Protocol of the Session on August 31, 2006

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, Herr Niedergesäß, Sie verwechseln da etwas.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Zuruf von der Linkspartei.PDS: Allerdings!]

Herr Niedergesäß! Ich verzichte darauf, Ihnen heute noch einmal einen Vortrag zum Straßenausbaubeitragsgesetz zu halten.

[Brauer (Linkspartei.PDS): Sinnlos! Das versteht er nicht!]

Das haben wir in den Ausschüssen miteinander schon heftig geübt – nach meiner Einschätzung eher ohne Erfolg. Das mag an mir liegen, ich glaube es allerdings nicht.

Wenn es sich in einem Bezirk – so, wie von Ihnen dargestellt – um eine Maßnahme handelt, die geplant, finanziert und durchgeführt ist, dann können nicht im Nachhinein ohne die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger Straßenausbaubeiträge erhoben werden. Ich wage im Übrigen zu bezweifeln, dass es sich in dem von Ihnen genannten Fall um eine Straßenausbaumaßnahme handelt. Ich gehe davon aus, dass der Bezirk hier ganz normal Straßenarbeiten durchführt, und deshalb sage ich noch einmal: Es geht beim Straßenausbau nicht um die bezirklichen Maßnahmen zum Wiederherrichten und Flicken der Straßen. Das hat mit Straßenausbau und mit der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern nicht das Geringste zu tun. Versuchen Sie auch bitte nicht den Eindruck zu erwecken, als ob das möglich wäre!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Das Wort hat nun Kollege Ueckert zu seiner Mündlichen Anfrage über

Wie viele Moscheen verträgt die Stadt?

Ich frage den Senat:

1. Treffen Informationen zu, dass für das Grundstück Mariendorfer Damm 148 in Berlin-Mariendorf ein Bauantrag für eine Moschee vorliegt, der von einer islamistischen Gruppierung gestellt wurde, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird oder wurde, und wenn ja, worin bestehen die Gründe, und wie schätzt der Senat das daraus resultierende Gefahrenpotenzial ein?

[Zurufe von der Linkspartei.PDS]

Die Frau Senatorin für Stadtentwicklung hat das Wort. – Bitte!

[Beifall des Abg. Mutlu (Grüne) und der Frau Abg. Senftleben (FDP)]

Das Planungs- und Baurecht gilt für sie in gleicher Weise wie für die Bauvorhaben anderer Religionsgemeinschaften.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Wir nehmen es selbstverständlich ernst, wenn Bedrohungen – gegen welche Religionsgemeinschaft auch immer – ausgestoßen werden. Wir treten diesen mit den Mitteln des Rechtsstaats entgegen. Das kann gegebenenfalls auch die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes beinhalten.

Herr Ueckert! Ich bitte Sie darum, nicht dazu beizutragen, dass zusätzliche Ängste und Befürchtungen geschürt werden. Vielmehr muss um Toleranz und die gegenseitige Achtung der Religionsausübung geworben werden. Mit gegenseitigem Verständnis kann viel dazu beigetragen werden, dass Religionen miteinander vor Ort in friedlicher Nachbarschaft zusammenleben. Lassen Sie uns einen solchen Beitrag leisten!

[Beifall bei der SPD, der Linkspartei.PDS, den Grünen und der FDP]

Lassen Sie uns dazu beitragen, dass es einen Dialog zwischen den Religionen in Berlin gibt! Auch die Mitglieder des Abgeordnetenhauses – ich sage das hier persönlich – sollen nicht durch Bemerkungen zu unkontrollierten Bau

2. Welche Berührungspunkte sieht der Senat zu seinen Überlegungen, über die Zusammenführung von Mitteln der passiven und aktiven Arbeitsmarktpolitik sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen?

Danke schön, Frau Bluhm! – Der Wirtschaftssenator beantwortet diese Fragen. – Bitte schön, Herr Wolf!

vorhaben Ängste und Gefahren heraufbeschwören, die in der Form nicht berechtigt sind.

[Beifall bei der SPD, der Linkspartei.PDS und den Grünen]

Herr Ueckert, tragen Sie dazu bei, dass die politisch Verantwortlichen im Abgeordnetenhaus und den Bezirken einen Beitrag zur Toleranz, Akzeptanz und zu einem friedlichen Zusammenleben der Religionsgemeinschaften leisten!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Beifall der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

Danke schön, Frau Senatorin! – Der Kollege Ueckert hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Frau Senatorin! Auch ich spreche mich gegen Gewalt aus. Trifft mein Eindruck zu, dass Sie zwar für die freie Entfaltung der verschiedenen Religionen und die Toleranz in unserer Stadt plädieren, aber der Senat – nicht Sie persönlich – gleichzeitig die Wahlfreiheit zwischen Ethikunterricht und christlichem Religionsunterricht hartnäckig verweigert?

[Zurufe von der PDS]

Bitte, Frau Senatorin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade die Tatsache, dass wir in den Schulen und dem neu gestalteten Unterricht die Möglichkeit schaffen, Religionen kennen zu lernen und besser zu verstehen, warum Menschen einen anderen Glauben haben und was es mit dem jeweiligen Herkunftsland und dem Zusammenleben von Menschen auf sich hat, wird dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche künftig Glaubensfragen mit mehr Wissen und einer größeren Toleranz begegnen. Diesen Beitrag kann die neue Unterrichtsgestaltung mit Sicherheit leisten.

[Beifall bei der SPD, der Linkspartei.PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Senatorin! – Der Kollege Mutlu von den Grünen hat eine Nachfrage. – Bitte schön!

Frau Senatorin! Teile Sie meine Meinung, dass die vorurteilsvollen Fragen des Abgeordneten Ueckert dieses Hauses unwürdig sind?

Bitte, Frau Senatorin JungeReyer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Mutlu! Die Würde dieses Hauses wird von jedem einzelnen Abgeordneten erheblich mitbestimmt.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt ist die Abgeordnete Bluhm von der Linkspartei.PDS mit einer Frage an der Reihe, und zwar zu dem Thema

Aktive Arbeitsmarktpolitik

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie bewertet der Senat Aussagen der Bundesagentur für Arbeit zu einem so genannten dritten Arbeitsmarkt, der Langzeitarbeitslosen mit minimalen Vermittlungschancen die Möglichkeit bieten soll, dauerhaft in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor tätig zu sein?

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Frau Bluhm! In der Bundesagentur für Arbeit wurde über ein Konzept zu Chancen und Grenzen alternativer Beschäftigungsformen im Bereich des SGB II diskutiert. Dieses Konzept wurde im Mai dieses Jahres auf einer Tagung der Wohlfahrtsverbände erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Darin wird als Ergänzung zu den bisherigen Instrumentarien vorgeschlagen, einen dritten Arbeitsmarkt mit dauerhaft geförderten, öffentlichen Beschäftigungen zu sozialversicherungspflichtigen Bedingungen zu etablieren. Zielgruppe sollen die Erwerbslosen sein, die keine oder so gut wie keine Vermittlungschance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben.

Ich begrüße das insofern, als die Bundesagentur damit eingesteht, dass manche Erwerbslosen nahezu keine Vermittlungschancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben und wir über dauerhafte Formen öffentlich geförderter, sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen nachdenken müssen. Ich stehe aber der Begrenzung auf einen dritten Arbeitsmarkt skeptisch gegenüber. Ich sehe durchaus die Gefahr einer Spaltung zwischen Alg-I-Beziehern, Alg-IIBeziehern und dem so genannten dritten Arbeitsmarkt, dem man diejenigen zurechnet, die dauerhaft keine Chance haben, auf den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Darin liegt ein Risiko, aber vom Grundsatz her begrüße ich das Eingeständnis, dass wir Erwerbslose haben, denen wir eine andere Perspektive als die kurzfristige Zuweisung in Maßnahmen für die Dauer von drei, sechs oder neun Monaten anbieten müssen.

Interessant ist auch das vorgeschlagene Finanzierungsmodell. Es beruht darauf, die unterschiedlichen Leistungen nach dem SGB II zusammenzufassen, nämlich

Wir diskutieren noch über die Frage der Zuweisungsdauer, das heißt: Über welchen Zeitraum soll der Arbeitsvertrag der dort Beschäftigten gehen? – Meine Position dazu lautet, mit einer normalen Probezeit einen dreijährigen Arbeitsvertrag abzuschließen. Seitens der Bundesregierung wird die Position vertreten, dass eine zehnmonatige Zuweisung mit einer Verlängerungsoption erfolgen soll. Hieran sieht man, dass von Seiten der Bundesregierung das Thema langfristig öffentlich geförderte Beschäftigung noch mit großen Vorbehalten angegangen wird, wie auch das Thema Nutzung und Zusammenlegung aller Leistungen, um es finanzieren zu können. Ich glaube aber, dass mit diesen Modellversuchen, die wir im September vorstellen wollen, ein erster Schritt unternommen wird, um deutlich zu machen, dass es sinnvolle Alternativen zu den Ein-Euro-Fünfzig-Jobs gibt.

Danke schön, Herr Senator! – Nun geht es weiter mit einer Nachfrage von Frau Dr. Klotz. – Bitte schön, Frau Dr. Klotz!

die Kosten der Unterkunft und des Lebensunterhalts und die Leistungen aus dem Eingliederungstitel, um daraus eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu schaffen. Sie wissen, dass ich diesen Vorschlag seit zwei Jahren mache, um aktive Arbeitsmarktpolitik finanzieren zu können und von dem Instrument der Ein-Euro-Jobs bzw. Zusatzjobs, wie sie korrekt heißen, wegzukommen. Insofern ist das ein Fortschritt.

Es bleibt abzuwarten, wie seitens der Bundesregierung darauf reagiert wird. In den Gesprächen, die ich bislang mit der Bundesregierung geführt habe, gab es eine ablehnende Position gegenüber diesem Vorschlag der Kapitalisierung. Vielleicht besteht eine Chance, dass für diese begrenzte Gruppe zumindest das Tabu durchbrochen wird und wir zu dieser vernünftigen Finanzierungsform kommen, die wir auch schon im Rahmen des Bundessozialhilfegesetzes hatten und in Berlin erfolgreich praktiziert haben.

Das macht die Berührungspunkte deutlich: Ich finde, man müsste den Finanzierungsvorschlag ausdehnen, denn unter denjenigen, die wegen ihres persönlichen Hintergrunds eigentlich auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden könnten, gibt es einen erheblichen Teil, der auf Grund der Tatsache, dass auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht genug Nachfrage existiert, im Zustand der Arbeitslosigkeit verharrt. Ich halte es für sinnvoll, auch hier das klare Einverständnis zu formulieren, dass wir längerfristig Formen öffentlich geförderter Beschäftigung brauchen – und zwar zu sozialversicherungspflichtigen Bedingungen. [Beifall bei der Linkspartei.PDS]