Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter! – Ich bitte den Vertreter der Presse auf der Tribüne, die Kamera nicht direkt auf die Tische zu richten. Gegen Fotos vom gesamten Saal haben wir nichts, aber das direkte Fotografieren auf die Tische ist gegen die Spielregeln. – Bitte, Herr Kaczmarek!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Radebold! Dann feiern wir Sie ganz kurz gemeinsam, und zwar dafür, dass Sie ein wirklich verrücktes System der Wohnungsbauförderung, das ein mit absoluter SPD-Mehrheit geführter Senat einmal eingeführt hat, nun zu Grabe getragen haben. Herzlichen Glückwunsch, dass Sie Ihren Fehler wieder gutgemacht haben!
Das ist schon einmal etwas, wenn es auch lange genug gedauert hat. Das wollen wir Ihnen durchaus anrechnen.
Wir sind uns auch einig darüber, dass wir als Land Berlin aus diesem System aussteigen müssen. Es ist doch klar, dass ein System, das damals von Kostenmieten von bis zu 35 DM pro Quadratmeter ausging, und die Frage, was sozialer Wohnungsbau kostete, keine Rolle spielte, nicht dauerhaft tragfähig ist. Es ist und bleibt ein System der Ausplünderung. Es ist nur aus der seinerzeitigen Westberliner Situation erklärbar. Es war aus der damals herrschenden Wohnungsnot heraus erklärbar und aus der Tatsache heraus, dass die Hälfte des Berliner Haushalts vom Bund kam. Man sagte sich immer: Wenn wir nicht genug ausgeben, nehmen sie uns vielleicht ein bisschen weg. – Das ist nicht mehr die Haltung, die wir heute haben können. Deswegen unterstützen wir Sie nachdrücklich.
Das Ziel ist richtig. Die Frage ist aber, ob das Ziel alle Mittel heiligt und ob man den richtigen Weg gegangen ist.
Meine Frage ist zweigeteilt. Erstens zu Ihren Anfangsmitteilungen zum Geschäftszustand unserer Gesellschaften: Haben Sie sich einmal das Urteil in Sachen Breuer, Deutsche Bank und Leo Kirch durchgelesen? Das würde ich Ihnen empfehlen.
Zweitens: Ist Ihnen noch die Debatte vom 31. März 2003 in Erinnerung? Damals hat Frau FugmannHeesing versucht, ein früheres Ende herbeizuführen, was Ihr Parteifreund und Bausenator Klemann abgelehnt hat.
Aber kommen wir zurück zu den Mitteln. Warum hat man eigentlich nie den Versuch gemacht, mit den einzelnen Objekten und mit den einzelnen Trägern Lösungen zu finden? Warum hat man diesen Versuch nicht gewagt? – Es hätte Lösungsmöglichkeiten gegeben, es hätte Verhandlungsmöglichkeiten gegeben. Wenn Sie sich heute dafür feiern und sagen, wir haben für den Landeshauhalt eine gewaltige Summe eingespart, dann sage ich Ihnen: Immer abwarten! Auch Sie kennen den Brief des Bundes, in dem steht, dass ein Anspruch aus der Rückbürgschaft gegen den Bund nur dann entstanden wäre, wenn vom Land Berlin mit der Grundförderung zugleich eine Verpflichtung zur Anschlussförderung übernommen worden wäre. Was passiert, wenn diese Unternehmen in die Insolvenz gehen und der Bund nicht zahlt? – Wenn diese Bürgschaften nicht ziehen,
wenn sie nicht funktionieren, geht Ihre Rechnung nicht auf. Das hätten Sie mit einer Verhandlungslösung vermeiden können.
Eines, meine Damen und Herren von der linken Koalition, darf ich Ihnen noch einmal sagen: Sie haben an dieser Stelle lupenreine FDP-Politik gemacht. Wissen Sie, was Sie gemacht haben? – Sie haben den ersten voll
Das Fördersystem – das hat Herr Kaczmarek vorhin dargestellt – war von Beginn an wirtschaftlich wie haushälterisch absurd. Es war ein unglaublicher Selbstbedienungsladen für den Westberliner Baufilz aus öffentlichen Kassen. Mildernder Umstände – das hat Herr Kaczmarek ebenfalls gesagt – konnte man noch bis zum Jahr 1990 annehmen. Bis dahin war Westberlin insgesamt politischwirtschaftlich gesehen eine Sonderzone, in der die üblichen Regeln und Maßstäbe vernünftigen Wirtschaftens nicht galten. Eine besondere Sumpfblüte war das System der Wohnungsbausförderung.
Allerdings, Herr Kaczmarek, die meisten Sozialwohnungen, um die es gerade geht, sicher drei Viertel oder vielleicht auch vier Fünftel, sind nach dem Jahr 1990 gebaut worden, also nach dem Mauerfall. Der mildernde Umstand ist damit weggefallen. Die schwarz-rote Koalition hat jedoch weiter gebaut, und zwar hat sie es absurderweise noch auf die Spitze getrieben. Man kann darüber streiten, aus welchen Gründen das geschah. Sie haben angedeutet, dass es durchaus wirtschaftliche Interessen gegeben habe, die bedient worden seien. Aber was Sie angesprochen haben, ist doch im Jahr 1992 auf die Spitze getrieben worden: In diesem Jahr lag die Kostenmiete bei 40 DM. Das sind sozusagen 80 % der Kostenmiete von 1988, und da galten noch die Sonderbedingungen Westberlins. Selbst hartgesottene westdeutsche Wohnungshändler, Immobilienwirtschaftler, haben sich, als sie Anfang der 90er Jahre nach Berlin kamen, verwundert die Augen gerieben. Einer von ihnen sagte damals über die Berliner Wohnungsbauförderung – ich weiß nicht, ob ent- oder begeistert –, das sei sozusagen eine Lizenz zum Gelddrucken.
Da freut sich die FDP! – Da gilt weder die ortsübliche Vergleichsmiete, noch gilt die Sozialbindung. Da gilt nichts mehr, da ist endlich das Recht des Stärkeren verwirklicht.
Das allerdings ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS, doch schon zumindest eigentümlich, wenn Sie an solch einer Lösung beteiligt sind! Ich frage mich, wie Sie das Ihren Wählerinnen und Wählern vermitteln wollen.
Denn darüber sollten wir uns auch im Klaren sein. Es ist kein Grund zur Panikmache, lieber Herr Kollege Schimmler, aber eines ist dennoch klar: Wir werden Insolvenzen zu verzeichnen haben. Nicht jedes Unternehmen wird das schultern können. Wir werden Mieterhöhungen zu verzeichnen haben. Das geht doch auch nicht anders, irgendwo muss das Geld ja herkommen! Oder – wie die Genossenschaften bereits ausgeführt haben – es wird deutlich weniger Investitionen und Instandhaltungen geben. Sicher wird es auch einige geben, die durch massive Mieterhöhungen diese Wohnungen leer ziehen lassen, um sie dann anschließend als Eigentumswohnungen zu vermarkten. All das wird es geben, das können Sie nicht ernsthaft leugnen. Deshalb sollte man die Augen vor diesem Problem nicht verschließen.
Kurz und gut: Wenn diese Lösung der Anschlussförderung in eine Gesamtkonzeption für die Wohnungswirtschaft, insbesondere für die städtische Wohnungswirtschaft, eingebettet worden wäre, dann hätte ich gesagt: Na gut, da haben wir wenigstens einen wichtigen Schritt nach vorn getan. – Aber von diesem Gesamtkonzept sind wir leider weit entfernt. Das ist dringend notwendig! Machen Sie Ihre Hausaufgaben an dieser Stelle, dann haben wir in der Zukunft einen funktionstüchtigen und auch sozialpolitisch funktionstüchtigen Wohnungsmarkt! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil die Notwendigkeit, die Berlin gesehen hat, aus diesem, wie mein Vorredner sagte, absurden oder unsinnigen Subventionssystem der Berliner Wohnungsbauförderung auszusteigen, rechtlich bestätigt. Zum Nachtteil öffentlicher Haushalte kann ein Staat nicht verpflichtet werden, weiter zu subventionieren, wenn der Ertrag für das Gemeinwesen in einem krassen Missverhältnis zum Nutzen steht. Der Staat hat hier sogar die Verantwortung, umzusteuern. Die Frage ist, ob es rechtzeitig war oder ob – wie es Kollege Schimmler formulierte –
Die Wohnungsbauförderung hätte auch in dieser Zeit – welche Erwartungen auch immer man an den Zuzug stellte – eingestellt werden müssen, denn sie war wirtschaftlich unsinnig. Sie hätte auch nicht zu völlig absurden Preisen hochgefahren werden dürfen.
Der Ausstieg von Rot-Rot im Jahr 2003 ist nach einer Abwägung erfolgt. Es war weder ein Schnellschuss noch ein Befreiungsschlag. Man hat lange überlegt, welche Folgen es für die Mieter, die Wohnungsunternehmen und auch für den Landeshaushalt haben würde. Alles, was Herr Kaczmarek eben dargestellt hat, dass das für das Land Berlin nicht folgenlos bleiben wird, ist damals diskutiert worden. Man hat sich dann dafür entschieden, diesen Weg zu gehen. Ihn erachte ich nach wie vor für richtig.
Der Mieterschutz ist damals ebenfalls intensiv erörtert worden. Zunächst ist ein differenziertes Mieterschutzprogramm für zwei Jahre beschlossen worden. Nachdem es sich bewährt hatte, ist es bis zum Jahr 2006 verlängert worden. Die eigentliche Bewährungsprobe wird erst jetzt eintreten, das ist richtig. Viele Unternehmen haben erst
das Fördersystem ist von der Politik und nicht von den Fördernehmern einseitig eingeführt worden –, sondern auch für die Zukunft von 28 000 Wohnungen – selbst wenn ich die 4 000 Wohnungen der öffentlichen Unternehmen herausrechne, verbleiben immer noch 24 000 Wohnungen. Diese 24 000 Wohnungen haben immer noch erhebliche Auswirkungen auf den Berliner Mietwohnungsmarkt. Die Politik muss sich deshalb mit den Folgen beschäftigen, auch aus eigenem Interesse. Es ist bereits angesprochen worden, dass Hunderte Millionen Euro öffentlicher Gelder in den Wohnungen stecken und dass die öffentliche Hand darüber hinaus direkte Darlehen gewährt hat. Zudem ist unbestritten, dass die Wertberichtigung auf einen realistischen Ertragswert unausweichlich und wirtschaftlich vernünftig ist. Wie das aber geschieht, womöglich durch ungesteuerte Insolvenz und durch das Verramschen großer Wohnungsbestände, daran hat das Land Berlin ein Interesse, damit es zu keiner zusätzlichen Wertvernichtung kommt. Es kommt das Interesse hinzu, dass die Darlehensgeber einerseits die öffentliche Hand und andererseits öffentliche Banken sind. Das Bürgschaftsproblem ist bereits angesprochen worden. Ich will darauf nicht weiter eingehen.
die gerichtliche Auseinandersetzung abgewartet. Deshalb muss der Senat für die Fortführung der Regelung ab dem Jahr 2007 und folgende die Überprüfung der augenblicklichen Entwicklung vornehmen und gegebenenfalls, wenn sich zeigen sollte, dass Nachbesserung erforderlich ist, nachbessern.
Dabei geht es, um die Richtlinien noch einmal herauszustellen, darum, soziale Härten abzufangen und Handlungsspielräume für die Mieter zu eröffnen und nicht wieder absurde Mieten zu zahlen. Das muss klar sein!
Beiden Vorrednern muss ich hinsichtlich der Folgen des Auslaufens in gewisser Weise widersprechen. Mit Auslauf der Grundförderung fallen die Wohnungen aus der Mietbegrenzung heraus, sie bleiben jedoch Sozialwohnungen. Das ist ein merkwürdiger Widerspruch. Das führt dazu, dass das Vergleichsmietensystem nicht gilt, d. h., der normale Mieterschutz existiert nicht. Das hat Herr Kaczmarek als „freie Wildbahn“ bezeichnet. Allerdings ist das Recht des Stärkeren durch den Markt insofern begrenzt, als, falls jemand versuchen sollte, eine Miete in Höhe von 15 € pro Quadratmeter zu nehmen, ihm das nicht gelingen wird. Die Praxis derjenigen, die jetzt betroffen waren, hat gezeigt, dass ein vernünftiges Wohnungsunternehmen so nicht handeln wird. Aber es wird im Rahmen dessen, was zur Zeit auf dem Markt möglich ist, Druck auf die Mieter ausgeübt werden. Das wird sicher zum Teil mehr sein als das, was sie jetzt an Mieten zahlen. Aber werfen Sie doch einmal einen Blick auf die jetzigen Sozial-Ist-Mieten in den betroffenen Wohnungen. Sie bewegen sich alle um 5 € netto, kalt. Ein großer Mieterhöhungsspielraum ist deshalb nicht vorhanden. Die Praxis belegt, dass Panikmache nichts bringt. Wir als Linkspartei werden weiter darauf hinwirken, dass nach dem Ende der Förderung die Fördernehmer ihre Ertragsprobleme nicht auf dem Rücken der Sozialmieterinnen und -mieter zu lösen versuchen.
Diese Verantwortung der Politik besteht nach wie vor und wir stehen dazu. Wir haben uns von Anfang an dafür eingesetzt.
Eigentlich wollte ich noch einige Ausführungen zu dem Antrag der Grünen machen, aber dieser liegt noch gar nicht vor. Aber ich gebe den Grünen den guten Rat, ihn zu überprüfen und zu schauen, ob sie nicht etwas Falsches vorschlagen.
Ein Wort noch zu einer weiteren Verantwortung. Die Verantwortung endet nicht bei den Mietern, die es auch künftig geben wird. Jetzt beginnen sich die Probleme zu verschärfen hinsichtlich der wohnungswirtschaftlichen Folgen. Man kann nicht sagen, wir hätten alles hinter uns. Es gibt nicht nur moralisch eine Verantwortung für die Politik
Zusammengefasst: Berlin hat nicht nur für die Mieter in Zukunft eine politische Verantwortung, sondern auch hinsichtlich der wohnungswirtschaftlichen Folgen insgesamt. Man muss die Auswirkungen auf den Markt abfangen. Solange die gerichtliche Auseinandersetzung gelaufen ist, war die Politik gebremst darin, nach Lösungen zu suchen, weil zunächst alle Seiten ihre Interessen ausloten wollten und schauten, wie es vor Gericht ausgeht. Jetzt ist dies vorbei, und jetzt muss man überlegen – hierin gebe ich Herrn Kaczmarek Recht –, welche Handlungsmöglichkeiten gemeinsam mit den Fördernehmern und der Berliner Immobilienwirtschaft bestehen, um unkontrollierte Entwicklungen in der Wohnungswirtschaft abzufangen. Die Linkspartei zumindest wird sich dafür einsetzen. Wenn dieser Verantwortung nachgekommen wird, ist der Ausstieg aus der Anschlussförderung ein nachhaltiger Erfolg von Rot-Rot.
Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen erhält Frau Abgeordnete Oesterheld das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dafür, dass sich SPD und Linkspartei solch eine Aktuelle Stunde gebastelt haben, hätten Sie Ihre Reden mit mehr Verve halten können.
Für mich war es nicht aufmunternd. Der eine haspelt die Gesetze herunter, der andere reißt auch nicht zu Begeisterungsstürmen hin.