Protocol of the Session on June 16, 2005

[Frau Senftleben (FDP): Nur keine Fachlehrer!]

4. Eltern haben ein Wunsch- und Wahlrecht. Träger und Angebotsvielfalt sind Grundpositionen von PDSJugendpolitik. Deshalb haben wir beschlossen, zwei Drittel aller öffentlichen Plätze an freie Träger zu übertragen und ein Drittel der Plätze in öffentlicher Hand zu behalten. Dabei sind wir auf einem guten Weg. Ich habe mir

2. Zugang und Betreuungsumfang bleiben vorbildlich für Berliner Kinder. Bereits Zweijährige können in unserer Stadt in die Kita gehen. Es wird auch keine jährlichen Bedarfsprüfungen geben, auch wenn die Opposition hier schon wieder das Gegenteil verbreitet. – 3. Die PDS tritt dafür ein, alle Bedarfsprüfungen abzuschaffen. Doch bevor es so weit ist, haben Eltern und Jugendämter die Möglichkeit, auch aus sozialen, familiären und pädagogischen Gründen einen Platz zu beanspruchen.

Das gibt die Möglichkeit, vor allem aus der Sicht des Kindes zu entscheiden. – 4. Das gilt ausdrücklich auch für arbeitssuchende Eltern.

Auch deren Kinder haben ein Recht auf Förderung, Bildung und soziale Integration. – Machen wir uns nichts vor: Die soziale Situation vieler Familien mit Kindern hat sich in Berlin weiter verschärft. Hier haben wir eine große Verantwortung, und dem wollen wir entgegenwirken.

5. Gesundheitsuntersuchungen in den Kitas werden nach dem neuen Kitagesetz in Berlin nicht mehr der Beliebigkeit überlassen. Jedes Kind zwischen dreieinhalb und viereinhalb Jahren wird untersucht, und das in der ganzen Stadt. Das ist uns besonders wichtig,

die aktuellen Ergebnisse der Übertragungsprozesse noch einmal angesehen. Das lohnt sich schon. Von Beginn der 90er Jahre an bis zum 1. Januar 2000 wurden 66 Kitas mit 6 649 Plätzen übertragen. Unter Rot-Rot wurden allein seit dem 1. Januar 2004 14 216 Plätze übertragen, und für weitere 12 400 Plätze gibt es konkrete Planungen.

[Frau Senftleben (FDP): Die Bilanz ist nicht so üppig!]

Herr Steuer! Ihre Aufforderung an die Koalition, die Sie nachweislich mehrfach geäußert haben, mehr Einrichtungen an freie Träger zu übertragen, entbehrt jeglicher Grundlage und kann inzwischen nur beschmunzelt werden.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

5. Wer es ernst mit dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern und Kinder meint, für den ist die Existenz eines kommunalen Angebots an Kitaplätzen unverzichtbar. Die kommunalen Kitas werden aus den bezirklichen Verwaltungen herausgelöst und als kommunale Eigenbetriebe arbeiten. Das ist die unerlässliche Voraussetzung, um endlich mit ungleichen Finanzierungsstrukturen aufzuräumen und die notwendige Kostentransparenz zu schaffen. So werden für alle Kinder, die in Berlin eine Einrichtung besuchen, egal, ob bei einem freien oder einem kommunalen Träger, gleiche finanzielle Bedingungen existieren. Die Eltern werden mit ihrem Kitagutschein mehr Rechte als vorher haben.

6. Rot-Rot hat die Erzieherinnenausbildung reformiert bis hin zur Einrichtung eines Erzieherinnenstudiengangs an der Alice-Salomon- Fachhochschule. Berlin hat auch hier bundesweit eine Vorbildfunktion. Ich meine, das kann sich sehen lassen.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Alle Reformschritte, die wir eingeleitet haben, sind rechtlich im Kitareformgesetz festgeschrieben. Dieses Gesetzpaket liegt uns heute in der Drucksache 15/3924 mit vielen Änderungsanträgen zur Beschlussfassung vor. Aus der Sicht der PDS ist es ein gutes Gesetz. Und so, wie ich es aus der Presse entnehmen konnte, wird diese Meinung von vielen geteilt.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die PDS-Fraktion hat ganz bewusst die inhaltliche Beratung mit vielen sachverständigen Menschen, Organisationen und Gremien gesucht. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten bedanken, die uns mit ihren Hinweisen, Stellungnahmen und mit ihrer Kritik geholfen haben, auch bei den Elternvertretungen, den Gewerkschaften, der Liga, den Bezirksvertretern, den Verwaltungen und den vielen Eltern, die auch uns zahlreich geschrieben haben.

Ein Bestandteil des Gesetzespakets ist das neue Berliner Kitagesetz. Was beinhaltet dieses neue Gesetz, an dem wir buchstäblich bis zur letzten Minute gearbeitet haben? – 1. Der Bildungsanspruch wird fest verankert. Eine Qualitätsvereinbarung wird dafür sorgen, dass das

Bildungsprogramm in allen Berliner Kitas Grundlage der pädagogischen Arbeit wird.

[Rabbach (CDU): Jetzt wollen wir uns mal der Realität zuwenden!]

[Rabbach (CDU): Das ist ja nicht neu!]

[Beifall bei der PDS]

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

auch angesichts des alarmierenden Gesundheitszustands vieler Kinder.

Ein weiterer Punkt ist, dass in diesem Gesetz die Standards der Jugendhilfe für den Standard im Hort an der Grundschule festgeschrieben sind. Das Gesetzespaket schafft die gesetzlichen Grundlagen für die Gründung der kommunalen Eigenbetriebe in der Stadt. Und ich habe zur Kenntnis genommen, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie diese Eigenbetriebe nicht wollen. Das zeigt auch Ihr erneuter Änderungsantrag.

Das umfangreiche Reformpaket, das PDS und SPD auf den Weg gebracht haben, wird von vielen Eltern, Trägern und Pädagogen unterstützt. Da sind die Betroffenen weiter als die Opposition in diesem Hause. Trotzdem verkennen wir nicht, dass die Umsetzung der Reform Probleme mit sich bringt. Das ist normal bei diesem Umfang und dem raschen Tempo der Reformen. Gerade deshalb sind wir gefordert, Probleme gründlich zu analysieren und nach Lösungen zu suchen. Bringen Sie sich ein, meine Damen und Herren von der Opposition,

[Frau Senftleben (FDP): Das konnten wir nicht, Frau Dr. Barth!]

Weil der Bundestagswahlkampf, Herr Liebich, aber irgendwann vorbei sein wird, haben Sie sich eine Hintertür für die Verschärfung offen gehalten: Fast alle strittigen Punkte, die ich angemerkt habe, sollen nun über Rechts

verordnungen geregelt werden – vermutlich, wenn der Bundestagswahlkampf vorbei ist. Es gibt also überhaupt keinen Grund, liebe Frau Barth und liebe Frau Müller, sich heute für die Verbesserungen zu feiern.

Sie haben bloß den Status quo erhalten, den wir ohnehin schon hatten, und tarnen dies als Verbesserung, und Sie haben sich die Hintertür zur Verschärfung offen gehalten. So, wie wir Rot-Rot kennen, kommen die Verschlechterungen, wenn auch später und scheibchenweise, in der Hoffnung, dass es keinem so richtig auffällt. Das ist doppelt unehrlich und überhaupt kein Grund zur Freude.

Das hat nicht einmal die BVG in dieser Zeit geschafft. – Doch Frau Barth, das stimmt. Lesen Sie einfach die roten Nummern Ihres Senators Sarrazin. – Allen Kindern den Kitabesuch zu ermöglichen, sieht ganz anders aus. Wir wollen, dass alle Kinder zumindest im letzten Jahr vor der Schule eine Kita besuchen. Wir wollen so die Startchancen der Kinder erhöhen. Es darf nämlich nicht sein, dass benachteiligte Kinder sich bereits mit dem Eintritt in die Schule auf Aufholjagd begeben. Es ist nichts Neues, aber man kann es nicht oft genug sagen: Mangelnde Bildung ist das Armutsrisiko Nummer 1. Die wichtigste Ressource, die wir Kindern und Jugendlichen auf ihrem Lebensweg mitgeben können, ist eine umfassende Bildung, und zwar von Anfang an.

konstruktiv für die Kinder dieser Stadt mitzuarbeiten! Nehmen Sie die Realitäten zur Kenntnis. Es geht nicht mehr darum, ob die Umstrukturierung erfolgt – Sie brauchen auch gar nicht zu schreien –, sondern es geht jetzt um das Wie der Umsetzung. Wenn Sie sich einbringen wollen, dann gehen Sie mit uns den gemeinsamen Weg.

[Frau Senftleben (FDP): Nein!]

Wir meinen, dass wir auf einem guten Weg sind für die Kinder in Berlin. – Danke schön!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Dr. Barth! – Es folgen die Grünen, das Wort hat die Frau Kollegin Pop. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Barth! Zum Thema Vorbildfunktion: Quantität ist nicht alles, will ich Ihnen sagen.

[Wellmann (CDU): Richtig!]

Berlin hat zwar einen guten Versorgungsgrad mit Kindertageseinrichtungen, das ist völlig unbestritten. Aber die Qualitätsfrage stellen Sie nicht als Erste und haben Sie erst recht nicht erfunden, meine liebe Frau Barth. [Beifall bei den Grünen]

In fast allen Bundesländern werden Bildungsprogramme erarbeitet und auf mehr Qualität gepocht. Diesen Anspruch haben Sie mit dem Kitareformgesetz versucht zu erfüllen. Per Gesetz soll die Kita zu einer Bildungseinrichtung werden, die alle Kinder fördert. Und weil dies nicht zum Nulltarif zu haben ist, wollten Sie den Betreuungsbedarf der Kinder verringern. Frei nach Senator Sarrazin: Besser nur 4 Stunden Bildung als 8 Stunden Betreuung. – Bei häufigen Fehlzeiten sollte der Kitaanspruch bereits nach 10 Fehltagen verfallen. Das hätte vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien getroffen, die den Kitabesuch am nötigsten haben. Arbeitssuchende Eltern sollten gar keinen Anspruch mehr auf Kinderbetreuung für ihre Kinder haben. Und das bei der Berliner Arbeitsmarktsituation!

Und noch ein letztes Beispiel: Der Betreuungsbedarf sollte häufig und mit dem Ziel der Absenkung immer wieder überprüft werden. Das haben Sie zum Glück nicht durchgehalten. Selbst die SPD hat noch rechtzeitig bemerkt, dass sie auf ihrem Parteitag etwas völlig anderes beschlossen hatte, nämlich den kostenfreien Kitabesuch für alle Kinder, ohne Bedarfsüberprüfung. Und weil wir bereits mitten im Bundestagswahlkampf sind – wir erinnern uns an die Rederunde davor –, hat die SPD ihren Senator mit seinem Gesetz ganz schnell im Regen stehen lassen und ist zurückgerudert. Alle Schärfen wurden aus dem Gesetz gestrichen – und das ist auch gut so.

[Liebich (PDS): Dann könnt ihr ja zustimmen!]

[Beifall bei den Grünen]

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

An eine weitere „Verbesserung“ möchte ich erinnern, weil die Zahlen so heftig sind, der Kollege Ratzmann hat es schon angemerkt. Sie haben die Kitagebühren erhöht. Seit dem Jahr 2000 sind die allgemeinen Kosten in Berlin um 5 % gestiegen. Die Kitakosten sind um 43 % gestiegen.

[Frau Dr. Barth (PDS): Das stimmt nicht!]

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Wir wollen, dass alle Kinder von der Bildung in der Kita profitieren. Deshalb brauchen wir das kostenfreie letzte Kitajahr, und zwar möglichst schnell, nicht zuletzt, um die Deutschkenntnisse der Kinder, deutscher wie auch nichtdeutscher Kinder, zu verbessern. Zur Sprachförderung gehört eben mehr als ein Bildungsprogramm. Gut qualifizierte Erzieherinnen gehören dazu, Sprachlernkurse gehören dazu, und das Wichtigste, die individuelle Förderung eines jeden Kindes mit Sprachschwierigkeiten, gehört dazu.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Wir wollen nicht erst dann, wenn in der Kita mehr als 40 % Migrantenkinder sind, verstärkt fördern. Wir wollen jedes Kind, das Unterstützung braucht, von Anfang an individuell fördern.