Protocol of the Session on June 3, 2004

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP]

Etwas anderes ist auch wichtig: Wir, meine Mitarbeiter und ich, haben das Verfahren stets in jeder Phase absolut offen und transparent geführt. Wir haben den Investoren vor allem den Eindruck vermittelt, dass wir nicht taktieren und dass sie nicht über den Tisch gezogen werden. Denn das muss man auch wissen: Einen guten Preis bekommt man nur, wenn man mehrere Wettbewerber hat. Mit einem oder zweien gibt es niemals einen wirklich guten Preis. Jeder Wettbewerber, der in ein derartiges Ver

Sen Dr. Sarrazin

Wir haben es geschafft, bei den Wohnungsbauunternehmen in den vergangenen beiden Jahren wesentlichen Boden gutzumachen. Als ich dieses Amt vor zweieinhalb Jahren übernahm, waren alle Unternehmen in laufenden Verlusten. Seitdem haben wir die Anschlussförderung abgeschafft, es wurden Katastrophenszenarien gemalt, auch von einigen in diesem Raume hier – da hat sich gerade einer gemeldet –, was dies bedeuten würde für die Bilanzen unserer landeseigenen Gesellschaften. Sie haben alles üppig mit Rückstellungen für Verbindlichkeiten berücksichtigt, alles wunderbar in den Bilanzen untergebracht, ich bin sicher, in den meisten Fällen an der Obergrenze des bilanzrechtlich überhaupt Möglichen – und es ist überwunden. Im letzten Jahr sind trotz dieser Kraftanstrengung wegen der Anschlussförderung, vielleicht auch wegen dieser Anstrengung und dieses Schocks erstmals die Gewinne wieder gestiegen, nicht groß, aber doch auf relativ breiter Front, und die Schulden sind gesunken. Jawohl, die Schulden unserer Wohnungsbaugesellschaften sind im letzten Jahr gesunken, von 10,2 Milliarden € auf 9,8 Milliarden €. Das heißt, neben dem, was wir hier im Augenblick verdienen mit diesem Verkauf, haben wir im letzten Jahr implizit an Substanz diesen Betrag verdient: 400 Millionen €. In meiner Zuständigkeit sage ich den Unternehmen: Macht nur weiter so, 400 Millionen € pro Jahr sind in 10 Jahren 4 Milliarden € weniger Schulden. Und dann gibt es irgendwann auch ganz andere Preise. Und daran arbeiten wir, obwohl die Mieten kaum gestiegen sind, aber die Auslastung der Unternehmen ist gestiegen. Und daran arbeiten wir, obwohl weiterhin kräftig instandgehalten wurde. Es wurde nicht auf Kosten der Unternehmenssubstanz eingespart. Das, was private Investoren können, können wir u. U. nicht in diesem ganzen Umfang, aber teilweise können wir es auch. Wir müssen uns in unseren eigenen Beteiligungen nur mehr anstrengen. Das ist richtig. Sie nannten die Kosten der Beteiligungen – 780 Millionen € –. Man muss dazusagen, 60 % des Zuschusses – 420 Millionen € – sind allein für die BVG. Dieser Zuschuss wird immer in irgendeiner Weise erforderlich sein.

fahren geht, investiert, wobei er nicht weiß, ob er gewinnt, einen Betrag von mehreren Millionen €. Das ist schon hart. Und er investiert sehr viel Manpower und auch sehr viel moralische Kraft. Das heißt, die Bewerber kommen nur, wenn sie wissen, dass sie im Endergebnis ordentlich und seriös behandelt werden, wenn sie wissen, dass eine ernsthafte Verkaufsabsicht besteht und wenn der Prozess absolut geordnet und sauber ist. Das konnten wir sicherstellen, und das schafft Vertrauen auch bei denen, die am Ende unterliegen. Das ist auch gut so, weil wir noch das eine oder andere im nächsten Jahrzehnt verkaufen werden.

Deshalb können wir auch aus diesen Abläufen etwas lernen: Transparenz ist entscheidend wichtig. Einfache Verträge, die jeder beim ersten Durchlesen fast verstehen kann, sind ebenfalls entscheidend wichtig. Das schafft Vertrauen bei den Investoren, nicht nur im Abgeordnetenhaus. Es kommt darauf an, dass man solch einen Prozess ernsthaft betreibt, dass man ihn zügig betreibt, dass man aber auch immer deutlich macht, dass man nicht unter Verkaufsdruck ist. Die Angst, bei generell unzureichenden Angeboten könnte doch vielleicht gar nicht verkauft werden, schadet nie und treibt die Investoren. Es hat sich andererseits gezeigt: Es gibt zum Verkaufen richtige Zeitpunkte. Die weiß man nicht vorher, aber bereits marginale Unterschiede können Gewaltiges bewirken. Das Angebot, das wir jetzt angenommen haben, und das Angebot, das wir vor anderthalb Jahren abgelehnt haben, das war der Unterschied zwischen der zehnfachen und der elffachen Bruttomiete – mehr nicht. Nur wegen der gewaltigen Unternehmensschulden bedeutete das für uns eine Verdoppelung des Kaufpreises. Deshalb immer darauf achten, dass man zum richtigen Zeitpunkt verkauft!

Und vor allen Dingen, das ist wichtig, ein Unternehmen verkauft sich dann umso besser, wenn es nicht nur einfach ist, wenn sämtliche Risiken klar auf dem Tisch liegen, sondern wenn man auch den Bieter davon überzeugen kann, dass das, was man verkauft, grundsätzlich rentabel geführt werden kann. Deshalb können ansanierte oder am besten noch durchsanierte Unternehmen grundsätzlich besser verkauft werden als Unternehmen in komplizierten betriebswirtschaftlichen Lagen.

Wie geht es nun insgesamt weiter mit der Privatisierung? – Wir haben hieraus einiges gelernt, zunächst einmal unabhängig davon, ob man Unternehmen verkauft oder nicht verkauft: Man muss in der Unternehmensführung immer so tun, als ob man sie übermorgen verkaufen wollte, denn das bringt den Druck hinein,

[Beifall bei der SPD]

und den braucht man auch. Der Eigentümer Land hat in der Vergangenheit vielleicht einfach nicht genügend Druck gemacht auf bestimmte Resultate, sondern hat damit politische Ziele verfolgt, was auch legitim ist, aber eben keine betriebswirtschaftlichen. Und wenn ein Unternehmen merkt, dass die Kosten nicht so wichtig sind, dass der Gewinn nicht so wichtig ist und dass ein bisschen Verlust auch nicht zu negativen Konsequenzen für die

Geschäftsführung führt, dann ist es eben so, wie es ist: Dann wird es am Ende geführt wie eine Abteilung einer öffentlichen Verwaltung,

[Frau Oesterheld (Grüne): Was?]

Und genau das wollen wir gerade nicht.

[Dr. Lindner (FDP): Aber nicht in dieser Höhe!]

In dieser Höhe liegt der Zuschuss für die BVG. – Die übrigen Zuschüsse sinken kontinuierlich. Etwas anderes sollten Sie bitte auch nicht vergessen: Wir haben im letzten Jahr den Verlust bei den landeseigenen Unternehmen gesenkt beziehungsweise den Unternehmensgewinn um insgesamt knapp 900 Millionen € gesteigert. Das muss man sich auch einmal vor Augen führen – in zwei Jahren Beteiligungsverwaltung 900 Millionen € an Substanzverzehr beseitigt. Das ist ein Weg, den wir weitergehen werden, dann nicht mit diesen Raten, aber insgesamt sind die Beteiligungen des Landes auf dem Weg in die richtige

Sen Dr. Sarrazin

Es gibt öffentliche Eigentümerschaft, die überhaupt nicht für die Wahrnehmung sozialer Verantwortung spricht – darauf komme ich gleich noch –, und es gibt auch die Möglichkeit, trotz Privatisierung weiter soziale Verantwortung wahrzunehmen. An der Stelle ist – ich habe schon versucht, das in der Begründung dieser Aktuellen Stunde zum Ausdruck zu bringen – der GSW-Vertrag tatsächlich ein Beweis, weil er nämlich zeigt, dass man über das Festschreiben von politisch Gewünschtem, garniert mit den entsprechenden Konventionalstrafen, auch das

durchsetzen kann, was man politisch durchsetzen möchte, über den Tag der Privatisierung hinaus. Wir können jetzt darüber streiten, ob alles das, was darin steht, sinnvoll ist. Ich persönlich bin nicht unbedingt der Auffassung, dass der Vorteil, bis zum Jahr 2012 ein Aufsichtsratsmitglied stellen zu dürfen, so wichtig gewesen wäre, dass man auf den letzten Schlag Kaufpreis noch verzichten müsste. Man kann über jeden einzelnen dieser Vorteile streiten, die in dem Vertrag genannt werden. Aber eines ist klar – und damit kommen wir zu dem Teil dieser Aktuellen Stunde, der über die GSW hinausgehen soll: Der Vertrag stellt unter Beweis, dass man seine soziale Verantwortung aus der Politik heraus oder auch – was man sonst immer für politisch gewünscht halten mag –über den Tag hinaus sichern kann. Und damit werden alle Kollegen in allen Fraktionen sich mehr und mehr der Frage stellen müssen, ob es überhaupt sinnvolle Gründe gibt, weiterhin dauerhafte Beteiligungen an Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, zu halten.

Richtung. Und das gehört auch zu ihrem Thema, Herr Lindner, auf das ich abschließend noch einmal eingehe.

Wenn wir eine Beteiligungspolitik machen, die den inneren Wert der Unternehmen steigert, die die betriebswirtschaftlichen Reserven hebt, so gut wir dies als Land können, und wenn wir das richtig machen, ist die Frage, ob wir das eine oder andere Unternehmen heute oder morgen oder vielleicht gar nicht verkaufen, nicht mehr so relevant. Das Problem unserer Beteiligungen war nicht, dass sie Beteiligungen waren – Bayern führt seit Jahrzehnten in hohem Umfang rentable staatliche Beteiligungen –, sondern dass sie größtenteils unrentabel waren. Und das gilt es in der Tat zu beseitigen. Insoweit stimme ich mit Ihnen überein. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke, Herr Senator! – Wir treten jetzt in die zweite Rederunde ein. Es beginnt wiederum die FDP. Das Wort hat der Abgeordnete Matz. – Bitte sehr!

Herr Dr. Nelken! Das Prinzip der negativen Auslese – ich habe Ihnen genau zugehört – hat jetzt mich ans Rednerpult gespült.

[Zurufe von der SPD und der PDS]

Entschuldigung! Ich habe genau gehört, was der Kollege Nelken gesagt hat.

[Liebich (PDS): Ist doch gut!]

Er hat seine eigene Auffassung darüber, wie bei anderen Fraktionen die Redner bestimmt werden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde, dass wir uns auch mit dem kritisch auseinander setzen sollten, was Frau Oesterheld in der ersten Rederunde gesagt hat. Frau Oesterheld! Sie haben ganz pauschal in diese Richtung gezeigt und gesagt: „Ihnen ist die soziale Verantwortung sowieso egal.“ – Dazu sage ich Ihnen: Mir ist die soziale Verantwortung überhaupt nicht egal. Mir ist die soziale Verantwortung ausgesprochen wichtig.

[Zuruf der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Aber Sie unterliegen einem Irrtum. Ihr Irrtum ist, öffentliche Eigentümerschaft mit sozialer Verantwortung gleichzusetzen. Das ist ein ganz großer Fehler. Das hat überhaupt nichts miteinander zu tun.

[Beifall bei der FDP – Dr. Lindner (FDP): Richtig!]

[Beifall bei der FDP]

Es geht nicht darum, einen Privatisierungsgott anzubeten – ich bin sowieso Mitglied der Evangelischen Kirche, deswegen wäre es mir auch verboten, das zu tun –, aber es kommt bei den Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, sehr stark darauf an, dass Sie Beteiligungen an solchen Unternehmen noch sinnvoll begründen können. Die Vorteile solcher Beteiligungen gehen zunehmend gegen Null. Das Beispiel Vivantes ist ein sehr gutes dafür. Da wurde immer aufgezählt, wir wenden den BAT an, das ist gut für die Mitarbeiter. Was müssen die Mitarbeiter jetzt in Kauf nehmen? – Einen Sanierungstarifvertrag, der ihnen Abschläge zum BAT einbringt. Das hätte man in einer anderen Eigentümerschaft genauso haben können, ist vielleicht Ihre Kritik, aber es spricht zumindest nicht mehr für die öffentliche Eigentümerschaft.

Oder da gibt es die Ausbildungskapazitäten an der Ergotherapieschule. Vivantes hat eine Weiterfinanzierung längst abgelehnt. – Es gab einmal den Storchenwagen, eine große Errungenschaft, von der man sagte, den zahlt Vivantes. – Es gibt ihn nicht mehr.

Die Versorgungssicherheit wird als Argument aufgeführt. Die Versorgungssicherheit besteht in Berlin zu 70 % aus Nicht-Vivantes-Krankenhausbetten. Deswegen schon allein ist es eine alberne Vorstellung, die Versorgungssicherheit hierüber zu sichern. – Als ich diese Argumente wiederholt in den Ausschüssen genannt habe, wurde es immer absurder. Inzwischen behauptet die Gesundheitssenatorin sogar, man brauche für die Behandlung von Obdachlosen und Drogenabhängigen unbedingt öffentliche Krankenhäuser. Darüber ärgern sich alle anderen Krankenhäuser in Berlin, die hier sehr gute Arbeit leisten und die in sehr schwierigen Umgebungen – wie beispielsweise das Jüdische Krankenhaus in Wedding – einen Beitrag zu solcher Behandlung leisten.

Schade, dass ich nicht mehr Zeit habe, um noch einige grundsätzliche Punkte anzusprechen. Beispielsweise könnte man noch darüber reden, dass auch bei der Ge

Sie – ob nun Vertreter der FDP- oder der CDUFraktion – werden allerdings nicht umhin kommen, sich noch einmal detaillierter zu dem aktuellen Vertragswerk zu äußern. Sie können nicht einerseits behaupten – ich

habe das aus dem Beitrag von Herrn Matz auch noch einmal herausgehört –, das vorliegende Vertragswerk bestehe nur aus Placebo-Elementen, wenn es um den Mieterschutz gehe,

und andererseits gerade diese Placebo-Elemente, die bekanntlich keine Wirkung entfalten und demzufolge auch nicht zu einer Kaufpreisminderung führen können, als Klientel-Goodies bezeichnen, durch die es dann, wie Sie anführen, Herr Dr. Lindner, zu einer Kaufpreisminderung gekommen sei.

Zweitens sollte Herr Kaczmarek durchaus Gelegenheit bekommen, mir in einer zweiten Runde oder in den nächsten 30 Sekunden – wenn Sie wollen, trete ich Ihnen dafür gern Redezeit ab – genau aufzuführen, welches dieser Berg von Bedingungen gewesen sein soll, der seinerzeit zu dem Kaufpreis von 215 Millionen € geführt hat – statt den 405 Millionen €.

Herr Kaczmarek, Sie haben es geschafft, dem Thema Mieterschutz eine Minute – die letzte Minute – Ihrer Rede zu widmen. Rot-Rot steht es allerdings gut an, dieses ernster zu nehmen und dieses ernster prüfen zu wollen. Wir haben dazu grundsätzlich eine positive Meinung, aber diese 14 Tage, die Sie anprangern, wollen wir uns nehmen, um die Mitglieder unserer Fraktionen letztendlich davon zu überzeugen, dass das der richtige Weg ist, sofern sie das nicht schon sind.

werkschaft Verdi, auf die viele sich berufen, schon seit über einem Jahr ein Gutachten in der Schublade liegt, bei dem Betriebsräte und Arbeitnehmeraufsichtsräte von privaten Krankenhausunternehmen bestätigen, dass die Einbindung und Beteiligung der Betriebsräte von den neuen Unternehmen gefördert wurden und dass es Haustarifverträge gibt, die für die meisten Mitarbeiter sogar mit Besserstellung verbunden sind. All das könnte man hier noch länger thematisieren, damit Sie sich damit auseinander setzen müssen.

Dass Bieterverfahren auch Ordnung in die Aktenordner von Geschäftsführungen bringen können, wie Herr Finanzsenator Sarrazin sagte, das wünsche ich mir auch im Hinblick auf die Vivantes- und weitere Landesbeteiligungen. Deswegen ende ich nicht mit einem Zitat meines Zentralorgans, sondern mit dem Kommentar eines Zentralorgans, das vielleicht einmal das von Frau Oesterheld gewesen ist, nämlich der „taz“ vom 25. Mai. Dort heißt es:

Kapital aber wird gebraucht, um aus den neuen Kliniken ein modernes Krankenhausunternehmen zu machen, das auf dem angespannten Gesundheitsmarkt bestehen kann. (...) Vom Senat ist dieses Kapital nicht zu erwarten, selbst wenn er – wie es das neue Konzept vorsieht – Vivantes von den Altschulden befreit. Das allein kostet 230 Millionen €. Mehr ist auch in der leeren Landeskasse nicht drin, wird aber gebraucht. Deshalb muss das Geld anderswo beschafft werden, von einem privaten Investor.

Wenn die „taz“ das schon schreibt – wie lange müssen wir eigentlich noch darauf warten, bis ideologische Blockaden in diesem Hause aufhören und wir uns bei jeder einzelnen Beteiligung – ganz vernünftig und auch mit einem gewissen Pragmatismus versehen – damit auseinander setzen, ob wir es noch weiter verantworten können, sie in öffentlicher Eigentümerschaft zu behalten, oder ob nicht schon längst eine Privatisierung mit den entsprechenden Rahmenbedingungen angezeigt ist.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Zackenfels. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Grunde hat die heutige Aktuelle Stunde mit einem Skandal begonnen, wenn ich Herrn Dr. Lindner richtig verstehe: Wir haben es gewagt, dem Vorschlag der FDP-Fraktion zuzustimmen. – Nichtsdestotrotz tun wir gut daran, heute über die GSW zu sprechen – in welcher Form auch immer, also auch im Sinne einer Perspektive bzw. in Hinblick auf die Privatisierung im Allgemeinen.