Protocol of the Session on May 24, 2007

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Weil nun die CDU klatscht: Ich bin seit 1995 in diesem Parlament. Ich habe die große Koalition erlebt, und damals waren zum Teil auch Sie die Blockierer, die sich Verbesserungen im Bereich der frühen Bildung widersetzt haben. Insofern machen wir einen Strich und kommen zum Thema!

Ich freue mich, dass der Begriff Kita als Bildungseinrichtung in der Realität dieses Hauses angekommen ist und wir dies als erste Priorität diskutieren können, denn dies weiß die Fachpolitik schon sehr lange und die Politik redet schon lange darüber, aber dass in der Praxis etwas getan wird und dies uns allen wichtig ist, ist noch nicht so alt.

Es ist richtig, mit Bildungsprogramm, der Qualitätsentwicklungsvereinbarung und dem Sprachlerntagebuch sind die richtigen Weichen gestellt. Es gibt jetzt die Chance, dass die Kindertagesstätten so aufgestellt sind, die Bildungschancen für die Kinder, insbesondere aus benachteiligten Familien und mit Migrationshintergrund, entscheidend zu verbessern. Aber die Probleme, die es hier noch gibt, das Ganze umzusetzen und die Rahmenbedingungen zu sichern, werden von Rot-Rot gern zur Seite geschoben.

Ich sage nur ein paar Stichworte: Qualität in der Kita steht und fällt mit der Qualifikation der Erzieherinnen und – das habe ich bereits bei der Einbringung der Anträge gesagt – auch mit der Zeit, die die Erzieherinnen für die direkte pädagogische Arbeit mit den Kindern zur Verfügung haben. Hier ist nach wie vor hoher Handlungsbedarf, und ich gehe davon aus, dass wir demnächst von Rot-Rot den Antrag erhalten, dass die Vor- und Nachbereitungszeiten, das, was an Dokumentation für das Sprachlerntagebuch nötig ist, auch in der Personalbemessung berücksichtigt wird

[Beifall bei den Grünen]

und dass vor allem die Freistellung für die Leitungsaufgaben wieder auf das Niveau erhöht wird, das sie einmal innehatte. Die Elternbildung – ganz wichtig, wenn wir über Gewalt und Vernachlässigung reden, die Erziehungskompetenz von Eltern zu stärken – ist immer in aller Munde, aber dafür brauchen wir auch Personen, die das z. B. in Kitas als Familienzentren organisieren können. Wir erwarten von Rot-Rot, dass die notwendigen Verbesserungen kommen, und zwar nicht erst kurz vor der Wahl, sondern vielleicht auch mal zwei Jahre vorher.

Ich komme zu den Anträgen, die wir heute behandeln. Zum einen soll die Neuregelung der Sprachförderung vorgezogen werden. Das haben wir bereits vor mindestens zwei Jahren gefordert. Wir halten zwei Stunden die Woche für ein halbes Jahr in einer Kursform an der Schule für nicht ausreichend. Wir wissen aus den Sprachstandserhebungen: Je länger Kinder eine Kita besuchen, desto besser ist auch die Sprachfähigkeit bei Beginn der Schule. Deswegen sind wir nach wie vor der Meinung, dass zuerst verstärkt dafür geworben werden soll, dass Kinder mit Sprach- und Entwicklungsverzögerungen früh in die Kita gehen und nicht nur im letzten Jahr vor der Schule einen Kurs – wie jetzt in Ihrem Antrag geplant – oder eine Sprachförderung von drei Stunden die Woche absolvieren. Das halten wir nach wie vor nicht für ausreichend.

Wir möchten, dass die Kinder im letzten Jahr in der Kita sind. Was Sie jetzt über das Schulgesetz versuchen – Frau Barth hat bereits darauf hingewiesen –, nämlich die

Schulpflicht noch einmal ein Jahr nach vorn zu legen, halten wir für bedenklich. Darüber wird noch zu diskutieren sein. Es fragt sich, ob es verhältnismäßig ist, bei 1 000 bis 1 200 Kindern,

[Mieke Senftleben (FDP): Jedes vierte Kind!]

die einen festgestellten Sprachförderbedarf haben, alle Kinder zu verpflichten, die Schule zu besuchen, wovon man sich befreien lassen kann, wenn man in die Kita geht. So einfach sollte das nicht durchgehen!

[Beifall bei den Grünen]

Frau Jantzen! Schauen Sie bitte auf Ihre Redezeit, sie ist zu Ende!

Noch ein Satz zum Zugang zu Kitas und Horten: Sie haben unseren Änderungsantrag abgelehnt, in dem eine Deckungszusage für die Bezirke gefordert wurde, um eine restriktive Bescheinigung des Bedarfs zu verhindern.

Da ich keine Redezeit mehr habe, richte ich an Rot-Rot die Bitte: Fangen Sie Ihren Finanzsenator ein! Sie können nicht einerseits immer wieder sagen, es sei politisch gewollt, dass die Kinder möglichst lange eine Kita besuchen, und andererseits müssen sich die Bezirke ständig dafür rechtfertigen, dass sie mehr Kinder mit längeren Betreuungszeiten und höherem Förderbedarf haben.

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Jantzen! – Für die FDPFraktion erhält nun Herr Dragowski das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir kommen heute in den Genuss, erneut im Plenum über die Kitaqualität, die Akkreditierung und die Regelung des Zugangs zu Kindertagesstätten zu reden. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass Sie, Frau Dr. Barth und Frau Scheeres, einen längst überfälligen Antrag auf den Weg gebracht haben. Dieses vermeintliche Meisterwerk wollen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Linksfraktion, nun feiern. Das ist ganz schön traurig, denn erst nach über vier Jahren sollen die eklatanten Probleme bei der Bedarfsprüfung und Bewilligung angegangen werden.

Wir haben seit langem auf die teilweise haarsträubenden Vorkommnisse in den bezirklichen Jugendämtern hingewiesen. Man denke nur an die aktuellen Ereignisse im Prenzlauer Berg. Dort reichen die Kapazitäten nicht aus. Ihre Parteifreundin, Frau Dr. Barth, die PDS-Jugendstadt

rätin Keil, ist offenbar ihrer Aufgabe nicht nachgekommen.

Sprechen wir über Eltern im Bezirk Pankow, die teilweise mit Verweis auf den Bearbeitungsstau ohne Prüfung des Bedarfs vom Jugendamt abgewiesen wurden, über Eltern im Bezirk Pankow, die mit der Erklärung abgewiesen wurden, Gutscheine würden nur zum ersten eines Monats ausgestellt, darüber, dass im Bezirk Pankow auf einen Monat befristete Gutscheine ausgegeben wurden, und darüber, dass Eltern im Bezirk Pankow im Fall einer Veränderung der familiären Situation – in der Regel die Geburt eines weiteren Kindes – abgewiesen wurden. Diese Schlamperei muss ein Ende haben.

[Beifall bei der FDP]

Deswegen unterstützen wir den Antrag der Koalition voll und ganz. Wir hätten uns jedoch gewünscht, dass dieser schon vor Jahren vorgelegt worden wäre. Einen ähnlichen Antrag der FDP hatten SPD und PDS leider abgelehnt.

Noch ein paar Worte zur Qualitätssicherung bei Kitas und der Tagespflege, zu Transparenz, Wettbewerb und Angebotsverbesserung: Wir haben einen Antrag zur Einführung einer freiwilligen Akkreditierung von Kindertagesstätten eingebracht. Wir sehen die dringende Notwendigkeit, die Informationen zum Angebot von Kitas und der Tagespflege für die Verbraucher, d. h. die Eltern, freundlicher aufzubereiten. Die Eltern sollen wissen, was sie bekommen, und zwar auf den ersten Blick. Nur durch eine solche Transparenz entsteht Wettbewerb, der wiederum zu einer Verbesserung des Angebots führt. Derzeit gibt es einen großen, bunten Strauß an Angeboten. Das ist gut so. Den wollen wir nicht beschneiden. Wir Liberale unterliegen nicht Einheits- und Gleichförmigkeitsneurosen, wie das bei anderen der Fall ist.

[Beifall bei der FDP]

Wir wollen vielmehr, dass die Träger sich dahin gehend überprüfen lassen, wie und in welchem Umfang sich die Inhalte des von Ihnen entworfenen Bildungsprogramms in der täglichen Leistungserbringung wiederfinden. Dies kann insbesondere Menschen aus einem bildungsfernen Milieu weiterhelfen, die bei der Wahl der Kita nicht seitenlang in den Hochglanzbroschüren der Kitaträger blättern wollen.

Vor nicht allzu langer Zeit wurden diese Modelle der Akkreditierung auf einer Veranstaltung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung präsentiert. Hier wurde insbesondere auf die Erfolge in den USA mit diesem pragmatischen Instrument hingewiesen. Es ist umso erstaunlicher, dass die Berliner Genossen kein Interesse an der Auseinandersetzung mit solchen Modellen zeigen. Möglicherweise brauchen wir auch hier nur einige Jahre vergehen zu lassen, bis sich SPD und Linksfraktion erneut unsere Forderungen zu eigen machen und wir diesen Antrag im Plenum vorfinden. Man kann es sich für Berlin nur wünschen.

Wir Liberale setzen uns für mehr Transparenz und Wettbewerb bei Kindertagesstätten und Tagespflegeeinrichtungen ein. Unterstützen Sie uns dabei, und sorgen Sie so für eine bessere Qualität der Kitas und der Tagespflege! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dragowski!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich abstimmen lasse, und zwar zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU. Das ist die Drucksache 16/0510 zum Stichwort Kitaqualität. Im Ausschuss wurde das mehrheitlich – gegen CDU und FDP und bei Enthaltung der Grünen – abgelehnt. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Gegenprobe! – Das ist die Koalition. Enthaltungen! – Das sind die Grünen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der Fraktion der CDU. Das ist die Drucksache 16/0511 zum Stichwort Kitabildungsprogramm. Im Ausschuss wurde das mehrheitlich – gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen – abgelehnt. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das ist die Koalition. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der Fraktion der FDP. Das ist die Drucksache 16/0514 zum Stichwort exzellente Bildung. Im Ausschuss wurde das mehrheitlich – gegen CDU und FDP – abgelehnt. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP und CDU. Wer ist dagegen? – Das sind die Grünen und die Koalition. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag von SPD und Linksfraktion. Das ist die Drucksache 16/0512 zum Stichwort Sprachförderung. Im Ausschuss wurde das einstimmig – bei Enthaltung von CDU und FDP – angenommen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Grünen. Wer ist dagegen? – Niemand. Enthaltungen! – Das sind CDU und FDP. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Wir kommen zum Antrag von SPD und Linksfraktion. Das ist die Drucksache 16/0513 zum Stichwort Kindertagesbetreuungseinrichtung. Im Ausschuss wurde das mehrheitlich – gegen die CDU – angenommen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen, die FDP und die Grünen. Wer ist dagegen? – Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4 b:

Landesverfassung achten – Ergebnis des Volksbegehrens zum Flughafen Tempelhof abwarten

Antrag der CDU Drs 16/0525

Das ist die Priorität der CDU-Fraktion. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Pflüger. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht uns heute nicht darum, inhaltlich über Tempelhof zu diskutieren. Vielmehr will ich über die Art und Weise sprechen, wie der Senat die Bürgerinnen und Bürger Berlins behandelt und ob er sie ernst nimmt.

Wir fordern den Senat auf, das eingeleitete Verfahren zur Entwidmung des Flughafenstandorts Tempelhof solange auszusetzen, bis das eingeleitete Volksbegehren zum Abschluss gekommen ist.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Es ist unerträglich, dass wir auf der einen Seite in der Verfassung Berlins – von allen Parteien getragen – eine Bestimmung haben, wonach die Bürger mitentscheiden und die Möglichkeit haben sollen, über Volksbegehren und Volksentscheid ihre Meinung zu sagen. Es wird zwar gesagt, es sei zulässig, eine solche Frage zu stellen, aber gleichzeitig schafft der Senat mit dem Entwidmungsverfahren vollendete Tatsachen, bevor der Volkswille abgefragt wurde. Das ist Volksveräppelung. Hier wird das Volk nicht ernst genommen. Das darf in dieser Stadt nicht passieren.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich freue mich, dass auch einige derjenigen, die gegen die Offenhaltung des Flughafens Tempelhof sind, sich in dieser Weise geäußert haben.

Ich habe mich z. B. sehr gefreut – warum sollte ich es verhehlen? – über eine Pressemitteilung von Claudia Hämmerling, der verkehrspolitischen Sprecherin der Grünen.

[Aha! von der SPD]

Sie sagt ganz klipp und klar – das ist die alte und bekannte Position der Grünen, die ich nicht teile, jedoch akzeptiere –, dass sie will, dass Tempelhof so schnell wie möglich geschlossen wird. Aber sie fügt hinzu – und das sollten Sie sehr ernst nehmen, Herr Regierender Bürgermeister –: