Protocol of the Session on October 16, 2008

Wenn jedoch politisch-ideologische Entscheidungen über die Vernunft und den Sachverstand von Verkehrsexperten die Oberhand gewinnen, wird auch ein Flughafen Tempelhof geschlossen.

Sie haben es also noch immer nicht begriffen. Umgekehrt wird nämlich ein Schuh daraus: Wenn ein Antrag auf Offenhaltung von Tempelhof trotz einer millionenschweren Kampagne und der massiven Unterstützung des Hauses Springer keine Mehrheit findet, dann ist das ein Sieg der Vernunft.

Deshalb offenbart Ihr Antrag, dass es Ihnen um etwas anderes geht, als den Berlinerinnen und Berlinern eine Abschiedsparty zu spendieren. Sie wollen ein letztes Mal versuchen, was Ihnen schon bei Ihrer Kampagne nicht gelungen ist: Sie wollen die emotionale Verbundenheit vieler Berlinerinnen und Berliner mit diesem Flughafen für Ihre rückwärtsgewandte Politik instrumentalisieren.

Nun mag man darüber streiten, wer diese Schließung wie begeht. Auch wir als Linke hatten uns gedacht, möglichst zeitnah zur Einstellung des Flugbetriebs eine Möglichkeit zu finden, die interessierte Öffentlichkeit schon einmal

auf das Feld zu führen, die Öffentlichkeit also praktisch Besitz nehmen und ausprobieren zu lassen, wie man sich dort erholt. Aber erstens ist es Herbst, zweitens wird da noch bis zur letzten Minute geflogen, und drittens ist auch der Besitzübergang noch nicht geklärt. Das sind Schwierigkeiten, die vielleicht zu bewältigen gewesen wären. Aber selbst wenn es gelungen wäre, es wäre dann so gekommen, wie Herr Gaebler schon gesagt hat: Dann hätten Sie es auch wieder uminterpretiert in Ihrer ideologischen Verblendung und gesagt, das sei eine Siegesfeier gegen Ihre hehren Absichten, den Flugverkehr dort aufrechtzuerhalten.

[Vereinzelter Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wir freuen uns darauf, dass wir BBI voranbringen. Dann, wenn BBI eröffnet wird, wird es eine große Feier geben. Da bin ich mir ganz sicher.

Wir arbeiten an einer guten Zukunft für Tempelhof ohne Flugbetrieb –

Würden Sie bitte zu Ihrem Schlusssatz kommen?

Ich bin bei meinem letzten Satz! – und natürlich auch daran, die Besichtigungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit weiter zur Verfügung zu stellen und im Frühjahr auch einen Tag der offenen Tür anzubieten. Wir schließen Tempelhof aus wohlerwogenen Gründen für Berlin, und das wird am 30. Oktober auch vollzogen werden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege von Lüdeke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 30. Oktober wird der rot-rote Senat eines seiner destruktivsten Projekte zum Abschluss bringen: die endgültige Schließung des Flughafens Tempelhof. Er vollzieht damit das, was der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle

[Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion): Ausgerechnet der!]

kürzlich eine geschichtliche Schande und eine ökonomische Torheit genannt hat.

[Beifall bei der FDP]

Die Zahl der Kritiker ist groß. Das wissen Sie so gut wie ich, Herr Doering. Sie geht durch die ganze Welt, und sie geht durch große Teile der Bevölkerung. Man könnte viele zitieren, aber ich erspare mir das. Sie geht zum Beispiel vom Fahrer eines Krankentransports, der heute Schwer

kranke von Schönefeld zur Charité fahren muss und dafür 90 Minuten braucht – vorher hatte er einen Zeitbedarf von einer Viertelstunde –, bis zum Altbundeskanzler der SPD, Helmut Schmidt, den ich zitieren darf: Einen Flughafen in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt zu haben ist ein landesweit einmaliger Standortvorteil.

Das ist das Spektrum der Kritiker, dem Sie sich gegenüber sehen. Nicht zu vergessen und noch einmal zu erwähnen sind die 530 000 Berliner, die sich für die Offenhaltung von Tempelhof entschieden haben, und das sicher nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus fester Überzeugung.

Zum Feiern gibt es also überhaupt keinen Anlass. Hier ist die Rede von Feiern, Party machen und sonstigem. Es gibt keinen Anlass dafür. Schon gar nicht für einen Leichenschmaus, wie Sie ihn hier vorhaben. Herr Gaebler hat jetzt ein bisschen die Katze aus dem Sack gelassen mit den 600 Geladenen. Es kann sein, dass ich tatsächlich auch dazugehöre. Ich werde aber dem Kollegen Ueckert folgen und nicht hingehen, selbstverständlich nicht.

[Zuruf von Christian Gaebler (SPD)]

Tun Sie doch nicht so, als ob Sie mit diesen Dingen nichts zu tun hätten! Das kaufen wir Ihnen nicht ab. Sie wollen eine Schließung im kleinen Kreis und nicht für die Öffentlichkeit.

Ich sage Ihnen ganz klar: Das ist nicht Ihr Flughafen, sondern der Flughafen aller Berliner.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

So haben alle Berliner ein Anrecht darauf, sich in einer würdigen Art und Weise – und nichts anderes steht im Antrag der CDU – vom Flughafen zu verabschieden.

Das geschieht aus den verschiedensten Gründen. Denken Sie allein an die Zehntausende Menschen, die am Flughafen Tempelhof ihren Arbeitsplatz gefunden haben. Die würden sich gerne in einer würdigen Weise verabschieden. Das können Sie denen eigentlich nicht verwehren, aber Sie tun es trotzdem.

Um es einmal ganz klar festzustellen: Ihnen ist im Grunde genommen dazu nichts eingefallen. Deshalb sind Sie auf diese Insider-Party verfallen. Die aber ist wahrhaft eine Party, und das ist nicht würdig.

Einen ganz speziellen Abschied – Herr Ueckert hat es, glaube ich, in seiner Rede schon erwähnt – nehmen inzwischen die Flieger. Wenn man der „Morgenpost“ hier folgen darf, sind dort Flugbewegungen angekündigt oder am Laufen – zumindest am Wochenende –, die inzwischen die Flugbewegungen von Tegel und Schönefeld übertreffen. Da sehen Sie einmal, wie groß der Bedarf von Leuten ist, die sich dem Flughafen verbunden fühlen, Abschied nehmen zu dürfen.

Am 30. Oktober um 23.55 Uhr wird also der legendäre Rosinenbomber zu seinem letzten Flug von Tempelhof

starten. Zurücklassen wird er ein ungenutztes Gelände und eine kaum zu sichernde Brache. Dass die Schließung von Tempelhof teurer werden wird als die Offenhaltung, bestätigt die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Diller auf eine Kleine Anfrage des FDPBundestagsabgeordneten Markus Löning, die ich heute schon einmal erwähnt habe: Die Schließung wird den Steuerzahler voraussichtlich neun Millionen Euro per anno kosten. Das ist auch bei Ihnen unkommentiert geblieben, und das ist eigentlich schade.

Herr Diller geht auch auf die Öffnung, wie Sie sie nennen, ein. Ich darf noch einmal aus seiner Antwort zitieren. Die Frage lautete:

Wird der Bund vor Abschluss des Kaufvertrags mit dem Land seine Fläche für die Öffentlichkeit öffnen?

Darauf antwortete Herr Diller:

Nach aktuellen Pressemeldungen wird das Land das Flughafengebäude nach Beendigung des Flugbetriebs für die Öffentlichkeit nicht generell öffnen. Für einzelne Veranstaltungen ist an eine zeitweise Öffnung gedacht. Soweit das Land Berlin die Verkehrssicherungspflicht übernimmt, wäre die Bundesanstalt grundsätzlich zu einer teilweisen Öffnung bereit.

Das zu Ihrem Wunsch, der Öffentlichkeit möglichst die Öffnung des Flughafens zuzusagen. Da haben Sie sich offenbar an anderer Stelle anders geäußert.

Noch einmal: Zum Feiern gibt es keinen Anlass. Deshalb unterstützen wir den Antrag der CDU, weil wir der Überzeugung sind, dass Sie sich etwas für die gesamte Öffentlichkeit hätten einfallen lassen müssen. – Besten Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die antragstellende Fraktion, nämlich die CDU, beantragt die sofortige Abstimmung. Wer also dem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die Fraktionen von FDP, CDU und Grünen. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. – Wer enthält sich? – Dann ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme zur

lfd. Nr. 5:

II. Lesung

Achtes Gesetz zur Aufhebung von Rechtsvorschriften (8. Aufhebungsgesetz)

Beschlussempfehlung Recht Drs 16/1762 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/1382

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I bis III Drucksache 16/1382. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Rechtsausschuss empfiehlt einstimmig die Annahme der Vorlage. Wer der Gesetzesvorlage mit der Drucksachennummer 16/1382 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind – ich nehme an, auch die SPD-Fraktion – alle Fraktionen. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist das Achte Gesetz zur Aufhebung von Rechtsvorschriften angenommen.

Die lfd. Nr. 6 war Priorität der Linksfraktion unter dem Tagesordnungspunkt 4 a.

Ich komme zur

lfd. Nr. 6 A:

Dringliche II. Lesung

Gesetz über die Stiftung „Museum für Naturkunde“ – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin

Beschlussempfehlungen WissForsch und Haupt Drs 16/1827 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 16/1718