Protocol of the Session on March 17, 2004

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Ratzmann! Ich kenne diesen Vorwurf von Ihnen, er ist nicht neu. Natürlich gehen wir jedem einzelnen Fall, der von Ihnen benannt wird, mit der entsprechenden Akribie nach. Sie wissen aber auch, dass Berlin auf der anderen Seite bei der prozentualen Besetzung des offenen Vollzugs an der Spitze rangiert und dass mit dem offenen Vollzug auch entsprechende Begleiterscheinungen einhergehen, die den

Frau Bm Schubert

So lautet aber auch der Leitgedanke für dieses Sprachprogramm. Es wird dann im Einzelnen ausgearbeitet. Wir sind dort in einem intensiven Prozess der Fortbildung. – Ich komme jetzt zu den von Ihnen nachgefragten personellen und strukturellen Konsequenzen. – Wir haben über 2 000 zusätzliche Fortbildungsveranstaltungen aufgelegt und finanziert. Wir haben darüber hinaus strukturell etwas geändert. Ab dem Schuljahr 2006/07 wollen wir die Schule früher beginnen lassen. Darüber hinaus haben wir in den Kitas verschiedene methodische Hilfen – Sprachlernkoffer, Sprachlerntagebuch – experimentell eingeführt und werden dies auch systematisch tun. Schließlich haben wir in Berlin schon sehr lange für Kinder, die aus bildungsfernen und/oder Elternhäusern kommen, in denen die deutsche Sprache nicht zu erlernen ist, weil sie dort nicht gesprochen wird, die Kitas personell besser ausgestattet. Es erhalten alle Kindertagesstätten, die von mehr als 40 % Kindern nichtdeutscher Herkunft besucht werden, einen Personalzuschlag von 17 %. Das bedeutet, dass 350 Stellen allein für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden.

Sinn haben, eine Wiedereingliederung in das normale Leben außerhalb der Mauern vorzubereiten. Wir haben derzeit keine Erkenntnisse, dass das Votum der Haftanstalt ausschlaggebend dafür gewesen ist, dass die Vollstreckungskammer eine Entscheidung getroffen hat, die sie nicht auch getroffen hätte, wenn es dieses Votum nicht gegeben hätte.

Danke schön! – Keine weiteren Nachfragen.

Damit erhält der Kollege Dr. Augstin von der Fraktion der FDP das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über

Ausgestaltung der vorschulischen Sprachförderung?

Bitte schön, Herr Dr. Augstin!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie will der Senat sicherstellen, dass es im Zuge der Umgestaltung des Systems der Sprachförderung – von der Schule in den vorschulischen Bereich – zu einer Kompetenz- und Mittelübertragung kommt?

Danke schön! – Der Senator für Bildung, Herr Böger, hat das Wort zur Beantwortung!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Dr. Augstin! Sie sprechen in Ihrer Kleinen Anfrage gelassen ein sehr großes Thema an. Ich weise darauf hin, dass nach PISA alle erkannt haben, wie bedeutsam es ist, Texte nicht nur lesen, sondern sie auch verstehen zu können.

[Frau Senftleben (FDP): Das gilt auch für Erwachsene!]

Sehr richtig, Frau Kollegin. Ich sage das so nicht, sonst heißt es wieder, ich wäre schulmeisterhaft. – Das gilt, glaube ich, lebenslang. Es ist aber gut, wenn man es möglichst früh lernt. Damit sind wir beim Thema.

Der Senat hat Konsequenzen aus PISA gezogen und gesagt: Wir wollen mit dem Lesen und damit auch Denken und Sprechverstehen früher anfangen. Deshalb hat der Senat entschieden, dass Kitazeit Bildungszeit ist.

[Frau Jantzen (Grüne): Das wussten wir schon vorher, Herr Böger!]

Der Senat hat auch entschieden, dass es dafür konzeptioneller und struktureller Änderungen bedarf. Wir haben deshalb im Juni 2003 ein sehr bescheiden daher kommendes, aber inhaltlich sehr bedeutsames Berliner Bildungsprogramm für Kindertagesstätten formuliert. Dieses ist lange diskutiert worden und national sehr angesehen.

In diesem Programm gibt es sieben Bildungsfelder, unter anderem den Bereich „Sprache, Kommunikation und Schriftkultur“.

Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.

So etwas Kluges ist nicht von mir, sondern von Goethe, das sagt Mephisto im „Faust“.

[Beifall bei der PDS]

Sie haben es nicht gefragt, aber ich gäbe Ihnen sofort Recht, wenn Sie fragten, ob man sofort mit verbesserten Ergebnissen rechnen könne: Nein, das kann man nicht sofort. Hier haben wir eine Herkulesaufgabe vor uns, aber umso mehr lohnt es sich, sie in Angriff zu nehmen. Dieser Senat hat hierfür die richtigen Weichen konzeptionell, strukturell und personell gestellt.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage des Kollegen Augstin – bitte!

Zunächst herzlichen Dank, Herr Böger, dass Sie deutlich gemacht haben, wie wichtig es ist, im vorschulischen Bereich bereits mit der Sprachförderung zu beginnen. Allerdings führt allein dieser Hinweis noch nicht weiter. Deshalb frage ich Sie: Sichert der Senat den Kitaträgern zur Durchführung einer erweiterten Sprachförderung vor Ort Personalzuschläge zu, die über das derzeitige Niveau hinausgehen, oder sollen bei gleichem Personalbestand Mehraufgaben erfüllt beziehungsweise wie bewältigt werden?

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Herr Kollege Dr. Augstin! Ich glaube, und da spreche ich gerade Sie als ein Mitglied der FDP vermutlich doch richtig an, es ist prinzipiell falsch, wenn wir Aufgaben qualifizieren und besser werden wollen, sofort zu rufen: Der Staat muss mehr Geld geben. – Das halte ich für prinzipiell falsch.

Sen Böger

Vielen Dank, Frau Kollegin Tesch! – Es ist in unseren Zeiten durchaus möglich, dass es nicht wie eine Himmelserscheinung über uns kommt, dass wir Vater oder Mutter werden. Das ist ja irgendwie ein emotional bewusster Akt. Deshalb sollten wir auch an die Eltern appellieren, dass sie bei ihren Kindern für die Erziehung selbst etwas tun, das machen ja viele, sie auch ermutigen, ihnen helfen und eben nicht immer als erste Reaktion ausschließlich rufen: Der Staat soll es richten.

Danke schön, Herr Senator! – Dann der Kollege Mutlu!

Herr Senator! Sie wissen ja, dass auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit insbesondere unter türkischen Familien in jedem Haushalt mindestens die Mutter oder die Großmutter zu Hause sitzt. Das ist ein Problem. Das andere Problem ist, dass – –

– Ja, meine Frage ist: Kitas genießen bei türkischen Familien leider nicht den Ruf einer Bildungseinrichtung. Was machen wir, um die Kinder zu erreichen und zu fördern, die nicht in eine Kita geschickt werden und nun auf Grund des – richtigen – Beschlusses, die Vorklassen in die Kitas zu verlegen, jetzt als LückeKinder dastehen? Wie wollen Sie diese fördern, und wie wollen Sie ihnen aber auch von Anfang an einen guten Start ins Schulleben geben?

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich hoffe, ich habe irgendetwas von der Programmatik der FDP verstanden, diese sagt das auch. Es gehört dazu, dass wir in unserem Land lernen müssen, vieles besser zu machen, ohne dass es mehr Geld oder Beförderung gibt, sonst können wir nicht im Wettbewerb bestehen. Das gilt auch im Bildungsbereich. Wir müssen schlicht und ergreifend in vielen Bereichen besser werden. Deswegen lehne ich das ab, zu sagen, gleich mehr Geld und mehr Stellen.

Wo wir helfen müssen – da haben Sie Recht: Wir müssen Fortbildungsangebote machen, wir müssten die belohnen, die Fortbildungen machen. Dazu gibt es Unterstützung. Das wollen wir garantieren. Wir wollen auch – das wissen Sie – die Erzieherinnenausbildung verbessern; das tun wir auch. Wir haben erste Schritte eingeleitet. Insofern wird von den möglichen Dingen das Richtige getan. Ich bitte Sie herzlich, abzugehen von dem Gedankengang: Wenn etwas besser werden muss, bedeutet das zugleich mehr Stellen und mehr Geld. – Es bedeutet zunächst einmal mehr Aktivität, mehr Ideen und mehr Einsatz. Ich bin sehr dankbar, dass die Erzieherinnen und Erzieher das auch leisten.

Herr Augstin noch einmal, bitte schön!

Ich stimme Ihnen zu: Bildung ist eine Investition in die Zukunft, und notfalls muss die auch mal was kosten können. Aber ich muss wohl sagen, es gibt hier große Sparprobleme, –

Sie müssen wirklich eine Frage stellen!

– und darauf hin möchte ich meine Nachfrage noch einmal präzisieren. Stimmt der Senat darin überein, dass angesichts der schlechten Sprachkenntnisse auch bei Kindern deutscher Herkunft die Bewilligungskriterien für zusätzliches Fachpersonal, derzeit also der Anteil an Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache, zu überarbeiten sind?

Bitte schön, Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Herr Dr. Augstin! Ich hatte gesagt, dass wir dort einen Personalzuschlag von 17 % haben, das sind 350 Stellen. Wenn wir mehr Kinder mit nichtdeutscher Herkunftssprache oder schlechter Sprache in Kitas haben, also die Zahl sich vergrößert, dann gibt es automatisch einen höheren Personalzuschlag. Insofern gibt es solche Effekte. Ansonsten möchte ich noch einmal betonen: Ich setze darauf, dass wir das Personal qualifizieren, dass wir die richtigen Konzepte bieten. Ich setze übrigens auch darauf, Herr Dr. Augstin, dass wir die Eltern nicht aus der Verantwortung entlassen sollten.

[Beifall der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD)]

Herr Kollege Mutlu, Sie müssen eine Frage stellen!

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Mutlu! Zum einen machen der Senat und die Mehrheit in diesem Hause eine Kitakostenregelung, die ganz bewusst für denjenigen Personenkreis – das müssen nicht nur türkische Berliner sein, sondern können auch sonstige Berliner sein, die ein geringes Einkommen haben – die Kosten nicht nur nicht höher macht, sondern sogar erniedrigt, wenn sie mehr als ein Kind in die Kita setzen. Das ist ein bewusster Akt, den bitte ich zur Kenntnis zu nehmen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Und das Zweite, Herr Kollege Mutlu, Sie haben gefragt, was wir machen. Ja, dann lassen Sie uns doch, ich biete Ihnen das an, beide zusammen in Medien gehen, die insbesondere die türkischen Berliner hören oder sehen, und gemeinsam dafür werben, in die Kita zu gehen. Sie können das noch authentischer als ich, wenn ich im TD 1 rede, rüberbringen, dass der Besuch der Kita etwas sehr Wertvolles ist, dass er wichtig ist für das Kind und dass dessen ungeachtet die Großmutter zu Hause Großmutter bleiben kann, dass es aber noch besser ist, wenn das Kind in die Kita geht und vielleicht von der Großmutter dann abgeholt wird.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Frau Kisseler, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur: Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlicherweise in den sehr komplexen Gesprächen und Verhandlungen mit dem Bund, was die Trägerschaft für die Akademie der Künste und die zukünftige Finanzierung angeht, übersehen worden, explizit – da muss ich Ihnen Recht geben, Frau Ströver – dieses Detail der Finanzierung mit einzubeziehen. Wir haben es aber sehr schnell gemerkt, und wir führen im Augenblick durch die Senatskulturverwaltung mit dem Bund Gespräche, wie die zukünftige Gestaltung dieses Preises vor sich gehen soll. Dabei wird auch mit der Akademie darüber nachgedacht, wie der Preis, ob als Kunstpreis Berlin oder als Akademiepreis, aber eben immer in den Traditionen, die Sie gerade zutreffend beschrieben haben, auch für die Zukunft vergeben wird. Dem Umstand, dass der Preis morgen Abend verliehen wird, können Sie entnehmen, dass wir uns dabei nicht für eine teure „Beerdigung“ entschieden haben, sondern für eine Fortführung dieses Preises. Ich denke, wir werden in Kürze ein positives Ergebnis dazu haben.

Frau Abgeordnete Ströver mit einer Nachfrage! – Bitte!

Dann ist die Frau Schaub mit einer Nachfrage dran. – Bitte schön, Frau Schaub!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator, die Sprachstandsstudie „Bärenstark“ hat in den zurückliegenden Jahren wertvolle Aufschlüsse über die Situation der Kinder im Vorschulalter geliefert. Nun wird es eine Sprachstandsfeststellung für Lernanfänger geben. Meine Frage: Nach welchem Verfahren wird diese Sprachstandsfeststellung stattfinden? – Ich frage vor dem Hintergrund, dass es sehr viel Positives über „Bärenstark“ zu sagen gab, es im Verlauf der Zeit aber auch kritische Bemerkungen dazu gab.

Herr Kollege Böger, bitte!