Protocol of the Session on June 3, 2004

Gestern wollten SPD und PDS im Hauptausschuss nicht über dieses Thema sprechen.

Doch wir lassen nicht locker, wollen die Fehler der Vergangenheit aufklären, den Senatsbaudirektor zur Verantwortung ziehen und vor allem darüber sprechen, welche Lehren wir daraus ziehen. Es ist eine Blamage für Berlin, es ist eine Ohrfeige für diesen Senatsbaudirektor und die Bauverwaltung, dass der Bau jetzt federführend in die Hand des Bundes übergehen soll. Wir fragen uns, wofür diese Bauverwaltung überhaupt noch zu gebrauchen ist, versagt sie doch bei allen anspruchsvollen Bauprojekten – beim Tempodrom, der Akademie der Künste, dem Marstall und bei der Topographie des Terrors.

Auf dem Gelände der Topographie des Terrors zwischen Prinz-Albrecht-Straße, der jetzigen Niederkirchnerstraße, Wilhelm- und Anhalter Straße befanden sich zwischen 1933 und 1945 die wichtigsten Zentralen für die in Deutschland und Europa verübten Verbrechen des nationalsozialistischen Terrorregimes. Auf engem Raum entstand damit das eigentliche Regierungsviertel des nationalsozialistischen SS- und Polizeistaats. Das Land Berlin muss sich offen zu seiner historischen Verantwortung bekennen und sich verpflichten, dem Dokumentationszentrum einen adäquaten, der Erinnerungskultur würdigen Rahmen zu geben. Das erfordert einen Baukörper, der das ganze Ausmaß dessen zum Thema machen kann, was auf diesem Gelände stattgefunden hat: die systematische Planung und Steuerung des nationalsozialistischen Terrors. Hier war der zentrale Ort der Täter. Dem können wir uns nicht entziehen. Darüber müssen und wollen wir heute reden. Wir haben heute aktuell einen Antrag per Dringlichkeit eingebracht, der die ersten Konsequenzen aus dem Debakel benennt und Maßnahmen vorschlägt, damit sich so etwas nicht wiederholt.

Erklären Sie uns – das könnten Sie heute tun –, warum nur Strukturmaßnahmen bei Krankenhäusern bekannt wurden, die die vergleichsweise besseren Jahresergebnisse erzielen, und nicht bei denen, die die schlechten Jahresergebnisse erzielen. Erklären Sie uns, warum die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Sanierungstarifvertrag auf Lohn und Gehalt schon verzichtet haben, obwohl die Kernprobleme der Vivantes, u. a. die nachhaltige Liquiditätsschwäche, durch all dies nicht gelöst werden. Diskutieren Sie mit uns darüber, ob Sie die Vivantes und andere Beteiligungen nur über die Wahl 2006 retten wollen, um dann erneut darauf zurückzukommen. Mein Eindruck ist, Sie werden das tun müssen. Deswegen sollten wir heute über Beteiligungen im größeren Zusammenhang und nicht nur über das Jubeln über die GSW debattieren. – Danke schön!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Matz! – Nunmehr erhält Frau Ströver von der Fraktion der Grünen das Wort zur Begründung der Aktualität des Themas ihrer Fraktion. – Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt heute für die Aktuelle Stunde die Beratung des Themas: „Topographie des Terrors – Bilanz des Senatsbaudirektors: 11 verlorene Jahre und 15 Millionen vergeudete Euro!“ – Dieses Thema ist aktuell. Nachdem der Senat als Bauherr für das Dokumentations- und Besucherzentrum der Stiftung Topographie des Terrors 11 Jahre vor sich hin dilettierte, konnte es in der vergangenen Woche plötzlich gar nicht schnell genug gehen, das Ende des Bauprojekts zu erklären. Ohne vorher den Architekten Zumthor in Kenntnis gesetzt zu haben, wurde das Bauprojekt abgebrochen. Es ist ein unmöglicher Stil, einen weltbekannten Architekten erst jahrelang zu hofieren, ohne dass ihm abverlangt wird, zu belegen, ob seine Architektur überhaupt baubar ist, und ihn dann ohne Kommentar auf die Straße zu setzen.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]

Die Schuld für die verschwendeten Millionen, die verlorene Zeit allein auf den Architekten zu schieben, ist zu billig. Das wollen wir nicht durchgehen lassen. Hier wollte sich ein Senatsbaudirektor ein Denkmal setzen und hat dabei die Öffentlichkeit, die Gremien, die Stiftung Topographie des Terrors und das Parlament massiv getäuscht. Wenn die Koalition glaubt, sie könne ihr Versagen jetzt durch Aktionismus kaschieren, dann sagen wir Ihnen: Hier sind Ross und Reiter zu nennen.

[Zuruf des Abg. Krüger (PDS)]

Dieser Senatsbaudirektor war über 11 Jahre nahezu ununterbrochen für dieses Bauvorhaben verantwortlich. Er und der ehemalige Bausenator Strieder hätten längst die Reißleine ziehen und das Projekt stoppen müssen, wenn es stimmt, dass die Baukosten erneut aus dem Ruder gelaufen sind.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Lederer (PDS)]

[Zurufe der Abgn. Müller (SPD) und Brauer (PDS)]

[Müller (SPD): Wo waren Sie eigentlich Staatssekretärin?]

So kann es nicht weitergehen.

[Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Lassen Sie uns in der Aktuellen Stunde darüber sprechen, dann können wir unseren dringlichen Antrag gleich mitberaten. Andernfalls sehen Sie mich heute zu späterer Stunde zum gleichen Thema ohnehin wieder.

[Zurufe von der SPD]

Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann können Sie sich das ersparen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Zurufe von der SPD – RBm Wowereit: Das ist eine Drohung!]

1. Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Übertragung von Hortplätzen aus dem Bereich der Kindertagesstätten in die Verantwortung der Schulen zu weniger Hortplätzen führen würde?

2. Wie werden die bisher von freien Trägern wahrgenommenen Hortangebote bei dieser Organisationsform gesichert?

Für den Senat antwortet Herr Staatssekretär Härtel – bitte!

Entschuldigung, Herr Staatssekretär! – Meine Damen und Herren! Können Sie das bitte so einrichten, dass alle Kollegen die Möglichkeit erhalten, ungestört der Antwort des Senats zu lauschen, und diejenigen, die jetzt im Stehen Gespräche führen, diese bitte einstellen! – Bitte!

(D

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Nolte! Zur Frage 1: Die Zugangsberechtigung zur außerunterrichtlichen Ganztagsbetreuung erfolgt gemäß der im Kindertagestättenbetreuungsgesetz und in der Kitaverfahrensverordnung festgelegten Bedarfskriterien. Der nach diesen Kriterien ermittelte Bedarf an Hortplätzen ist verbindlich zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund kann ich die Pressemeldungen, auf die Sie Bezug nehmen, eindeutig zurückweisen. Die Verantwortung der Schulen wird nicht zu weniger Hortplätzen führen. Dort, wo Bedarf ist, wird dieser auch erfüllt werden können.

Danke schön, Frau Kollegin Ströver! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich lasse nun auf Wunsch der Fraktionen der SPD und der PDS zuerst über den Antrag der Fraktion der FDP abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Das waren die SPD, die PDS und die FDP. Die Gegenprobe! – Das sind die CDU und Bündnis 90/Die Grünen. Das Erste war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Enthaltungen? – Die sehe ich nicht. Das Thema wird unter Tagesordnungspunkt 2 aufgerufen. Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden.

Meine Damen und Herren! Ich weise Sie – wie immer – auf die Ihnen vorliegende Konsensliste hin. Soweit sich gegen die Konsensliste bis zum Aufruf des entsprechenden Tagesordnungspunktes kein Widerspruch erhebt, gelten die Vorschläge als angenommen.

Eine Liste der Dringlichkeiten liegt Ihnen heute nicht vor. Es lagen um 11.45 Uhr nur zwei Dringlichkeiten vor, die ich an entsprechender Stelle der Tagesordnung als Tagesordnungspunkt 4 A beziehungsweise Tagesordnungspunkt 35 A aufrufen werde.

Dem Ältestenrat lagen folgende Entschuldigungen von Senatsmitgliedern wegen Abwesenheit während der Plenarsitzung vor: Herr Senator Böger nimmt ganztägig an der Kultusministerkonferenz in Mainz teil. Herr Senator Wolf nimmt an der Wirtschaftsministerkonferenz in Potsdam teil. Diese wird voraussichtlich gegen 14.30 Uhr enden. Der Herr Regierende Bürgermeister wird gegen 20.00 Uhr die Plenarsitzung verlassen, um an einer Veranstaltung im Rahmen der Eröffnung der HelmutNewton-Ausstellung teilzunehmen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde gem. § 51 der Geschäftsordnung

Bevor ich die erste Frage aufrufe, möchte ich Ihnen folgenden Vorschlag für die Zusammenziehung zweier Mündlicher Anfragen machen: Die Fragen mit den lfd. Nrn. 4 und 5 des Abgeordneten Dr. Augstin und des Abgeordneten Cramer haben die Länderfusion zum Inhalt. Ich schlage deshalb vor, diese beiden Fragen zusammenzuziehen. Den Fragestellern stehen dann jeweils zwei Nachfragen zu, und es können zwei Nachfragen aus der Mitte des Hauses gestellt werden. Wird dem zugestimmt? – Ich höre keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat nunmehr der Abgeordnete Nolte zu dem Thema

Erhalt des Angebots an Hortplätzen in Berlin

Herr Kollege Nolte, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

[Unruhe]

Zu Frage 2: Nach der am 12. Mai 2004 abgeschlossenen Hortverlagerungsübergangsvereinbarung ist Folgendes festgelegt:

Für das Bestreuungsjahr 2004/2005 gilt, dass alle Grundschulkinder der 1. bis 4. Klassen, die bereits in Tageseinrichtungen der Träger der freien Jugendhilfe betreut werden oder die im Betreuungsjahr 2004/2005 aufgenommen werden, für längstens vier Jahre durch diesen freien Träger auch weiterhin betreut werden können.

Die freien Träger können mit den Schulen Kooperationsverträge abschließen, die auch künftig eine Mitarbeit der freien Träger an den offenen Ganztagsgrundschulen sicherstellen.

Zurzeit beginnen die Verhandlungen mit der Liga der Wohlfahrtsverbände über eine Rahmenvereinbarung zur Finanzierung von Angeboten freier Träger im Rahmen des offenen Ganztagsbetriebes an unseren Schulen. Diese Rahmenvereinbarung bildet dann die Grundlage für die von den Schulen zu schließenden Kooperationsverträge. Natürlich bleibt es den freien Trägern unbenommen, möglicherweise selbst keine schulischen Angebote anzubieten, sich dafür aber stärker in der vorschulischen Erziehung zu

StS Härtel

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Nolte! Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass es bereits jetzt Kooperationsvereinbarungen zwischen Trägern der Jugendhilfe und einzelnen Schulen gibt, die verbindlich regeln, wie eine außerunterrichtliche Betreuung an Schulstandorten erfolgt. Wir haben nun mit dem Schulgesetz ein klare gesetzliche Regelung. Viele Schulen können sich auch jetzt schon ohne die erwähnte Rahmenvereinbarung darauf berufen und entsprechende Verträge entwickeln. Wir haben versprochen, dass wir

gemeinsam mit der Liga eine Rahmenvereinbarung erarbeiten, die eine gemeinsame Grundlage bietet, damit die einzelnen Schulen eine klare Grundlage und Perspektive haben und die Kriterien kennen, nach denen eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden sollte. Ich habe bereits ausgeführt, dass wir diese Rahmenvereinbarung derzeit erarbeiten. Ich gehe davon aus, dass sie nach der Sommerpause vorliegt, so dass dann eine vernünftige Orientierung gegeben sein wird.

Vielen Dank, Herr Präsident! – In der Stadt herrscht einige Unsicherheit über die Bedingungen für die Ganztagsschule. Deshalb schließe ich die Frage an: Hält der Senat daran fest, dass an allen Schulen, die nicht gebundene Ganztagsschulen werden, ein offener Ganztagsbetrieb eingerichtet wird, und wie ist der Personalzuschlag für die Integration von Kindern mit Behinderungen gesichert?

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Jantzen! Natürlich halten wir daran fest, dass dort, wo ein Bedarf ist, an allen Schulen ein offenes Ganztagsangebot gemacht werden kann. Die Grundlage ist die Kitaverfahrensverordnung, das habe ich ausgeführt. Die Bedarfe müssen an den einzelnen Schulen erfüllt werden. Im Einzelfall wird man im Aufbau auch mit Nachbarschulen kooperieren, wenn dort möglicherweise Bedarfe in dem Umfang nicht vorhanden sind, damit man verlässlich, vernünftig und effektiv den Personaleinsatz organisieren kann. Aber Grundsatz ist, dass unsere Zielvorstellungen gelten, die wir hier haben; und ich gehe davon aus, dass wir sie erfüllen können.

engagieren. Das ist aber eine Entscheidung des freien Trägers, die wir zu respektieren haben.