Protocol of the Session on May 8, 2008

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe auf

lfd. Nrn. 4 b und 4 d:

Beschlussempfehlung

Berlin befürwortet den EU-Reformvertrag

Beschlussempfehlung EuroBundMedienBerlBra Drs 16/1400 Antrag der Grünen Drs 16/1167

Das ist die gemeinsame Priorität der Fraktion der CDU und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter der lfd. Nr. 18.

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. – Frau Eichstädt-Bohlig, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Tagesordnungspunkt fällt in die Zuständigkeit des Regierenden Bürgermeisters. Ich bitte darum, dass der Herr Regierende Bürgermeister Wowereit den Saal betritt und seinen Platz einnimmt.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Die Rednerin hat eine Bitte geäußert. Ich möchte die SPD-Fraktion bitten, sie weiterzugeben.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Die Senatskanzlei ist zuständig!]

Oder die Senatskanzlei; beide.

[Oliver Scholz (CDU): So wichtig ist dem Regierenden Bürgermeister das Thema Europa!]

Darf ich den Senat mal fragen: Ist der Regierende Bürgermeister informiert worden?

[Zuruf von der Senatsbank: Ja! – Marion Kroll (CDU): Warten auf den Sonnenkönig! – Ah! von der Linkspartei]

Bitte schön, Frau Kollegin!

Der Regierende Bürgermeister, der jetzt auch geruht, den Saal zu betreten, lässt heute über die Presse mitteilen, dass er am Samstag in Warschau für die Ideen und Ziele der EU werben will.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Er und seine Europabeauftragte haben einen Flyer herausgegeben, in dem 16 gute Gründe genannt werden, warum die EU für Berlin so besonders wichtig ist. Diese 16 Gründe enden mit dem Satz:

Nutzen Sie diese Chance und gestalten Sie Europas Zukunft mit! Es ist Ihre Zukunft.

Ich finde, Herr Regierender Bürgermeister, es ist Zeit, dass Sie sich diesen Rat endlich zu Herzen nehmen.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Übrigens, der Flyer enthält auch den Hinweis, dass, da die Politik der Europäischen Union letztlich alle Bereiche der Berliner Landespolitik betrifft, die Verantwortung für die Europapolitik direkt beim Regierenden Bürgermeister

Klaus Wowereit liegt. Also, da steht es. Nicht bei Harald Wolf, auch nicht bei Oskar Lafontaine, sondern bei Klaus Wowereit. Wer hätte das gedacht?

Herr Regierender Bürgermeister! Ich würde es sogar gut finden, wenn Sie sich hierhin setzen würden, denn das hier ist Ihre Verantwortung, nicht als Abgeordneter, sondern als Regierender Bürgermeister dieser unserer Stadt und unseres Landes Berlin.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Machen Sie endlich diesem unwürdigen Eiertanz, der sich derzeit an Ihrem Kabinettstisch und in Ihrer Koalition abspielt, ein Ende! Sorgen Sie endlich dafür, dass Sie Herr im Roten Rathaus sind und dass diese dunkelrote Protestpartei nicht mehr nach Belieben mit der rechten Hand auf Stimmenfang geht bei Bürgern mit antieuropäischen Vorurteilen, und mit der linken Hand die 1,2 Milliarden €, die Berlin von der EU in dieser Förderperiode bekommt, meint einfach möglichst klientelnah verteilen zu können. Das darf doch nicht wahr sein, dass das Berliner Politik ist!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Herr Regierender Bürgermeister! In der Stellungnahme des Bundesrats zur I. Lesung des EU-Reformvertrags am 15. Februar hat Berlin an den entscheidenden Stellen, nämlich Ziffer 1, 4, 8 und 10 nicht zugestimmt – Ziffer 1 war die entscheidende, die grundsätzlich für die Zustimmung geworben hat. Insofern möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie das wiederholen wollen, wenn am 23. Mai die Abstimmung im Bundesrat ansteht. Wir fordern, dass von Berlin ein klares und gemeinsam von Rot-Rot ausgesprochenes Ja zum EU-Reformvertrag kommt bzw. zur bundesgesetzlichen Zustimmung und dass Sie dies aussprechen. Und wenn Sie das nicht tun,

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Dann gibt’s Haue!]

beweisen Sie, dass Sie hier nicht regierungsfähig sind.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Und wenn Sie sich wiederum wie bei der I. Lesung enthalten wollen, dann liegt schlicht die SPD mit ihrem Regierenden Bürgermeister als Bettvorleger vor dieser Linkspartei. Wenn Sie ein halbes Ja ohne Zustimmung Ihres Koalitionspartners aussprechen, zeigen Sie, dass Sie nicht handlungsfähig sind. Und wenn dann vielleicht Senator Wolf den Schönbohm macht, wie es die Zeitschrift „Freitag“ so schön empfohlen hat, dann ist Ihre rot-rote Regierung wirklich am Ende und vor aller Welt blamiert. Insofern, fangen Sie endlich an, sich diesem Thema zu stellen!

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Auch wenn Sie jetzt so leicht grinsen – tut mir leid, dass ich es sagen muss –,

[Reg. Bürgermeister Klaus Wowereit: Langsam werden Sie unverschämt!]

Sie wissen sehr wohl, dass Sie mit dieser leidigen Auseinandersetzung auch der sowieso schon schwachen Bundes-SPD in höchstem Maße schaden.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Lassen Sie die Anmaßung!]

Das ist keine Anmaßung. Ich sehe es, es ist leider so. – In der „Zeit“ vom 10. April haben Sie selbst gesagt, die Linkspartei sei im Bund nicht regierungsfähig, und Sie haben u. a. angeführt: weil sie sich nicht positiv zu Europa stellt. Da möchte ich Ihnen ganz klar sagen, Herr Regierender Bürgermeister: Wenn Sie in dieser Frage nicht Herr im Roten Rathaus sind, dann sind auch Sie nicht regierungsfähig, und dann brauchen Sie sich ums Kanzleramt gar nicht erst zu bewerben.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Das musste mal gesagt werden.

Herr Kollege Liebich! Ich bedanke mich noch einmal für Ihre Teilnahme an unserer Podiumsdiskussion zum EUReformvertrag am Dienstag. Es war konstruktiv und gut, dass Sie mitgemacht haben. Aber Ihre Argumente waren, sind und bleiben sehr schwach.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Er hatte wenigstens welche!]

Nein, er hat im Endeffekt keine! – Sie betonen, Sie seien so proeuropäisch. Aber Sie wollen lieber beim alten geltenden Vertrag von Nizza bleiben, bei dem Europa der Zwölf, dem westeuropäischen Europa, statt endlich an der Gestaltung dieses Ost-West-vereinten, auf 27 Staaten ausgeweiteten Europas mitzuwirken.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Sie haben gar nicht zugehört!]

Das ist Ihre Position. Sie sollten sich wirklich schämen, dass Sie meinen, dies noch ständig hochhalten zu können.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Ich bleibe bei dem Satz, dass Ihr eigentlicher Grund nichts anderes als nationaler und fremdenfeindlicher Stimmenfang ist.