Protocol of the Session on May 10, 2007

Mein letzter Satz: Der Kinderschutz muss bei Ihnen endlich inhaltlich, personell und finanziell rauf und Ihr mediales Statistikgequatsche runter. – Vielen Dank!

Danke schön, Frau Kollegin Demirbüken-Wegner! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nunmehr Frau Paus das Wort. – Bitte schön, Frau Paus!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, heute über das Thema „ICC-Sanierung jetzt! – auch hier ist eine Senatsentscheidung überfällig“ zu debattieren.

Ganz offenbar gibt es momentan kein Thema, das innerhalb der Koalition hitziger debattiert wird als die Zukunft des ICC.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Sie haben ja keine Ahnung! – Uwe Doering (Linksfraktion): Ist das bei Ihnen witzig?]

So forderte der Neubaubefürworter Wirtschaftssenator Harald Wolf Ende letzter Woche via „Morgenpost“ eine Entscheidung der Koalition noch vor der Sommerpause; der Regierende Bürgermeister antwortete gestern via „Tagesspiegel“, die derzeitige Datenbasis biete keine ausreichende Basis, deswegen sei er bereit, den tatsächlichen Raumbedarf der Messe GmbH für das Kongressgeschäft von unabhängigen Experten feststellen zu lassen. Bereits am Samstag zitierte die „Morgenpost“ aus einem internen Schreiben der Senatsstadtentwicklungsverwaltung an den Wirtschaftssenator, in dem der Kostenvergleich Sanierung des ICC versus Neubau durch das vorliegende Gutachten heftig kritisiert wird. Dort heißt es unter anderem:

Somit erscheinen die aufgezeigten Varianten auch eher zufällig entwickelt. Eine Vergleichbarkeit untereinander ist nicht gegeben.

Wir wollen diese Debatte nicht weiter in der Zeitung verfolgen, sondern hier miteinander führen, heute in der Aktuellen Stunde dieses Parlaments, das schließlich über diese Investitionen zu entscheiden hat.

[Beifall bei den Grünen]

Eine entscheidungsorientierte Debatte zur Zukunft des international renommierten und mehrfach prämierten Kongresszentrums ist überfällig. Sie ist selbst nach den gewöhnlich nicht besonders ambitionierten rot-roten Maßstäben eigentlich schon eindeutig zu spät, denn der Senat ist laut dem auf fünf Jahre befristeten Grundlagenvertrag, der sämtliche Beziehungen zwischen dem Land und der Messe regelt, verpflichtet, eine neue Grundlagenvereinbarung bis spätestens zum 31. Juni diesen Jahres abzuschließen. Bis jetzt jedoch gibt es wegen der Hängepartie in Sachen ICC noch nicht einmal einen Entwurf für einen neuen Vertrag. Damit gefährdet der Senat nicht „nur“ Berlin als Kongressstandort, sondern die Zukunft der Messe GmbH insgesamt ist gefährdet, und das ist unverantwortlich.

[Beifall bei den Grünen]

Zwar entwickelt sich die Debatte aus unserer Sicht in die richtige Richtung. Letztes Jahr noch hatte Senator Sarrazin unsere Position pro Sanierung als unsinnig abgetan und mit dem Angebot versehen, für uns einen hübschen grünen Eichenwald auf dem Gelände des ICC zu bauen und zu finanzieren, damit auch wir in der Lage seien, diesem Abriss zuzustimmen.

[Zuruf von Wolfgang Brauer (Linksfraktion)]

Heute teilt offenbar die gesamte SPD-Fraktion unsere Auffassung, dass das Gutachten von Gerkan, Marg und Partner Äpfel mit Birnen vergleicht,

[Zuruf von Daniel Buchholz (SPD)]

wenn sie die Kosten für die Sanierung des ICC mit 12 600 Plätzen den Kosten für den Neubau einer Mehrzweckhalle mit Platz für 7 000 Gäste gegenüberstellt.

[Beifall bei den Grünen]

Wir denken dennoch, dass die Debatte jetzt auch ohne ein weiteres Gutachten zu einer Entscheidung geführt werden kann, nämlich pro Sanierung, und zwar aus folgenden Gründen – einige Fragen hat das Gutachten dann doch bereits geklärt:

Erstens: Ein repräsentativer Neubau mit gleicher Kapazität, wie sie bisher das ICC vorhält, wird bei einem erneuten Gutachten mit Sicherheit nicht günstiger, sondern teurer werden.

Zweitens: Ein Abriss des ICC ist mit erheblichen Risiken verbunden; ein plausibles Nachnutzungskonzept für das ICC ist ein schwieriges Unterfangen und stadtentwicklungspolitisch höchst fragwürdig.

Drittens: Das ICC ist zwar nach 30 Jahren sanierungsbedürftig, aber das Gutachten hat eindeutig festgestellt, dass es von der Substanz her in einem sehr guten Zustand ist.

Viertens: Der Betriebskostenunterschied liegt schon in dem vorliegenden GMP-Gutachten lediglich bei 2,7 Millionen €.

Wenn man dann noch etwas in der Planung verbessert, minimieren sich die Kosten weiter. Das ist eine Grundlage, auf der man entscheiden kann.

[Beifall bei den Grünen]

Werden bei einem erneuten Gutachten nicht mehr Äpfel mit Birnen verglichen, dann kann die Sanierung nur noch vorteilhafter werden. Wir sind deshalb bereit zur Entscheidung. Die Sanierung des ICC sollte endlich zügig in Angriff genommen werden. Die Haushaltsmittel im Nachtrags- und Doppelhaushalt sollten eingestellt werden. Damit auch Sie endlich entscheidungsfähig werden, brauchen wir heute die Debatte. Deshalb bitten wir Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Vielen Dank, Frau Kollegin Paus! – Für die FDP-Fraktion hat nunmehr der Vorsitzende, Herr Dr. Lindner, das Wort. – Bitte, Herr Dr. Lindner!

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Wir schlagen Ihnen vor, über das Thema Strompreise und Strompreisregulierung heute aktuell zu diskutieren. Es ist in der Tat so, dass es gerade auch für Liberale ein zentrales Anliegen ist, über Privatisierung Wettbewerb herzustellen. Es geht nicht darum, eine vormals staatliche Gesellschaft in eine private Rechtsform zu transferieren,

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Wie beim Öl, wie beim Gas, wie beim Wasser!]

sondern es geht darum, Wettbewerb zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.

[Beifall bei der FDP]

Bis beim Strommarkt Wettbewerb herrscht, bis die Trennung von Netz und Betrieb, die wir anstreben, vollzogen ist, bedarf es einer Administrierung und Regulierung des Strompreises, ohne die es nicht funktioniert.

[Beifall bei der FDP – Uwe Doering: Unsere Position!]

Jetzt läuft am 1. Juli die Preisgenehmigungspflicht durch die Wirtschaftsminister der Länder aus. So fragen wir und wollen heute mit Ihnen aktuell diskutieren, was denn der Senat – namentlich der Wirtschaftssenator – unternommen hat und zu unternehmen gedenkt, um zu einer vernünftigen Regulierung der Strompreise zu gelangen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Hat er Ihnen schon im Februar gesagt!]

Am 22. Februar diesen Jahres erklärten Sie mir, Herr Senator Wolf, auf eine Mündliche Anfrage – ich zitiere mit der Erlaubnis des Präsidenten:

Wir werden uns auf der nächsten Wirtschaftsministerkonferenz im Mai wiederum mit diesem Thema befassen.

Da möchte ich gern von Ihnen hören, was Sie denn auf der Wirtschaftsministerkonferenz und ansonsten im Bundesrat unternommen haben, denn da gibt es widersprüchliche Aussagen von Ihnen.

Im August 2006 war es Ihnen wichtig, eine Initiative des CDU-FDP-regierten Nordrhein-Westfalen zur Verlängerung der Preisregulierung zu unterstützen. – Ich zitiere aus der „Berliner Morgenpost“ vom 30. April, da sagen Sie:

Als Berliner Wirtschaftssenator werde ich meiner Amtskollegin in Nordrhein-Westfalen vorschlagen, diese Bundesratsinitiative gemeinsam zu führen.

Das haben Sie dann auch noch einmal in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 8. September 2006 wiederholt. – Merkwürdigerweise etwas später, am 22. Februar wiederum, haben Sie genau das Gegenteil auf meine Anfrage in diesem Haus gesagt. – Ich zitiere Sie erneut:

Es wundert mich sehr, dass ausgerechnet die FPDFraktion die Initiative von Nordrhein-Westfalen so toll findet, weil sie darauf hinaus läuft, dass ein Instrument staatlicher Genehmigung weiter aufrechterhalten wird.

Da sagten Sie, das sei kein Instrument, mit dem mehr Wettbewerb geschaffen wird. – Also, zuerst wollen Sie es unterstützen, dann wieder nicht, und dann kündigen Sie Eigeninitiativen an. Aber weit gefehlt, von Eigeninitiativen von Ihnen ist bis zum heutigen Tag weder im Bundesrat noch in sonstiger Weise etwas zu erfahren. Sie ergehen

sich in dem, was Politiker Ihrer Partei typischerweise machen: in Sonntagsreden, Appellen, aber es passiert nichts.

Wie aktuell diese Geschichte ist, haben wir gestern erfahren. Vor einem Jahr, am 21. Juni 2006, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Eilantrag der Bundesnetzagentur recht gegeben, welche Vattenfall zur Senkung der Netzentgelte um 18 Prozent verpflichtet hat. Da hat die Fraktion der Grünen in diesem Haus eine von uns unterstützte und begrüßte Initiative am 21. Juni ergriffen, mit der sie aufgefordert wurden, die gegenüber Vattenfall Europe erteilte Genehmigung zur Erhöhung der Strompreise um 5,2 Prozent für Privatkunden und 5,6 Prozent für Gewerbetreibende zu widerrufen. Es wurde zu Recht von den Grünen darauf verwiesen, dass nach § 49 Verwaltungsverfahrengesetz auch ursprünglich rechtmäßig erteilte Genehmigungen widerrufen werden können. Nichts ist passiert! Jetzt könnte man doch sagen: Es war nur eine Eilentscheidung, und die reichte Ihnen nicht aus zur Grundlage für einen Widerruf der erteilten Genehmigung.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Ist doch gar nicht wahr!]

Seit gestern Nachmittag ist diese Eilentscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf bestätigt worden. Sie ist rechtswidrig gewesen, die Kalkulationsgrundlagen waren falsch, und die Kostensenkung wäre befohlen gewesen. Ich möchte heute von Ihnen erfahren, ob Sie gedenken, hier aktiv zu werden. Bisher ist von Ihnen nichts in dieser Richtung unternommen worden. Sie sitzen immer nur da und predigen arbeiterführermäßige Sprüche.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Was ist denn im September passiert?]

Sie erklären, dass Sie an der Seite der Bürger stehen. Bisher haben Sie gezeigt, dass Sie an der Seite der Monopolisten stehen, lieber Herr Wirtschaftssenator Wolf.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Wir stehen an der Seite der Bürgerinnen und Bürger und wollen heute von Ihnen hören, ob Sie auch gedenken, an deren Seite zu stehen. – Herzlichen Dank!