Protocol of the Session on April 14, 2005

Deswegen, lieber Herr Zackenfels: Wir können da zustimmen, wir können das ablehnen, wir können ihn ändern, wir können darüber reden. Wir können es aber auch sein lassen, denn die Folgen sind immer die gleichen: Gar keine! Es hat überhaupt keine Auswirkungen.

Worum geht es tatsächlich? – Es geht – wenn wir rückwirkend gucken – um 22 Cross-Border-Leasingverträge, die die BVG abgeschlossen hat, und um zwei, die das Land Berlin anlässlich eines Messeausbaus abgeschlossen hat, über den man viel diskutieren kann. Jedenfalls sind diese Verträge damals geschlossen worden. Es gab unterschiedliche Auffassungen, lieber Herr Kollege Zackenfels, ob das eine kreative Art der Finanzierung ist, sozusagen auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers Investitionen in Europa vorzunehmen. Man könnte das natürlich auch antiamerikanisch nennen. In jedem Fall war es ein Versuch, kreativ die Möglichkeiten und die Lücken der amerikanischen Steuergesetzgebung auszunutzen – was immer wir davon jetzt ethisch halten mögen. In der Tat sind von vielen Kommunen solche Verträge abgeschlossen worden.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Kaczmarek! – Das Wort für die PDS erhält jetzt Herr Hoff. – Bitte schön!

[Reppert (CDU): Jetzt sind wir aber gespannt!]

Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Kaczmarek hat von einem Missbrauch des Parlaments gesprochen und uns– es hat schon geblinkt, als er aufgehört hat zu reden – fünf Minuten erklärt, warum der Antrag total schwachsinnig ist. Ich denke, das hätte man auch kürzer machen können. Man hätte doch Sofortabstimmung beantragen können, aber Sie haben den Wunsch aufgebracht, und offensichtlich hat Herr Goetze dem nicht entsprochen. Schade um die Zeit, die wir mit Ihrem Redebeitrag verbracht haben.

[Beifall der Frau Abg. Breitenbach (PDS) – Goetze (CDU): Sparen Sie sich Ihr Geschwätz!]

Ein bisschen werden wir hier ja jedes Mal von ganz anderer Seite belästigt, denn Herr Lindner rüttelt nicht am Kanzleramt und ruft: Ich will hier ’rein! –, sondern versucht jedes Mal, im Plenarsaal eine Bundestagsrede zu halten: Ich will da ’rein! Bitte lasst mich da ’rein! – Aber es klappt nicht. Er ist eben nur hier Fraktionsvorsitzender, deshalb muss er hier eine dicke Lippe riskieren, und deshalb müssen wir uns jetzt permanent mit bestimmten Sachverhalten auseinander setzen, die mit Berliner Politik nichts zu tun haben.

Damals existierte in den USA das Steuerschlupfloch noch, von dem Herr Kaczmarek sprach, das die hoch problematischen Cross-Border-Lease-Konstruktionen ermöglichte. Vor ein paar Monaten ist dieses Schlupfloch von der US-Regierung nach langem Hin und Her geschlossen worden. Genau in dem Augenblick, in dem sich der Sachverhalt erledigt, kommen SPD und PDS mit dem Antrag „Kein Cross-Border-Leasing mehr“

und versuchen, sich als Hort finanzpolitischer Vernunft zu stilisieren und bei der globalisierungskritischen Öffentlichkeit lieb Kind zu machen. Sie müssen schon verstehen, dass sich unsere Fraktion das Grinsen nicht ganz verkneifen kann.

Seitdem die Trauben zu hoch hängen, finden auf einmal auch Sie, dass sie viel zu sauer schmecken. Als die Trauben noch erreichbar waren, fand der Senat sie noch ziemlich verlockend. Herr Zackenfels hat einiges, was vom Finanzsenat kam, zitiert. Ich füge dem einen Textbaustein hinzu, der in keiner Antwort auf kritische Kleine Anfragen gefehlt hat, und der lautete:

Das Thema, mit dem wir uns heute beschäftigen, hat konkret mit Berliner Politik zu tun, mit einer Fehlentscheidung – darauf hat der Kollege Zackenfels richtig hingewiesen. Es hat mit jahrelangen Fehlentscheidungen zu tun, die in Deutschland und in den Kommunen getroffen wurden, und mit einem Problem, das bei den Kommunen zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten führt.

Wir haben diese Diskussion aufgegriffen, weil unklar war, welche Rechtsprechung es in den USA zum Thema Cross-Border-Leasing geben wird. Der Umgang mit der veränderten Rechtsprechung in den USA – darauf hat Kollege Zackenfels auch schon verwiesen – ist in Deutschland noch nicht abschließend geklärt. Aus diesem Grund hat dieses Thema eine Relevanz, und es ist sinnvoll, sich im Parlament zu diesem Sachverhalt zu verständigen. Wir haben nicht gesagt, dass wir dazu eine monatelange Grundsatzdiskussion führen wollen. Wir haben jedoch gesagt, dass wir zu einem relevanten Themenfeld, das gerade für ein Bundesland, das zugleich Stadt ist, von erheblicher Bedeutung ist, eine grundsätzliche Positionierung finden wollen. Mehr wollen wir mit diesem Antrag nicht erreichen. Wenn sich das Parlament darauf verständigt, dem Antrag zuzustimmen – auch mit einer größeren Mehrheit als die, die die Koalitionsfraktionen realisie ren –, haben wir nichts dagegen. Wir empfänden das als Bestätigung einer richtigen Position.

[Beifall bei der PDS]

Im Übrigen, Herr Kaczmarek, würde ich den Mund nicht so voll nehmen. Was würde passieren, wenn wir den Antrag stellen würden, dass morgen Freitag ist? – Bei Ihnen würde es zu einer Intrige zwischen drei Ortsverbänden im Kreisverband Steglitz kommen, die sich über die Frage streiten würden, ob es denn machttaktisch richtig ist, dass morgen Freitag ist, oder ob es nicht sinnvoller wäre, noch zwei Extraversammlungen einzuberufen.

[Heiterkeit bei der PDS und der SPD]

Bei der FDP würde man diskutieren, ob die Frage nicht dazu führt, dass ein oder zwei Abgeordnete ausgeschlossen werden oder zu einer anderen Fraktion wechseln. Dass man in einfachen Fragestellungen mit Ihnen schnell zu einem Ergebnis kommt, würde ich nicht behaupten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Hoff! – Es folgt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und der Kollege Eßer erhält das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird ja schon viel gelacht, werter Herr Zackenfels. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, aber ein bisschen Lachen muss bei diesem Antrag schon sein. Als wir Grünen Anfang 2004 beantragt haben, dem Land Berlin und seinen Beteiligungsunternehmen alle Cross-BorderLease-Geschäfte zu untersagen, haben Sie und Ihre Fraktionskollegen von SPD und PDS diesen Antrag abgelehnt.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Was?]

[Hoff (PDS): Zu Recht!]

[Beifall bei den Grünen]

Cross-Border-Leases sind ein modernes Finanzierungsinstrument, mit dem durchaus attraktive Finanzierungsvorteile erlangt werden können.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das hat Herr Hoff gesagt?]

Nein, das hat der Senat gesagt, egal, ob Herr Lederer gefragt hat, Herr Cramer gefragt hat oder Herr Zackenfels gefragt hat, diesen Textbaustein gab es immer. Modern und attraktiv – dagegen könnten doch nur linke Spinner und die Hinterwäldler von der CSU und der Bayerischen Staatsregierung sein, aber nicht so progressive und aufgeklärte Kräfte wie die rot-rote Koalition in der Metropole Berlin, wo – so die Selbstdarstellung des Senats – die Risiken solch komplexer Transaktionen beherrschbar gemacht werden, weil in Zusammenarbeit mit erfahrenen deutschen und US-Anwaltskanzleien alle wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekte intensiv geprüft werden und die Bonität der Vertragspartner umfassend analysiert wird. – Ja, ja, die Fähigkeiten des Berliner Senats und der Landesunternehmen, auch komplizierteste Vorgänge mit wirtschaftlichem Sachverstand und der Fähigkeit zu exzellentem Risikomanagement zu bewältigen, sind weltweit bekannt und alljährlich im Beteiligungsbericht an der hervorragenden Ertragssituation der Berliner Landesunternehmen ablesbar.

Und damit bin ich bei dem Motiv angelangt, das unsere Fraktion dennoch dazu bewegt, Ihrem Antrag – trotz der Kritik an jahrelanger Untätigkeit und Schönrednerei – zuzustimmen. Erstens ist mit der Schließung des Steuerschlupflochs in den USA ja nicht ausgeschlossen, dass es andere Staaten in der Welt gibt, deren Steuergesetze ähnliche oder abgewandelte Cross-Border-Lease-Konstruktionen ermöglichen oder demnächst eröffnen werden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Debatte über den Sinn von CrossBorder-Leasing verfolgt, hat man das Gefühl, dass auch ein bisschen Unverstand im Spiel ist. Ich möchte nur auf den Beitrag von Herrn Zackenfels hinweisen. Sie sagten am Anfang, dass Gegenstände und Liegenschaften verkauft werden und dann für 99 Jahre zurückgemietet wer

den. Das ist wohl eine Verwechslung des Finanzinstruments Cross-Border-Leasing mit Sell-and-lease-back. Dementsprechend sollten wir die Debatte etwas versachlichen.

Lieber Herr Meyer! Würden Sie bitte noch einmal präzisieren, worin Ihrer tiefschürfenden Erkenntnis nach, der Unterschied zwischen einem CrossBorder-Leasing und einem Sale-and-lease-back besteht? Könnten wir uns darauf verständigen, dass wir über das Gleiche reden, aber es sich in dem einen Fall um überregionale und grenzüberschreitende Verträge handelt und in dem anderen um innerdeutsche bzw. innerländische Vertragsabschlüsse? – Sie sollten deutlicher hervorheben, was Sie meinen.

Vielleicht kreuzt ja schon nächste Woche die Bankgesellschaft beim Senat, bei der BVG oder bei Vivantes auf und erzählt von den neusten grandiosen Möglichkeiten, die sich zur Bilanzverschönerung und Liquiditätsschöpfung durch Cross-Border-Lease-Geschäfte mit einem Tochterunternehmen namens Greico auf den Caymaninseln aufgetan haben.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Genau!]

Hier für alle Fälle vorzubeugen, ist zweifellos Aufgabe und Pflicht des Parlaments. Sodann enthält Ihr Antrag noch die Pflicht des Senats, im Beteiligungsbericht die bereits abgeschlossenen Cross-Border-Lease-Verträge zu behandeln und zu bewerten. Es ist absolut sinnvoll, hier einen parlamentarischen Kontrollmechanismus in Gang zu setzen.

Man wird den bis Ende dieses Jahrhunderts laufenden Vertrag über die Messehallen im Auge behalten müssen, bei dem das Land Berlin sich im Zuge der Veränderungssperre, in Bezug auf den Messebetrieb leichtfertig ausgeliefert hat und den es frühestens im Frühjahr 2029 kündigen kann. Man wird sich mit der Problematik der etwa zwei Dutzend US-Lease-Verträge auseinandersetzen müssen, in die die BVG Straßenbahnwagen, U-Bahnwagen, IT-Systeme und Signalanlagen eingebracht hat. Nicht nur, dass ich – wie die meisten Berliner – keine Lust habe, noch auf Jahre hinaus mit dem Rappelkasten namens „Gisela“ zu fahren, sondern um den ernsten Kern des Problems anzudeuten: Nach gründlichem Studium der Verträge werden Sie uns Grünen vermutlich noch dankbar sein für die Idee, die gesamte immobile und mobile Infrastruktur der BVG in eine landeseigene Infrastrukturgesellschaft einzubringen, weil möglicherweise nur noch dadurch die Nutzung der in die USA verleasten Vermögensbestände sichergestellt werden kann, wenn ausgeschrieben wird.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

Abschließend noch eine Bemerkung zu Herrn Zackenfels, der manchmal etwas verärgert wirkte, dass wir uns so lustig machen über die absurde Verspätung des Antrags. Wenn es stimmt, was der Parlamentsflurfunk berichtet, dass nämlich der Antrag der SPD rund ein Jahr bei Ihrem Koalitionspartner – den ach so großartigen Globalisierungskritikern von der PDS – herumgelegen hat, dann leiste ich bei Ihnen persönlich Abbitte.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Eßer! – Es folgt die Fraktion der FDP, und das Wort erhält Herr Kollege Meyer. – Bitte schön!

Die Gefahren, die sich aus diesen Geschäften ergeben, wurden für die bereits abgeschlossenen Verträge hinlänglich geschildert. Wenn sich das Land Berlin, die Landesverwaltung und die Beteiligungen des Landes Berlin in der Vergangenheit vertragskonform verhalten haben, gibt es gerade für das Land Berlin keine Risiken. Dementsprechend wehren wir uns gegen eine pauschale Kritik und gegen eine pauschale Form der Ablehnung eines Finanzinstruments, das genau genommen nichts anderes ist als die Pachtung und dann Zurückvermietung eines Wirtschaftsgutes.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Zackenfels?

Natürlich, gerne!

Bitte schön!

Cross-Border-Leasing meint, um Ihre Frage zu beantworten, Herr Zackenfels, einen Vertrag, bei dem das Eigentum nicht aus deutscher steuerrechtlicher Sicht übertragen wird.

[Zackenfels (SPD): Aber aus amerikanischer!]

Vielleicht aus US-amerikanischer, aber das interessiert uns nicht, denn wir sind hier in Berlin, in Deutschland und nicht in Amerika. Herr Zackenfels, Sie können sich eine weitere Zwischenfrage sparen. Ich werde sie nicht zulassen. Das, was Sie vorhin formuliert haben, ist sachlich nicht richtig. Darauf habe ich hingewiesen.

Wir können uns diesem Antrag nicht anschließen. Wenn wir uns vergegenwärtigen, was für Möglichkeiten es gibt, um kurzfristig Haushaltsentlastungen für das Land Berlin zu erreichen, erscheint das Cross-Border-Leasing als sinnvolles Instrument, als eine Ergänzung zu anderen Formen. Nur weil es in den Vereinigten Staaten eine Änderung der Rechtslage gegeben hat, heißt das nicht, dass das Land Berlin dieses Instrument mit anderen Ländern nicht mehr nutzen kann. Es geht nicht darum, sich grundsätzlich für oder gegen Cross-Border-Leasing auszusprechen, sondern wir müssen in jedem Einzelfall entscheiden können. Diese Entscheidungsfreiheit möchte sich die FDP-Fraktion nicht nehmen lassen. Wir müssen entschei

CDU, SPD, PDS und die Grünen wollen sofort abstimmen. Die FDP möchte das nicht. Also stimmen wir über die Sofortabstimmung ab. Wer sofort abstimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die genannten Fraktionen. Die Gegenprobe! – Das ist die FDP. Enthaltungen? – Keine. Damit ist die Mehrheit für die Sofortabstimmung.

Ich lasse demnach über den Antrag von SPD und PDS „Kein Cross-Border-Leasing“ abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU, SPD, die Grünen und die PDS. Die Gegenprobe! – Das ist die FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das mit großer Mehrheit angenommen.

den könne, ob es zum Vorteil des Landes ist, einen CrossBorder-Leasingvertrag abzuschließen, oder nicht. Wenn es auch künftig so ist, dass die Risiken so stark überwiegen, wie in den Vorreden dargestellt, dann steht es dem Senat, den geschäftsführenden Vorständen in AöRs und der Mehrheit hier im Haus frei, diese Verträge nicht abzuschließen.

[Spindler (PDS): Lesen Sie die 2 000 Seiten?]

Nein, ich nicht.