Wir stehen an der Seite der Bürgerinnen und Bürger und wollen heute von Ihnen hören, ob Sie auch gedenken, an deren Seite zu stehen. – Herzlichen Dank!
Ich lasse nun über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen, und zwar zuerst über den Antrag der FDP, da sich in den Vorgesprächen zu diesem Vorschlag eine Mehrheit abzeichnete. Wer dem Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde auf Vorschlag der Fraktion der FDP über die Strompreise zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die FDP, die SPD und die Linksfraktion. Die Gegenprobe! – Keine Gegenstimmen, somit hat Ersteres die Mehrheit.
Dann ist das so beschlossen bei Enthaltung der CDU und der Grünen auch. Enthaltung von CDU und Bündnis 90/Die Grünen.
Dann ist das so beschlossen. Die anderen Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde haben damit ihre Erledigung gefunden.
Ich möchte wieder auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, so bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Dem Ältestenrat lag für die heutige Sitzung die folgende Entschuldigung vor: Der Regierende Bürgermeister wird voraussichtlich ab 20.50 Uhr abwesend sein. Grund ist die A-Länder-Vorbesprechung des Bundesrates am 11. Mai, also morgen.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat die Frau Abgeordnete Scheeres von der Fraktion der SPD zu dem Thema
1. Wie ist nach Auffassung des Senats die Arbeit der Hotline Kinderschutz angelaufen, und welche konkreten Erkenntnisse lassen sich bislang aus der Arbeit ziehen?
2. Wie wird aus Sicht des Senats die Arbeit der Hotline von den bezirklichen Jugendämtern angenommen und unterstützt?
Danke schön, Frau Abgeordnete! – Für den Senat antwortet der Bildungssenator. Herr Prof. Zöllner hat das Wort – bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hotline Kinderschutz hat ihre Arbeit am 2. Mai um 12.00 Uhr in
vollem Umfang aufgenommen. Nach den mir vorliegenden Informationen ist die Arbeit dieser Hotline in enger Kooperation mit den Jugendämtern sehr gut angelaufen, das heißt, so wie in dem Konzept Kinderschutz vorgesehen und angedacht.
Entsprechend dem vorabredeten Verfahren wird jeder eingegangene Anruf bei der Hotline Kinderschutz schriftlich dokumentiert und anschließend telefonisch das zuständige Jugendamt informiert bzw. werden die Hinweise weitergeleitet. Das Jugendamt meldet zurück, ob Kontakt zu den Ratsuchenden aufgenommen worden ist und welche Fachkraft zuständig ist. In den ersten sieben Tagen der Freischaltung der Hotline sind bisher 50 Anrufe eingegangen, insbesondere von Freunden, Verwandten, Nachbarn und von Ratsuchenden, die häufig anonym bleiben wollen. In der Hälfte der Fälle ist der Anruf an das zuständige Jugendamt weitergeleitet worden, weil es Anzeichen von Kindeswohlgefährdung gegeben hat. In vier Fällen musste eine sofortige Inobhutnahme des Kindes erfolgen, in einem Fall ist das Landeskriminalamt eingeschaltet worden.
Danke schön, Herr Senator Zöllner! – Jetzt hat Frau Scheeres eine Nachfrage. – Nein! Dann gibt es eine Nachfrage der Frau Abgeordneten Jantzen von Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Frau Jantzen!
Vielen Dank, Herr Präsident! –Welche Vorsorge ist dafür getroffen worden, dass den verstärkten Meldungen von Kinderschutzfällen aus der Bevölkerung – die wir wollen, um frühzeitig Bedarf zu erkennen – in den Bezirken angesichts der dort sehr knappen Personalsituation nachgekommen werden kann?
Ich gehe nicht auf die von Ihnen im Nebensatz gemachte Unterstellung der knappen Personalausstattung ein, sondern beziehe mich auf den Kern der Frage. Selbstverständlich werden wie in anderen Fällen auch verantwortliche Prioritätsentscheidungen getroffen. Es wird nach dem Vier-Augen-Prinzip begutachtet, das mit dem Netzwerk Kinderschutz eingeführt worden ist, wodurch zuverlässige und der Situation adäquatere Entscheidungen getroffen werden können, als es bislang möglich war.
Danke schön! – Eine Nachfrage des Kollegen Nolte von der Fraktion der SPD. – Bitte schön, Herr Kollege Nolte!
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Senator! Die Hotline Kinderschutz hätte ihren Betrieb schneller aufnehmen können, wenn die Stellen schneller besetzt worden wären. Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Besetzungsverfahren künftig zu beschleunigen und den unterschiedlichen Interessen der Bezirke einerseits, die am liebsten nur Außeneinstellungen vornähmen, und des Landes andererseits, das gern geeignete Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem Stellenpool zur Verfügung stellen würde, gerecht zu werden?
Ich will jetzt nicht der Versuchung erliegen, unbestrittene Probleme, die bei der Umsetzung richtiger politischer Entscheidungen immer auftreten, irgendwo anders hinzuschieben. Ich glaube, dass der Grundsatz, in jedem Fall zunächst ernsthaft zu prüfen, ob eine Stellenbesetzung über den zentralen Stellenpool möglich ist, nicht aufgegeben werden darf, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass dieses System zu einer Alibifunktion wird. Ob man im Einzelfall die Entscheidung ein oder zwei Tage früher oder später treffen könnte, dass eine Stellenbesetzung nicht über den Pool möglich ist, lasse ich dahingestellt sein. Der Grundsatz, erst ernsthaft zu prüfen und dann erst die Möglichkeit einer Außenbesetzung zuzulassen, ist im Sinne einer Gesamtverantwortung für Berlin der einzig mögliche Weg.
1. Nach welchen fachlichen und sachlichen Kriterien erfolgte bisher die Personalausstattung in den Jugendämtern, und werden die Jugendämter danach auch zukünftig für den gestiegenen Hilfebedarf angemessen ausgestattet sein?
2. Trifft es zu, dass mangels eines eigenen Kriterienkataloges für eine angemessene Personalausstattung in den
Jugendämtern Berlin sich bei Festlegung des zukünftigen Bedarfs auf veraltete Vergleichszahlen aus Hamburg und Bremen stützen will?
Danke schön, Frau Abgeordnete! – Das Wort zur Beantwortung hat wieder der Bildungssenator, Herr Prof. Zöllner. – Bitte schön, Herr Professor!
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Kriterien der Ausstattung mit sozialpädagogischem Fachpersonal und Kräften des nichttechnischen Verwaltungsdienstes beziehen sich auf eine Verwaltungsvorschrift der Senatsverwaltung für Inneres aus den 70er-Jahren. Diese hat inzwischen keine Gültigkeit mehr. Für die Ausstattung selbst sind die Bezirke zuständig. Die dort eingerichtete Jugendhilfeplanung hat nach dem laufenden und prognostizierten Hilfebedarf zu prüfen, wie viel Personal wo eingesetzt wird. Ich gehe davon aus, dass die jetzige Ausstattung in den Bezirken das Ergebnis dieser Personalplanung ist. Die zurzeit laufende Umstrukturierung der Jugendämter im Rahmen der Sozialraumorientierung mit mehr Nähe zu den potenziellen Hilfeempfängern erfordert allerdings nach meiner Einschätzung eine grundsätzliche Überprüfung im Rahmen der Neuordnungsagenda. Zur Optimierung des Ressourceneinsatzes und damit sicher auch zur personellen Quantitäts- und Qualitätsausstattung hat meine Verwaltung nach Abstimmung mit den Jugendstadträten und -rätinnen ein Projekt zur Personalausstattung eines sozialräumlichen Jugendamtes beim Ausschuss für Verwaltungsreform, Kommunikations- und Informationstechnik beantragt. Von den Ergebnissen des Projektes und den entsprechenden Schlussfolgerungen für die Personalentwicklung erwarte ich mir genauere Erkenntnisse für den Bedarf der Personalausstattung.
Zur Frage 2: Ich kann sie mit Nein beantworten. Die Zahlen aus Hamburg und Bremen sind zwar innerhalb eines Gutachtens zu Personalstandards der sozialpädagogischen Fachdienste in den 80er-Jahren mit herangezogen worden, sie haben aber ausdrücklich keine Berücksichtigung gefunden und sind aktuell nicht mehr in der Diskussion. Soweit der aktuelle Stadtstaatenvergleich Hilfen zur Erziehung, den meine Verwaltung kürzlich als Senatsbericht vorgelegt hat, angesprochen ist, so kann ich sagen, dass die darin enthaltenen Personalquoten im Rahmen des oben angesprochenen Projekts einer vertieften Analyse unterzogen werden.
Natürlich muss man alles, was man an Informationen hat, bei Entscheidungen dieser Art berücksichtigen. Inter- und Intra-Benchmarking sind in aller Munde, aber das heißt nicht, dass sie die Messlatte sind.
Aufgrund der besonderen sozialen Situation Berlins und mit der Perspektive des Umbaus der Jugendhilfe zur Sozi
alraumorientierung benötigen wir ohne Zweifel eigene Kriterien. Diese können in dem angesprochenen Vorhaben entwickelt werden und dann auch für Verbesserungen in den Jugendämtern sorgen. Für die endgültige Bewilligung des Projektes erhoffe ich mir noch die Zustimmung des Rats der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister.
Herr Senator! Wann werden die Projektergebnisse bezüglich der Personalausstattung und auch die eigenen Kriterien Berlins diesbezüglich vorliegen?
Ich habe lernen müssen, dass in Berlin sehr vieles zustimmungspflichtig ist. U. a. muss ich für dieses Projekt die Zustimmung des Rats der Bürgermeister abwarten, sodass genaue Zeitangaben von mir zurzeit nicht möglich sind. Ich gehe davon aus, dass wir das Problem wegen der Dringlichkeit so zeitnah wie möglich erledigen.
Die Nachfrage bezieht sich auf Ihre Antwort. Die interessante Frage ist: Wann werden tatsächlich Ergebnisse dieses Projektes vorliegen? Wir wissen – das behaupte ich immer wieder, weil es stimmt –, dass zumindest in einigen Bezirken die Personaldecke sehr dünn ist, der Handlungsbedarf seit langem gesehen wird und der Senat auch schon sehr lange beauftragt ist, uns eine Art Mindermusterausstattung für die Jugendämter vorzulegen. Wann werden wir Kriterien bekommen, aufgrund derer dieses Haus entscheiden kann, wie viele Mittel für Personal in die Bezirke gehen müssen?