Protocol of the Session on February 14, 2008

Ja, wir brauchen eine Reform. Wir brauchen eine Profilierung der Berliner Schulstrukturen, aber nicht nur an elf Schulen und nicht ohne die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Schüler zu respektieren. Die Berliner Neun-Prozent-Hauptschule braucht dringend eine Veränderung, damit die Hauptschüler wieder Zukunftsperspektiven bekommen, und auch die Schüler der anderen Schulformen haben dringend Unterstützung nötig. Für einen solchen Weg, wie ihn andere Bundesländer wie beispielsweise Hamburg vormachen, auf Berliner Bedürfnisse abgestimmt, wären wir zu haben. Aber für Ihr Rückwärtsgewandtes Klein-Klein und Ihre Gleichheitsgläubigkeit sind wir es nicht.

Zwei Sätze vorweg: Letzte Woche haben wir dieses Gesetz im Schulausschuss beraten, es wurde vorab überwiesen. Ich war erstaunt, wie wenig die Vertreter der Koalition dazu zu sagen hatten. Der zuständige Bildungssenator durfte oder wollte nicht einmal eine Stellungnahme abgeben. Heute haben wir das Gesetz zur I. Lesung im Parlament, und die rot-rote Koalition hat keinen Redebedarf. Hier werden die Weichen für die Veränderung der Berliner Bildungslandschaft gelegt, und die Koalition will nicht dazu reden. Die Bewertung überlasse ich Ihnen!

Nun zum Gesetz selbst: Im Zentrum grüner Bildungspolitik steht das einzelne Kind. Unser Ziel ist es, dass Kinder unterschiedlicher sozialer Herkunft, unterschiedlicher Kulturen, mit und ohne Behinderungen sowie leistungsstarke und leistungsschwache Schüler gemeinsam unterrichtet und individuell gefördert werden. Für uns ist das Ziel einer gemeinsamen Schule für alle nach skandinavischem Vorbild nach wie vor richtig und erstrebenswert. Auch wir wollen, dass die Berliner Schulen befähigt werden, alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam zu unterrichten und individuell zu fördern. Deshalb begrüßen wir das rot-rote Gemeinschaftsschulprojekt.

Und nun das dicke Aber: Rot-Rot packt aber die Probleme der Berliner Schule weder entschlossen, noch erfolgsversprechend und nachhaltig an. Das Pilotprojekt „Gemeinschaftsschule“ bietet zwar für die elf Pilotschulen neue Chancen, eine Lösung der Berliner Bildungsmisere ist es jedoch nicht. Vor allem löst es das Problem der Hauptschulen nicht. Wer jetzt nicht entschlossen den Hauptschülerinnen und Hauptschülern eine neue Perspektive bietet, wird eine weitere Generation von Schülerinnen und Schüler ihrer Zukunftschancen berauben. Bildungspolitische Inseln, die nur einigen wenigen neue Chancen bieten und eher der Befriedigung parteipolitischer Profilierungen dienen, sind keine Lösung.

Es dauert mindestens zwölf Jahre bis wir verlässliche und valide Aussagen zum Ausgang der Pilotphase in der Hand haben werden. Die Berliner Hauptschule hat aber keine zwölf Jahre, die Probleme der Schülerinnen und Schülern der Hauptschulen können nicht so lange warten. Wir brauchen heute, hier und jetzt Antworten auf die Probleme der Berliner Schulen. Wir brauchen eine neue Perspektive für den Umbau des Berliner Schulsystems, die zu mehr individueller Förderung und mehr Bildungsgerechtigkeit für alle führt. Das schließt die Berliner Gymnasien mit ein, sie müssen auch reformiert werden. Das Sitzenbleiben, das Probehalbjahr, die äußere Fachleistungsdifferenzierung, alles gescheiterte Auslesemechanismen aus der Kaiserzeit, gehören endlich generell abgeschafft.

Die Schüler von heute können nicht in einer Schule von gestern auf die Gesellschaft von morgen vorbereitet werden. Wir wollen, dass „Bildung made in Berlin“ zu einem Qualitätssiegel wird. Davon ist Berlin weit entfernt und entfernt sich tagtäglich immer mehr. Erst gestern hat der Bildungssenator angekündigt, dass er keine zusätzlichen Mittel für die Sprachförderung bekommt. Was macht er, schließlich ist er kreativ: Er teilt den Kuchen neu auf, nun sollen alle weniger bekommen. Das versteht Rot-Rot unter Gerechtigkeit. Wir sagen dazu Kapitulation vor dem eigenen Finanzsenator. Früher oder später werden auch Sie lernen, dass Bildungsreformen nicht zum Nulltarif zu haben sind!

Das vielgliedrige Schulsystem in Berlin ist nachweislich nicht in der Lage, jungen Menschen das notwendige Rüstzeug für ihr Leben zu vermitteln. Es schafft vor allem für Sonder- und Hauptschülerinnen und -schüler besonders ungünstige Entwicklungsbedingungen. Für die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler bleibt die Lernsituation an den mehr als 50 Berliner Hauptschulen und mehr als 80 Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkten und die anschließende Arbeitsmarktperspektive eine Katastrophe. Die extrem hohe Abbrecherquote unter Migranten- und Arbeiterkindern, der unerträgliche Unterrichtsausfall, die Gewalt an Schulen, die Raumnot in Schulen, um nur einige Missstände zu nennen, schreien nach flächendeckenden Maßnahmen. Da reicht es nicht aus, hier ein Reförmchen und da ein Reförmchen und in manchen Fällen die Rücknahme von Reformen zu betreiben.

Wir brauchen eine flächendeckende Qualitäts- und Sprachoffensive, eine konsequente individuelle Förderung und eine andere Lern- und Unterrichtskultur in den Schulen. Dazu zählt auch die gezielte und konsequente Fort- und Weiterbildung des Lehr- und Erzieherpersonals, die Stärkung der frühkindlichen Bildung und vor allem eine ausreichende personelle Ausstattung. Wir brauchen keine Perspektive für die perspektivlose Hauptschule. Machen Sie es Ihren Kollegen in Rheinland-Pfalz nach Herr Zöllner, schaffen Sie die Hauptschule ab!

Die lfd. Nr. 8 war Priorität der Fraktion der SPD und der Linksfraktion unter dem Tagesordnungspunkt 4 a. Die lfd. Nr. 9 steht auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 10:

Große Anfrage

Perspektive der Berliner Industrie

Große Anfrage der SPD und der Linksfraktion Drs 16/0873

Für die Begründung steht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Das Wort zur Begründung erhält Herr Kollege Jahnke von der Fraktion der SPD. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. – Es ist noch gar nicht lange her, da wurde das Thema „Industriestadt Berlin“ als ein Teil der Wirtschaftshistorie begriffen, als etwas, das einmal war und nie wiederkommt. Als Gegensatz und Vision für die ökonomische Zukunft Berlins wurde die Dienstleistungsmetropole proklamiert.

Die Existenz einer nach wie vor beachtlichen Zahl von Unternehmen beispielsweise der Metall- und Elektroindustrie, der chemischen Industrie, der Nahrungsmittelindustrie wurde gerne mit dem Wörtchen „noch“ verbunden. Die Unternehmen, die „noch“ verblieben sind, so als sei es quasi eine Zwangsläufigkeit und nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Unternehmen verschwinden würden.

Eine solche Auffassung über die wirtschaftliche Zukunft Berlins war natürlich fatal. Nicht nur für die betreffenden Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich allmählich als eine aussterbende Spezies empfinden konnten, sondern auch für das Selbstverständnis einer Metropole, die allen Ernstes vorgab, ihre ökonomische Existenz nur noch auf Hauptstadtfunktionen, Tourismus und einfache Dienstleistungen bauen zu können. Eines ist klar: Fernab jeder industriellen Basis, fernab jeder realen Produktion und Entwicklung von Gütern ist auch die Nachfrage nach höherwertigen wissensbasierten Dienstleistungen gering. Die Dienstleistungsmetropole Berlin

ohne jeden industriellen Bezug wäre, überspitzt gesagt, in der Tat eine Stadt, in der man sich gegenseitig die Haare schneidet oder mit dem Taxi herumfährt – entschieden zu wenig für eine wirtschaftlich tragfähige Existenz.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Volker Thiel (FDP)]

Es ist das Verdienst dieser Koalition und dieses Senats, gemeinsam mit Gewerkschaften, Kammern und Verbänden den Weg in die falsche Richtung beendet zu haben und das verarbeitende Gewerbe Berlins wieder als einen entscheidenden Eckpfeiler für die wirtschaftliche Zukunft unserer Stadt zu begreifen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Volker Thiel (FDP) – Mario Czaja (CDU): Eine Ohrfeige für Wowereit!]

Auch der Regierende Bürgermeister ist hierbei ein wichtiger Akteur.

In dieser Großen Anfrage geht es uns daher um eine Bestandsaufnahme des bisher Erreichten und um Entwicklungspotenziale in den für Berlin entscheidenden Branchen. Wie sieht es z. B. mit der Anzahl der Industriebetriebe und den Beschäftigten in den genannten Bereichen der Metall- und Elektroindustrie, Mobilitäts- und Logistikbranchen, Chemie, Pharmazie, Umwelttechnik, Medizintechnik, Bio- und Nahrungsmittelindustrie aus? In welchem Umfang können die Unternehmen auf regionale Zulieferer zurückgreifen, d. h. welche Wertschöpfungsketten haben sich hier entwickelt? Können wir vielleicht aus den stärker nachgefragten Bioprodukten in Berlin profitieren? Welche Rolle spielen die Fördermittel, welche Rolle spielen Forschung und Entwicklung, welche Anzahl von FuE-Beschäftigten haben wir in Berlin? Wie wirkt sich die Entwicklung auch im Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Instituten aus? Welche Auswirkungen gibt es auf die industrienahen Dienstleistungen? Junge technologieorientierte Unternehmen – wie können sie davon profitieren, welches weitere Entwicklungspotenzial sehen wir? Ganz entscheidend ist auch die Ressource Fachkräftepotenzial – welche Ausbildungs- und Qualifikationsmöglichkeiten haben wir in Berlin? Wie hat sich das Potenzial entwickelt, welche Defizite gibt es möglicherweise? Welche Ergebnisse zeigen bereits die Potenzialberatungen, die im Rahmen der Wachstumsinitiative ins Leben gerufen wurde? Wie können die Unternehmen davon profitieren? – Wir erhoffen uns, diese und weitere Fragen vom Senat beantwortet zu bekommen, um anschließend darüber zu diskutieren.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Volker Thiel (FDP)]

Danke schön, Herr Kollege Jahnke! – Es hat nun der Senat in Person des Senators Wolf das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage ist umfangreich, und ich werde im Rahmen der mündlichen Beantwortung sicher nicht alle gestellten Fragen beantworten können. Ich werde den wirtschaftspolitischen Sprechern der Fraktionen noch ein ausführlicheres Zahlenmaterial zur Verfügung stellen.

„Berlins Industrie wächst wieder“, „Berlin kehrt zur Industrie zurück“, „Wettbewerbsfähig und erfolgreich“ – das waren Überschriften der letzten Wochen und Monate aus den Berliner Tageszeitungen. Anlass waren einmal die Entwicklungen der wirtschaftlichen Situation, der wirtschaftlichen Daten in der Industrie, zum anderen aber auch politische Aktivitäten wie das erfolgreiche Industrieforum im November 2007 und eine Vielzahl von Industriegesprächen, die wir in den letzten Jahren geführt haben. Vor zwei Jahren hatten wir andere Schlagzeilen. Die Produktionsschließungen von Samsung, CNH oder JVC standen für den Niedergang des Industriestandorts Berlin in der öffentlichen Wahrnehmung. In den Medien, aber auch in Teilen der Politik, wurde die Industrie der Stadt häufig als überholt, als Auslaufmodell abgehakt. Das war eindeutig zu kurz gedacht.

[Beifall von Burgunde Grosse (SPD) und Günther Krug (SPD)]

Betriebsschließungen bedeuten ja nicht zwangsläufig, dass der Standort nicht wettbewerbsfähig ist. Oft spielen gänzlich andere Faktoren eine Rolle. So hat Samsung in Berlin noch Röhrenbildschirme gebaut, als vom Markt längst Flachbildschirme verlangt wurden. Auch das aktuelle Beispiel Nokia zeigt, selbst ein Standort, der schwarze Zahlen schreibt, kann geschlossen werden, wenn maßlose Renditeerwartungen und der Verlust an Bodenhaftung beim Management vorliegen.

Die Berliner Industrie hat wieder Fuß gefasst, sie befindet sich wieder im Aufwind. Die amtliche Statistik unterstreicht diese gute Entwicklung eindrucksvoll. Die wichtigste Botschaft ist die, dass sich die Industriebeschäftigung langsam wieder stabilisiert. Die Berliner Industrie ist gut aufgestellt, und Produkte „made in Berlin“ sind weltweit gefragt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die Industrieexporte sind zwischen 2000 und 2006 wertmäßig um 34 Prozent gestiegen. Auch wenn Berlin, wie wir alle wissen, mit seiner Exportquote zurzeit noch im unteren Drittel der Bundesländer rangiert und noch nicht das industrielle Wachstum anderer Bundesländer erreichen kann, ist diese Entwicklung mehr als erfreulich. Ich bin guter Dinge, dass die Industrie in Berlin den eingeschlagenen Kurs fortsetzen wird.

2007, so die vorläufigen Zahlen für die Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten, lagen die Bestellungen real um 12,9 Prozent über dem Wert für 2006, im Bundesdurchschnitt waren es nur 9,2 Prozent. In den Monaten

Oktober und November 2007 erreichte das Auftragsplus in den Berliner Industriebetrieben jeweils beachtliche rund 20 Prozent. Damit ist eine solide Basis für industrielles Wachstum in den kommenden Monaten gelegt. Auch die Umsätze, die 2007, ausgelöst durch einen zweistelligen Zuwachs bei den Exporten, um insgesamt 3,4 Prozent gestiegen sind, entwickeln sich positiv. Den höchsten Umsatzanstieg hatten wir 2007 im 4. Quartal. Es gibt berechtigte Hoffnung, dass sich die Umsätze im Sog des günstigen Auftragsverlaufs weiter steigern werden und auch bei der Bruttowertschöpfung der Abstand zum Bundesdurchschnitt schrumpft. Im Jahr 2007 hat die reale Bruttowertschöpfung der Berliner Industrie gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent zugenommen und lag damit höher als der Wert für das Bruttoinlandsprodukt insgesamt.

Mit der Auftrags- und Umsatzentwicklung verbinden wir die Hoffnung auf das Entstehen neuer Arbeitsplätze in den Berliner Industriebetrieben. Bereits im Jahr 2007 dürfte sich die tatsächliche Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe ins Plus verkehrt haben. Die Anzahl der in der amtlichen Statistik registrierten Stellen lag im Jahresdurchschnitt 2007 um 1,1 Prozent und im Dezember 2007 nur noch um 0,1 Prozent unter dem Vorjahresstand. Gleichzeitig gab es bei den unternehmensnahen Dienstleistungen im Vergleich zum Vorjahresmonat – ich spreche vom November 2007 – 14 400 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Stellen. Geschätzt etwa ein Drittel dieses Zuwachses – also rund 5 000 Stellen – basieren auf dem größeren Pool von Leiharbeitern. Wir wissen, dass diese Leiharbeiter zum größten Teil in der Industrie eingesetzt, aber statistisch als Dienstleistungsarbeitskräfte gezählt werden. Das heißt, diesen Stellenzuwachs muss man zum industriellen Arbeitsplatzbestand hinzurechnen. Deshalb können wir, glaube ich, mittlerweile über einen leichten Stellenzuwachs im verarbeitenden Gewerbe sprechen.

Traditionell ist das Herzstück der Berliner Industrie die Elektroindustrie. Mit rund 28 000 Arbeitsplätzen und einem Stellenanteil von fast 30 Prozent im Jahr 2006 ist sie der beschäftigungsseitig wichtigste Industriezweig der Stadt. Gut 13 000 Personen arbeiten im Papier-, Verlags- und Druckgewerbe. Jeweils knapp 12 000 sind es im Ernährungsgewerbe und in der chemischen Industrie. Mit Blick auf die Zahl der Arbeitsplätze folgen der Maschinenbau mit rund 10 500, der Fahrzeugbau mit 9 000 und die Metallindustrie mit knapp 8 000 Beschäftigten im Jahr 2006.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Exportintensiv ist besonders die chemische Industrie, die in Berlin maßgeblich durch Pharmaunternehmen geprägt ist. Sie hat im vergangenen Jahr sieben von zehn Euro im Ausland umgesetzt.

Charakteristisches Strukturmerkmal der Berliner Industrie ist, dass es wenige große Unternehmen und eine große Zahl kleiner und mittlerer Unternehmen gibt. Mit 12 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – rechnet man die

Tochtergesellschaften mit, sind es 15 300 – ist das Unternehmen Siemens der größte industrielle Arbeitgeber der Stadt. Siemens Berlin, der weltweit größte Fertigungsstandort des Konzerns, beschäftigt in der Bundeshauptstadt so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie die gesamte Film- und Fernsehbranche in der Region BerlinBrandenburg. Die Daimler AG zählt rund 6 500 Mitarbeiter, die Bayer Schering Pharma AG rund 4 500 und die BMW Group mehr als 2 500. Viele weitere große Unternehmen, beispielsweise im Verlagsgewerbe die Axel Springer GmbH oder im Ernährungsgewerbe die Storck Gruppe, investieren kontinuierlich in den Standort und stärken damit die industrielle Basis. Gleichzeitig sind viele der kleinen Unternehmen erst in den letzten Jahren entstanden. Firmen wie Burmester, GERB Schwingisolierungen, die Bauwerken weltweit die notwendige Stabilität gibt, wie FMB Feinwerk- und Messtechnik, die Berliner Seilfabrik, BIOTRONIK Herzschrittmacher und die Pharmafirmen Jerini und Dr. Mann Pharma sind häufig mit ihren Produkten in Nischen auf dem Weltmarkt ganz vorn und nutzen diese Wachstumsperspektive gezielt aus. Sie und alle anderen erfolgreich produzierenden Unternehmen am Berliner Standort investieren in Forschung und Entwicklung und halten Patente.

Mit einem Anteil der Beschäftigten in Forschung und Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe von 8,5 Prozent nimmt Berlin mit großem Vorsprung bundesweit den ersten Platz ein, vor Hamburg mit 5,9 Prozent, Hessen mit 5,8 Prozent, Bayern mit 5,7 Prozent und BadenWürttemberg mit 5,6 Prozent. Mit ihrer Ausrichtung auf wettbewerbsfähige und innovative Wirtschaftszweige spielt die Berliner Industrie in fast allen Kompetenzfeldern der Stadt eine maßgebliche Rolle.

[Beifall von Frank Jahnke (SPD)]

Sie ist zentraler Teil der Wertschöpfungskette, die mit den Berliner Clustern Gesundheitswirtschaft, Kommunikation, Medien und Kulturwirtschaft sowie Verkehr und Mobilität abgebildet wird.

Die Berliner Industrie erweist sich damit als kompetente Partnerin im Gesamtthemenspektrum Innovation, das mehr und mehr zum Bindeglied der Entwicklung von Industrie und der damit verbundenen leistungsfähigen unternehmensnahen Dienstleistungen wird.

[Beifall bei der Linksfraktion]

Wissenschaft und Kreativität sind die zentralen Voraussetzungen für die Schaffung einer innovativen und gleichzeitig nachhaltigen Industrielandschaft. Dies wurde noch einmal eindrucksvoll in den Diskussionen des Industrieforums im November 2007 bestätigt. Der Bereich der produktionsnahen Dienstleistungen verzeichnet seit Jahren ein Beschäftigungswachstum. Jedes zweite Dienstleistungsunternehmen arbeitet auch für die Industrie, und gleichermaßen profitiert die Industrie von einem guten Angebot an hochwertigen Dienstleistern. Diese Verflechtungsstruktur ist ein wesentlicher positiver Standortfaktor für Berlin. Industrie und Dienstleistungen sind keine sich

ausschließenden Alternativen, sondern bedingen sich wechselseitig.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Die Stärkung des Industriestandortes Berlin, die gezielte Vernetzung von Wissenschaft und Industrie sowie die Verknüpfung von Industrie und Dienstleistungen sind damit zentrale Ziele der Wirtschafts- und Industriepolitik des Senats. Was bedeutet das konkret im Einzelnen? – Erstens müssen immer wieder Rahmenbedingungen verbessert werden. Wir haben Verwaltungsstrukturen gestrafft, unter anderem durch Schaffung einer zentralen Anlaufstelle in meinem Haus, der ZAK. Durch regelmäßige Gespräche mit Unternehmen tragen wir dazu bei, Standortprobleme schnell und effizient zu lösen.

Industriepolitik heißt zum Zweiten, Fördermittel effizient einzusetzen. Wir haben eine Förderstrategie entwickelt, die die Fokussierung auf die definierten Kompetenzfelder sowie den Einsatz der Landesmittel nach dem Subsidiaritätsprinzip im Rahmen eines angemessenen Fördermixes vorsieht. Dabei sollen mehr als 50 Prozent der Mittel in die sogenannten technologischen Schwerpunktfelder und weitere fast 50 Prozent in die anderen Schwerpunkte, insbesondere das verarbeitende Gewerbe sowie die produktionsnahen Dienstleister fließen. Unabhängig von der technologischen Schwerpunktsetzung kommt damit der betrieblichen Wettbewerbsfähigkeit und der Beschäftigung in der Industrie eine hohe Bedeutung zu.