenn Bezirke etwas regelten, was in ihrer Regelungskompetenz liege. – Auch das ist ein Widerspruch. Was wollen Sie an der Stelle? Jetzt fordern Sie ein Landesgesetz, das alles regelt und alles viel besser macht. Ich glaube, Sie haben diese Vorlage – nicht unter einem Heizpilz – mit einer ganz heißen Nadel gestrickt. Schauen Sie sich den Antrag noch einmal genau an, dann können wir ganz in Ruhe beim nächsten Antrag im Fachausschuss darüber reden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Oliver Schruoffeneger (Grüne): Haben Sie auch eigene Ideen?]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Buchholz! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Wilke das Wort.

[Zuruf von den Grünen: Wir sind auf Ihre Ausführungen gespannt!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da gab es schon im Vorlauf den Streit, welches Gesetz für ein Verbot der Heizpilze geeignet erscheint. Bündnis 90/Die Grünen präferieren nun das Berliner Energiespargesetz. Die Senatorin favorisierte die Änderung des Straßengesetzes, ließ das prüfen und schaute ein bisschen zu, wie die Bezirke mit den umstrittenen Pilzen umgehen.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Alles Schwachsinn!]

Das ist alles sehr spannend, aber nun wirklich alles andere als eine politische Debatte wert. Wer ein Verbot will, findet schon das geeignete Gesetz zum Verbieten. Oder wenn es das geeignete Gesetz nicht gibt, dann schafft er

eben ein neues. Die Frage ist doch aber hier vielmehr, ob ein Verbot die richtige Antwort auf diese Problematik ist.

[Beifall bei der CDU und der FDP– Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Mit der Änderung des Berliner Energiespargesetzes, aus Sicht der Grünen das geeignete Gesetz, soll es den Heizpilzen nun an den Kragen gehen. Was kommt als nächstes? Der Grill im Gartenidyll, weil er lediglich der Freizeitgestaltung dient und dabei auch CO2 emittiert? Freilich, sich mitten im Winter unter einen Heizpilz zu begeben, nur um ein Glas Wein zu genießen, während der Innenraum einer Gaststätte beheizt, aber ungenutzt ist, ist schon ein in einer Wohlstandsgesellschaft erfundenes dekadentes Verhalten mit Folgen, die dem Klimaschutz zuwiderlaufen.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Christian Gaebler (SPD) – Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]

So kann man es vielen recht machen. – Aber rechtfertigt das ein Verbot, eine weitere Bevormundung mündiger Bürger einer Zivilgesellschaft? Wieder sollen Wirte und Gäste unserer Gastronomiebetriebe gegängelt werden. Erst muss der Gastwirt seine Gäste zum Rauchen auf die Straße schicken, nun soll die nächste Zwangsmaßnahme folgen. Wissen Sie, man kann nicht auf der einen Seite ständig für Bürgerrechte eintreten, aber auf der anderen, wie in Ihrem Antrag zu lesen ist,

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

ähnlich wie in einem Repressionsstaat, Herr Esser, ein Verbot nach dem anderen folgen lassen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall von Christian Gaebler (SPD)]

Jetzt wird es besonders spannend, wenn man dem „Tagesspiegel“ vom 21. Oktober 2007 trauen kann, wo etwas über die Bündnisgrünen geschrieben ist. Sie selbst haben für eine Party auf dem Postbahnhofgelände sechs Heizpilze gemietet. Klimaschutz predigen, dabei selbst unter dem Heizpilz stehen, ist nun wahrlich keine grüne Glanzleistung!

[Beifall und Buhrufe bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Bei voller Leistung eines Heizpilzes ist die CO2-Bilanz unbestritten vergleichsweise hoch. Eine Abschaffung der Heizpilze dürfte aber in der Klimabilanz nicht spürbar sein. Am Ende wäre das Verbot solcher Heizmöbel also reine Symbolpolitik.