Erstens will ich meine Freude zum Ausdruck bringen, dass ich heute zur Kenntnis genommen habe, dass es gelingen müsste, das Thema Kinderrechte in die Landesverfassung einzubringen, denn die überwiegende Mehrheit hat sich dazu positiv geäußert.
Zweite Bemerkung: Zu Frau Demirbüken-Wegner möchte ich sagen, der Antrag auf ein Landesjugendparlament ist in der letzten Wahlperiode eingebracht worden, aber ich würde Ihnen empfehlen, dass Sie sich diesen Antrag und die dazu geführte Debatte einmal genau ansehen, denn schon damals war klar, dass dieses Landesjugendparlament ohne Kompetenzen und ohne Beschlusskraft wirken sollte. Deswegen haben wir diesen Antrag abgelehnt. Wir haben uns in der letzten Legislaturperiode darauf konzentriert, für die jungen Menschen in dieser Stadt etwas zu machen. Ich erinnere daran, dass wir es mit der überwiegenden Mehrheit des Parlaments geschafft haben, das Wahlrecht auf 16 Jahre herabzusetzen.
Dritte Bemerkung – zum Antrag der FDP-Fraktion zur Kinderkommission. Auch dieser Fraktion sage ich: Solange diese Kinderkommission sozusagen durch Erwachsene repräsentiert werden soll, frage ich Sie: Was soll damit bewirkt werden? – Wir haben jetzt die Situation, dass die Bundeskinderkommission gute Ideen hat, aber sie hat kein eigenes Antragsrecht. Also ist es nur ein symbolischer Akt. Damit haben wir uns auseinanderzusetzen.
Die vierte Bemerkung, die ich machen will: Uns geht es darum, dass wir in dieser Stadt flächendeckend Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Jugendliche vor Ort am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das haben wir in der letzten Wahlperiode durch § 5 AG KJHG noch einmal verstärkt zum Ausdruck gebracht. Insofern, glaube ich, bewegen wir uns schon auf dem richtigen Weg. Ich empfehle der Opposition, dass sie sich das noch einmal zu Gemüte führt, damit Sie auch wissen, von welchen Positionen wir ausgehen. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Herren, meine Damen! Zwei Vorbemerkungen zum Thema Netzwerk Kinderschutz. Zwei Jahre hat es gedauert, ehe wir das Ding nun zum Rollen gebracht haben.
Zweiter Punkt – Hotline: Dieses Herumgeeiere, womit wir uns zwei, drei Monate beschäftigen mussten, spricht Bände. Zwei Stellen sind immer noch nicht besetzt. Ihre Bilanz in dieser Beziehung ist schlicht blamabel.
Seit Januar, seitdem ich erfahren habe, dass es in Berlin an gebundenen Ganztagsschulen Kinder gibt, die kein Mittagessen kriegen, treibt mich das um. Mich treibt diese Problematik nicht nur um, sondern ich habe über Kleine Anfragen, über einen Antrag, schließlich auch über eine Große Anfrage diesen Umstand thematisiert, dass eben eine große Zahl an Berliner Grundschülern kein Mittagessen erhält, und dieses, obwohl sich die betroffenen Schüler und Schülerinnen mindestens von 8 bis 16 Uhr in der Schule aufhalten. Sie sollten dort eigentlich auch lernen können. Kein Essen von 8 bis 16 Uhr, wahrscheinlich haben einige noch nicht einmal ein Frühstück bekommen. Sie wissen, was das für die Entwicklung junger Menschen bedeutet. Trotzdem ignorieren Sie das Problem. Sie schweigen. Und Sie, gerade die Genossen von der PDS, Sie zählen sich zu den Kämpfern der sozial Schwachen. Angesichts der 15 Prozent hungernder Kinder an Schulen ist das mehr als vermessen, meine Herren und Damen von der PDS!
Sie sind nicht willens und offensichtlich auch nicht in der Lage, die Versorgung der bedürftigsten Kinder an Berliner Schulen sicherzustellen. Das ist pure Heuchelei. – Herr Prof. Zöllner, ich bin sehr froh, dass Sie eben angekündigt haben, doch schon mal gedacht zu haben. Ich finde das sehr schön. – Frau Dr. Tesch, ich sage es ausdrücklich: Wenn Sie in die Richtung weiterdenken, die Sie eben in Ihrer Rede angekündigt haben, dann kann ich nur sagen: Wunderbar, die SPD hat offensichtlich ein bisschen dazugelernt.
Die Eltern von Kindern an offenen Ganztagsschulen, also diejenigen mit einem freiwilligen Betreuungsangebot nach dem Unterricht, müssen neben der Essenspauschale von 23 € pro Monat einen Betreuungsanteil von bis zu 243 € bezahlen. Wer sein Kind an einer gebundenen Ganztagsschule hat, bezahlt für die Betreuung nichts, muss aber für das Mittagessen 43 € bezahlen. Und nun wollen die Grünen und auch die PDS offensichtlich den Essensbeitrag an gebundenen Ganztagsschulen auf 23 € herabsetzen – aus Gerechtigkeitsgründen.
Auf der einen Seite haben wir bis zu 250 € und auf der anderen Seite 23 €. Für Sie Grüne ist das gerecht? – Ich muss gestehen, ich habe von Ihnen schon viel Unsinn gehört. Ich erinnere nur an das Wettern von Frau Roth und anderen aus diesem Hause gegen die freiwillige Deutschpflicht an der Hoover-Schule, aber dieser Antrag hier geht in dieselbe Richtung. Ich sage ganz klar: Der FDPFraktion ist es wichtig, dass kein Kind Hunger leiden muss. Wir wollen eine gute, gesunde Ernährung an Berlins Grundschulen. Es darf nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler aus der Warteschlange herausgepickt werden, nur weil die Eltern sich weigern oder es vergessen haben, den fälligen Essensbeitrag zu bezahlen.
Es handelt sich um 42 € im Monat, die bei der Anmeldung an eine gebundene Ganztagsschule zu entrichten sind. Das sind 2,10 € pro Tag für ein volles Mittagessen. Jetzt frage ich Sie allen Ernstes: Was sind das für Eltern, die ihrem Kind 2,10 € für ein Mittagessen vorenthalten?
Passen Sie auf, Herr Albers, ich bin noch nicht fertig! – Auch diejenigen, die von staatlichen Transferleistungen leben, müssen bzw. können sich dieses leisten. Hartz IV: 207 € pro Kind, für die Alleinerziehenden gibt es noch zusätzlich 182 €. Frau Dr. Tesch sagte, dass es viele gibt, die bereits an dieser Einkommensgrenze leben, über die redet ihr überhaupt nicht.
Eins finde ich zu diesem Thema Regelsätze schon ein bisschen merkwürdig. Gerade wenn Sie von den Grünen sich über die Regelsätze aufregen, dann möchte ich einmal fragen: Wer hat diese Regelsätze eigentlich festgelegt? Es gab eine rot-grüne Bundesregierung, die genau das getan hat. Ich kann nicht feststellen, lieber Herr Ratzmann, dass Ihre ehemalige grüne Mitregierung Familien damals derart schlecht gestellt hat, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren können. Das sollten Sie selber mal überlegen.
Ihren Antrag werden wir ablehnen, und zwar aus dem einen Grund: Ihr Antrag verbessert die Situation überhaupt nicht. Zwar werden Sie die Höhe des Beitrags fast halbieren; die Begründung ist etwas obskur. Doch dies wird mit großer Sicherheit nicht dazu führen, dass die derzeit säumigen Eltern künftig ihren Beitrag leisten werden. Wir wissen es doch alle aus Gesprächen mit Elternvertretern, mit Schulleitern: Es ist keineswegs nur die Höhe der Beiträge, die die Eltern abschreckt. Es ist viel schlimmer: Es ist Bequemlichkeit, Verantwortungslosigkeit, das mangelnde Interesse vieler Erziehungspflichtiger und vor allem auch die Gewissheit: Der Staat wird’s schon richten. Der Staat wird uns schon aus der Klemme helfen. – Und diese Haltung ist nicht akzeptabel. Das müssen wir als Politiker ganz deutlich herausstellen.
Nein, das ist nicht zynisch. Sehr geehrter Herr Dr. Albers! Ihre Haltung, weiter zu alimentieren, führt nämlich dazu, dass diese Haltung der Eltern gestärkt wird. Darum geht es. Ich biete auch gleich eine Lösung an. Ich sage nur: Sie können die Elternbeiträge auf 1 € senken, sie würden immer noch nicht bezahlt. Das nenne ich schlicht eine Sauerei, wenn ich das Kind einmal deutlich beim Namen nenne.
Als Liberale fordern wir, dass diejenigen, die ihr Kind an einer gebundenen Ganztagsschule anmelden, in die Pflicht genommen werden. Sie müssen ihren Beitrag leisten, und wenn sie dies nicht zum Wohle des Kindes tun, muss der Staat Maßnahmen ergreifen, um dieses sicherzustellen. Zur Not müssen die säumigen Beiträge unmittelbar von den staatlichen Transferleistungen abgezogen werden. Verehrte Frau Dr. Tesch, das kann man machen, und das muss man dann auch machen.
Der Grünen-Antrag ist Augenwischerei. Schlimmer noch allerdings ist die bisherige Untätigkeit der Koalition und des Senats in dieser Frage. Die Genossen insbesondere von der PDS schauen tatenlos weg, ignorieren das Problem. Sie kümmern sich eben nicht um die drängendsten Fragen und um die Kinder, die es in der Tat nötig haben. Stecken Sie die 22 Millionen € aus der Einheitsschule von mir aus in die Schulkantinen! Dort ist das Geld allemal besser aufgehoben. Vergessen Sie die Einheitsschule, Herr Dr. Albers! Es gibt wahrlich drängendere Probleme. Ich habe nur eines von vielen genannt. Die nächsten zwei werde ich in meinen nächsten Reden nennen.
Und noch eines zum Abschluss: Reden Sie nicht wohlfeil von Kinderschutz und Chancengleichheit, wenn Sie elementaren Bedürfnissen in dieser Stadt nicht gerecht werden! – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Tierschutzbund hat 800 000 Mitglieder. Der Deutsche Kinderschutzbund hat 50 000 Mitglieder. Das sind die Größenordnungen, über die wir sprechen, wenn es um Engagement für Gruppen geht, die sich nicht allein schützen können und die ihre Rechte nicht allein einklagen können. Es gibt auf Autos den Aufkleber „Ich bremse für Tiere“. Es sind Autofahrer mit solchen Aufklebern, die nicht gesehen haben, dass sich die Eltern in der Nachbarwohnung nicht ausreichend um ihr Kind kümmern. Es gibt aus irgendeinem Grund ein großes Bewusstsein da
für, dass man sich um Tiere kümmern muss, aber es gibt keine Lobby für Kinder in Deutschland und in dieser Stadt.
Wir haben immer mehr Fälle von Kindesvernachlässigung. Die Statistiken zeigen das. Ich gebe dem Senator recht, dass sich viele Fälle dadurch erklären, dass jetzt die Öffentlichkeit für das, was es schon immer gegeben hat, hergestellt wird. Aber in einer Gesellschaft, in der es immer mehr sozial prekäre Familiensituationen gibt, gibt es auch immer mehr Fälle von Kindesvernachlässigung. Der UNO-Bericht hat es deutlich gemacht: Im Bundesländervergleich steht Berlin schlecht da, meistens an der vorletzten Stelle. In Berlin sind mehr Kinder arm als in den meisten anderen Bundesländern. Mehr Kinder haben weniger zu essen als in den meisten anderen Bundesländern. Die Eltern sprechen in Berlin weniger mit ihren Kindern als in anderen Bundesländern. Die Berliner Kinder sind dicker, essen ungesünder und haben häufiger ungeschützten Sex als die anderer Bundesländer. Das ist die Realität. In Berlin geht es den Kindern insgesamt wesentlich schlechter als in den meisten anderen Bundesländern, und sie empfinden das auch selbst so.
Nun muss man fragen, ob der Staat Einflussmöglichkeiten auf all diese Bereiche hat. Ich glaube, nein. Aber das Land hat Verantwortung für eine gute Kinderpolitik. Die Frage ist, wie das Land diese Verantwortung in der letzten Legislaturperiode und zu Beginn dieser Legislaturperiode wahrgenommen hat. Seit 2001 sind in Berlin unter RotRot 100 Jugendeinrichtungen geschlossen worden. Seit 2001 hat der Senat 40 Prozent der Hilfen zur Erziehung im Landeshaushalt gekürzt. Kein anderer Haushaltstitel wurde so stark gekürzt wie die Jugendhilfe. Das Netzwerk Kinderschutz findet die CDU-Fraktion ausschließlich begrüßenswert. Frau Dr. Barth! Ich weiß nicht, wie Sie auf eine andere Idee kommen können. Aber wir haben von Anfang an gesagt, was heute auch Frau Scheeres gesagt hat: Das Netzwerk Kinderschutz bleibt eine leere Hülle, wenn die Jugendämter nicht ausreichend Personal für die Umsetzung dieser Richtlinien bekommen.
Wir haben uns in der letzten Legislaturperiode für mehr Partizipation von Kindern und Jugendlichen eingesetzt. Auch hier haben die Fraktionen von PDS und SPD nichts getan. Der Antrag der CDU zur Einrichtung eines Landesjugendparlaments wurde abgelehnt. Darüber hinaus gibt es keine zusätzlichen Partizipationsmöglichkeiten, die Sie Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt eröffnet haben. Zusammenfassend für die letzten sechs Jahre muss man sagen: So macht man keine gute Kinder- und Jugendpolitik.
Wir erwarten viel von den Kindern, die heute noch klein sind und später erwachsen sein werden. Wir erwarten viel von ihnen für die Gestaltung der Gesellschaft von morgen. Und sie erwarten etwas von uns, nämlich Schutz und Angebote zur Partizipation. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
Zum Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 16/0567 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung – federführend – sowie – mitberatend – an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie.
Die Große Anfrage der Koalitionsfraktionen Drucksache 16/0467 ist begründet, beantwortet und besprochen.
Zum Antrag der Grünen Drucksache 16/0553 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie – federführend – sowie – mitberatend – an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung.
Zu den Anträgen Drucksachen 16/0554 und 16/0555 empfiehlt der Ältestenrat jeweils die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie.
Zum Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/0573 empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung – federführend – sowie – mitberatend – an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie.