Protocol of the Session on May 8, 2008

Ich bitte um die Zustimmung zu unserem Antrag.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Hoffmann.

[Carola Bluhm (Linksfraktion): Er hat doch gar nicht zugehört!]

Frau Breitenbach! Dass Sie immer wieder darauf hinweisen, dass der Bund und der Bund und der Bund... zeigt nur, dass sie selbst gar keine Ideen für die Umsetzung haben. Dass Sie auch noch sagen, dass Sie alles toll finden, was der Senat in der Behindertenpolitik unternommen hat, ist lächerlich. Vor dem Hintergrund der Haushaltszahlen lässt sich eindeutig belegen, dass die größten Kürzungen auf Anregung der PDS – oder Linkspartei oder wie Sie sich nennen – unter Rot-Rot erfolgt sind. Das ist mit sozialer, behindertengerechter Politik nicht in Einklang zu bringen.

Dass Sie mir auch noch vorwerfen, ich würde mich nicht richtig informieren – – Wir haben über Jobcenter schon mehrere Diskurse geführt. Sie wollen nicht in diese Richtung, deswegen haben Sie den Streit mit den Behindertenverbänden, denn diese haben eine klare Forderung, die Sie aus politischen Gründen nicht umsetzen wollen. Was Sie positionieren, ist völlig unverständlich und unpraktikabel. Deswegen ist es richtig, hier Kritik zu üben, insbesondere vor dem Hintergrund dessen, was man leisten könnte und wessen sie sich verweigern.

[Beifall bei der CDU]

Zur Erwiderung – Frau Breitenbach!

Herr Hoffmann! Das war ein schöner „Kessel Buntes“! – Erst einmal zur UN-Konvention: Wenn wir über die UNKonvention reden, müssen wir den Blick auf die Bundesregierung richten, denn nicht wir sind diejenigen, die zuständig dafür sind, diese UN-Konvention endlich in nationales Recht zu überführen. Dieser Ratifizierungsprozess liegt in der Verantwortung der Bundesregierung.

[Zuruf von Gregor Hoffmann (CDU)]

Und da liegt er und liegt er und liegt er, und nichts passiert. Jetzt hier zu sagen: Meine Fraktion, die CDU, hat das auch schon gefordert – Sie sind auf Bundesebene in Regierungsverantwortung! Sie können sich dort einsetzen!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wenn wir das Beispiel der Jobcenter – das war eins Ihrer Beispiele, übrigens ein sehr interessantes – mit den Inhalten der UN-Konvention vergleichen – für die wir alle sind –, dann müssen wir feststellen, dass ein gesondertes

Jobcenter für Menschen mit Behinderung nach der UNKonvention nicht erwünscht ist.

[Gregor Hoffmann (CDU): Es geht um praktische, vernünftige Beispiele!]

Das ist seit langer Zeit und immer noch die Position vieler Menschen mit Behinderung und ihrer Verbände – keine Aussonderung, keine Sonderregelung, sondern der Alltag muss so gestaltet sein, dass die Menschen mit Behinderung genauso am öffentlichen Leben teilhaben können wie andere Menschen auch. Wir haben das schon im Ausschuss und auch mit Herrn Marquard diskutiert. Wir müssen auch weiterhin mit der Minderheit der Menschen mit Behinderung diskutieren, ob sie Sonderschulen, Sonderjobcenter und Sonderfahrdienste haben wollen. Überall dort, wo Menschen mit Behinderung in der Lage sind, an der Gesellschaft teilzuhaben, müssen wir dafür sorgen, dass sich die Gesellschaft in allen Bereichen so verändert, dass das funktioniert. Die Sondereinrichtungen sind nicht der richtige Weg, denn sie sind immer auch eine Form der Aussonderung.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die Fraktion der Grünen hat nun die Frau Kollegin Villbrandt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema ist sehr wichtig, es ist eine Priorität der SPD und der Linken. – Herr Gaebler! Ihre Strichliste hat keine Wirkung mehr!

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung hat – wie meine Kolleginnen aus den anderen Fraktionen schon gesagt haben – für unsere Gesellschaft eine enorme Bedeutung. Indem die Konvention die Ansprüche auf Selbstbestimmung, Diskriminierungsfreiheit und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe formuliert und diese auch rechtsverbindlich verankert, nützt sie nicht nur vielen Menschen mit Behinderung, sondern ergänzt den internationalen Menschenrechtsschutz. Diese Konvention hat eine Bedeutung für die Humanisierung der Gesellschaft im Ganzen. Bemerkenswert ist, dass sich die Konvention nicht allein darauf beschränkt, Behinderung als Bestandteil der Norm menschlichen Lebens zu begreifen, sondern sie geht einen Schritt weiter, indem sie das Leben mit Behinderung als Ausdruck gesellschaftlicher Vielfalt würdigt.

[Beifall bei den Grünen]

Meine Fraktion ist auch besorgt, dass sich die EUKommission gegen die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls entschieden hat, bei dem es um so wichtige Forderungen wie die Einrichtung eines Beschwerde- und Untersuchungsverfahrens im Falle von schweren und systematischen Verstößen geht. Aus diesem Grund unterstützen

wir diesen Antrag der Regierungsfraktionen voll und hoffen auf eine gute Wirkung.

[Beifall bei den Grünen]

Das Land, in dem ich aufgewachsen bin, war ein Land, das immer artig schöne Resolutionen und Konventionen unterschrieben, aber dann wenig Mühe in deren Realisierung investiert hat. Durch diese Erfahrung will ich immer wissen, was man konkret wie und wann durchsetzen will. Konventionen dürfen nicht nur beschriebenes Papier bleiben.

[Beifall bei den Grünen]

Damit will ich sagen, dass es auf die Umsetzung ankommen wird und diese Arbeit auch jetzt schon angefangen werden kann und muss. Und wo soll sie sonst anfangen, wenn nicht da, wo der Staat eine Verantwortung trägt, wo er z. B. selbst Arbeitgeber ist?

Zwei Baustellen möchte ich hier ganz konkret ansprechen: zuerst zu der Vielfalt der Behinderungen und der damit verbundenen unterschiedlichen Handlungsnotwendigkeiten. Während sich in Bezug auf Mobilität der Menschen mit Behinderungen viel, aber nicht genug, getan hat, wurden bei den knappen Angeboten für andere Betroffene z. B. für Menschen mit Gehörproblemen sogar Leistungen zurückgefahren. Die Ratifikation dieser Konvention muss bedeuten, für alle Arten der Behinderungen notwendige Mittel zur Verfügung zu stellen. Ich hoffe, dass das den antragstellenden Fraktionen, vor allem den Haushältern, auch klar ist.

[Beifall bei den Grünen]

Ein zweites Beispiel: Die Antworten auf meine beiden Kleinen Anfragen „Schwerbehinderte Dienstkräfte im Zentralen Personalüberhangmanagement“ und „Teilzeitarbeitsplätze im öffentlichen Dienst“ offenbaren, dass diese Regierung die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nicht immer so ganz ernst nimmt. Die über 600 schwerbehinderten Dienstkräfte im ZeP verlangen unbedingt besondere Maßnahmen. Hierbei geht es nicht nur darum, dass man einen Arbeitsplatz behält, hier geht es auch um Würde und gefühlte Anerkennung.

[Beifall bei den Grünen]

Wichtig ist dabei, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer Schwerbehinderung die Möglichkeit erhalten, ihre Arbeitszeit so zu reduzieren, wie ihre Gesundheit das verlangt. Leider ist der Umgang damit im öffentlichen Dienst alles andere als beispielhaft. Menschen mit Behinderungen nehmen immer wieder ihre Anträge auf Erwerbsminderung zurück, weil ihnen aus betrieblichen Gründen eine Teilzeitstelle verweigert wird. Vorsichtshalber zählt die Verwaltung diese Vorgänge gar nicht. Das ist nicht nur für die Menschen mit Behinderung untragbar, sondern auch aus volkswirtschaftlichen Gründen einfach Unsinn.

[Beifall bei den Grünen]

Wir unterstützen diesen Antrag, werden aber darauf achten, dass der Inhalt der Konvention in Berlin ohne Wenn und Aber umgesetzt wird. – Danke schön!

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Marion Seelig (Linksfraktion)]

Vielen Dank! – Das Wort für die FDP-Fraktion hat der Kollege Lehmann!

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Eine kurze Vorbemerkung, das betrifft alle Fraktionen in diesem Haus: Ich finde es bedauerlich, dass das Thema hier offensichtlich so wenige Kolleginnen und Kollegen interessiert, denn jeder von uns kann morgen behindert sein. Ich glaube, das vergessen einige in diesem Haus.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Die Deutsche Behindertenhilfe bezeichnete das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen als einen großen Schritt nach vorn. Ich finde, das ist eine treffende Bezeichnung für das, was die Vereinbarung beinhaltet. Mit der UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist noch einmal ganz detailliert dargestellt worden, was gleichberechtigte Teilhabe in den verschiedensten Lebensbereichen bedeutet. Besonders erfreulich hieran ist, dass auch Betroffene in den Entstehungsprozess der Konvention einbezogen wurden. Dass dies auch bei der Umsetzung der Forderungen fortgesetzt wird, halte ich für selbstverständlich.

Die wesentlichen Elemente sind Barrierefreiheit, die gleiche Anerkennung vor Recht und Gesetz, das Recht auf Teilhabe, Bildung und Erziehung sowie das Recht auf Gesundheit, Rehabilitation und Teilhabe. Die Ratifikation der einzelnen Artikel beinhaltet die Verpflichtung, die Gesetzgebung für Menschen mit Behinderung so zu gestalten, dass die in der Konvention geregelten Rechte verwirklicht werden. Aber es ist zu konstatieren: Gesetze allein helfen nicht. Ohne eine gesellschaftliche Entwicklung werden die Forderungen nicht zur Realität.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Jasenka Villbrandt (Grüne)]

Der tatsächliche Abbau von Diskriminierungen lässt sich nicht per Gesetz verordnen. Er ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Hierzu bedarf es einer Änderung des Bewusstseins und einer Kultur des Miteinanders, in der Diskriminierungen und Vorurteile geächtet werden und Verschiedensein als Bereicherung empfunden wird. Liberale vertreten hier den Grundsatz: Freiheit zu garantieren heißt, die Rechte von Minderheiten zu schützen.

Trotz der klar formulierten Zielstellung möchte ich nicht verschweigen, dass die Umsetzung nicht einfach sein

wird. Insofern kann die Konvention auch als erster Schritt bezeichnet werden, sich noch einmal damit auseinanderzusetzen, wie gleichberechtigte Teilhabe aller in unserem Alltag derzeit aussieht. Letztlich sind alle, vor allem die Politik, gefragt, das Geforderte dann auch in die Tat umzusetzen. Hierbei wird außerdem die Heimgesetzgebung eine Rolle spielen, die auch die Belange von Menschen mit Behinderung betrifft.

Im Bereich der Eingliederungshilfe gibt es ebenso verschiedenste Vorstellungen, wie diese langfristig gesichert werden kann. Es gibt weitere wichtige Punkte, die uns im Zusammenhang mit der Umsetzung der Konvention beschäftigen werden. Wir können uns also in der Behindertenpolitik keineswegs zurücklehnen. Vielmehr ist es als Anstoß zu verstehen, die begonnenen Wege weiter zu verfolgen. Deshalb ist es wichtig, die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen schnell zu ratifizieren.

Was mich jedoch etwas beunruhigt, ist die Tatsache, dass es in dieser Angelegenheit eines Antrags von SPD und PDS bedarf,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Der Linken!]

um den Senat zu entschiedenem Handeln aufzufordern. Als liberaler Politiker halte ich es für selbstverständlich, dass sich eine demokratische Regierung auch ohne parlamentarische Aufforderung für eine schnelle Ratifizierung der Konvention einsetzen wird.

[Beifall bei der FDP]

Meiner Ansicht nach gibt es keine Anzeichen, dass es hier zu Verzögerungen oder gar Uneinigkeiten kommen könnte. Ich kann es mir nur so erklären, dass die rot-rote Koalition da anderer Ansicht ist. Die Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen ist in meinen Augen ein fraktionsübergreifendes Anliegen, weshalb es der FDPFraktion und auch mir ganz persönlich ein Bedürfnis ist, sich dafür auszusprechen. – Vielen Dank!