Protocol of the Session on September 23, 2004

c) Beschlussempfehlung

Stärkung der Familien II – weitere lokale Bündnisse für Familien unterstützen

Beschlussempfehlung JugFamSchulSport Drs 15/3155 Antrag der CDU Drs 15/2820

d) Beschlussempfehlung

Stärkung der Familien III – keine Schließung der Familienberatungsstelle für türkische Familien in der Fennstraße (Wedding)

Beschlussempfehlung JugFamSchulSport Drs 15/3156 Antrag der CDU Drs 15/2821

Für die gemeinsame Beratung haben wir uns verständigt, den Fraktionen eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung zu stellen. Es beginnen die Antragsteller. Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Rabbach. – Bitte sehr!

Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! „Wetten, dass?“ – Der Regierende Bürgermeister guckt ganz aufgeregt. Es wirkt wie ein pawlowscher Reflex, wenn wir von „Wetten, dass?“ reden.

[RBm Wowereit: Das ist auch gut so!]

Ich meine aber gar nicht Sie, sondern ich will darauf wetten, dass die Redner der Koalition, die mir gleich folgen werden, die Leistungen des Senats und dieser Koalition, was die Familien betrifft, schönfärben und vernebeln werden, wie sie es auch im Ausschuss schon gemacht haben. Ich wette auch darauf,

[Dr. Arndt (SPD): Sind wir im Wettbüro?]

dass das Plenum der Empfehlung des Ausschusses für Jugend, Familie, Schule und Sport folgen und diese richtungsweisenden Anträge der CDU-Fraktion mit den Stimmen der Koalition ablehnen wird. Nach über einer Stunde Diskussion über „Berliner Spitzen-Tanz“ – unbestritten auch ein wichtiges Thema – sollten wir uns eine knappe halbe Stunde Zeit nehmen, um über die Situation der Familien in dieser Stadt zu reden

Sie setzen ein Signal. Nach der OECD-Studie ist es das falsche Signal, wenn Sie sich eine Bevölkerungsgruppe aussuchen und für diese die Kitagebühren erhöhen. Gleich denken alle – zum Teil vielleicht zu Unrecht –, dass sie auch mehr bezahlen müssen, und das in einer Zeit, in der

Sie ohnehin die Personalausstattung in den Kindertagesstätten verschlechtert haben. Insgesamt gesehen ist die Situation der Familien bezüglich der Kitas schlechter als zuvor.

Ein anderes Beispiel ist die Streichung der Lernmittelfreiheit. Sie betrifft ausschließlich Familien. Auch durch sie ist die finanzielle Situation der Familien verschlechtert worden. Ob es Hilfsprogramme für Familien, die Sozialhilfe beziehen, gibt, spielt keine Rolle. Das Signal ist: Bei Familien wird gestrichen.

Mit unseren vier Anträgen wollen wir die Verhältnisse in Berlin erst einmal darstellen: Was wurde in den letzten Jahren bezüglich der Familien unternommen? – Wir wollen auch, dass alle Maßnahmen des Senats und dieses Parlaments darauf untersucht werden, ob sie familienfreundlich sind oder nicht. Das will die Koalition natürlich nicht, weil sie dann prüfen müsste, ob Beschlüsse, die für die Familien schädlich sind, gefasst werden oder nicht. Deswegen will man das nicht.

Herr Abgeordneter! Ihre Redezeit ist beendet. Kommen Sie bitte zum Schluss!

[Beifall bei der CDU]

und dieses Thema nicht versenken, wie es immer wieder einmal vorkommen muss, um die Sitzung nicht zu verlängern.

[Mutlu (Grüne): Schauen Sie mal, wie voll Ihre Reihen sind!]

Wenn Sie eine Zwischenfrage stellen würden, aber nur eine sinnvolle, hätte ich nichts dagegen, Herr Mutlu!

Der OECD-Bericht, von dem jetzt viel die Rede ist, der die Zeitungen füllt, erteilt dem deutschen Bildungssystem schlechte Noten. Die Berlin-Studie tut das Gleiche für die Situation der Familien und Kinder in dieser Stadt. Und Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben die schlechten Noten genauso verdient wie das deutsche Bildungssystem, und Sie haben genau die gleichen schlechten Noten verdient für Ihre Leistungen in den letzten Jahren hinsichtlich der Situation der Familien.

Nun sonnt sich Herr Böger – er ist nicht da; Herr Wowereit, vielleicht können Sie es ihm bestellen – immer in der hohen Zahl der Kitaplätze in Berlin.

[Mutlu (Grüne): Wo ist er denn überhaupt?]

Ja, wo ist er denn? – Alle, die schon ein bisschen länger dabei sind – und mir können Sie ansehen, dass ich schon ein bisschen länger dabei bin –, wissen, dass diese hohe Zahl den CDU-geführten Senaten vom Jahre 1981 an zu verdanken ist. Als ich – ab 1985 – Stadtrat in Charlottenburg war, wurde 1986 von Frau Laurien – im Übrigen in Zusammenarbeit mit Herrn Rexrodt, der seinerzeit Finanzsenator war – ein voluminöses Kitabauprogramm aufgelegt. Und diesem Bauprogramm von 1985 bis 1989 haben wir auch die hohe Zahl der Kitaplätze in Berlin zu verdanken.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Anschließend kam Herr Momper mit seinem Senat an die Regierung. Da wurde monatelang gegen die damalige Koalition gestreikt, weil sich die Verhältnisse in den Kitas spürbar verschlechtern sollten.

Aber ich will Sie nicht mit den Geschichtszahlen aufhalten, sondern Ihnen an zwei Beispielen erläutern, dass sich die Verhältnisse der Familien in Berlin erheblich verschlechtert haben, zum einen durch die Erhöhung der Kitagebühren. Herr Böger hat neulich im Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport gesagt, davon seien allein die Besserverdienenden betroffen. Haben es denn die so genannten Besserverdienenden verdient, dass sie plötzlich erheblich höhere Kitagebühren bezahlen, wenn Sie Kinder, auch mehrere Kinder haben?

[Zuruf der Frau Abg. Senftleben (FDP)]

[Beifall der Frau Abg. Grütters (CDU)]

Ich will mir einmal einen der vier Anträge aussuchen.

Ich will nur noch diese zwei Sätze sagen. – Das ist der Antrag über die Schließung der Familienberatungsstelle für türkische Familien im Wedding. – Frau Knake-Werner, gut, dass Sie gerade kommen! – Da hat uns doch Ihr Ausländerbeauftragter – er heißt jetzt anders, aber der Kürze wegen sage ich es mal wieder so, wie er an sich heißen sollte –

[Gaebler (SPD): Zwei Sätze!]

den Zuschuss gestrichen. Diese 22 Jahre lang gut arbeitende Familienberatungsstelle wird geschlossen. Dafür bietet er uns im Ausschuss eine Beratungsstelle für libanesische Frauen an. So einen Unfug habe ich schon lange nicht mehr gehört. Sie sollten Herrn Piening einmal veranlassen – das ist jetzt mein letzter Satz, Frau Vizepräsidentin! –, ein Praktikum im bezirklichen Sozialdienst zu machen, möglichst im Wedding. Dann würde er nämlich wissen, dass man das überhaupt nicht machen kann, die türkischen Familien in eine Beratungsstelle für libanesische Frauen zu drängen.

Jetzt ist aber der Punkt fällig!

Insofern bitte ich Sie herzlich, in sich zu gehen und den vier Anträgen der CDU-Fraktion zuzustimmen.

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Barth. – Bitte sehr!

Ganz nebenbei will ich nur noch darauf verweisen: Wenn Sie schon Anträge zur Familienpolitik einbringen, Herr Rabbach – – Das halte ich für notwendig, denn dieses Thema Familienpolitik hat uns ja auch sehr oft beschäftigt. Ich denke nur an die Zeit, als wir in der Opposition waren und uns darüber aufgeregt haben, dass es so nicht weitergehen kann. Insofern hätte ich von Ihnen erwartet, dass Sie zum Kernproblem kommen, und aus meiner Sicht ist das Kernproblem, dass wir in Berlin sehr viele Familien haben, die unter der Armutsgrenze leben.

Ja! Befassen Sie sich doch mit der realen Situation, und dann finden wir auch wieder einen Weg, wo wir gemeinsam über Familienpolitik reden können. Also: Bringen Sie sich hier richtig ein und nicht mit solchen Schaufensteranträgen!

Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt Frau Pop das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Herr Rabbach, wir haben diese Anträge im Ausschuss hinreichend diskutiert. Ich kann auch nach Ihrer Rede nur schwer nachvollziehen, warum Sie heute noch eine Debatte führen wollen.

[Rabbach (CDU): Ja, nicht nur Tanz diskutieren!]

Mit Ihrer Aussage, es seien „richtungsweisende“ Anträge, habe ich ein Problem. Bei einer genauen Betrachtung der Inhalte dieser Anträge muss man zu der Erkenntnis kommen, dass Sie eigentlich nicht wirklich die Familien stärken wollen. Sie haben drei Anträge zur Stärkung der Familien – I, II und III eingebracht. Gestatten Sie mir, zu Ihren vier Anträgen kurz etwas zu sagen.

Im ersten Antrag – ich sage es in Kurzform – ging es darum, die Belastungen zu messen, zu erfassen. Ja, das ist eine interessante Frage. Aber wenn man alles einbezieht, was die Berliner Familien an zumutbaren Dingen verkraften müssen, Herr Rabbach, dann gelten die Maßnahmen mit, die auf der Bundesebene eingeleitet wurden, Beispiel Gesundheitsreform. Und so weit mir bekannt ist, haben Sie doch auch die Gesundheitsreform mitgetragen. Oder sehe ich das falsch? – Der nächste Berliner Familienbericht wird uns übrigens alle notwendigen Daten liefern, und einen weiteren, zusätzlichen Bericht brauchen wir nicht. Das ist nur Beschäftigung der Verwaltung.

[Zuruf der Frau Abg. Schultze-Berndt (CDU)]

Deswegen haben wir ihn abgelehnt.

In Ihrem zweiten Antrag wollen Sie einen Bericht über die Erziehungs- und Familienberatung haben. Ihre Kolleginnen und Kollegen, die im Hauptausschuss sitzen, wissen doch, dass dazu auch im Hauptausschuss eine Debatte erfolgt ist und dass in dem Bericht, der zu Grunde lag, darauf verwiesen wurde, dass nach dem Abschluss der ersten Vertragsphase sowieso ein Bericht angefertigt wird. Also ist auch dieser Antrag damit erledigt.