Protocol of the Session on February 21, 2002

dein Geld behalten? Kein Problem, wir verteilen das auf mehrere Schultern. Kleines Rechenbeispiel zur Gewissensberuhigung gefällig? Wir haben 3 384 870 Einwohner in Berlin; bei dir stehen 80 000 DM auf der Kippe. Das macht gut 2 Pfennig pro Person, wenn sich alle am Risiko beteiligen. Wie wirst du dich entscheiden? Du musst nur die Hand heben, und alles wird gut, die 2 Pfennig tun doch keinem weh. – Sie fragen jetzt vielleicht, was ist das für eine absurde Rechnung?

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zugegebenermaßen – nur, so wurde gerechnet. Vor einer ähnlichen Frage stand ja Strieder im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft. Wie hat er sich entschieden? Ist er bei der Abstimmung über die Zukunft der Fonds vor die Tür gegangen, um eine von seinen Zigarren zu rauchen? Oder hat er mit Nein gestimmt, weil er ein ehrenwerter Mann ist, um Berlin nicht weiter zu belasten? Oder hat er doch zugestimmt? – Wir wissen es nicht, noch nicht. Die Antwort steht in den Protokollen der Aufsichtsratssitzungen der vergangenen Monate.

[Frau Oesterheld (Grüne): Die holen wir uns!]

Der Untersuchungsausschuss wird dieses auch aufklären, verlassen Sie sich drauf. Ich höre ja schon, die Bündnisgrünen wollen dies auch. Das war im Übrigen auch nie streitig.

Aber Peter Strieder ist nur ein Symptom einer Krankheit, an der Berlin schon zu lange leidet. An vielen Stellen wuchert die Kumpanei und Vorteilsnahme, und diese gedeiht am besten in den zwielichtigen Feuchtbiotopen dieser Stadt. Dagegen hilft nur die politische Hygiene, eine Hygiene, die vor keiner Partei Halt machen darf, vor allem nicht vor den Parteien, die den Senat stellen, wie die SPD, die seit Jahrzehnten in dieser Stadt regiert. Die Berliner Union hat sich auf den Weg zur Erneuerung gemacht, von dem Sie noch Meilen weit entfernt sind.

[Beifall bei der CDU]

Ohne dieses Ritual würde Ihnen ja was fehlen. Ich habe das aus der Richtung der SPD wieder gehört. Klaus Landowsky, Klaus Landowsky! – Aber schauen Sie sich doch mal um, Herr Gaebler. Hier sitzt kein Klaus Landowsky. Aber auf der Senatsbank, da sitzt Ihr Landesvorsitzender Peter Strieder immer noch. Auch deswegen nun dieser Antrag auf Änderung des Senatorengesetzes. Die Philosophie, die dahinter steht, lässt sich in einfachen Worten erklären: Die Senatoren, die in Aufsichtsorganen der Beteiligungen des Landes Berlin sind, sind die Treuhänderinnen und Treuhänder der Berlinerinnen und Berliner, die ihnen dabei vertrauen müssen. Dieses Vertrauen kann aber nur gerechtfertigt sein, wenn sich diese Treuhänder allein von objektiven Gründen bei ihrer Entscheidung leiten lassen.

Herr Zimmer, Sie müssen zum Schluss kommen!

Herr Präsident, ich komme zu meinem letzten Satz. – Sie dürfen also keine eigenen wirtschaftlichen Interessen haben. Ich bin mir sicher, dass dieser Antrag eine Mehrheit in diesem Haus finden wird, wenn wir uns dieser Verantwortung, die nicht nur moralischer Natur ist, gegenüber den Berlinerinnen und Berlinern stellen wollen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank! – Ich darf nachtragen, dass Herr Senator Strieder sich vorher für eine kurze Abwesenheit entschuldigt hat. Es ist also ganz sicher ein zufälliges Zusammentreffen.

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Kollege Dr. Felgentreu. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwar lebe ich eigentlich nach der Regel, dass man niemandem etwas unterstellen soll, aber in diesem speziellen Fall möchte ich mit einer Unterstellung beginnen. Ich unterstelle näm

lich, dass die CDU mit ihrem Antrag nicht allein ihre mühsamen Versuche fortsetzen will, dem Stadtentwicklungssenator vorzuwerfen, dass er ein Kunde der Landesbank ist.

[Niedergesäß (CDU): Da hat er spekuliert!]

Diese Unterstellung vorzunehmen, fällt mir nicht ganz leicht, denn wenn ich in Ihrer leise vor sich hin heuchelnden Begründung lese, es gehe darum, „bereits den bösen Schein von Interessenkollisionen zu vermeiden“, dann entsteht bei mir zugegebenermaßen nur der Eindruck, als wollten Sie das Parlament mit einer als Fürsorge verbrämten Verleumdung des Senats von Berlin belästigen, anstatt sich der konstruktiven Oppositionsarbeit zu widmen, die Sie ständig ankündigen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Aber da ich, wie gesagt, eine Absicht unterstelle, die tatsächlich einmal auf die Interessen des Landes Berlin gerichtet ist, jetzt ein Wort zum Inhalt Ihrer Vorlage.

Ihnen geht es um die Vermeidung von Interessenkonflikten, die im Sinne des CDU-Antrags nur dann entstehen können, wenn ein Mitglied des Senats mit der dafür notwendigen Ausnahmegenehmigung in den Aufsichtsrat eines nach Gewinn strebenden Unternehmens berufen wird. An welche möglicherweise prekären Berufungen wäre zu denken? Sie wissen natürlich, dass Aufsichtsräte, die nicht aus der Politik kommen, Anteile an dem von ihnen kontrollierten Unternehmen besitzen dürfen, ohne dass ihnen jemand eine Interessenkollision vorwirft. Dass für einen aus der Politik berufenen Aufsichtsrat andere Regeln gelten sollen, kann unter den gegebenen Umständen nur an der Situation der Bankgesellschaft liegen – einer Unternehmensgruppe, zu der mit der Sparkasse beispielsweise die größte Volksbank Berlins gehört.

Der Antrag der CDU läuft also darauf hinaus, den Mitgliedern des Senats private Anlagen bei der Bankgesellschaft zu verbieten, damit sie auch in Zukunft in der Lage sind, im Interesse des Landes Funktionen im Aufsichtsrat des Unternehmens zu bekleiden. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Wer soll denn bei einer Anlageentscheidung berücksichtigen, ob er oder sie deswegen eines Tages als Senator verhindert sein könnte, dem Land einen notwendigen Dienst zu erweisen? Vielleicht fragen Sie in Ihrer Fraktion schon einmal herum. Wenn Sie in 15 Jahren vielleicht wieder einmal regieren dürfen, sollten Sie tunlichst keine Anlagen bei der Bankgesellschaft haben, da Sie sonst nicht Senator werden können. Seien Sie lieber vorsichtig.

[Beifall bei der SPD]

In welcher Weise soll er oder sie in der Lage sein, auf das Gedeihen eines Fonds Einfluss zu nehmen, der aufgelegt wurde, bevor die Berufung in den Aufsichtsrat erfolgte?

Das ganze Vorhaben ist in der von Ihnen konzipierten Form unsinnig. Weil es eigentlich auf den Fall der Bankgesellschaft und ihre Aufsichtsräte hin konzipiert ist, bin ich jetzt doch an dem Punkt, meine freundliche Unterstellung zurückziehen zu müssen. Es handelt sich bei Ihrem Entwurf um eine reine Lex Strieder. Ihnen geht es nur darum, schnell noch ein paar haltlose Verdächtigungen auszustreuen, bevor auch der Letzte verstanden hat, dass dem Senator, den Sie zum Ziel Ihrer Angriffe machen, nichts vorzuwerfen ist.

[Beifall bei der SPD]

Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.

Zu Ihrem Vorgehen gehört eine Menge Dreistigkeit. Es waren die Verantwortungslosigkeit und Inkompetenz des Vorgängers von Herrn Steffel, die die Bankgesellschaft ruiniert haben.

[Zurufe von der CDU]

Mir ist klar, dass Sie das nicht mehr hören wollen, aber es ist nicht unsere Schuld, dass die CDU nicht mit Geld umgehen kann. Wir würden es uns anders wünschen.

[Beifall bei der SPD]

Ich bitte Sie herzlich, sich so konstruktiv zu verhalten, wie Sie es immer versprechen, und geben Sie wenigstens denen, die mit Geld umgehen können, die Chance, ihre Arbeit zu machen. Die Bankgesellschaft muss reformiert werden. Dabei ist Sachverstand gefragt. Den bringen die Sozialdemokraten im Aufsichtsrat mit.

Das wäre alles noch kein Grund zur Aufregung. Aber ein kleiner Skandal – den großen haben wir hinter uns – liegt in Ihrem Umgang mit der Bankgesellschaft. Wann werden Sie dieses schwer gebeutelte Unternehmen endlich zur Ruhe kommen lassen? Können Sie sich ausmalen, was für eine Katastrophe es für das Anlagengeschäft der Bank bedeutet, dass Listen der Anleger in die Öffentlichkeit gelangt sind? Das wichtigste Kapital einer Bank ist das Vertrauen ihrer Kunden. Genau dieses Kapital ist es, das Sie mit Ihren Unterstellungen verschleudern, und zwar mit der gleichen Verantwortungslosigkeit, mit der Herr Landowsky das Vermögen der Berlinerinnen und Berliner verschleudert hat. [Beifall bei der SPD]

Das Abgeordnetenhaus wird den Antrag der CDU heute in den Rechtsausschuss überweisen. Dort wird er nochmals einer kritischen Überprüfung unterzogen. Seien Sie versichert, dass das Resultat eine ernsthafte Empfehlung sein wird, wie mit Ihrem frivolen Vorstoß umzugehen ist. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Der Abgeordnete Niedergesäß hat eine Kurzintervention beantragt. Er hat höchstens drei Minuten. Das ist bei ihm besonders nachdrücklich zu erbitten.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Abgeordneter Felgentreu, Sie haben ziemlich wörtlich gesagt, die Bankgesellschaft Berlin sei von Herrn Landowsky ruiniert worden. interjection: [Beifall bei der SPD]

Wenn Sie dazu Beifall klatschen, nimmt die Heuchelei Formen an, die Sie als Sozialdemokraten nicht verantworten können. – Vielleicht kann Herr Felgentreu die Zusammenhänge der Verschuldung der Bankgesellschaft einmal näher erklären und mir als simplem Bauingenieur erklären, wie die Berliner Hypothekenbank, die an der Verschuldung der Bankgesellschaft beteiligt sein soll, in den letzten neun Jahren ihre 1,7 Milliarden Gewinn gemacht hat. Vielleicht können Sie erklären, welche Verantwortung Ihre fünf Aufsichtsratsmitglieder aus der SPD für die Bankgesellschaft in den letzten zehn Jahren getragen haben. – Danke schön! [Beifall bei der CDU]

Nach dieser Kurzintervention hat nun die FDP das Wort. – Bitte, Herr Dr. Lindner! – Ich bitte das hohe Haus auch bei stürmischen Themen um Aufmerksamkeit!

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Wir haben eine grundsätzliche Sympathie für diesen Gesetzentwurf, wobei wir nicht verkennen, dass er an einer bestimmten Person festgemacht wird. Das ist tatsächlich eine Lex Strieder. Daran gibt es für uns keinen Zweifel. Aber wir haben Sympathien für jede Möglichkeit, Verfilzung auszuräumen. Eine Möglichkeit ist ein solches Gesetz, das versucht, Interessenkollisionen auszuschalten.

Ob dieser Entwurf in seiner vorliegenden Form eine geeignete Maßnahme ist, wird im Ausschuss geklärt. Dieser Gesetzentwurf geht vielleicht in einigen Teilen zu sehr ins Detail und bleibt in anderen Bereichen etwas vage. Es ist beispielsweise nicht beschrieben, was verbundene Unternehmen sind. Sind das Fondsgesellschaften? Eventuell geht der Gesetzentwurf in seiner Generalregel zu weit, indem er sagt, dass unmittelbare Begünstigung oder Benachteiligung maßgebend ist. Dann ist – wenn man am Wort klebt – jeder, der mit der BVG fährt oder von der Bewag Strom bezieht, irgendwie begünstigt, beispiels

weise durch die Fahrpreisgestaltung. Es bedarf hier noch einer Reihe von Präzisierungen. Es ist beispielsweise nicht klar, was eine „wesentliche“ oder „nicht nur unwesentliche“ Beteiligung ist. Ist es mehr als 25 oder 50 Prozent? Ich glaube, wir werden gemeinsam – ich gehe davon aus, dass auch die anderen Fraktionen des Hauses daran Interesse haben – eine Lösung herbeiführen, die dem Tenor des Antrags gerecht wird und dem Ziel nachkommt, eine Verfilzung zum Wohle Berlins auszuschalten.

Die FDP meint, dass der beste Weg, Verfilzung auszuschließen, grundsätzlich die Veräußerung von solchen Beteiligungen ist. Solange der Staat keine oder nur wenige Beteiligungen hält, besteht auch keine Gefahr, dass Politiker, die in solche Aufsichtsgremien kommen, unterschiedliche Interessen wahrnehmen, nämlich einerseits ihre privaten Interessen als Anleger und andererseits Interessen, die ihnen im Sinne eines Auftrags des Landes Berlin zukommen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Für die PDSFraktion hat der Abgeordnete Dr. Nelken das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Zimmer, zunächst war ich geneigt, Ihren Antrag im Wortlaut als Bemühung der CDU-Fraktion zu nehmen, aus ihrer jüngsten Vergangenheit Lehren zu ziehen und eine Umkehr zu versuchen, was Filz und Interessenverflechtung in der Berliner Politik und den öffentlichen Unternehmen betrifft. Ich habe bewusst über den Begründungsteil hinweggesehen, in dem eindeutig darauf hingewiesen wird, um was es Ihnen eventuell darüber hinaus noch geht. Aber nach Ihrer Rede komme ich – wie schon einige Vorredner – immer mehr zu dem Schluss, dass keine ehrliche Absicht dahintersteht, sondern vielmehr Denunziation versucht wird. Vielleicht begründet sich darin die Oberflächlichkeit Ihres Entwurfs.

Ich glaubte zunächst, Sie hätten in Ihrem Wende- und Erneuerungseifer – das kenne ich aus der PDS – das Augenmaß verloren, als Sie versuchten, Interessenkonstellationen zu bezeichnen. Als Sie sehr plastisch dargelegt haben, worum es Ihnen eigentlich ging, nämlich den Kollegen Strieder, dachte ich mir, dass, als Herr Strieder, als er am Schalter seiner Bank saß, um dieses Fondsgeschäft zu machen, im Prinzip schon alles zu spät war – obgleich es, wie wir gehört haben, kein risikoloser Fonds ist, den einige andere Politiker gezeichnet haben –, denn damals war der Fonds schon aufgelegt, und er ging eine normale Vertragsbeziehung ein. Damals waren die Entscheidungen schon gefallen. Das Szenario, das Sie hier dargelegt haben, war etwas haltlos und hat mit dem von Ihnen vorgelegten Gesetzestext nichts zu tun.

Nun könnte man sagen – es wäre vielleicht ein innovativer Vorschlag –, dass Senatoren nicht so viel Geld verdienen sollten, dass sie in Fonds anlegen können, weil sie es nicht zum unmittelbaren Lebensunterhalt brauchen. Ich glaube, diese Innovationen sind hier im Haus nicht mehrheitsfähig. Insofern müssen wir uns im Rechtsausschuss mit der Frage befassen, inwiefern die von Ihnen vorgeschlagene Regelung sinnvoll ist. Mein Vorredner hat schon einige Probleme dieser Regelung angesprochen. Wir, die Fraktion der PDS, werden grundsätzlich mit einer Änderung des Senatorengesetzes – da könnte man noch weiter darüber nachdenken, was Interessenkollisionen ausschließt – positiv umgehen und versuchen, eine sinnvolle Gesetzesänderung herauszuarbeiten. Ihre Vorlage scheint mir aber bis jetzt noch nicht einmal als Grundlage sehr geeignet, weil sie nur mit sehr unscharfen Positionen arbeitet und weil es in der Spezifikation – wenn man das so umsetzt, wie es hier im Text drinsteht – zu absurden Ausschlussgründen führen würde. Also, lassen Sie uns im Ausschuss darüber reden! Sicherlich stehen im Ausschuss dann auch Ihre politischen Unterstellungen, die Sie damit verbinden, hinten an. – Danke!