Protocol of the Session on March 7, 2002

Bitte schön, Herr von Lüdeke!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wird nach Abschluss der Neugestaltung des Pariser Platzes und der Sanierung des Brandenburger Tors in diesem Jahr das Tor für den Kraftfahrzeugverkehr in beide Richtungen geöffnet? Wenn nein, warum nicht?

Herr Senator Strieder hat das Wort zur Beantwortung. – Bitte, Herr Bausenator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Das Brandenburger Tor wird nicht für den Verkehr in beide Richtungen geöffnet werden, weil es dafür keinen Bedarf gibt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der PDS – Ha, ha! von der CDU]

Der Kfz-Verkehr wird in Richtung Osten derzeit über die Behrenstraße geführt. Jetzt ist die Dorotheenstraße noch zusätzlich geöffnet worden. Wir haben in diesem Bereich des Ost-WestVerkehrs keinerlei Probleme.

Und wir haben die Aufenthaltsqualität des Pariser Platzes als einen der wichtigsten Plätze in Berlin zu beachten. Wenn er noch mehr als heute vom rollenden Verkehr überflutet werden würde, könnte er seine Funktion als ein Schmuckstück und ein Treffpunkt von Berlin nicht mehr erfüllen. Das wollen wir nicht.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Eine Nachfrage von Herrn Kollegen von Lüdeke. – Bitte schön!

Herr Senator Strieder! Wenn man die Tageszeitungen der letzten Tage verfolgt, dann stellt man fest, dass einige Straßen in Mitte kurz davor stehen, gesperrt zu werden für den Kfz-Verkehr, dass darüber hinaus der Rückbau der Leipziger Straße geplant ist. Wenn man sich dazu die Ergebnisse der ADAC-Studie vergegenwärtigt, haben wir zurzeit einen zusätzlichen Verkehr in Ost-West-Richtung von ca. 30 Prozent. Wie wollen Sie dieses Verkehrsproblem lösen?

[Niedergesäß (CDU): Mit der U 5! – Over (PDS): Ohne ADAC!]

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Nicht jede Fehlmeldung in einer der gegenwärtig gut aufgelegten Medien der Stadt lohnt es, im Parlament diskutiert zu werden. Es gibt keine Absicht, Straßenreparaturen in Berlin hintanzustellen, sondern es gibt neue Prioritäten.

Wenn die Rathausbrücke stabil ist und nur deshalb erneuert werden soll, weil zurzeit noch der Bund mitfinanzieren würde, es aber einen Erneuerungsbedarf nicht gibt, dann muss die Brücke nicht erneuert werden. Wenn die Grunerstraße neu angelegt wird, wird sie neu angelegt. Wir verfolgen nichts anderes als die Pläne, die wir im Planwerk Innenstadt zu Zeiten der großen Koalition schon verabschiedet haben. Es wird keine Frequenzeinschränkungen auf der Leipziger Straße geben.

Wir haben im Gegenteil gesagt – was früher nicht möglich war –, dass die Französische Straße durchgebunden werden soll und wir damit sogar eine zusätzliche Ost-West-Verbindung

bekommen. Die Öffnung des Brandenburger Tores für die Fahrtrichtung Osten ist völlig unerheblich für die Frage der Leipziger Straße. Für die Kapazität der Leipziger Straße ist die Leistungsfähigkeit zwischen Leipziger Platz und Markgrafenstraße bestimmend. Alles das, was im Weiteren geschehen wird, wird nicht zu einer Kapazitätsminderung auf der Leipziger Straße führen. Es gibt keinen Grund, sich darüber zu echauffieren.

Das Entscheidende ist, dass wir in Berlin an wichtigen historischen Orten auch wieder Stadtqualität zurückgewinnen können, dass wir nicht die Schneisen, die in der Vergangenheit die autogerechte Stadt in die Struktur der Stadt geschlagen hat, für heilig und sakrosankt erklären.

[Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Berlin braucht auf der einen Seite Mobilität – die werden wir gewährleisten –, und auf der anderen Seite eine Stadtgestaltung, die Vitalität und Urbanität in die Mitte, die Geburtsstätte von Berlin zurückbringt. Das sind die Stärken von Berlin als gemischter Stadt. Daran weiter zu arbeiten ist das, was wir uns vorgenommen haben.

[Beifall bei der SPD]

Der Abgeordnete von Lüdeke hat keine weitere Nachfrage. – Dann nehmen wir, wer sollte es anderes sein, Herrn Cramer von Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte schön, Herr Cramer!

Herr Strieder! Sie können sich ja noch daran erinnern – da saßen Sie am Kabinettstisch –, dass Ihr Vorgänger 1998 beschlossen hat, den Autoverkehr wieder durch das Brandenburger Tor zu leiten – „für zunächst acht Monate“, wenn die Dorotheenstraße wieder in Betrieb genommen wird. Am 22. Oktober 2001 ist die Dorotheenstraße wieder eröffnet worden. Warum haben Sie das Versprechen Ihres Vorgängers, an dem Sie als Senatsmitglied beteiligt waren, nicht unverzüglich umgesetzt?

Bitte schön, Herr Senator Strieder!

Herr Abgeordneter! Die Frage ist ganz einfach zu beantworten: Weil es uns fern liegt, eine ideologische Verkehrspolitik zu machen. Wir wollen in der Berliner Innenstadt Mobilität garantieren. Dazu gehört auch das Auto. Dazu gehören auch die Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs.

[Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Wir haben den Eindruck, dass wir gegenwärtig die Ost-WestDurchfahrung beim Brandenburger Tor und über den Pariser Platz brauchen, um die Verkehre abwickeln zu können. Das zeigt auch das tägliche Bild: Der Verkehr in der Innenstadt rollt. Ich glaube, dass der Pariser Platz trotzdem ein Platz ist mit hoher Aufenthaltsqualität. Deswegen gibt es nur ideologische Gründe, gegenwärtig die Durchfahrung durch das Brandenburger Tor zu stoppen. Deswegen haben wir uns dazu nicht in der Lage gesehen. Wenn es keine Notwendigkeit gibt, wollen wir den Verkehr auch nicht regulieren.

Jetzt hat Frau Matuschek von der Fraktion der PDS das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte, Frau Matuschek!

Herr Strieder! Stimmen Sie mit mir überein, dass dieser Platz am Brandenburger Tor vorrangig ein Touristenmagnet ist für Berlin als Weltstadt und weniger ein Verkehrsplatz für das Durchrollen mit dem Individualverkehr? Stimmen Sie mit mir darin überein, dass der Pariser Platz eine internationale Bedeutung als Touristenmagnet hat?

Herr Senator Strieder!

(A) (C)

(B) (D)

Frau Abgeordnete! Als Erstes lohnt es sich festzuhalten, dass die Debatte über die Öffnung des Brandenburger Tors, wie Sie hier von Herrn von Lüdeke begonnen und von Herrn Cramer weitergeführt worden ist,

[Niedergesäß (CDU): Von Ihnen auch!]

nicht gerade ein Zeichen des Mentalitätswechsels in Berlin ist.

[Dr. Lindner (FDP): Auf den kommen wir noch!]

Dass wir also immer noch die Themen von Anfang der 90er Jahre in dieser Ideologie hier behandeln – na ja, da könnte man auch ein Stück weiter sein.

[Beifall bei der SPD]

Zweiter Punkt: Der Pariser Platz ist ein ganz wichtiger Platz, natürlich auch für Touristen, aber auch für die Berlinerinnen und Berliner. Aber er ist keine Fußgängerzone, keine Bummelmeile, er ist trotz der Möglichkeit, von Osten nach Westen durch das Brandenburger Tor zu fahren, ein Platz, an dem man sich gut aufhalten kann, an dem man Lokale und Restaurants besuchen kann. Und wenn wir diesen Platz jetzt fertiggestellt haben mit der neuen Pflasterung, bin ich sicher, dass dann auch optisch der Platzcharakter deutlich wird, eine Verlangsamung des Verkehrs dort eintreten und noch eine größere Aufenthaltsqualität erreicht wird. Das reicht dann aber auch. Ich finde, die Stadt hat wichtigere Themen als die Frage: „Tor auf oder Tor zu?“

[Beifall bei der SPD – Niedergesäß (CDU): Den sozialistischen Wohnungsbau!]

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt möchte der Abgeordnete Niedergesäß eine Nachfrage stellen. – Bitte, Herr Niedergesäß!

Ich wollte den Herrn Senator einmal fragen, ob die 400 Millionen, die er für die U 5 bisher verbuddelt hat,

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Wer hat die denn mitverbuddelt? Schon wieder Amnesie da drüben?]

nicht wieder aufleben lassen will, um damit eventuell das Verkehrsproblem Ost-West ein bisschen besser zu befördern.

Herr Senator Strieder!

Das ist ein Zeichen des Mentalitätswechsels bei Herrn Niedergesäß, dass die Frage: „Tor auf oder Tor zu?“ abgelöst wird durch die Frage: „U 5 weiterbauen oder nicht?“

[Beifall bei den Grünen]

Aber so richtig neu ist das auch wieder nicht.

Die U 5 fertigzubauen ist eine Frage der Kosten-Nutzen-Analyse. Und die Kosten für die Fertigstellung der U 5 überwiegen den verkehrlichen Nutzen in der Innenstadt bei Weitem. Ich finde, es ist notwendiger, dass wir die soziale Infrastruktur in Ordnung halten, dass wir uns um Schulen, Bäder, um Kindertagesstätten und um Krankenhäuser kümmern. Die U 5 gehört nicht zu den prioritären Projekten in Berlin.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Senator! Das waren vier Nachfragen.

Nunmehr rufe ich auf die Frau Abgeordnete Dr. Klotz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu einer Anfrage über das Thema