Der nächste Punkt, den Frau Kollegin Schultze-Berndt erfragt, war die Statistik. Statistik und statistische Veröffentlichungen richten sich nicht nach Wahlterminen, sondern sie werden systematisch gemacht. Berlin ist das einzige Bundesland, das Unterricht und Vertretung systematisch erhebt. Meine Kollegen in Bayern, BadenWürttemberg, Hessen und Hamburg etc. machen Folgendes: Sie nehmen einen Tag im Jahr, sagen wir einmal, den 8. September – weil er mir gerade so gut gefällt –, an dem wird dann erhoben und festgestellt, wer an diesem Tag anwesend ist, wer fehlt. Das wird dann multipliziert mit der Anzahl der Schultage und danach hochgerechnet, wie viel fällt aus oder wird vertreten. Wir erheben das systematisch und sorgfältig. Weil das so ist, benötigen wir eine gewisse Zeit, um das für das Schuljahr feststellen zu können. Ich habe überhaupt keinen Anlass, irgendwelche Zahlen zurückzuhalten. Sie wissen auch, dass wir die Ausfallquote in der Legislaturperiode kontinuierlich auf 2,6 % gedrückt haben. Das ist eine Zahl, die mir zwar immer noch zu hoch ist, die jedoch positiv zu bewerten ist. Das bedeutet, dass im Schuljahr bei insgesamt ca. 25 Millionen Unterrichtsstunden einige Hunderttausend Stunden ausfallen. Das muss alles in Relation gesetzt werden.
Der dritte Fragekomplex befasst sich mit der Schulanfangsphase. Der Senat teilt dabei weder das Vokabular – den falschen Ausdruck „Schuleingangsphase“ – noch die Vermutung, dieser Anfang sei schlecht vorbereitet und sei räumlich unzureichend ausgestattet. Von den 405 Grundschulen in Berlin machen gegenwärtig über 100 Schulen die Schulanfangsphase und jahrgangsübergreifenden Unterricht. Sie führen das mit einem sehr hohen Engagement durch. Wie ich aus Erhebungen weiß, ist das auch mit einem beträchtlichen pädagogischen Erfolg verbunden, denn man stellt fest, dass in diesen Schulen die Lernergebnisse besser sind als in anderen Klassen. Laut Gesetz besteht ab dem Schuljahr 2007/2008 die generelle Verpflichtung, dass das weder an der fachlichen Vorbereitung noch an der räumlichen Ausstattung scheitern darf.
Die Zahl der Stellen betreffend, möchte ich auf Folgendes hinweisen: Wenn eine Lehrergewerkschaft sagt, es gebe ausreichend Stellen und alles sei reichlich, hat sich die Lehrergewerkschaft selbst überflüssig gemacht. Das werden Sie nicht erleben. Der Pressesprecher der GEW hat öffentlich gesagt, dass nach seinem Eindruck das Schuljahr starten kann, ausreichend Lehrer vorhanden sind, die Decke aber relativ kurz ist und er mit Sorge
sieht, dass die Zahl der Dauerkranken steigt. Hier hat der Mann etwas Zutreffendes ausgesprochen. Das kann ich nicht kritisieren. Es ist in der Tat so. Von Üppigkeit kann keine Rede sein. Wir haben aber die 105 % brutto erreicht. Wir haben ein Problem – das sagte ich bereits – mit einer steigenden Zahl von dauerkranken Lehrern. Darauf werden wir im Verlauf des Schuljahrs reagieren.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Es gibt diesen schönen Satz, wonach jeder nur der Statistik glaubt, die er selbst in Auftrag gegeben hat. Herr Senator, ich frage Sie: Wann endlich vertraut der Senator den Menschen vor Ort und nicht seinen Menschen aus der Verwaltung, da sie doch eigentlich gezeigt haben, dass vieles sehr zögerlich passiert, egal, ob es die Neueinstellungen betrifft oder es um den Vertretungsunterricht geht? Halten Sie es nicht für sinnvoller, besser, effektiver, dass Vertretungsunterrichtsausfall vor Ort und nicht über die Verwaltung geregelt wird? Ich nenne dazu nur zwei Beispiele, die Cäcilien-Grundschule. Dort fehlen fünf Pädagogen an der Grundschule.
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt geht es weiter mit einer Nachfrage des Kollegen Mutlu. – Bitte sehr!
Herr Senator! Meinen Sie etwa, dass der Unterrichtsausfall vor Ort von den Betroffenen lediglich eingebildet ist, oder wie bewerten Sie die Klagen der Lehrerverbände und der Schulen, dass zu Schuljahresbeginn mindestens 200 Stellen gefehlt haben? Meinen Sie nicht auch, dass Einstellungen während der Ferienzeit denkbar ungünstig sind, weil die Bewerberinnen und Bewerber die Ferien für den Urlaub nutzen könnten, was auch für die Schulleitungen gilt?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Mutlu! Zum letzten Punkt möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Wer sich gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland bewirbt – und das tun viele junge Juristen, Architekten, Naturwissenschaftler, Facharbeiter –, verfügt in der Regel über ein Handy oder eine E-Mail. Er muss auch in den Schulferien erreichbar sein. Das können die meisten der Bewerberinnen und Bewerber. Ihre Vermutung, dass sie nicht da sind, sondern sich in Mallorca oder Afrika aufhalten, ist Quatsch. Wenn es dennoch so ist, dann hat das der Bewerber zu vertreten und nicht die Einstellungsbehörde. Das sage ich klar und deutlich. Im Übrigen hatten wir genügend Bewerberinnen und Bewerber. Keiner von ihnen hat sich beschwert.
Zweitens habe ich zu keinem Zeitpunkt gesagt – das unterstellen Sie mir –, der Unterrichtsausfall sei gefühlt oder erdacht oder erlogen. Ich habe Ihnen gesagt, dass es ihn gibt, dass wir ihn systematisch erfassen, dass wir uns darum bemühen, ihn zu minimieren. Wenn Sie jedoch ein wenig Erfahrung mit der Schulpraxis haben, möchte ich von Ihnen wissen, wie Sie eine plötzliche, nicht vorhersehbare Erkrankung von Kollegen regeln wollen. Da bin ich für Hinweise sehr dankbar.
Wir bemühen uns sehr, das zu tun. Die Schulen sind ebenfalls sehr engagiert, das durch Mehrarbeit zu regeln. Wir führen auch Neueinstellungen durch. Es ist ein Problem, aber man darf es nicht hochpushen.
In der Von-Hutten-Schule – sehr geehrter Herr Gaebler – fehlt der Lateinlehrer in den Klassenstufen 8, 9 und 10. Das sind nur zwei Beispiele von ganz vielen anderen.
Herr Präsident! Zunächst einmal komme ich zur Frage der Statistik. Ich verweise auf das berühmte Churchill-Zitat, das allgemein bekannt ist. Sie verwenden aber auch permanent Statistiken. Diejenigen, die Sie in Auftrag geben, sind besonders durchschlagend. Insofern weise ich Ihren Vorwurf zurück. Ich mache die Statistiken übrigens nicht selbst.
Nein, auch nicht meine Verwaltung. Das ist auch falsch. Das würde die Schulen freuen. Nein, das müssen die Schulen selbst machen. Die Schulen haben diesen Erfassungsbogen und füllen ihn selbst aus. Wenn Sie denen misstrauen, müssen Sie ihnen das sagen. Ich misstraue ihnen nicht.
Frau Kollegin Senftleben! Es gibt gewiss Vieles auch an Verwaltungen zu verbessern. Diese generelle Beschimpfung, dass Verwaltung nicht wisse, wovon sie rede, und nur Unfug mache, halte ich für sehr billig und unangemessen. Das möchte ich einmal festhalten.
das kann ich auch gern nachsehen. Ich kann Ihnen in jedem Fall Auskünfte geben, wenn die Fragen bei uns gelandet sind. Dort werden jeweils speziell Vertretungen vorgesehen. Wenn Sie sagen, dass in einer Schule Lehrkräfte fehlen, muss uns die zuständige Schule das melden. Dann werden wir auch für Vertretung und Ersatz sorgen. Um die Zukunftschancen der jungen Leute ist mir überhaupt nicht bange, auch nicht an diesem Gymnasium. Im Übrigen hat Berlin im vergangenen Schuljahr – das möchte ich einmal festhalten – eine außerordentlich erfreuliche und bundesweit beispielhafte hohe AbiturientenErfolgsquote gehabt. Wir sollten uns nicht immerfort schlechtreden. Das ist überhaupt nicht notwendig.
Danke schön, Herr Senator. – Jetzt geht es weiter mit einer Frage von Frau Jantzen. Gleich hat sie das Wort. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Böger, ich möchte noch einmal auf die Schulanfangsphase zurückkommen. Es ist sehr erfreulich, wenn 100 Schulen von 405 das ohne Probleme umsetzen. Sie wissen aber sicher auch, dass es eine große Zahl von Schulen gibt, an denen die räumlichen Voraussetzungen nicht stimmen, Kinder teilweise im Keller betreut oder in Teilungsstunden unterrichtet werden. Können Sie das weiterhin verantworten? Wie werden Sie vernünftige Bedingungen sicherstellen? An wie vielen Schulen ist die Doppelsteckung realisiert?
Selbstverständlich wird das vor Ort geregelt. Wo sollte es sonst geschehen? Wir werden auch in Zukunft den Prozess der weiteren Dezentralisierung fortführen.
Nun haben Sie eine Schule erwähnt, die Ulrich-vonHutten-Oberschule. Bei dieser Schule in TempelhofSchöneberg ist das eingetreten, was ich vorhin geschildert habe. Dort ist jemand überraschend dauerkrank geworden und hat zudem ein Fach unterrichtet, das ein ernstes Mangelfach ist. Dieses Problem werden wir aber lösen. Das wird dezentral und nicht zentral geschehen.
Die Schulen arbeiten sehr vertrauensvoll mit uns zusammen. Niemand im Land Berlin muss etwas zurückhalten. Ich wäre schon dankbar, wenn ein Problem zuerst bei uns ankäme und nicht von mir über die Lektüre der Tageszeitung aufgedeckt werden müsste. Das ist meine Bitte. Wir haben nichts zu verheimlichen und regeln die Dinge dezentral.
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt geht es weiter mit der Frau Kollegin SchultzeBerndt. – Sie haben das Wort!
Herr Schulsenator Böger! Sie haben leider nicht beantwortet, wie die Betreuung in der Ausfallstatistik aufgenommen wird, wenn die Betreuung durch Erzieherinnen erfolgt, sondern haben lange über Ihre Statistiken gesprochen. Ich wünschte mir, dass diese Statistiken auch zu Konsequenzen führen. Was sagen Sie eigentlich den Jugendlichen im Herder-Gymnasium, wo jetzt in drei Klassen und drei Kursen Englisch, in zwei Klassen Französisch und in fünf Klassen Physik ausfällt zum Thema Zukunftschancen und Chancengerechtigkeit bei Schulabschlüssen?
Frau Abgeordnete! Ich habe diese Frage schon beantwortet. Für die Grundschulen haben wir in Berlin den erfreulichen Sachverhalt, dass es eine verlässliche Halbtagsgrundschule gibt. Alle Eltern können davon ausgehen und sich darauf einstellen, dass ihr Kind von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr in der Schule gut aufgehoben ist. Das sollte man nicht kritisieren, sondern betonen. Wenn beispielsweise in der Schulanfangsphase das von Ihnen geforderte Doppelsteckprinzip hälftig realisiert wird und eine Kollegin mal ausfällt, zählt das natürlich nicht als Unterrichtsausfall. Das ist hochvernünftig. Wenn Teilungsunterricht, den wir auch haben, aufgehoben werden muss, ist das auch sehr vernünftig.
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Jantzen! Die Schulanfangsphase bei mehr als 100 Schulen – ich wiederhole mich – mit jahrgangsübergreifendem Unterricht – das ist das, was Sie meinen – wird mit großem Erfolg betrieben; das wissen Sie. Man sollte mit Fortbildung bei den Kollegen und Schulen, die davor eine gewisse Sorge habe, unterstützen. Sie besuchen sich gegenseitig und informieren sich, wie es funktionieren kann. Insofern bin ich zuversichtlich, dass es gelingt.
Bezüglich der räumlichen Situation wäre es Unfug, zu bestreiten, dass es an der einen oder anderen Grundschule Engpässe gibt. Sie wissen, dass es die Aufgabe der äußeren Schulaufsicht der Bezirke ist, das zu verbessern. Das tun die auch. Wir bauen Schulen nicht, wie Sie unterstellen, ab, sondern haben mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm „Ausbau der Grundschulen zu Ganztagsschulen“ mehrere Millionen € investiert. In diesem Jahr könnten wir noch 25 Millionen € investieren, wenn die Bezirke soweit wären. Ich halte es nicht für akzeptabel, dass Unterricht im Keller stattfindet, wenn man die Räumlichkeiten als Keller bezeichnet, die man gemeinhin als Keller versteht. Da kann in Berlin kein Unterricht stattfinden. Dafür sind die Bezirke zuständig.
Die Zielvorstellungen des Instituts Neue Soziale Marktwirtschaft – das stark von Arbeitgeberseite finanziert wird; das sagt aber noch nichts – sind bemerkenswert. Ich will sie Ihnen nicht alle vorlesen. Es fordert, dass die Kindergartenpflicht vom Staat finanziert wird. Das wollen wir in Berlin machen. Das ist doch gut.
Die Doppelsteckung bedeutet, dass zwei Lehrkräfte oder pädagogisch ausgebildete Kräfte in einer Klasse unterrichten. Das ist insbesondere bei den Schulen beispielsweise in Kreuzberg oder Neukölln möglich, die mehr als 40 % Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache haben. Dort ist die Lehrerzuweisung auf eine 20er Frequenz bezogen. Wenn die Schulen Klassen mit 23 oder 24 Schülern einrichten, bedeutet das, dass von den 21 Stunden mindestens die Hälfte der Stunden in Doppelsteckung gegeben werden kann. Ich rede hierbei noch nicht von Förderunterricht, der auch möglich ist und Deutsch als Zweitsprache beinhaltet.
Danke schön, Herr Senator! – Jetzt geht es weiter mit einer Frage des Kollegen Jahnke. – Das war ein Irrtum.