Auch hier liegt der Senator falsch: Es sind nicht dieselben Voraussetzungen, die der Staat und die Wirtschaft haben, das sollten Sie als Kameralistikexperte wissen. Sie können gar nicht so gut arbeiten wie ein wettbewerbsorientierter Betrieb. Es gibt noch einen weiteren Fehler in Ihren Betrachtungen. Sie sprechen davon, Sie könnten gar nicht so investieren. – Die Investitionen haben Verfassungsrang. Gerade in einer Situation, in der Verschuldung existiert, gerade da braucht es Investitionen, um die Verfassungsvorgaben zu erfüllen. Deswegen ist es richtig, zu investieren. Investitionen schaffen Arbeit, Arbeit schafft Vermögen, Vermögen schafft Wachstum und Wachstum schafft mehr Steuereinnahmen. Diese Steuereinnahmen brauchen wir, um soziale Gerechtigkeit in unserem Land herzustellen. Ohne Einnahmen keine soziale Gerechtigkeit, deswegen sind Sie auf dem Holzweg.
Sie haben davon gesprochen, dass Sie bereits einiges umgesetzt haben. Das stimmt, Sie haben 21,5 Millionen € Kürzungen bei Sozial-, Gesundheits-, Frauen- und Jugendprojekten umgesetzt. 12 Milliarden € Mehrkosten bei den Kitagebühren, 48,8 Millionen € weniger für Sozialhilfe- und Pflegeleistungen, das ist Ihre Bilanz, und es war kein Lob, Herr Flemming, es war Kritik an einer sozialen Kürzungspolitik und am Wählerbetrug, den Sie geleistet haben. Deswegen braucht es in Deutschland und in Berlin einen Regierungswechsel, damit wir wieder auf Kurs kommen. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Hoffmann! – Es folgt die Fraktion der Linkspartei.PDS, Herr Kollege Wechselberg hat für zehn Minuten das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Herrn Hoffmann ist man ja geneigt, ein Mindestniveau für Debattenbeteiligungen von Finanzpolitikern einzuführen.
Wer im Haushaltsnotlageland Berlin den Spruch macht, „investieren bis es boomt“, der hat von der Lage dieses Landes nichts begriffen.
Was Sie hier erzählen, ist eine echte Zumutung für das Parlament und für die Öffentlichkeit und zwar nicht nur auf Grund dieser Sprüche, denen man ja bestenfalls zu Gute halten kann, dass Sie es nicht besser wissen,
sondern auch durch diejenigen, denen wir mehr zutrauen, wie beispielsweise Herrn Kaczmarek, bei dem wir annehmen, dass es dafür reicht, finanzpolitische Grundlagen der Berliner Finanzpolitik zu verstehen.
Sich hinzustellen und zu leugnen, dass die große Koalition unter Ihrer Führung und der des Regierenden Bürgermeisters Diepgen, der die Stirn hat, in Neukölln noch einmal zu kandidieren
als Pate des alten Berlins, ganz erheblichen Anteil an der Haushaltslage Berlins hatte, dass das eine Misere gewesen ist, die wir vorgefunden haben,
das ist eine echte Zumutung. Damit treten Sie deutlich hinter das zurück, was bei der Konstituierung dieses Parlaments Maß der Dinge war. Wie man allen Ernstes dieser Koalition und auch dem Finanzsenator Vorwürfe machen kann, weil wir den Schuldenberg abtragen,
den Sie aufgebaut haben, das Defizit beseitigen, das in diesem Landeshaushalt besteht und das Sie aufgebaut haben, das ist schon frech.
Wenn Sie das Jahresergebnis 2002 ansprechen, Herr Hoffmann, dann lohnt sich der Blick in die Finanzplanung. Im Jahresergebnis 2002 kommt auch Ihr Fehlbetrag des Jahres 2000 zum Ausdruck. Da hatten Sie ein entsprechendes Defizit verursacht, denn in Ihrem Haushalt 2000 war eine Vermögensveräußerung von 5,6 Milliarden DM
enthalten, von der leider keine einzige Mark geflossen ist. Dafür Rot-Rot verantwortlich zu machen, ist eine besondere Pointe am Schluss Ihrer fehlerhaften Schuldzuweisungen.
An dieser Debatte kann man gut beobachten, dass die Opposition einen gewissen Grad an Verzweiflung erreicht hat. Das wird auch auf der persönlichen Ebene deutlich. Nur weil man als Linker die Grundrechenarten beherrscht, zum Milton Friedman der Linkspartei.PDS zu werden, finde ich bemerkenswert, oder Ihr Umgang mit dem Finanzsenator – das trägt alles nicht dazu bei, dass man geneigt ist, sich ernsthaft mit Ihnen auseinander zu setzen.
Es wird auch immer unverständlicher, wofür Sie eigentlich stehen. Ihr haushaltspolitischer Sprecher kündigte gestern ein zusätzliches Sparprogramm von 500 bis 600 Millionen € an.
Da bin ich schwer gespannt. Sie wollen Wohnungsbaugesellschaften verkaufen, Sie wollen noch einmal richtig ran an den öffentlichen Dienst, Sie wollen bei bürgernahen Dienstleistungen sparen wie beispielsweise bei den Volkshochschulen. Ihr Kollege Herr Hoffmann stellt sich heute hin und sagt, man müsse investieren, bis es boomt. Wie passt Ihre finanzpolitische Strategie noch zusammen?
Sie könnten es ja zumindest mal versuchen, es mir zu erklären, aber von Ihnen kommt ja nichts, bzw. was von Ihnen kommt, ist Kraut und Rüben und einmal quer durch die Bank dessen, was man überhaupt zur Finanzpolitik sagen kann, allerdings mit Verzicht auf eine inhaltliche Konsistenz.
Und dann, Frau Klotz, hatten Sie mich auch persönlich angesprochen. Wir wissen ja nicht, ob das jetzt Ihre Abschiedsrede im Berliner Abgeordnetenhaus war oder ob da noch was kommt. Warten wir es ab.
Glaub ich ja auch nicht, aber nehmen wir es mal so hin. Ich traue auch Ihnen zu und ich erwarte eigentlich auch, dass Sie in Ihrer öffentlichen Reaktion auf das, was wir an Politik machen, in der Lage sind, zwischen den Spielräumen und den Handlungsmöglichkeiten einer Bundesregierung – der Zufall will es, dass Sie die in den letzten vier Jahren gestellt haben – und den eingeschränkten und schwierigen Gestaltungsmöglichkeiten einer Landesregierung zu unterscheiden, vor allem dann, wenn sie sich in einer Haushaltsnotlage befindet.
Nehmen wir einmal an, wir könnten als rot-rote Landesregierung tatsächlich die Steuerpolitik in der Bundesrepublik Deutschland bestimmen, dann kann ich Ihnen ver
sprechen, Frau Klotz, die sähe deutlich anders aus als das, was Sie in den letzten vier Jahren veranstaltet haben,
im Übrigen im absoluten Konsens mit dem Finanzsenator, denn was uns eint, ist die Stärkung der Finanzkraft der öffentlichen Haushalte. Da macht man bestimmte Sachen nicht. Dass Sie die Verantwortung für Ihre Politik nicht übernehmen, macht die Kommunikation über die Rahmenbedingungen für den Berliner Landeshaushalt mit Ihnen deutlich schwerer. Sie haben – das zuzugeben gebietet die Ehrlichkeit – einen Fehler gemacht. Sie haben Steuersenkungen für Besserverdienende durchgesetzt, die nicht nötig waren. Darauf hätte man verzichten sollen. Sie haben eine Steuerentlastung für Unternehmen gemacht, die verzichtbar war.
Sie haben insgesamt ein Niveau erreicht, wo wir den geringsten Anteil des Steueraufkommens am Bruttoinlandsprodukt in der gesamten OECD haben.
Mit Verlaub, Frau Klotz, wenn das gemeinsame Interesse an einer Stabilisierung der öffentlichen Haushalte besteht, dann muss man mit Ihrer Politik auf Bundesebene deutlich kritischer umgehen, als Sie das heute getan haben.
Dann werfen Sie uns vor, wir täten im Bund das eine und in Berlin das andere. Der gemeinsame Nenner zwischen dem, was ich für die Berliner Haushaltspolitik für angemessen halte, und dem, was die PDS auf Bundesebene fordert,
ist die Stabilisierung und Stärkung der öffentlichen Haushalte. Wir tun etwas, was für eine Partei im Wahlkampf auch keine Selbstverständlichkeit ist, wir sind nämlich flächendeckend für Steuererhöhungen.
Wo sind wir eigentlich, wenn jetzt schon eine Partei, die sich hinstellt und ab 60 000 € Einkommen im Land eine deutliche Erhöhung der Besteuerung fordert, die die Belastung austeilt, die allerdings der Auffassung ist, dass Besserverdienende und Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland auch Lasten zu tragen haben – offenkundig anders als Sie –, wie man eine solche Politik mit Populismus gleichsetzen kann, das ist schon eine ziemliche Schieflage auch in der öffentlichen Darstellung.