Das setzt ein völlig anderes Leitbild – ich sage einmal: Flughafenverkehrs-Bild – voraus, denn das stimmt so nicht, so werden wir nicht mehr Flugverkehr nach Berlin ziehen, schon gar nicht besonders viel Geschäftsflugverkehr.
Deshalb bleibe ich dabei, dass ein zweiter Flughafen, der vom Zentrum aus in weniger als sieben Minuten schneller zu erreichen ist als BBI, für Berlins Wirtschaftsentwicklung schlechter ist, als wenn die gesamte flughafennahe Logistik und alle Dienstleistungen und alles, was dazu gehört, bei BBI konzentriert werden. Das ist richtig, und das wird auch für die nächsten Jahrzehnte für Berlin richtig sein.
Nun ist in den letzten Wochen immer unklarer geworden, ob Sie nun eigentlich einen Verkehrsflughafen, einen Geschäftsflughafen oder nur die Offenhaltung des Status quo bis 2011 wollen. Sie haben uns ja eben noch einmal darauf angesprochen. Der Verkehrsflughafen ist eine unzumutbare Belastung. Für einen Geschäftsflughafen, der in Berlin täglich höchstens 20 bis 30 kleine Flugzeuge abfertigen könnte, selbst in wirtschaftlich optimalen Zeiten, benötigt man keine 386 Hektar Fläche mitten in der Stadt, keine zwei Landebahnen und nicht die Tempelhofer Gebäude.
Zum Offenhalten bis 2011 habe ich eben schon gesagt, dass das rechtlich nicht mehr möglich und verfahrensmäßig absurd ist.
Ich sage optimistisch: Wir Grünen, wir wollen Tempelhof neu für die Stadt gewinnen! Das Tempelhofer Feld ohne Flugbetrieb ist ein echter Gewinn, und zwar nicht nur für die Nachbarquartiere in Tempelhof, Neukölln und Kreuzberg, sondern für unsere Stadt insgesamt. Sie haben unseren Antrag heute vorliegen. Wir wünschen uns als Erstes noch vor dem Volksentscheid einen Tag der offenen Tür, an dem die Bürgerinnen und Bürger endlich einmal die Chance haben, die denkmalwerten Gebäude, die baulichen Anlagen zu erobern und einen Spaziergang über das freie Tempelhofer Feld zu machen und den künftigen Park der Luftbrücke in Augenschein nehmen zu können. Das würde viele Menschen überzeugen.
Jede andere Metropole würde sich die Finger danach lecken, ein solches Areal für die Gestaltung von neuer Zukunft, neuer Stadt- und Lebensqualität und durchaus auch neuer Wirtschaftskraft zu haben. Mitten in Berlin! Was hat den London mit seinen Docklands gemacht, als die Hafennutzung nach außen verlegt wurde? Was macht Hamburg mit seiner neuen Hafen-City? Was macht München mit dem Flughafen Riem? – Überall ist ein Stück neue Stadt daraus entstanden, und es gab neue Qualitäten für die Stadtentwicklung. Das kann sehr unterschiedlich sein, sieht sicher in Berliner anders aus als in London o
Deshalb noch ein Bild für die Zukunft. – Es ist wichtig, dass sich die Stadt diesen Ort in positiver Weise aneignet. Ich schlage vor, gerade weil Berlin eine Stadt der Kultur, der Kreativität ist, dass wir die Gelegenheit nutzen und im Sommer 2009 ein großes Tempelhofer Fluggeländefestival veranstalten, bei dem die Hangars und die Hallen für Kunst, für Tanz, Theater, Oper, für Design und Mode genutzt werden.
Wir haben so viele kreative Kräfte in der Stadt, die in diesen Räumen neue Inszenierungen gestalten und zeigen können, dass Berlin damit wieder einen neuen Impuls für unser Ansehen weltweit erhält und die Menschen hierher kommen, weil Berlin zukunftszugewandt ist und kreativ nach vorn schaut.
Lassen Sie mich noch eines sagen: Ich wünsche mir, dass die ICAT, die Springer-Presse, die CDU und die FDP nicht länger nach rückwärts schauen und sich nicht weiter für eine nicht zukunftsfähige Infrastruktur und nicht zukunftsfähige Wirtschaftsentwicklung engagieren. Rüsten Sie ab! Lassen Sie uns wieder alle Kräfte bündeln, um für Berlin einen Flughafen zu bauen, einen Flughafen zu bauen! Geben Sie mit uns der inneren Stadt die Chance auf mehr Lebensqualität, mehr Umwelt- und Gesundheitsschutz und neue Potenziale für eine kreative, wirtschaftsstarke Stadt! Das muss das Ziel sein. Ich wünsche mir, dass alle daran mitarbeiten.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Gestatten Sie, Frau Eichstädt-Bohlig, dass ich zu Beginn meiner Rede ein wenig in die Historie sehe und kurz die historische Bedeutung dieses Flughafens würdige, denn das ist der Grund dafür, dass er im Herzen der Berliner eine zentrale Rolle spielt.
Deswegen hat er einen Platz im Herzen der Menschen in Berlin, deswegen empfinden sie es auch als zynisch, als bösen Treppenwitz, wenn ausgerechnet die in der Zwischenzeit drei Mal umetikettierte SED, die damals Helfer der Sowjetunion beim Abschnüren und Schließen dieser Stadt war, heute Helfer beim Abschnüren und Schließen dieses Flughafens, dieses ehemaligen Lebensnervs dieser Stadt ist.
Das spüren die Berliner, und die Berliner wehren sich! Es ist nicht nur eine Volksbewegung gewesen, es ist eine Volksbewegung! Sie wird täglich größer, es werden immer mehr. Am Ende werden wir siegen, zusammen mit den vielen Menschen da draußen, die sich für die Offenhaltung des Flugbetriebs in Tempelhof einsetzen!
Vielen Dank! – Herr Lindner! Ist Ihnen bekannt – und wenn bekannt: bewusst –, dass zwischen 1941 und 1944 auf dem Tempelhofer Feld eine große Rüstungsproduktionsstätte war,
wo unter anderem 4 000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zur Tätigkeit gezwungen wurden, und dass das auch zur Geschichte Tempelhofs gehört?
Nein, Herr Präsident! Die Uhr läuft ständig weiter. Ich möchte mich jetzt der Zukunft des Flughafens Tempelhof widmen. Die Uhr muss gestoppt werden, sonst können keine Zwischenfragen beantwortet werden, so ist es in der Geschäftsordnung festgelegt.
Ich möchte am Anfang klarstellen: Natürlich stehen wir als FDP zum Ziel der Konzentration der Verkehrsfliegerei ab Eröffnung des BBI in Schönefeld. Das ist sinnvoll und richtig. Wir müssen das konzentrieren. Es hat keinen Sinn, in einer Region mit dieser Wirtschaftskraft mehrere echte Verkehrsflughäfen zu haben. Deswegen ist das ein vernünftiges Ziel, das von der FDP gestützt wird.
Aber gerade um dieses Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren, müssen wir – daraus leiten wir unsere erste Forderung ab – den Verkehrsflughafen Flughafen Tempelhof bis zur Eröffnung von BBI dringend als Verkehrsflughafen offenhalten, um die Kapazitäten in Berlin zu sichern.
Es macht überhaupt keinen Sinn, jetzt bereits diese Kapazitäten aufzugeben. Erstens haben wir ein Problem, das in der Bebauung von Schönefeld liegt: Abbruch des ersten Vergabeverfahrens. Daran, Sie Ihren Baubeginn 1. April 2008 – das ist in ein paar Wochen – halten können, wie Sie es auf eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion gesagt haben, habe ich große Zweifel. Und wenn – das kann man gar nicht dem Senat anlasten – man die üblichen Verzögerungen bei solchen Großbauverfahren berücksichtigt, werden wir nicht vor 2012, 2013 mit der Fliegerei in Schönefeld beginnen können. Da müssen Sie sich die Kapazitätsprognosen in aller Ruhe anschauen. Die damals in den 90er Jahren ermittelten Hochrechnungen weisen für das Jahr 2007 17 Millionen und für 2020 27,1 Millionen Fluggäste und 280 000 Flugbewegungen aus. Jetzt hatten wir aber 2007 tatsächlich schon 18,5 Millionen Fluggäste und 250 500 Flugbewegungen. Gemäß dem Flughafenurteil aus Leipzig dürfen dort aber nur 360 000 Flugbewegungen stattfinden. Da können Sie heute schon sehen, dass wir Engpässe bekommen. Und es wäre nachgerade idiotisch, diese Kapazitäten ohne Not aufzugeben. Wir reden hier von der Zeitspanne bis zur Eröffnung von BBI.
Dann kommt ein Sonderproblem, auf das der Kollege Pflüger bereits hingewiesen hat. Der Flughafen wird dann einen Anteil – alle Flughäfen Berlins, allgemeine Luftfahrt/GAT – von 17 Prozent haben. Das sind die Businessflieger, über die wir reden. Da müssen Sie sich einmal anschauen, was dann passieren wird. Davon leitet sich unsere zweite Forderung ab: Ab der Eröffnung von BBI muss der Flughafen Tempelhof für die allgemeine Luftfahrt, für Business Aviation, für die Geschäftsfliegerei, weiterhin offen bleiben. Das ist die zweite Forderung der FDP-Fraktion.