Protocol of the Session on September 13, 2007

Wir wollen klare Zuständigkeiten, einheitliche Richtlinien und schnelle Entscheidungen – das sollten unsere Leitlinien sein und nicht, ob eine Sache mehr im Bezirk oder eine andere Sache mehr auf Landesebene liegt. Ich denke, dass die Vorlage des Senats eine gute Diskussionsgrundlage darstellt, um darüber zu reden, ob man an dieser Stelle eine gesetzliche Regelung braucht oder ob man andere, kooperative Verfahren finden kann. Auch die müssten aber wohl gesetzlich geregelt werden.

Wir werden sicherlich, Herr Dr. Juhnke, im Stadtentwicklungsausschuss darüber ruhig, sachlich und zielgerichtet reden können, wie wir es auch schon zu anderen Themen, u. a. die City West betreffend, getan haben, und dann zu einem Ergebnis kommen, mit dem Bezirke und Hauptverwaltung leben können. Das wichtigste Ziel aber, mit dem die Nutzer, die Besucher der Stadt und die Berlinerinnen und Berliner leben können, sollte sein, dass die zentralen Plätze und Straßen vernünftig verwaltet werden, dass dort Veranstaltungen mit Augenmaß stattfinden, ohne dass eine Übernutzung entsteht. Wir werden uns bei der II. Lesung hoffentlich etwas konstruktiver begegnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Gaebler! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort der Herr Abgeordnete Birk. – Bitte sehr!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir halten diesen Gesetzentwurf für einen echt peinlichen

Treppenwitz. Mir ist es ein Rätsel, wie dieses Stellensicherungsprogramm für Beamte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, das neue Doppelzuständigkeiten schafft, in den Koalitionsvertrag hineinkommen konnte. Da müssen doch Ihre Bezirkspolitiker und Verwaltungsreformer im Quadrat gesprungen sein – Frau Flesch, Herr Zotl, wo waren Sie da?

Zunächst zum größten Fauxpas: Die Zuständigkeit für die Genehmigung von Veranstaltungen mit übermäßiger Straßenbenutzung, für die Ebertstraße, für die Friedrichstraße, die Straße des 17. Juni und Unter den Linden soll zukünftig bei der Verkehrslenkung liegen. Hallo? – Da ist sie jetzt schon, Frau Junge-Reyer! Sobald die Fahrbahnen betroffen sind, ist die Verkehrslenkung Genehmigungsbehörde für das Hauptstraßennetz. Wir reden doch hoffentlich nicht von einem kleinen Infostand auf dem Gehweg, sondern wir reden von größeren Veranstaltungen. Bei diesen sind stets die Fahrbahnen betroffen. Sie fordern also in einem Gesetz, was jetzt schon Gesetzeslage ist – das ist peinlich.

[Beifall bei den Grünen]

Es bleiben die öffentlichen Plätze. 2004 wurde mit der Gründung der Ordnungsämter eine Abschichtung beschlossen; die Genehmigung von Veranstaltungen auf Plätzen wurde in die Bezirke, zur unteren Straßenverkehrsbehörde abgeschichtet. Nun wollen Sie genau das für ein paar prominente Plätze wieder aufschichten. Ich möchte Ihnen kurz den Zustand beschreiben, wie er vor 2004 war. Wenn man ein Straßenfest auf einem Platz veranstalten wollte, musste man zeitgleich eine Genehmigung bei der Straßenverkehrsbehörde in der Hauptverwaltung und beim Bezirk beantragen. Das war sehr lästig, weil diese beiden Ebenen sich gegenseitig oft gegeneinander ausgespielt haben und man als Veranstalter auf der Strecke blieb.

Das wurde gottlob abgeschafft.

Bei Großveranstaltungen heutzutage ist es immer so, dass der Bezirk sich mit der Verkehrslenkung ins Benehmen setzt, denn es kommt dort oft zu Störungen im Straßenverkehr, oder mit anderen Senatsverwaltungen, soweit sie betroffen sind. Diese Praxis hat sich bisher bewährt. Ich kann mir zwar durchaus Optimierungen in den Bezirken vorstellen, bei den bezirksinternen Abläufen, um z. B. den Veranstaltern Ämtergänge zu ersparen. Aber das ist gar nicht Ihr Ziel. Sie wollen keineswegs die Arbeit den Bezirken abnehmen.

Stattdessen chaotisieren Sie den Vorgang und täuschen die Öffentlichkeit. Dazu muss man das Kleingedruckte in der Änderung des Straßengesetzes lesen. Dort fordern Sie nämlich, dass die Veranstalter den Antrag bei der Hauptverwaltung stellen. Dann schicken Sie aber die Veranstalter noch einmal durch die ganzen Fachämter im Bezirk, zum Tiefbauamt, um die genaue Aufstellung und die Wasser- und Stromanschlüsse zu klären, zum Umweltamt wegen des Lärmschutzes, zum Veterinär- und Lebensmittelamt wegen der Hygiene, zum Wirtschaftsamt wegen

der Ausschankgenehmigung und so weiter und so fort. Herr Juhnke hat es auch schon gesagt. Nur die Schlussunterschrift leistet dann wieder die Verkehrslenkung. Wo ist da bitte schön die Erleichterung? Was soll also der Unsinn?

Sagen Sie klipp und klar, worin die divergierenden Auffassungen zwischen Senat und Bezirken bestehen, die sich angeblich so negativ auswirken und dieses Gesetz notwendig machen! – War es etwa die Tatsache, dass der Bauamtsleiter in Mitte den Regierenden Bürgermeister zur Fußball-WM vor einer großen Blamage bewahrt hat? Sie erinnern sich vielleicht an die Debatte darüber, wo die Fanmeile stattfinden sollte. Der Bürgermeister bestand auf dem Spreebogenpark. Dort wären die Fans dann die Mauer heruntergepurzelt. Der Bezirk konnte sich mit beharrlichem Verhandeln durchsetzen, hat die Straße des 17. Juni mit dem Brandenburger Tor durchgesetzt und machte die ganze Sache zu einem Welterfolg. Das war die hervorragende Arbeit des Bezirks, ein Meisterstück, das weltweit bekannt wurde; genau diesem Bezirk wollen Sie jetzt diese Aufgabe entziehen.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Und noch mal, Herr Gaebler und Frau Junge-Reyer, um mit den Buden am Breitscheidplatz an der Gedächtniskirche einmal Schluss zu machen: Diese Buden stehen auf Kirchengelände. Der Bezirk kämpft seit Jahren dagegen, dass sie dort aufgestellt sind. Wir haben uns die Zähne an der Gemeinde ausgebissen. Da gibt es gar nichts zu genehmigen, das ist eine Hinnahme, dass die Buden dort stehen. Es würde nichts ändern, ob Frau Junge-Reyer oder der Bezirksstadtrat mit der Kirchengemeinde verhandeln. Das kommt dabei heraus, wenn man sich Zuständigkeiten aneignen möchte, von denen man keine Ahnung hat.

[Beifall bei den Grünen]

Es ist sehr wohl so, dass es Grundsätze und klare Kriterien für Genehmigungen für Veranstaltungen im Innenstadtbereich gibt. Wenn es im Einzelfall tatsächlich einmal Streit gibt, dann haben Sie immer noch die Möglichkeit des Eingriffsrechts nach § 13a des AZG. Den könnten Sie nutzen.

Ich mache zum Schluss einen konstruktiven Vorschlag, der in eine ähnliche Richtung geht wie das, was Herr Juhnke gesagt hat. Schließen Sie doch eine Rahmenzielvereinbarung mit den Bezirken ab, wie Sie sich die Genehmigungen im Hauptstadtbereich vorstellen! Das können Sie nach dem Muster der Rahmenzielvereinbarung für Einbürgerungen machen, die war auch sehr erfolgreich. Aber verschonen Sie uns mit diesem unsinnigen Gesetzentwurf nach Gutsherrenart, der gegen die Grundsätze der Berliner Verfassung und der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung verstößt. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Birk! – Für die Linksfraktion hat Frau Abgeordnete Matuschek das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei so vielfältigen Aktivitäten wie der Nutzung des öffentlichen Straßenlandes und der Plätze ist manchmal verständlich, dass man eine einheitliche Regelung, die für alle Eventualitäten gilt, gern hätte, weil es häufig und im Einzelfall ganz besonders oft zu Streit kommt. Ich will gar nicht die schon genannten Einzelbeispiele wiederholen. Es gibt solche und solche. Kein Mensch wird ernsthaft bezweifeln, dass das Bezirksamt Mitte in der Lage wäre, auch weiterhin gut die Sondernutzung von Straßen und öffentlichen Plätzen zu managen. Da hat das Bezirksamt Mitte in der Vergangenheit Hervorragendes geleistet. Die Fußball-WM ist schon angesprochen worden, der BerlinMarathon gehört auch dazu. Das sind sehr positive Beispiele.

Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Streit. Es gibt auch dann Streit, wenn Leute von außerhalb gern nach Berlin kommen wollen, um das schöne Berlin für besondere Zwecke zu nutzen. Da gibt es häufig eine Irritation, an wen wendet man sich, wo ist denn das tatsächlich gut angesiedelt, damit man möglichst wenig Wege als Interessent hat und die Verwaltung tatsächlich abgestimmt arbeitet. Das Anliegen ist durchaus nachvollziehbar, und es gibt Optimierungsbedarf. Das steht nicht infrage. Dass es dann tatsächlich für alle Eventualitäten im Vorhinein zu klären ist, bezweifle ich, weil es eine vielfältige Nutzung ist: Zwischen Würstchenbude, Eisbahn auf dem Bebelplatz, Berlin-Marathon oder Karneval der Kulturen ist die Bandbreite riesengroß. Es gibt nach wie vor auch bei gut funktionierenden Festen und Veranstaltungen Abstimmungsreibereien, auch zwischen der Verkehrslenkungsbehörde, zwischen den anderen Betroffenen, wenn z. B. Nahverkehrslinien umgelegt werden müssen usw.

Daran zu arbeiten ist nur gut und richtig, das werden wir dann sicherlich im Ausschuss mit einer entsprechenden fachlichen Diskussion machen. Ich möchte nur vor dem warnen, was die CDU vorgetragen hat. Herr Juhnke, Sie sprechen von der föderalen Struktur Berlins. Das fällt Ihnen immer bei solchen Beispielen ein. Wenn es aber darum geht, die tatsächliche Kompetenz der Bezirke zu stärken, wie es in der Vergangenheit durch diese Koalition praktiziert wurde und wofür die gesetzlichen Regelungen geschaffen wurden, wie z. B. die Ausweitung von Tempo 30 und die Anordnung von Parkraumbewirtschaftung durch die Bezirke, da sind Sie immer ganz schnell und rufen Richtlinienkompetenz und Zentralisierung, überall muss alles gleich und einheitlich sein; da wollen Sie von der von Ihnen beschworenen föderalen Struktur Berlins plötzlich nichts mehr wissen.

Aber ganz absurd wird es, wenn Sie eine ParanoiaGeschichte aufmachen: Die SPD verfolge ihre eigenen Stadträte in den Bezirken, indem sie ständig die Gesetze ändere, damit die eigenen Stadträte ein schweres Leben hätten. Das finde ich ganz absurd. Wenn wir bei jeder Paranoia der CDU ein Gesetzesverfahren in die Wege leiten wollten, dann hätten wir nicht nur bis 21 Uhr zu tun, sondern wahrscheinlich bis 2 Uhr nachts. Also verschonen Sie uns mit solchen Paranoia-Geschichten. Ich kann Ihnen erzählen, damit kommt man auch nicht weiter. Auch aus meiner eigenen Biografie und aus der Geschichte der DDR vermag ich da ein bisschen Erfahrung zu finden. Lassen wir diesen Quatsch weg und reden über die Optimierung der Nutzung der öffentlichen Straßen und Plätze für Berlin, weil eine solche Nutzung, zu was auch immer, für touristische, für Veranstaltungszwecke, auch für Werbezwecke immer ein Aushängeschild für Berlin und die Bürgerinnen und Bürger Berlins ist. Daran sollten wir arbeiten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Matuschek! – Für die FDP-Fraktion hat der Angeordnete Weingartner das Wort. – Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Schon mehrfach ist das Thema der Optimierung von Doppelzuständigkeiten und Kompetenzaufteilungen, die kein Mensch versteht, aufgegriffen, allerdings letztendlich nie gelöst worden. So bleibt es doch nur, in Scheibchen hier und da mal ein Stück zu korrigieren. So kommt uns dieser Antrag zur Gesetzesvorlage vor: ein bisschen zu korrigieren, was man im Großen nicht geschafft hat.

[Beifall bei der FDP]

So sehen wir hier den Versuch einer Gesetzesänderung im ganz Kleinen; warum auch nicht, wenn es denn der Sache hilft. Sicherlich ist es richtig, dass divergierende Ansichten, Auffassungen, Bewertungen von Behörden nicht zulasten von Antragstellern gehen dürfen, die sich dann aufreiben. Aber daraus den Versuch zu machen, das Subsidiaritätsprinzip zwischen den Bezirken und dem Land auszuhöhlen, ist nicht der Weg, den wir gehen wollen, den wir gehen sollten.

[Beifall bei der FDP]

Die Irritationen, mit denen diese Initiative begründet worden ist, haben sich doch wohl in der Vergangenheit in ganz großen Grenzen gehalten. Nein, die Vergangenheit hat bewiesen, dass die Verwaltung des Landes Berlin und der Bezirke insbesondere in den zentralen Bezirken ausgezeichnet funktioniert haben.

Statt in Richtung einer zentralen Verwaltung zu gehen, ist nach unserer Auffassung die Schaffung einer verlässli

chen Entscheidungsbasis der richtige Weg hin zu einer intelligenten Lösung. Hier stimmen wir mit Herrn Gaebler überein.

[Beifall bei der FDP]

Ein klares Votum zu Ihrer Gesetzesinitiative hat bereits der Rat der Bürgermeister, Dr. Juhnke hat es bereits erwähnt, abgegeben. Er hat die Initiative schlicht und ergreifend abgelehnt.

[Beifall bei der FDP]

Zum Thema Straßensondernutzung hatte die FDPFraktion bereits in der letzten Legislaturperiode einen Vorschlag gemacht, der jetzt offensichtlich von der Koalition aufgenommen worden ist. Das ist gut so. Leider nicht ganz in der richtigen Machart, was die FDP-Fraktion im Ausschuss zum Anlass nehmen wird, Änderungsanträge zu stellen. Wir fordern in unserer Gesetzesvorlage mehr Effizienz für die Verwaltungsarbeit und mehr Transparenz für die Antragsteller. Dies hätte als Ergebnis eine bürgerfreundlichere Verwaltung und verwaltungszufriedenere Bürger. Wir brauchen eine verlässliche Basis, auf der Entscheidungen seitens der Verwaltung zu treffen sind. Wir benötigen eine tragfähige Katalogisierung von Nutzungen und Kriterien für die Vergabe von Sondernutzungsrechten für öffentliches Straßenland,

[Beifall bei der FDP]

unabhängig davon, ob das Land oder der Bezirk dafür zuständig sind. Wir sind der Auffassung, dass anhand eines verbindlichen Kriterienkatalogs jeder Bezirk in die Lage versetzt werden sollte, die richtige Entscheidung zu treffen. Damit ist dann sogar eine Entlastung der LVB verbunden. Die Zielvorgabe des Gesetzes, eine hauptstadtgerechte Handhabung bei der Vergabe, ist gewährleistet. In einem Nutzungs- und Kriterienkatalog können durchaus Bereiche beschrieben und festgelegt werden, in denen sehr eingeschränkte Sondernutzungen zugebilligt werden oder auch gar keine. Dieser Aufgabe muss sich der Ausschuss annehmen. So wäre sogar eine politische Entscheidung auf breiter Basis möglich, sofern der Nutzungs- und Kriterienkatalog vom Parlament nach den Beratungen im Ausschuss unter Einbeziehung von Institutionen aus Kultur und Wirtschaft verabschiedet werden würde. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Weingartner!

Die Ausschussüberweisung haben Sie bereits bestätigt. Ich habe soeben erfahren, dass diese Vorlage – zur Beschlussfassung – zusätzlich an den Ausschuss für Verwaltungsreform, Kommunikations- und Informationstechnik mitberatend überwiesen werden soll. – Dies findet Ihr Einverständnis.

Ich rufe auf die Priorität der Fraktion Die Linke:

Lfd. Nr. 4 d:

Mitteilung – zur Kenntnisnahme –

Weiterentwicklung des Integrationskonzepts für Berlin (Das Integrationskonzept für Berlin weiterentwickeln!)

Mitteilung – zur Kenntnisnahme – Drs 16/0715

Kommunales Wahlrecht für Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger