Ein weiterer Vorschlag: Stammkunden sind in der Regel Abonnenten und Jahreskarteninhaber. Für diese sollte man endlich eine Möglichkeit schaffen, dass sie, sollte es einmal vorkommen, dass sie ihre Karte vergessen oder verloren haben, nicht mehr als Schwarz- oder Graufahrer stigmatisiert werden.
Dafür gibt es im Bundesgebiet Regelungen. Das sollte man in Berlin endlich auch einführen. Das sind Vorschläge – Herr Gaebler hatte schon auf andere Bezug genommen.
Es ist der letzte Satz! – Die Ergänzung des Monatssozialtickets für diejenigen, für die ein solches Monatsticket ein Überangebot ist, sowohl was die Mobilitätsbedürfnisse als auch den Preis anbelangt, durch die Möglichkeit, einen ermäßigten Einzelfahrschein zu nutzen, essenziell für viele Berlinerinnen und Berliner. Da brauchen wir endlich einmal die entsprechende Antwort durch die Verkehrsunternehmen. Lassen Sie uns darüber diskutieren und weiterarbeiten! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Matuschek! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Abgeordnete Hämmerling das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Matuschek! Herr Gaebler! Ich bin begeistert: Fahrpreise im Nahverkehr sozial gerecht entwickeln – das ist ein wunderbares Ziel, dem man nur zustimmen kann. Da ist allerdings ein kleiner Fehler in Ihrer Überschrift, der mich misstrauisch macht. Sie schreiben: „weiterhin sozial gerecht entwickeln“. Wir würden formulieren: „endlich sozial gerecht entwickeln“.
Wie auch immer, wir sind Fans von sozial gerechten Fahrpreisen. Ich frage mich nur: Warum haben Sie das bisher so schleifen lassen?
Ich habe einmal nachgerechnet: Im ersten Jahr unter RotRot hat die Umweltkarte noch 56 € gekostet, heute kostet sie 70 €. Das ist ein Preisanstieg von 25 Prozent und alles andere als moderat.
Wenn Sie in dem Sinne weitermachen, kostet sie in fünf Jahren 100 €. Das Sozialticket ist im Preis an die Umweltkarte gekoppelt, jeweils mit 50 Prozent dabei. – Da müssen Sie noch ein bisschen üben, Herr Albers, das ist wirklich so! – Das Sozialticket gab es unter Rot-Rot ein
ganzes Jahr lang nicht. Das darf man nicht vergessen. Wenn Sie das unter „weiterhin sozial gerecht entwickeln“ verstehen, können wir dem so nicht zustimmen.
Der ÖPNV ist eben, Herr Gaebler, nicht nur teurer geworden, sondern Sie haben auch das Leistungsangebot bei U- und Straßenbahnen um 10 Prozent gekürzt. Sie liegen damit außerhalb des BVG-Vertrags. Das ist nicht nur sozial ungerecht, sondern auch verkehrspolitischer Unsinn und ein klimapolitischer Blindflug. So machen Sie aus Fahrgästen Autofahrer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Sinne von irgendjemandem in Berlin ist.
Beim Preis für Umweltkarten und Kinderfahrscheine ist Berlin bundesweit an der Spitze, und das macht sich auch bemerkbar. Andere Großstädte haben Fahrgastzuwächse, aber bei der BVG stagnieren die Fahrgastzahlen. Wir fordern: Tun Sie etwas für die Kundenbindung! Der BVGClub ist Quatsch. Schicken Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lieber als Servicepersonal auf die U-Bahnhöfe! – Wichtig ist: Die Preise für Schülertickets und für die Umweltkarten müssen runter! Das Sozialticket ist daran geknüpft, und das ist jetzt schon zu teuer. Schaffen Sie, wenn Sie daneben noch etwas Gutes tun wollen, eine Jahreskarte für Fahrradfahrer als kleines Bonbon an! Dann pflegen Sie die Dauerkunden und schaffen Anreize für neue Abonnenten. Außerdem brauchen wir einfachere Preisstrukturen, das Kurzstreckenticket für 15 Minuten, den Einzelfahrschein für Hin- und Rückfahrt – wenn Sie das unter „Fahrpreise sozial gerecht entwickeln“ verstehen, dann sind wir bei Ihnen und stimmen Ihrem Antrag zu.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Wenn Sie günstigen ÖPNV anbieten wollen, müssen Sie vor allem das strukturelle Defizit der BVG beseitigen. Sie wissen wie ich, dass das Bild von Märchenonkel Sarrazin über die BVG nicht stimmt. Der Verkauf der BVGWohnungen und der Werbetochter VVR-Berek hat zwar Millionen in das Unternehmen gespült, hält aber nicht davon ab, dass die BVG wieder auf den Milliardenschuldenbetrag zusteuert. Deshalb: Machen Sie die BVG mit mehr Busspuren wirtschaftlicher! Schluss mit teuren Projektentwicklungen! Wettbewerbsanreize im Unternehmensvertrag – dazu kommen wir demnächst auch noch, weiterhin ein effizientes Straßenbahnnetz. Dazu haben wir heute viele Anträge eingebracht. Ich bin gespannt, ob Sie dem zustimmen oder weiter wie bisher das Geld in den Straßenneubau verbuddeln.
Meine Damen und Herren von der SPD und der PDS! Ich habe noch viele Wünsche für ein attraktives, interessantes und sozial gerechtes Fahrpreisangebot, z. B. die Jahreskarte für Fahrräder, Sammelkarten – dazu haben Sie etwas gesagt, ich hoffe, Sie können es durchsetzen. Der Verkehrsverbund Nordhessen hat eine Fahrgastcharta und
eine Pünktlichkeitsgarantie, eine Fahrpreis-zurück-Garantie. Das wäre auch etwas, um Kunden zu binden. Eine dringende persönliche Bitte von mir: Verhindern Sie das elektronische Ticketing, bei dem Kunden ein- und auschecken müssen! Der Frust über die verpassten Anschlüsse und die verlängerte Fahrzeit ist so groß, dass mit Sicherheit Kunden verprellt werden.
Alles in allem: Wir unterstützen sozial gerechte Fahrpreise. Dass Sie in Ihrem Antrag allerdings „weiterhin“ statt „endlich“ formuliert haben, macht uns misstrauisch darüber, ob Sie dasselbe wollen wie wir. Ich halte es ausnahmsweise einmal mit dem Lenin-Zitat: „Die Wahrheit ist immer konkret“ und kündige vorsorglich einen Änderungsantrag an. Damit werden wir die sozial gerechte Fahrpreisentwicklung konkretisieren, und dann wissen wir auch, ob wir dasselbe meinen wie Sie.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Hämmerling! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Lehmann das Wort. – Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer, dass der Senat aufgefordert wird, Eigeninitiative zu zeigen und in Sachen Fahrpreise auf die BVG und den VBB zuzugehen. Ich begrüße auch im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer, dass Sie einen fast gleichlautenden Antrag der FDP-Fraktion übernommen haben. Ich darf noch einmal rekapitulieren, dass wir am 15. Februar 2005 diesen Antrag bereits ähnlich eingebracht haben. Er hieß damals: „Für ein soziales Sozialticket“. So wird hoffentlich der Dornröschenschlaf vermieden, und der Senat erkennt diesmal rechtzeitig, dass er, wenn ein Vertrag erst einmal ausgelaufen ist, dann nicht dieselben günstigen Konditionen erwarten kann.
Das haben die Nutzerinnen und Nutzer des Sozialtickets schon einmal deutlich spüren müssen. Der liberale Weg hätte an dieser Stelle zu frühzeitigen Verhandlungen geführt, um gerade die Interessen der sozial Schwachen zu wahren.
Vertreten kann ich auch den Punkt, dass Stammkunden Rabatte erhalten sollen und neue Fahrkarten wie Sammelkarten oder Seniorenkarten eingeführt werden sollen. Rabatte für Geschwister und Schüler kann ich nur befürworten, zumal zur Abwechslung mal nicht nur die Monatskarten für Stammkarten teurer werden, wie das bei der letzten Preiserhöhung der Fall war.
Nein! – Dass wir aber an dieser Stelle schon wieder über die Preisgestaltung der BVG sprechen, zeigt, dass das ganze System nicht durchdacht ist.
Das Finanz- und Fahrgastproblem der BVG kann durch bloße Preisverhandlungen nicht grundlegend gelöst werden. Der ÖPNV wird nicht nur durch niedrige Preise, sondern genauso durch Sauberkeit, Sicherheit und Pünktlichkeit attraktiv – insbesondere für die avisierte Zielgruppe der älteren Menschen und Pendler. Fragen Sie doch mal Rentner, warum sie nicht mit der BVG fahren! – Zu dreckig und zu unsicher, werden Sie von vielen hören. Allein mit günstigen Preisen werden Sie kaum jemanden überzeugen.
Auch ist der Antrag nahezu eine Aufforderung, den Touristen das Fahrgeld aus der Tasche zu ziehen. Es fehlt zudem ein konkretes Zeitfenster, welchen Zeitraum diese mittelfristige Planung umfassen soll. Deshalb können wir dem Antrag aus liberaler Sicht nicht zustimmen.
Die FDP-Fraktion will mehr als nur eine soziale Preisentwicklung, nämlich Stabilität der Preise durch Kostensenkung.
Dies soll durch eine Neustrukturierung des ÖPNV erreicht werden. Das bedeutet: Vergabe sämtlicher Verkehrsleistungen im Wettbewerb, Aufgliederung der BVG in private Betriebsgesellschaften für U-Bahnen, Straßenbahnen und Busverkehr. Das bedeutet, dass Fahrwege und Betriebsanlagen in eine landeseigene Infrastrukturgesellschaft von U-Bahn und Straßenbahn übergehen. Das bedeutet auch die Neustrukturierung des Tarifsystems mit einem eigenständigen S-Bahn- und U-Bahn-Ticket sowie mehr Leistungsbezogenheit.
Nur durch die Öffnung für den Wettbewerb kann der öffentliche Nahverkehr durch Preis und Leistung dauerhaft eine echte Alternative zum Individualverkehr werden. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lehmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Vorabüberweisung hatten Sie bereits bestätigt.
Das ist der ehemalige Tagesordnungspunkt 33. – Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. – Frau Seibeld, Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Geflohene Strafgefangene – ob beim Freigang, im Gericht oder aus den Justizvollzugsanstalten –, der Angriff auf den ehemaligen Generalstaatsanwalt Karge in seinen Diensträumen, der Überfall auf eine Zwangsversteigerung beim Amtsgericht Schöneberg, der aktuelle Medikamentenskandal, die chronische Überbelegungssituation in den Berliner Haftanstalten und eine hohe Zahl an Krankenfällen und Suiziden in den Berliner Justizvollzugsanstalten – das sind nur einige Beispiele aus der Liste der Ereignisse, die die Unglückssenatorin Schubert, aber auch die jetzige Justizsenatorin beschäftigen.
Dabei handelt es sich nur um die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich finden sich in Berliner Haftanstalten Zustände, die seit Jahren als rechtswidrige Haftzustände bekannt sind. Seit langer Zeit ist dem Senat die zum Teil erhebliche Überbelegungssituation bekannt – zur Zeit findet sich in den Berliner Haftanstalten eine Überbelegung von 108 Prozent. Die einzige Reaktion des Senats ist die Verschiebung des Baubeginns der Haftanstalt Großbeeren auf das Jahr 2010. Auf gestiegene Suizidzahlen reagiert die Senatorin, indem die Senatsverwaltung Suizide nicht mehr veröffentlicht. In Moabit und Tegel herrscht bei Medikamenten offenbar eine Selbstbedienungsmentalität – eine Kontrolle, wer wofür Medikamente verbraucht, findet seit Jahren nicht mehr statt. Der ehemalige Anstaltsleiter der JVA Tegel, Herr Lange-Lehngut, warnte bezeichnenderweise kurz vor seinem Ruhestand in einem Interview im „Tagesspiegel“ vor drohenden Meutereien in den Berliner Haftanstalten. Der Gesamtpersonalrat der Berliner Justiz legte – da die Zustände in den Haftanstalten auch und vor allem für die Mitarbeiter eine erhebliche Belastung darstellen – ein Sofortprogramm zur Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit in Berlins Haftanstalten vor, indem er dringend vor weiteren Personaleinsparungen warnt und außerdem Neueinstellungen zur Wahrung der inneren Sicherheit fordert.