sowie zum mittleren Schulabschluss am Ende der Sekundarschulzeit an allen Schularten. Der stellt dann neue Anforderungen an die Gestaltung von Schule und Unterricht, um überall gleichwertig zu sein.
Und wir sagen Ja zur neuen Abiturlösung, die beschrieben worden ist: In der Regel nach 12 Schuljahren, aber auch mit der Möglichkeit, in 13 oder 11 Jahren das Abitur abzulegen. Ich finde, das ist verantwortungsvoller Umgang mit der Lebenszeit und der individuellen Lernleistung von Schülerinnen und Schülern.
Erstens soll man mit dem Begriff Revolution sorgsam umgehen, und zweitens bin ich im Zweifel, was eine Revolution in Schulen bewirken könnte. Das Gesetz will allerdings nicht weniger als die Grundlage für notwendige Veränderungen in der Schule sein. Wir wissen selbstverständlich auch, dass das Gesetz noch nicht die Veränderung ist. Die gilt es erst zu erreichen, und das Gesetz geht für die PDS-Fraktion auch jetzt noch nicht weit genug.
Kritik gibt es an diesem Gesetz zu Recht und aus sehr verschiedenen Richtungen. Die Palette reicht von der Forderung nach verstärkter Auslese über die Privatisierung von Bildung bis hin zur Position: Eine Schule für alle Kinder! – Die Koalition hat sich der Aufgabe gestellt, die sehr verschiedenen Vorstellungen, in welche Richtung sich die Berliner Schule verändern müsste, zu einer Lösung zu führen, die den Kindern und Jugendlichen zugute kommt. Daran sind alle Koalitionen vor uns gescheitert. Das muss man an dieser Stelle auch einmal deutlich aussprechen.
So viel zur Bilanz! Herr Steuer, Sie haben die heute schon einmal angemahnt. Die PDS hat sich aktiv in diesen komplizierten Prozess eingebracht. Sie hat ihre Handschrift im Gesetz hinterlassen, und zwar gut leserlich. In diesem Licht geht der Vorwurf fehl, es sei der alte, schon mit CDU und Grünen verhandelte Entwurf. Herr Goetze hat mit seinem Redebeitrag diese Behauptung deutlich bestätigt, und nun hören wir, dass auch die FDP sich hier wiederfindet. Na wunderbar!
[Beifall bei der PDS – Beifall der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD) – Zuruf der Frau Abg. Senftleben (FDP)]
Zum einen müsste das die erwähnten Fraktionen veranlassen, dem Gesetz zuzustimmen, zum anderen braucht die Veränderung der Schule einen breiten gesellschaftlichen Konsens.
Sie haben im Dezember des vergangenen Jahres ein Papier verbreitet und zum Schulgesetz festgestellt – ich zitiere:
Jahrelang diskutiert, heftig umstritten, immer wieder aus- und nachgebessert trägt der vorliegende Schulgesetzentwurf eine deutlich bündnisgrüne Handschrift. In seinen zentralen Punkten schulische Autonomie, pädagogische Schulentwicklung, Evaluation und Qualitätssicherung, Verbesserung der Mitbestimmung und Stärkung der Kompetenzen der Schulkonferenz geht der Entwurf auf einen Schulgesetzentwurf aus dem Jahre 1998 zurück, und mit jeder Überarbeitung, die der Entwurf in den letzten Jahren erfahren hat, fanden weitere bündnisgrüne Positionen Eingang.
Am Ende, wenn mir noch Zeit bleibt! Ich bitte um Verständnis! – Allerdings gewinne ich den Eindruck, dass Sie, liebe bündnisgrüne Kolleginnen und Kollegen, sich offenbar selbst wenig ernst nehmen. Oder wie soll ich Ihre Gegenstimmen in den Schlussabstimmungen des Schul- und des Hauptausschusses verstehen? Heute heißt es für Sie besonders: Hic Rhodus, hic salta! Im Zweifelsfall könnten Sie wenigstens Frau Volkholz folgen, die sich heute bekanntlich zustimmend zum Schulgesetz geäußert hat.
Wir wollen, dass die Berliner Schule in Bewegung kommt. Von wegen Bewegung, wird mancher sagen. Seit
1990 haben wir die in den Schulen ohne Ende. – Finde ich auch! Ein Ameisenhaufen ist dagegen eine geordnete Formation. Was wir den Schulen seit 1990 abverlangt haben, war eher das berühmte „Raus mit den Stühlen, rein mit den Stühlen oder was?“. Wir brauchen, was man in der Physik „gerichtete Bewegung“ nennt: schulische Arbeit mit dem Ziel, für alle Schüler den individuellen Lernerfolg zu ermöglichen. Das Gesetz schafft dafür den Rahmen und schafft Klarheit, wohin der Bildungskurs geht. Es will Stetigkeit und Kontinuität in den Bildungs- und Erziehungsprozess zurückholen, um diese wichtigen Elemente schulischer Arbeit mit den Herausforderungen einer neuen Lernkultur und einer neuen Rolle des Lehrers zu verbinden. Vor allem diese Anforderung braucht Schulen, die Rahmenverbindlichkeiten in eigener Verantwortung gestalten wollen und können. Das ist nicht nur eine Aufgabe von Schulleitern und Lehrern. Dazu braucht es verlässliche personelle und materielle Grundlagen ebenso wie das Engagement von Eltern, Schülern und allen, die Schule und Kindergarten nahe sind. Deshalb ist es richtig, dass künftig die Schulkonferenz die grundsätzlichen Entscheidungen für ihre Schule trifft.
An dieser Stelle wende ich mich an Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter in unserer Stadt, auch wenn es nicht Fernsehzeit ist und sie es vielleicht nur nachlesen können. Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Schulen! In Erwägung, dass Sie eine sehr anspruchsvolle Arbeit zu leisten haben, in Erwägung, dass das Land Berlin Ihre Arbeitsbelastung noch verstärkt hat, in Erwägung aber, dass Sie die Schaltstelle sind, über die grundlegende Veränderungen, wie sie dieses Gesetz beinhaltet, überhaupt nur stattfinden können, in diesen Erwägungen richte ich die Bitte, ja den Appell an Sie, sich dem erforderlichen Umdenken und der erforderlichen Arbeit mit Ihrem ganzen Wissen und Können, allen ihren Möglichkeiten zu stellen. Mit der Verabschiedung des Schulgesetzes ist nicht das Ende, sondern der Anfang eines schwierigen, umfangreichen Veränderungsprozesses gesetzt. Kinder und Jugendliche in unserer Stadt brauchen ihre Lehrerinnen und Lehrer als Lern- und Wegbegleiter. Sie brauchen eine Schule, die Lern- und Lebensort für sie sein soll.
Die PDS bewertet das Schulgesetz als Erfolg, mit gutem Recht. Das Land Berlin schafft sich mit dem Gesetz die Grundlage, trotz extremer Haushaltsnotlage und wirtschaftlichem Ungleichgewicht notwendige Veränderungen in der Berliner Schule einzuleiten, Veränderungen, für die in einigen Bereichen – da komme ich noch einmal auf das Stichwort Revolution zurück –, z. B. vorschulische Bildung und Erziehung, Schulanfangsphase, Ganztagsbetreuung, der Begriff „umwälzend“ nicht übertrieben ist.
Bei allem Erfolg, über den wir uns in der PDS freuen, ist das Gesetz für uns ein Zwischenschritt. Wir wollen weiter auf dem Weg von Veränderungen. In die Diskussion und die Veränderungen bei der Qualität von Bildung und Erziehung für eine neue Lernkultur gehört für uns die
Überwindung des gegliederten Schulsystems. Selbst PDS- oder anderweitig sozialistisch unverdächtige Vereinigungen wie der Handwerkstag Baden-Württemberg verlangen eine einheitliche, mindestens neunjährige Basisschule.
Wer PISA-Ergebnisse ernst nimmt und den Anschluss an zeitgemäße schulische Bildung nicht ideologischen Positionen opfern will, muss sich der Strukturdebatte stellen. Wir rufen alle Interessierten in unserer Stadt auf, die praktische Umsetzung des Schulgesetzes mit der Diskussion über die Überwindung des gegliederten Schulsystems zu verbinden.
Nun erlaube ich mir, da mir nur noch wenig Zeit verbleibt, Bemerkungen an Kolleginnen und Kollegen Vorredner. Herr Goetze! Ich hätte gern gewusst, wie Sie und Ihre Partei reagiert hätten, wenn die Bildungsverwaltung Rechtsverordnungen vorgelegt hätte, bevor es ein Gesetz gibt.
Sie als Geschäftsordnungsmann wissen sicher, wie Sie das zu beurteilen haben. Was die Blockaden betrifft, die Sie innerhalb der Koalitionsparteien zu sehen glaubten – ich kann sie nicht feststellen, sonst hätten wir den Gesetzentwurf und diesen Stand heute nicht –, da darf ich gespannt sein, wann man über Blockaden bei der Umsetzung des Schulgesetzes reden muss. Hoffentlich bleibt uns das erspart. – Vielen Dank!
Wer war das? – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Senator! Eine revolutionäre Rede war das nicht gerade.
Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie das alles, was Sie uns heute berichtet haben, ernst meinen, dann kann ich Ihnen versichern, dass ich der letzte bin, der nicht hinter Ihnen steht und nicht an Ihrer Seite für eine qualitativ bessere Schule kämpft. Aber wenn ich die letzten vier Jahre Ihrer Arbeit in diesem Haus bewerten sollte, komme ich zu dem Schluss: Leider viel Gerede, aber kaum Taten!
Frau Schaub! Ich schätze Sie. Zu dem, was Sie von mir zitiert haben, stehe ich, und das unterschreibe ich heute noch. Aber der Fairness halber hätten Sie weiterlesen sollen, um zu merken, was unsere Kritik an diesem Gesetzgebungsverfahren und an diesem Gesetz ist; auch das steht in der von Ihnen zitierten Erklärung.
Hier wird uns gesagt, das sei das erste Gesetz in Deutschland, das die mittlerweile sattsam bekannten Ergebnisse der PISA-Studie aufnehme und in die Tat umsetze. Es soll eine Grundlage für eine Schulreform werden, die allen Schülerinnen und Schülern sowohl eine fundierte Allgemeinbildung sichert als auch das Rüstzeug für einen erfolgreichen Einstieg ins Berufsleben vermittelt. Überhaupt soll es der große Wurf sein: eine Kulturrevolution – so der Bildungssenator im „Tagesspiegel“. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei und der Partei des Demokratischen Sozialismus! Ich will mich wahrlich nicht darüber auslassen, inwieweit Sie in der Vergangenheit jeweils ein glückliches Händchen für Revolutionen hatten. Aber Ihre für heute annoncierten bildungspolitischen Umwälzungen werden Ihnen auf jeden Fall nicht auf der historischen Habenseite eingetragen werden. So viel ist sicher.
Wir diskutieren das Schulgesetz nicht erst seit gestern; sieben Jahre, zwei Jahre, fünf Jahre wurden genannt, egal, wir diskutieren es seit Jahren. Uns Bündnisgrünen ist es in der Tat gelungen, in den vergangenen Jahren immer mehr grüne Forderungen in diese Debatte und das Gesetz hineinzubringen. Sie von der Regierungsseite haben sich durchaus als lernfähig erwiesen. Doch jetzt, wo alle Debatten und Entwürfe in ein zu verabschiedendes Gesetz münden, scheinen Sie von der SPD und PDS Ihre politische Vernunft an der Garderobe abgegeben zu haben. In wesentlichen Punkten kneifen Sie, und es verlässt Sie Ihre bildungsrevolutionäre Entschlossenheit. Das, was heute mit Ihrer Mehrheit verabschiedet werden soll, fällt hinter den erreichten Stand der Diskussion zurück und weist in Anbetracht der PISA-Studie große Defizite auf.
Da wäre beispielsweise die Eigenverantwortung. Im neuen Schulgesetz wird den Schulen der Spielraum vergrößert im Hinblick auf personelle wie pädagogische und organisatorische Entscheidungen, die Möglichkeit für finanzielle Entscheidungen, Qualitätssicherung, Evaluation und Bildungsstandards – alles zukünftig nicht mehr nur Schlagworte in der Berliner Schule, alles original grüne Forderungen. Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Nach wie vor wird den Schulen durch das Schulgesetz vorgeschrieben, dass sie sich in der Schulentwicklung und der Evaluation allein durch das LISUM beraten lassen müssen. Auch als Anbieter für die Lehrerfort- und -weiterbildung sind die Schulen auf das LISUM angewiesen, weil sie keine Mittel für Fort- und Weiterbildung erhalten sollen. Ihre Schulprogramme müssen sie sich genehmigen lassen. Diese Liste lässt sich fortsetzen. Meine Damen und Herren! Wenn Sie Eigenverantwortung sagen, sollten Sie auch Eigenverantwortung meinen. Auf Mangelverwaltung können die Schulen verzichten.