Protocol of the Session on March 21, 2002

Frau Jantzen! Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn man in diesem Haus nicht davon ausgehen würde, dass man von außerhalb des Parlaments nicht auch die Diskussionen in der Stadt beobachten kann. Das ist sehr wohl möglich, und das haben wir selbstverständlich auch getan.

[Frau Jantzen (Grüne): Warum wissen Sie es dann nicht?]

Die Frage an Sie war eine ganz andere. Die haben Sie nicht beantwortet. Die Frage ist, weshalb Sie in Ihrem Antrag sechs detaillierte Punkte aufführen, was alles zu beachten ist bei der Einrichtung von Drogenkonsumräumen. Keiner davon bei der Schaffung der entsprechenden Rechtsverordnung lautet, dass die Anwohnerinnen, Anwohner und Geschäftsleute in der Umgebung in angemessener Weise von Anfang an in die Planungen mit einzubeziehen sind.

[Beifall bei der FDP]

Irgendwelche unverbindlichen Gespräche am Kottbusser Tor oder anderswo haben nichts damit zu tun, wenn Sie eine Rechtsverordnung wollen für jetzt und die Zukunft, dass dort auch eine angemessene Bürgerbeteiligung hineingehört. Ansonsten muss man davon ausgehen, dass Sie die Beteiligung der Anwohner in der Tat nicht wollen. Sonst schreiben Sie es doch hinein.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön Herr Kollege Matz!

Zur weiteren Beratung der drei Anträge wird vom Ältestenrat die Überweisung an den Gesundheitsausschuss, federführend, sowie an den Innenausschuss empfohlen. Wer so beschließen

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Momper

möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 13, Drucksache 15/279:

Antrag der Fraktion der CDU über bewährtes System der Vorschulerziehung erhalten und qualifizieren

Für die Beratung steht uns eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Herr Goetze hat sich für die Fraktion der CDU bereits zu Wort gemeldet und erhält es hiermit. – Bitte schön, Herr Goetze!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Berliner Schule zeichnet sich gegenüber der Schulstruktur in vielen anderen Bundesländern durch ihre große Angebotsvielfalt aus. Dazu hat in den letzten zwei Jahrzehnten auch 13 Jahre lang die Verantwortung der CDU in diesem Bereich beigetragen. Für jedes Kind können deshalb die Eltern gemäß seinen Neigungen und Fähigkeiten das richtige Schulangebot wählen, vorausgesetzt, unsere derzeitige Landesregierung versucht nicht, dies durch verdeckte und offene Maßnahmen zu unterlaufen.

So hatten die Berliner Eltern bisher die Möglichkeit, bei der vorschulischen Erziehung ihrer Kinder zwischen den Vorklassen an den Grundschulen und den unterschiedlichen Modellen der Vorschulerziehung in den Kindertagesstätten zu wählen. Beide Angebotsarten erleben je nach Erwartungshaltung der Eltern und Entwicklungsstand der Kinder einen großen Zuspruch. Nun sollen allerdings aus bildungsideologischen Gründen die Vorklassen in den Grundschulen abgeschafft werden. Die Grünen haben uns dazu – das unterstreicht diese Feststellung – in der letzten Plenarsitzung ihren Antrag zum Ausbau der Kindertagesstättenerziehung vorgelegt, und die Sozialdemokraten haben in ihrem Schulgesetzentwurf des letzten Jahres den Wegfall der Vorklassen angedroht. Wir halten das für eine grundsätzliche Fehlentwicklung.

Warum wollen die Parteien jenseits der politischen Mitte die Vorklassen abschaffen? – Ganz einfach. In diesem ehemaligen Reformprojekt, einst von einem sozialdemokratischen Schulsenator in den Jahren der Bildungsoffensive der 60er Jahre entwickelt, werden die Kinder frühzeitig auf die Erfordernisse der Schule vorbereitet. Zum Zeitpunkt der Einschulung der Kinder sind diese mit dem Schulgebäude, mit dem Ablauf des Schulalltags und mit den wichtigsten Ansprechpartnern in der Schule vertraut. Die Schulanfänger werden in der Vorklasse auf die Schulsituation im Laufe eines ganzen Jahres sachte vorbereitet. Sie können über längere Zeit konzentriert zuhören, sie können selbstständig kleine Aufgaben lösen,

[Frau Jantzen (Grüne): Das lernen sie in der Kita nicht, oder was?]

sie haben den Unterrichtsrhythmus bereits erlebt und wurden anhand eines klar definierten Rahmenplans auf die kognitiven und haptischen Anforderungen der Schule in spielerischer Form vorbereitet.

[Zuruf der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

Ich nehme den Zwischenruf einmal auf. Das gilt eben so alles nicht für die Kindertagesstätte. Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung zum Beispiel hat in einer 1998 veröffentlichten Studie dargelegt, dass sich herausgestellt hat, dass die Entwicklungsunterschiede zwischen einzelnen Gleichaltrigen, die auf die unterschiedliche Qualität der pädagogischen Arbeit in Kindertagesstätten zurückzuführen ist, bis zu einem Jahr betragen. Das kommt daher, weil es keine Qualitätsstandards und keine Qualitätskontrollen gibt, die in dieser doppelten Kombination verbindlich sind und auch tatsächlich konzentriert geprüft werden. Deshalb gibt es hier einen massiven qualitativen Unterschied, der auch hinlänglich bekannt ist und

auch der Zwischenruferin bekannt sein müsste. Am Ende eines Vorklassenjahres – und nur dort – sind die Kinder in aller Regel wirklich schulreif. Denn ein Jahr Unterschied im Entwicklungsstandard kann man nicht als schulreif bezeichnen.

Nun will man diese erfolgreiche Form der Pädagogik, die im Rahmen der Diskussion der PISA-Studie übrigens von mehreren Bundesländern übernommen werden soll, nun ausgerechnet in Berlin abschaffen, zerschlagen, weil es nicht ins leistungsnegierende Bild einer Gleichmacherei passt. Und das ist wirklich eine Fehlentwicklung.

Schon in den vergangenen Jahren hat man von Seiten des SPD-Schulsenators massiv versucht, das Wahlrecht der Eltern zu unterlaufen. So wurde den Vorklassenschülern, die allen Rechten und Pflichten des Schulrechts unterliegen – schauen Sie sich einmal § 28 oder § 9 Schulgesetz an –, der Besuch eines Hortes unter dem durchsichtigen Vorwand einer angeblichen Doppelbetreuung verwehrt. Das gilt natürlich nicht mehr, wenn die Vorklassenschüler auf Grund einer attestierten Schulunreife von der ersten Klasse zurückgestellt wurden. Dann dürfen sie plötzlich den Hort wieder besuchen. Wir fordern, dass in Zukunft allen Vorklassenschülern der Hort offenstehen muss, damit die Eltern tatsächlich ihr Wahlrecht in Anspruch nehmen können und nicht nur zum Beispiel Arbeitslose oder Besserverdienende, wo ein Elternteil zu Hause bleiben kann, die Vorschule in Anspruch nehmen können und die anderen davon ausgeschlossen sind.

Ein wesentlicher Faktor zur Verbesserung der vorschulischen Erziehung in Berlin ist demzufolge auch die Wiedereinrichtung der vor vielen Jahren eingestellten Kurse zur Qualifikation der Vorschulerzieher.

[Frau Jantzen (Grüne): Dagegen haben wir nichts!]

Wenn Sie sich ansehen, in welchem subtilen Schritten hier an der Vorschulerziehung gebastelt wird, dann ist das sozusagen der letzte Schritt, dass diese Qualifikations- und Fortbildungskurse nicht mehr durchgeführt werden. Wir können nicht erkennen, dass mit diesem schrittweisen Abbau einer wirklich bewährten Einrichtung der Berliner Schule das Wahlversprechen „Bildung hat Priorität“ eingelöst wird.

Ich kann an Sie nur appellieren: Es ist nicht Gegenstand unserer Forderung, die Vorschule zum alleinigen Standard zu machen, sondern – das belegen auch Anträge, die von unserer Fraktion gestellt worden sind – erstens die qualitative Ausrichtung und den qualitativen Check der Vorschulerziehung in den Kindertagesstätten anzupassen an einen Standard der heutigen Vorschulerziehung und die Vorschule so weit zu qualifizieren, dass ein echtes Wahlrecht besteht. Diese beiden Alternativen müssen voll gleichberechtigt in Anspruch genommen werden können. Das eine darf nicht zu Gunsten des anderen abgeschafft und unterminiert werden. Darum geht es, und darum bitten wir um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Goetze! – Das Wort hat nunmehr für die Fraktion der SPD Frau Harant. – Bitte schön, Frau Harant! Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von der CDU gestellte Antrag ist ein Beispiel dafür, dass die Opposition nicht auf dem Laufenden ist.

[Beifall des Abg. Gaebler (SPD)]

Ihre Argumentation geht ins Leere, Herr Goetze! Die Vorklassen sollen nämlich nicht abgeschafft werden. Die Situation, wie wir sie zur Zeit in Berlin vorfinden, sieht so aus: 4 von 10 Kindern in entsprechendem Alter besuchen eine Vorklasse; etwa 6 von 10 besuchen vor der Einschulung eine Kita. Nur 5 % sind ohne Vorschulerziehung. Das ist eine gute Bilanz! Und während im Westteil der Stadt – dafür haben Sie sich im Wesentlichen eingesetzt – das Verhältnis des Besuchs von Kita und Vorklasse in etwa gleich ist – 55 % zu 45 % – hat im Osten die Kita mit 85 % tatsächlich die Priorität. Aber wir sollten diesen Unterschied

nicht in den Vordergrund stellen, sondern festhalten: Die Vorschulerziehung erreicht bereits heute fast alle Kinder. Das ist eine große Chance. Diese Chance wollen wir nutzen. Insofern verstehe ich den Inhalt Ihres Antrags so, dass Sie uns auffordern, die Vorschulerziehung zu qualifizieren und zu erhalten. Damit formulieren Sie eine Forderung der Koalitionsvereinbarungen und des neuen Schulgesetzes. Wir freuen uns, dass Sie uns in unseren Bestrebungen unterstützen. Sie fordern: „Die Vorschulerziehung ist weiter zu qualifizieren.“ Und in den Koalitionsvereinbarungen steht: „Wir werden eine Qualifizierungsoffensive zur Verbesserung der Vorschulerziehung starten.“

[Beifall bei der SPD]

Und außerdem: „Der Senat wird die Kitas als Bildungs- und Erziehungseinrichtung weiterentwickeln und die begonnene Qualitätsoffensive fortführen.“ Es ist müßig, sich hier um die Vorwürfe zu streiten, die Sie uns machen. Mein Appell lautet: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, deutliche Verbesserungen einzubringen. Das ist wichtig; das wollen wir beide. Und das sollte im Ausschuss geschehen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Danke schön, Frau Harant! – Nunmehr hat für die Fraktion der FDP Frau Senftleben das Wort. – Bitte schön, Frau Senftleben!

Herr Präsident! Meine Herren, meine Damen! Herr Böger! Keine Sorge! Ich habe mir vorgenommen, jetzt keine fünf Minuten mehr durchzuhalten.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Zurufe]

Vielen Dank! Ich kann Ihr Bedauern verstehen, Herr Dr. Körting. Ich verspreche Ihnen, das nächste Mal werde ich wieder einen ausführlichen Beitrag leisten. – Ich begrüße insbesondere das, was Frau Harant soeben gesagt hat, dass die SPD nicht die Absicht hat, die Vorschule abzuschaffen. Ich brauche eigentlich gar nichts mehr zu sagen; denn ich finde, dass wir die Vorschule erhalten sollten.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich hoffe, dass wir heute noch abstimmen. Ich schließe also meinen Beitrag.

Lassen Sie mich noch eins sagen: Auch für uns ist dieses Modell ein bewährtes Modell, und ich stelle mir die Frage: Wieso müssen wir dieses bewährte Modell in Frage stellen? – Im Übrigen wird es von anderen Ländern kopiert. – Wir wollen auch keine Institution in Frage stellen, die von vielen Kindern erfolgreich genutzt wird. Und wir werden auch keine Institution in Frage stellen, die vielen Kindern erstmalig die Chance eröffnet, unentgeltlich in den Bildungsprozess einzutreten. Ich glaube, das ist ein wichtiges Argument. Insofern sage ich: Danke schön!

[Beifall bei der FDP]

Dann hat für die Fraktion der PDS Frau Dr. Barth das Wort! – Bitte schön, Frau Dr. Barth!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte mich auch nicht lange auf; ich will den Standpunkt meiner Vorrednerin noch einmal bekräftigen.