Protocol of the Session on February 28, 2008

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die Linksfraktion hat die Abgeordnete Bluhm!

[Christian Gaebler (SPD): Stopp! Ich hatte mich zu einer Kurzintervention gemeldet! – Zuruf von Michael Müller (SPD)]

Entschuldigung, ich hatte den Wunsch nach einer Kurzintervention notiert, Herr Müller. Ich habe es nicht vergessen.

[Kurt Wansner (CDU): Ist auch sinnlos!]

Ich würde Ihnen gerne noch die Gelegenheit geben.

[Christian Gaebler (SPD): Jetzt wollen wir nicht mehr!]

Das finde ich schade.

[Christian Gaebler (SPD): Schade, dass Sie es vergessen haben!]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Pflüger! Den Konsensbeschluss hier en passant aufzukündigen, damit haben Sie sich keinen Gefallen getan.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Da haben Sie eher den Konsens mit Ihrem eigenen, tief verwurzelten Oppositionswillen zum Ausdruck gebracht. Verlässlich ist das nicht, auch nicht in der Opposition.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Oh! von der CDU]

Wir haben bis zum Volksentscheid zwei Diskussionen zu führen, die sich in zwei unterschiedliche Richtungen entwickeln und sich an zwei unterschiedliche Adressaten richten.

Die erste wendet sich an die Bürgerinnen und Bürger, die in diesem Volksbegehren ihre Stimme für die Offenhaltung des Volkhafens Tempelhof abgegeben haben. Es handelt sich um über 200 000 Stimmen. Das ist bei Weitem nicht die Mehrheit der Berliner, wie manche uns glauben machen versuchen, aber ein gutes Siebtel der Wahlberechtigten unserer Stadt. Diese Menschen haben

einen berechtigten Anspruch darauf, in ihrem Anliegen ernst genommen zu werden. Ernst nehmen heißt, sich auseinanderzusetzen, heißt Streit in der Sache. Ich bin mir sicher, dass die große Mehrheit der Tempelhof-Befürworter aus individuell sehr unterschiedlichen, aber berechtigten Motiven handelt. Sie wollen einen Flughafen erhalten, der in einer historisch wichtigen Zeit Großes für Berlin geleistet hat. Großen Beistand hat diese Stadt über diesen Flughafen erhalten. Er ist ein politisches Symbol. Es gibt weitere ehrenwerte Motive. Eine Begeisterung für das einmalige bauliche Ensemble, für das denkmalgeschützte Gebäude. Es gibt auch Gefühle, Verlustängste und Sorgen, vor dem, was dort Neues entsteht.

Dann gibt es noch die Motive von Bessergestellten und Großverdienern, die, wie wir finden, nicht ganz so ehrenwert sind, aber es gibt sie. Sie haben ein Interesse, einen Flugsteig nicht mit normalen Leuten teilen zu müssen, sondern unbehelligt ihren Flieger in die Welt zu nehmen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD – Oh! von der CDU und der FDP – Mieke Senftleben (FDP): Was erzählen Sie da?]

Eine Regierung hat diese Interessen ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen, zur alleinigen Richtschnur ihres Handelns darf Sie sie allerdings nicht machen. Sie hat abzuwägen zwischen gegensätzlichen Interessen. Sie muss eine Entscheidung in Verantwortung für die gesamte Stadt treffen.

[Zuruf von Oliver Scholz (CDU)]

Und da gibt es in dieser Stadt nicht nur Tempelhof-Befürworter, sondern Berlinerinnen und Berliner, die wollen, dass der Flughafen geschlossen wird, und auch sie haben Argumente: ökologische, wirtschaftliche, sicherheitstechnische. Der Senat hat hier eine Abwägung durchgeführt und ist zu dem Ergebnis gekommen, Tempelhof zu schließen. Diese Entscheidung wird von der Mehrheit dieses Hauses mitgetragen, neben den Regierungsparteien auch von den Grünen.

Aber es gibt auch eine zweite Diskussionsfront. Ich rede von CDU und FDP, von den Herren Lindner und Pflüger, von Friedbert Pflüger, der sich in skandalöser Weise noch nicht einmal von den Forderungen distanziert hat, Wahlbeobachter zum Volksentscheid nach Berlin zu holen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Ich rede von den Fortschrittsverhinderern, die in den letzten Tagen und Wochen jeden Anstand verloren haben und in ihrer hemmungslosen Demagogie offenbaren, worum es ihnen eigentlich geht und was sie wirklich wollen.

[Mieke Senftleben (FDP): Und Sie? – Dr. Robbin Juhnke (CDU): Reden Sie von sich selbst?]

Sie wollen der rot-roten Koalition schaden, koste es, was es wolle. Sie spalten die Stadt, indem Sie all die Menschen im Ostteil der Stadt beleidigen, die ihren gut dotierten Unterschriftensammlern nicht die Stimme für die Offenhaltung Tempelhofs als Verkehrsflughafen geben wollten.

[Joachim Esser (Grüne): Lasst doch dieses Argument endlich sein!]

Meine Herren! Sie spielen mit einem hohen Einsatz. Sie riskieren das größte und wichtigste Infrastrukturprojekt der gesamten Region, den Flughafen BBI. Und Sie instrumentalisieren die Interessen der Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger, die sich im Volksbegehren Pro Tempelhof engagiert haben. Dabei ist es Ihnen schnurzegal, das haben Sie gerade noch einmal ausgeführt, dass die CDU seit 1994 sowohl im Berliner Abgeordnetenhaus als auch im Senat unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen ohne Ausnahme dafür gestimmt hat, den Flughafen Tempelhof zu schließen, sobald der Weg für BBI frei ist. 1994 – CDU: für die Schließung; 1996 – CDU: für die Schließung; 1998 – CDU: für die Schließung; 1999 – CDU: für die Schließung.

Herr Pflüger und Herr Lindner! Sie nehmen die Menschen nicht ernst. Sie benutzen sie. Sie werden dafür noch einen hohen Preis bezahlen!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Das Volksbegehren fordert die Offenhaltung von Tempelhof als Verkehrsflughafen. Dass das nicht geht bzw. nur geht, wenn Schönefeld nicht gebaut wird, war bisher Konsens in diesem Haus, und zwar über Parteigrenzen hinweg.

[Mieke Senftleben (FDP): Schwachsinn!]

Was machen Sie, Herr Pflüger? – Sie veranstalten eine Pressekonferenz mit Rupert Scholz, der munter wider alle Vernunft behauptet, dass der Konsensbeschluss überhaupt keine Bedeutung habe. Dem haben Sie sich heute auch noch angeschlossen. Man müsse Tempelhof und Tegel nicht schließen, wenn man es nur wolle. Das war selbst der ICAT peinlich. Ihnen, Herrn Pflüger, ist da inzwischen nichts mehr zu peinlich.

[Tom Schreiber (SPD): Wie geht das denn?]

Apropos peinlich: Herr Pflüger war kürzlich zu Besuch beim Hamburger Ersten Bürgermeister von Beust. Das ist nachzulesen in Pflügers Blog. Da schaue ich immer wieder einmal gerne hinein, wenn ein Tag zu einseitig zu werden droht. Ich finde da durchaus auch Erheiterung. Ich kann Ihnen nur empfehlen, einmal hineinzuschauen.

[Dr. Friedbert Pflüger (CDU): Sagen Sie auch die Adresse!]

Diese leicht bizarre Mischung von sprachlicher Unbeholfenheit und dem verkrampften Versuch, modern erscheinen zu wollen, hat einen gewissen Unterhaltungswert.

[Heiterkeit bei der Linksfraktion und der SPD – Mieke Senftleben (FDP): Das Sie müssen gerade sagen!]

Also, Herr Pflüger war bei von Beust, bei Ole, wie er ihn nennt. Pflüger erzählt von seinem Mittagessen, „gegeben von Staatsrat Reinhard Stuth“.

[Oliver Scholz (CDU): Zum Thema!]

Wenn Sie sagen, das sei nicht zum Thema!

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin?

Aber selbstverständlich!

Bitte schön, Herr Stadtkewitz!

Frau Kollegin! Ich frage Sie noch einmal zum Konsensbeschluss. Ist Ihnen bekannt, dass die Grundlage für den Konsensbeschluss eigentlich komplett weggefallen ist.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Eberhard Diepgen ist weggefallen!]

Es gibt keinen einzigen privaten Investor mehr. Unter Ihrer Führung ist auch der letzte private Investor abgesprungen. Es gibt keinen mehr, und dafür war der Konsensbeschluss.

Die rechtliche Konstruktion der Genehmigung des Flughafens BBI beruht auf der Entschließung, die innerstädtischen Flughäfen zu schließen. Das Einzige, was weggefallen ist, ist die Regierungsbeteiligung der CDU, aber das wissen Sie ja.

[Beifall und Heiterkeit bei der Linksfraktion und der SPD – Vereinzelter Beifall von den Grünen]

Aber kommen wir zurück zu diesem unterhaltsamen Teil, dem Blog von Herrn Pflüger. Wir waren gerade beim Mittagessen, das er mit Reinhard Stuth einnimmt, einem alten „Freund aus RCDS-Tagen“. In den 80er-Jahren waren sie beide Mitarbeiter bei Richard von Weizsäcker. Danach erzählt Friedbert über Reinhard und dann noch über Axel, der Umweltsenator in Hamburg ist, den er aus seiner Zeit als Landrat im niedersächsischen Harburg kennt.

[Dr. Klaus Lederer (Linksfraktion): Er kennt alle!]