Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung vom 28. Februar 2002 und des Hauptausschusses vom 6. März 2002 zum Antrag der Fraktion der CDU über Errichtung einer neuen Haftanstalt in Großbeeren, Drucksache 15/125
Zur Beratung empfiehlt der Ältestenrat eine Redezeit von bis zu 5 Minuten pro Fraktion. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. – Das Wort hat Herr Braun. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hält nach wie vor den Neubau einer Haftanstalt in Großbeeren-Heidering für unerlässlich und notwendig.
Wir alle kennen die Zustände in den Berliner Haftanstalten. Die baulichen Voraussetzungen sind – höflich ausgedrückt – verbesserungsfähig. Die Kapazitäten stellen sich so dar, dass die Haftanstalten in Berlin weit überfüllt sind. Es geistern jetzt schon Gerüchte durch die Berliner Justiz, dass die Gerichte möglichst mehr Geld- und weniger Haftstrafen verhängen, weil zum Haftantritt kaum noch geladen werden kann. Die Haftanstalten sind überfüllt.
Schon in der Vergangenheit gab es Maßnahmen auch des alten Senats, um zu einer Entlastung in den Haftanstalten zu kommen. Strafaussetzungen zur Bewährung waren leider ein Mittel, um in den Haftanstalten Platz zu schaffen. Wir alle – jedenfalls die Sprecher – bekommen die regelmäßigen Berichte mit den Zahlen, aus denen die Überfüllung hervorgeht. Die Union hält daher den Neubau nach wie vor für notwendig und meint, dass der Verzicht auf den Neubau eine falsche Maßnahme ist und dass damit an der falschen Stelle gespart wird.
Weil wir genau wissen, dass der Landeshaushalt den Neubau einer Haftanstalt nicht finanzieren kann, haben wir bereits in der vergangenen Legislaturperiode – damals übrigens gemeinsam mit der SPD – ein Modell entwickelt, dass da hieß: Wir wollen zunächst einmal versuchen, privat eine solche Haftanstalt zu errichten. Und wir wollten darüber hinaus prüfen, ob sogar bestimmte Bereiche in der Haftanstalt privat betrieben werden können, um auch damit die Kosten zu senken.
Es war ein sehr gutes Konzept von Private-public-partnership, und ich bedauere, dass man von diesem Konzept abgegangen ist.
Herr Wieland, ich will gern auf Ihre Frage eingehen: Wir waren bei der Prüfung. Der Hauptausschuss hatte erste Prüfaufträge gegeben, und wir hätten es auch umgesetzt.
Sie wissen, dass es ein Vorbild in Hessen gibt, aber ich bin sicher, dieses Projekt wäre besser gewesen als das in Hessen. Wir hätten dann auch der Republik zeigen können, dass man Projekte wie die Errichtung einer privaten Haftanstalt tatsächlich durchführen kann. Ich bedauere, dass Sie diesen Mut nicht haben, so etwas durchzusetzen.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt nennen: Die Entscheidung des Senats, auf diese Haftanstalt zu verzichten, wird auch Auswirkungen auf das Land Brandenburg haben. Wir sind in der einmaligen Situation, dass die Gemeinde Großbeeren ein hohes Interesse hätte. In der Bürgerschaft hat man dort eine überwältigende Zustimmung. Ich bezweifle, dass wir im Land Berlin in irgendeinem Kiez – wo auch immer – eine solche Zustimmung erreichen können, wie es dort gelungen ist.
Auch diese Punkte sind bisher unberücksichtigt geblieben. Ich weiß nicht, welche Konsequenzen dies auf ein künftiges gemeinsames Abstimmen mit dem Land Brandenburg in der Justizpolitik haben wird. Es ist jedenfalls kein gutes Zeichen, wenn man einseitig derartige Vereinbarungen mit unserem Nachbarland aufkündigt. – Aus all diesen Gründen appellieren wir noch einmal an Sie: Unterstützen Sie den Neubau dieser Haftanstalt!
Das Wort hat nun der Abgeordnete Dr. Felgentreu. Ich mache gleichzeitig alle Mitglieder des Abgeordnetenhauses schon einmal darauf aufmerksam, vorsorglich ihre Steckkarten bereitzuhalten. Beim nächsten Tagesordnungspunkt ergibt sich eine namentliche Abstimmung. – Herr Dr. Felgentreu, Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion kann ich gegenüber Herrn Braun auch nur feststellen, dass wir über die Ziele grundsätzlich einig sind. Eine neue Situation bei den Haftanstalten wäre wünschenswert. Die Belegungssituation ist angespannt. Im Moment ist sie gekennzeichnet durch eine Überbelegung im geschlossenen Männervollzug von ca. 14 %. Natürlich würden wir uns freuen, wenn wir eine Ausweichmöglichkeit hätten – auch im Interesse menschlicher Haftbedingungen für die Insassen und im Interesse der Beschäftigten, die ebenfalls durch diese Situation belastet sind.
Herr Braun, glauben Sie mir: Es ist keine Frage des Mutes, dass wir diese Maßnahme gegenwärtig nicht durchführen, sondern es ist eine Frage des Geldes – und einzig und allein eine Frage des Geldes. Die Planungen werden fortgesetzt. Der Bebauungsplan ist fertig und hat in Großbeeren bereits ausgelegen. Wir wollen diese Haftanstalt gern bauen, sind aber der Auffassung, dass wir das im Moment nicht können. Die Investitionen im Justizbereich müssen gegenwärtig prioritär in die IuK-Technik fließen, damit wir dort Fortschritte erzielen. Der schlimmste Stand, den wir unter den Berliner Haftbedingungen bisher gehabt haben – was Überbelegungen angeht –, liegt jetzt bereits knapp zwei Jahre zurück. Damals hatten wir noch etwa 100 Personen mehr im geschlossenen Vollzug. Gegenwärtig ist es noch möglich, in der bestehenden Weise eine Zeitlang weiter zu wirtschaften.
Was die Grundaussage angeht, halten wir an dem Plan fest, eine neue Haftanstalt in Großbeeren zu errichten. Die Privatisierung, die von der CDU vorgeschlagen wird, halten wir allerdings für illusorisch. Auch die Kosten, die im Rahmen einer Privatisierung entstehen, sind gegenwärtig nicht finanzierbar. Wir müssen deshalb diesen Plan vorerst zurückstellen.
Gestatten Sie mir zum Abschluss noch eine kleine Bemerkung: Mein Eindruck ist der, dass bestimmte Personen, die für unsere Geldnot gegenwärtig wesentlich verantwortlich sind, die Bedingungen in den Berliner Haftanstalten bei weitem nicht gut genug kennen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der vielen Tagesordnungspunkte, die noch vor uns liegen, werde ich versuchen, mich kurz zu halten.
Der Ansatz der CDU-Fraktion, die künftig bei der Planung und insbesondere bei dem Betrieb von Haftanstalten verstärkt Privatunternehmen einbeziehen möchte, wird von der FDP-Fraktion grundsätzlich begrüßt. Wir hoffen und erwarten in diesem Zusammenhang natürlich auch, dass der Senat den Ankündigungen des Koalitionsvertrages bald Taten folgen lässt.
Aber – und das ist das Entscheidende bei dem vorliegenden Antrag – als Oppositionspartei kann sich die FDP nicht über die aktuelle Haushaltslage des Landes Berlin hinwegsetzen. Damit stellt sich für uns nun einmal die Frage, für welche Maßnahmen die knappen Mittel im Justizvollzug eingesetzt werden sollen.
Herr Braun! In diesem Zusammenhang haben Sie Recht, wenn Sie auf die inakzeptablen Haftbedingungen in den bestehenden Justizvollzugsanstalten hinweisen. Der hier vorhandene Investi
tionsstau, der – wenn ich mich richtig erinnere – unter einer CDU-geführten Justizverwaltung entstanden ist, würde durch die Errichtung einer neuen Anstalt gerade nicht behoben. Vielmehr würden dann die Gelder, die für diese neue Vollzugsanstalt bereitgestellt werden, am Ende bei den dringend nötigen Modernisierungen der bestehenden Justizvollzugsanstalten fehlen. Die FDP fordert daher, zunächst die Instandsetzung der Berliner Anstalten zu gewährleisten. Hierbei sollte auch die Möglichkeit einer Erweiterung der vorhandenen Kapazitäten geprüft werden.
Die FDP hat sich in den Ampelverhandlungen gegen die Errichtung einer neuen Vollzugsanstalt in Großbeeren ausgesprochen. Wir haben in den Ausschüssen dagegen gestimmt und werden auch hier den Antrag ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorwegschicken, dass ich großes Verständnis dafür habe, dass die CDU-Fraktion sich für ein schönes neues Gefängnis interessiert.
Aber ich glaube, dass das nicht der Grund ist, weshalb wir uns heute wieder mit einem Antrag befassen müssen, der schon im Rechtsausschuss nach ausführlicher Diskussion abgelehnt worden ist, der aus dem Hauptausschuss mit einer Ablehnung zurückkommt und trotzdem von Ihnen wieder aufgerufen worden ist. Ich weiß nicht, was an zusätzlichen Argumenten noch gesagt werden soll. Offensichtlich hören Sie nicht zu. Herr Braun hat heute auch nichts Neues von sich gegeben, so dass es wirklich schwierig ist, immer wieder das Gleiche zu wiederholen.
Ich weiß nicht, was ein Neubau soll, zumal es sich herumgesprochen hat, dass auch der Nebenbei-Justizsenator Diepgen dieses Projekt schon ganz leise beerdigt hatte. Denn auch schon zu seiner Herrschaftszeit wurde zwar viel darüber geredet, aber wenig oder genau genommen gar nicht gehandelt. Aus diesem Grunde geht der Vorwurf an Sie zurück.