Sie sagt ganz klipp und klar – das ist die alte und bekannte Position der Grünen, die ich nicht teile, jedoch akzeptiere –, dass sie will, dass Tempelhof so schnell wie möglich geschlossen wird. Aber sie fügt hinzu – und das sollten Sie sehr ernst nehmen, Herr Regierender Bürgermeister –:
Mit anderen Worten: Geben Sie der Demokratie in der Stadt eine Chance! Ich bin auch nicht mit allem einverstanden, was beschlossen wird, aber wenn es in einer Stadt Mehrheiten gibt, die anders sind, wie z. B. in der Angelegenheit Rudi-Dutschke-Straße, wo ich völliger anderer Meinung und der Überzeugung war, dass es Kochstraße bleiben muss, aber wenn alles rechtmäßig zustande kommt, wird das akzeptiert.
Das beinhaltet Demokratie. Und wir erwarten, dass auch Sie alle akzeptieren, dass die Berlinerinnen und Berliner in Sachen Tempelhof anderer Meinung sind. Geben Sie ihnen eine Chance, das beim Volksbegehren auch zu bekunden. Richten Sie sich danach, und schaffen Sie nicht vollendete Tatsachen!
Nein! – Ich zitiere eine Organisation, die Sie ebenfalls sehr ernst nehmen sollten. Dabei handelt es sich um die Organisation, die sich mehr als jede andere dafür eingesetzt hat, dass es mehr Demokratie, mehr Möglichkeiten der direkten Volksbeteiligung gibt, um den Berliner Landesverband der Organisation „Mehr Demokratie!“.
Der Vorsitzende heißt Efler. Dieser Herr Efler, mit dem ich nicht immer einer Meinung war und einer Meinung bin – das ist in der Demokratie auch nicht erforderlich –, sagt klar: Wenn man eine solche Bestimmung in die Verfassung aufnimmt, dann muss man sich auch daran halten. Er kritisiert den Berliner Senat dafür, dass er eine absurde Politposse veranstaltet, das Volk wählen lässt – Tausende von Bürgerinnen und Bürger werden sich engagieren –, und dann stellt sich Herr Wowereit hin und sagt: Ätsch, bätsch, das Ganze interessiert uns nicht! Wir machen doch, was wir wollen!
Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt, Herr Wowereit, Sie sind nicht der Sonnenkönig, sondern Sie sind ein Politiker in der Demokratie dieser Stadt, und Sie haben hinzuhören, wenn Ihnen das Volk eine andere Meinung sagt, und nicht so zu tun, als ob Sie das alles nichts anginge.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Aber Sie haben für Tempelhof keine Mehrheit!]
Es gibt in der „Berliner Zeitung“ ebenfalls jemanden, der in der Frage des Flughafens Tempelhof eine sehr differenzierte Meinung vertritt, das ist Peter Neumann. Er sagt:
Selten bekommen die Bürger so drastisch vor Augen geführt, wie eine Regierung vollendete Tatsachen schafft.
Den Satz würde ich mir mal ganz genau hinter die Ohren schreiben! Gerade diejenigen, die immer so schön aus der 68er-Bewegung kommen und sagen: Wir wollen doch Demokratie und herrschaftsfreien Dialog! Scheinbare Toleranz kann repressiv sein.
Wir haben gerade eine Meinungsumfrage der „BZ“ und von Forsa gehabt, nach der 70 Prozent der Berlinerinnen und Berliner dafür stimmen würden, dass Tempelhof offen bleibt. Akzeptieren Sie das, kommen Sie endlich aus dieser sturen Haltung heraus, und stoppen Sie das Entwidmungsverfahren, mit dem Sie die gesamte Berliner Bevölkerung an der Nase herumführen!
Vielen Dank, Herr Dr. Pflüger! – Für die Fraktion der SPD hat jetzt der Abgeordnete Gaebler das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Weil es über Rückzugsgefechte, wie sie Herr Pflüger hier vorführt, immer etwas in Vergessenheit gerät, zu Beginn noch einmal unsere Gründe, warum wir für eine Schließung des Flughafens Tempelhof sind.
[Dr. Martin Lindner (FDP): Darum geht es doch gar nicht! – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Genau darum geht es!]
Zum einen hat das seine Gründe in der Sicherheit und der Gesundheit der Bewohner der Stadt. Mehr als 200 000 Menschen leben in der Einflugschneise des Flughafens, die wollen wir schützen.
Zum anderen ist der derzeitige Flughafen unwirtschaftlich. Selbst nach Berechnungen eines privaten CharterUnternehmens, der Firma Windrose, müssten mindesten anderthalb Millionen € pro Jahr für einen reinen Geschäftsfliegerbetrieb auf diesem Flughafen aufgebracht werden. Dieses Geld hat – glaube ich – niemand von uns übrig.
Auch die Deutsche Bahn ist ein öffentliches Unternehmen und wird es hoffentlich eine Weile lang bleiben! Damit sind es indirekt auch Steuergelder, die dort bezahlt werden, lieber Herr Dr. Lindner! Ich dachte mir schon, dass Sie diesen Zwischenruf machen.
Das Dritte ist – und das ist auch das, wo auch Herr Pflüger überlegen sollte, ob er weiterhin diese verzweifelten Versuche macht, irgendetwas von seiner Kampagne zu retten –
die Frage, inwieweit das Milliardenprojekt BBI umgesetzt und realisiert werden kann. Da darf es kein Wackeln geben, da darf es kein Deuteln geben, da darf es auch keine Querschüsse geben,
Jetzt zu dem, was zurzeit über die Medien läuft. – Man kann das, was Herr Pflüger insbesondere mit Unterstützung der Springer-Medien, voran die „BZ“, führt, als Kampagne gegen Klaus Wowereit sehen.
[Mario Czaja (CDU): Das ist absurd! – Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion): Das ist eine Ersatzvolksbefragung!]
Das wäre ja in Ordnung, so etwas kommt politisch vor, so etwas ist politisch legitim. Nur, meine Damen und Herren von der „BZ“ und von der Fraktion der CDU, Sie führen erstens eine Kampagne gegen zwei Drittel dieses Hauses,
denn zwei Drittel diese Hauses haben in der vorletzten Sitzung klar etwas anderes beschlossen, nämlich die Schließung von Tempelhof, und damit auch das, was der Regierende Bürgermeister macht, legitimiert. Das bitte ich, doch einmal zur Kenntnis zu nehmen!
Zum Zweiten führen Sie eine Kampagne zulasten der Gesundheit und der Sicherheit von rund 200 000 Berlinerinnen und Berliner. Auch das gehört zur Wahrheit dazu!
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Claudia Hämmerling (Grüne) – Zurufe von der FDP]
Zum Dritten führen Sie eine Kampagne zulasten der Rechtssicherheit des BBI, weil Sie für den Verkehrsflughafen Tempelhof eintreten.
Das ist eines von mehreren Argumenten, nicht das einzige, wie Sie richtig festgestellt haben, Frau Senftleben!
Zur rechtlichen Situation. – Herr Dr. Pflüger! Sie waren nicht dabei, als wir die Verfassungsänderung diskutierten, die vereinfachte Volksbegehren, Volksentscheide, Bürgerbegehren möglich gemacht hat. Ich habe sie selbst mit federführend verhandelt und weiß deshalb noch genau, was wir damals debattiert haben. Unter anderem haben wir ausdrücklich erörtert, dass es bei Volksentscheiden und Volksbegehren auf Landesebene keine aufschiebende Wirkung gibt. Ausdrücklich nicht! Bei Bürgerbegehren gibt es das ab einem bestimmten Quorum, bei Volksbegehren gibt es das nicht. Da war auch die Fraktion der CDU mit uns gemeinsam dagegen, Herr Dr. Pflüger. Deshalb ist es etwas erstaunlich, dass Sie jetzt auf einmal sagen, das sei ein Skandal! Da hätten Sie damals aufpassen müssen.