Protocol of the Session on February 28, 2008

Warum hören Sie nicht hin, wenn der Chef des Londoner Cityflughafens sagt: Herr Regierender Bürgermeister! Wenn Sie Tempelhof schließen, machen Sie einen großen Fehler. Mit der neuen Generation sehr leichter, leiser und verbrauchsarmer Jets würde der Geschäftsfliegerverkehr stark anwachsen.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): 24 Flugbewegungen am Tag!]

Das ist eine Riesenchance für Berlin, denn Geschäftsflieger wollen citynahe Flughäfen mit kurzen Wegen. Wenn Berlin den City-Airport schließt, werden andere Städte die Gewinner sein.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): So ein Quatsch!]

Nehmen Sie solche Argumente doch bitte mal zur Kenntnis!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Was machen Sie? – Der SPD-Landesgeschäftsführer diffamiert Tempelhof als einen Bonzenflughafen.

[Unglaublich! von der CDU]

Herr Wowereit! Sie haben den Flughafen doch kürzlich erst noch benutzt. Nichts ist dümmer, als Geschäftsleute, Manager, Unternehmer so zu diffamieren. Unsere Stadt ist arm, sie braucht Investitionen, sie braucht Leute, die Geld und Arbeitsplätze hierher bringen. Die als Bonzen zu beleidigen, das muss selbst denjenigen, die gegen Tempelhof sind, zu viel sein. Das ist unerträglich, und damit schaden Sie unserer Stadt!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Herrn Lauder, der in Tempelhof 350 Millionen € investieren, 1 000 neue Arbeitsplätze schaffen wollte, der wurde als reicher Onkel aus Amerika beleidigt.

[Oh! von der SPD]

Er beklagt sich heute, dass das Konzept nicht wirklich geprüft wurde. Diese Art von Politik macht unsere Stadt ärmer. Wie gut, dass Herr Lauder in der letzten Woche überzeugt werden konnte, seine Investitionsbereitschaft aufrechtzuerhalten. 1 000 zusätzliche Arbeitsplätze, das ist kein Pappenstiel, die braucht unsere Stadt!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Hier zeigt sich, Herr Kollege Müller, dass es eben nicht nur um einen Flughafen geht und andere Fragen viel wichtiger sind, wie Sie es unterstellen. Es geht um zwei unterschiedliche Konzepte zur Zukunft der Stadt. Wenn wir wollen, dass die Wohlstandsschere zwischen dem Bund und Berlin weiter wächst, wenn wir uns damit zu

frieden geben, am Tropf der Republik zu hängen, arm und sexy zu sein, dann müssen wir Tempelhof schließen. Wenn wir aber unsere Kreativität, unsere Kultur, unsere Berliner Weltoffenheit mit ökonomischer Kraft, mit Wohlstand, sozialer Sicherheit verbinden wollen, dann brauchen wir Tempelhof als Luftbrücke für Ideen und Investitionen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Luftschloss!]

Tempelhof ist kein Bonzenflughafen, sondern ein Chancenflughafen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Ah! von der Linksfraktion]

Die kleinen Geschäftsflieger, so sagen uns die Luftexperten, stören nur in BBI. Sie belasten den Flugbetrieb, weil sie langsamer fliegen, die großen Maschinen zu Warteschleifen und riesigem CO2-Ausstoß über der Stadt zwingen und weniger Fluggäste transportieren.

[Zuruf von Carl Wechselberg (Linksfraktion)]

Jeder landende Geschäftsflieger verdrängt zwei bis drei große Flugzeuge.

[Oh! von der SPD]

Gerade wer den Erfolg von BBI will – und wir wollen ihn, Herr Müller –, gerade der muss sagen: Tempelhof als Ergänzung ist notwendig, damit der Großflughafen wirklich erfolgreich sein kann.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Ökonomisch völliger Unsinn!]

Dann, Herr Müller, kommen Sie mit Herrn Diepgen und dem Konsensbeschluss. Der Konsensbeschluss ist eine interne Verabredung

[Gelächter bei der SPD und der Linksfraktion]

der drei Eigentümer der Flughafengesellschaft, ohne rechtliche Außenwirkung. Niemand konnte vor zwölf Jahren die rasante Entwicklung des Luftverkehrs voraussagen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Nee!]

Zwölf Jahre später muss man im Lichte neuer Entwicklungen auch neue Entscheidungen treffen können und den politischen Willen dazu mitbringen. Das gebietet die Zukunft unserer Stadt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Einer der führenden Rechtswissenschaftler in Deutschland, Rupert Scholz, sieht keine Gefahr für BBI, wenn Tempelhof offen bleibt. Prof. Elmar Gimulla, Institut für Luft- und Raumfahrt der TU, einer der besten Experten in Sachen Luftverkehrsrecht in Deutschland überhaupt, sagt wörtlich: „Das Risiko einer Gefährdung von BBI durch die Offenhaltung von Tempelhof für den Geschäftsreiseverkehr ist gleich Null.“

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Sie kennen nur Experten!]

Wenn Sie denen nicht glauben, dann fragen Sie doch einfach Thilo. Thilo Sarrazin war am 12. Dezember 2007 beim CDU-Wirtschaftsrat zu Gast.

[Ah! von der Linksfraktion]

Er hat sich dort ganz wohl gefühlt, habe ich mir sagen lassen. Er hat sich vehement für den Weiterbetrieb von Tegel ausgesprochen, man höre und staune, wie übrigens auch Herr Naumann, der SPD-Spitzenkandidat in Hamburg.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Aha!]

Will Sarrazin damit BBI in Frage stellen? – Ich glaube nicht. Ganz unumwunden sagte Sarrazin wörtlich: „Man sollte sich nicht hinter juristischen Erwägungen verstecken. Die Einstellung des Flugbetriebs in Tempelhof ist eine politische Frage.“

[Nicolas Zimmer (CDU): Aha!]

Dies ist nachzulesen in der „Berliner Zeitung“ vom 13. Dezember 2007. Was ist denn dann mit Ihren Argumenten, Herr Müller? Hat nun Herr Sarrazin recht, oder hat Herr Müller recht? – Lassen wir doch endlich mal die juristischen Auseinandersetzungen, sagen Sie doch, was Sie politisch wollen,

[Uwe Doering (Linksfraktion): BBI wollen wir!]

statt sich hinter juristischen Formeln zu verstecken! Die Schließung von Tempelhof ist nicht Teil der Zehn Gebote und nicht Teil des Grundgesetzes. Wenn wir den politischen Willen haben, dann können wir das als Berlinerinnen und Berliner auch ändern!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

Wenn Sie das alles immer noch bezweifeln, dann gehen Sie doch auf folgenden Vorschlag von uns ein, den wir Ihnen heute als Antrag, sozusagen als Sofortreaktion auf das erfolgreiche Volksbegehren, vorgelegt haben: Sie, Herr Regierender Bürgermeister, lassen Tempelhof zunächst bis zur Eröffnung von BBI offen. Dazu sagen ja sogar Sie, dass das in keiner Weise juristische Probleme mit sich bringt. Dann gehen Sie auf das Angebot der Bundesregierung – Steinbrück und de Maizière – ein, die Ihnen zugesagt hat, bis dahin das Betriebsdefizit von Tempelhof zu übernehmen – die geben Berlin also in den nächsten Jahren Geld! Bis zur Eröffnung von BBI machen wir dann ohne Belastung des Steuerzahlers Folgendes: Wir bringen alle Beteiligten an einen Tisch, auch die besten Juristen. Dann diskutieren wir die Zukunft von Tempelhof.

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Sind Bundesmittel keine Steuergelder?]

Bis dahin haben Sie vielleicht Zeit, Herr Müller, irgendwann ein tragfähiges Nachnutzungskonzept vorzulegen. Dann diskutieren wir es erneut im Parlament und mit den Berlinerinnen und Berlinern. Warum sagen Sie jetzt nicht aus Respekt vor den 205 000 Bürgern:

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das sind 8,3 Prozent der Wahlberechtigten!]

Jawohl, das ist eine Kompromisslinie für die nächsten fünf Jahre. Das hat keine rechtlichen Probleme. – Das sollten Sie tun, dann in aller Ruhe und Sachlichkeit und ohne Diffamierungen über diese Dinge sprechen. Das ist unser Wunsch. Dem sollten Sie Rechnung tragen. Wenn nicht, werden die Berlinerinnen und Berliner eben im Volksentscheid sagen, was sie wollen.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Das werden sie!]

Dem werden Sie sich letztlich nicht verschließen können, trotz all Ihrer Polemik heute.