Protocol of the Session on December 11, 2003

den Hochschulen, Synergien bei den zentralen Hochschuleinrichtungen sowie beim Flächen- und Gebäudemanagement dafür genutzt werden können, dass mittelfristig – also ab 2010 – wieder 100 000 Studienplätze in Berlin ausfinanziert werden können.

[Beifall bei den Grünen]

Ich habe noch eine Bitte! Ersparen Sie uns die Langzeitstudiengebühren, ersparen Sie uns insbesondere das Studienkontenmodell. Auch wenn Sie mir nun entgegen können, dass es in Baden-Württemberg eine grüne Landtagsfraktion gibt, die das ganz klasse findet –

[Ha, ha! von der PDS]

ich bin der festen Überzeugung, dass dies ein bürokratischer Mammutklotz ist und dass dieses Studienkontomodell alle Potentiale hat, für Berlin so etwas wie das TollCollect für den Bund zu werden – lassen Sie davon bitte die Hände!

[Beifall bei den Grünen]

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der SPD, dennoch die Hochschulverträge so verabschieden und den Kahlschlag in der Wissenschaftspolitik so fortsetzen wollen, wie sie ihn 2002 begonnen haben, dann werden Sie als SPD es schaffen, nicht nur das Milliardengrab mit ausgehoben zu haben, sondern jetzt auch noch den Sargdeckel draufzunageln.

Und nun noch einmal zur PDS. Wie hält es denn eigentlich die PDS mit der Frage: Studierende als Last oder Chance? Bei der PDS gibt es solche und solche. Ehrlich gesagt ist das aber ziemlich egal, da die PDS ohnehin mit der SPD stimmt.

[Brauer (PDS): Aha! – Frau Senftleben (FDP): Stimmt doch!]

Ansonsten stiehlt sich die PDS aus der Verantwortung und erklärt sich zugleich solidarisch mit den Studierenden, weil diese, so der Beschluss der PDS, klar erkannt hätten, dass das Problem von der Landespolitik einfach nicht zu lösen ist und dass das nur auf der Bundesebene gelöst werden kann.

[Frau Freundl (PDS): Da kriegen wir auch viel Unterstützung! – Brauer (PDS): Sitzen Sie da nicht mit in der Regierung?]

Somit meinen Sie, dass Sie sich mit den Studierenden einig sind. Meine Damen und Herren von der PDS! Ich weiß nicht, wem von Ihnen dieser Beschlusstext eingefallen ist. Glauben Sie nicht, dass die Studierenden in den letzten Wochen von Ihnen falsch verstanden worden sind?

Die Studierenden können heute auf unserer Plenarsitzung nicht mitreden. Ich finde aber, dass sie dennoch zu Wort kommen sollen, und deswegen möchte ich Ihnen eine Stellungnahme des Streikplenums der drei großen Universitäten vorlesen:

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Abgeordnete!

Keine Verhandlungen wird es mit uns bei dem Thema Studiengebühren, die manche auch Studienkonten nennen, geben. Wir werden keine Konzepte akzeptieren, die für viele Studierende den Abbruch des Studiums bedeuten und vielen Schülerinnen und Schülern das Hochschulstudium unmöglich machen. Eine Sippenhaft für alle Studierenden in höheren Semestern lehnen wir ab. Diesen Standpunkt haben wir auf dem PDSLandesparteitag deutlich gemacht und werden dies auch an jeder anderen Stelle tun.

In unserem Protest haben wir uns mit anderen sozialen Gruppen verbündet, die sich ebenso gegen die Politik dieses Senats wehren. Diese Bündnisfähigkeit hat dazu beigetragen, dass eine überwältigende Mehrheit der Berliner Bevölkerung unseren Protest befürwortet. Weiterhin hat niemand in diesem Haus das Recht, sich über lange Studienzeiten aufzuregen, denn es ist Ihre Politik, die uns zwingt, auf die Straße statt in die Unis zu gehen. Ebenso zeugen vulgäre Ausbrüche von politischer Hilflosigkeit. Wir fordern Sie auf, die Hochschulverträge in dieser Form abzulehnen und sich für eine Neu

Als das Grundgesetz entstand, haben maximal 5 % eines Jahrgangs ein Studium aufgenommen. Länder und Gemeinden waren stolz darauf, Hochschulen zu haben, betrachteten sie eher als Kultureinrichtungen denn als Bildungseinrichtungen. Es ist heute ein anderer Tatbestand, wenn jetzt 40 % oder 60 % in der Zukunft studieren wol

len. Nach der Angabe der „FAZ“ vom 9. September des Jahres gibt Berlin rund 638 € pro Kopf und Einwohner für die Hochschulen aus. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 348 €. Länder wie Bayern, Hessen oder Baden-Württemberg geben diesen Durchschnitt aus. Niedersachsen und Brandenburg geben weniger aus. Nun sagen manche Leute, es gebe einen Länderfinanzausgleich, d. h. die Einkommen pro Kopf für ein Land sind gleich. Aber wie diese Einnahmen verteilt werden, dafür gibt es keinen Hinweis und auch keine Notwendigkeit. Das steht den Ländern frei. Wenn man – wie in Berlin – für Hochschulen beträchtlich mehr ausgibt als andere Länder, muss man entweder in den anderen Bereichen weniger ausgeben, oder man finanziert es wie in Berlin über Kredite. Wir finanzieren zurzeit einen Teil der Hochschulen über die Kredite. Das geht zu Lasten genau der Generation, die wir fördern wollen. Daran sollte man denken. Ehrlich gesagt – ich verstehe die Opposition nicht. Diese Daten sind allen zugänglich

verhandlung mit den universitären Gremien einzusetzen.

[Beifall bei den Grünen]

So weit die authentischen Worte der streikenden Studierenden. Wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordern den Senat auf: Treten Sie in den angebotenen Dialog ein, ändern Sie Ihren Kurs, kommen Sie zur Besinnung!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Dr. Flemming. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Paus! Man lebt ja von Hoffnungen – auch ich. Ich hoffe, dass die protestierenden Studentinnen und Studenten nicht nur das Herz und den Bauch erreichen, sondern vielleicht auch die Ohren und das dahinter liegende Gehirn. Meine Hoffnung ist allerdings nicht sehr groß. – Weshalb? Die strukturellen und finanziellen Probleme in den Hochschulen in Deutschland sind unübersehbar. Sie sind nicht neu, und die Ursachen dafür sind zumindest seriösen Bildungspolitikern lange Zeit bekannt.

Es ist unstrittig, dass es in Deutschland viel zu wenig Studienanfänger gibt. Nur 40 % eines Jahrgangs studieren in Deutschland, in anderen Ländern sind es 50 bis 60 %. Das deutsche Hochschulsystem ist ineffektiv. In Deutschland schließen nur 50 % der Studierenden ihr Studium ab. Im Vergleich mit anderen OECD-Ländern gibt es in Deutschland insgesamt zu wenig Geld für die Bildung.

[Schruoffeneger (Grüne): Und die Konsequenz?]

Bildung ist in Deutschland eine originäre Aufgabe der Länder. Sie stellen die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung, die Mittel für Kitas, für Schulen, für Abiturienten, für Berufsschüler und für Studierende. Man sollte davon ausgehen, dass die Länder im Sinn des Grundgesetzes, der Sicherung gleicher Lebensbedingungen und Chancen, vergleichbare Mittel ausgeben. Dass Bildung das entscheidende Mittel zur Sicherung dieser Aufgabe des Grundgesetzes ist, wird keiner bestreiten. Während im Bereich der allgemeinbildenden Schulen die Länder Mittel in vergleichbarer Höhe ausgeben, ist das im Kitabereich, aber vor allen Dingen im tertiären Bereich, an den Hochschulen, nicht der Fall. Einige Kollegen werden sich daran erinnern, wie Berlin einen Ausgleich von Brandenburg forderte – und erhält –, weil eine nennenswerte Anzahl von Brandenburger Kindern Berliner Schulen nutzt. Wir haben gemeinsam dafür gestritten und waren froh, eine Lösung gefunden zu haben.

[Wieland (Grüne): Ich verstehe Sie nicht!]

auch Ihnen, Herr Wieland! – in der Bund-LänderKommission, der KMK, auch das Bundesministerium für Bildung verheimlicht seine Daten nicht.

[Zuruf der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Auch Ihnen, Frau Paus, sind sie zugänglich! – Während sich alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus einig sind, dass die Kultur in Berlin nicht nur eine Aufgabe Berlins ist und ein Hauptstadtvertrag etwas Wunderbares ist – und recht und billig –, nehmen Sie als Opposition diese berechtigten finanziellen Ansprüche des Landes Berlin im Bereich der Hochschulen überhaupt nicht wahr. Sie artikulieren sie nicht einmal. – Warum eigentlich nicht? Haben wir genügend Geld, dass wir darauf verzichten können? – Selbst der Präsident der Hochschulenrektorenkonferenz, Herr Gaehtgens, fordert in Kenntnis dieser Tatsache einen Bildungsfinanzausgleich. Inwieweit es allerdings im Bundesrat, bei dem es drei Empfänger, aber 13 Zahler gibt, zu einer Entscheidung zu Gunsten der ersteren kommt, das wage ich bei dem jetzigen Stand unseres föderalen Systems zu bezweifeln.

Die Forderung, dass alle Länder – wie auch für die Schule – für die Hochschulen vergleichbare finanzielle Anstrengungen unternehmen, ist mehr recht als billig und mehr als überfällig.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Bezogen auf Berlin habe ich bereits mehrfach gesagt, dass es keine bildungspolitische Begründung für eine Kürzung im Hochschulebereich gibt. Es ist eine rein finanzpolitische. – Aber ich will Ihnen eines sagen, Frau Paus: Sie klagen den jetzigen Zustand an. Der jetzige Zustand der Hochschulen beruht auf einem Hochschulvertrag, den Ihre Vorläuferin, Frau Senatorin Goehler, ganz groß gefeiert hat.

[Zuruf der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Das ist augenblicklich die Situation. Es ist nichts Neues, alle Finanzmittel sind drin, die von Ihnen beschlossen

Lassen Sie die berechtigten Sorgen der jungen Generation nicht in dem allgemein üblichen Schlagaustausch untergehen. Lassen Sie uns gemeinsam die unzweifelhaften Daten analysieren und die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Diese betreffen jedoch nicht nur das Land Berlin, sondern die Länder. Damit fordere ich Sie auf, wie bei dem Hauptstadtkulturvertrag an einem Strick zu ziehen. – Ich danke Ihnen!

Danke schön! – Für die Fraktion der CDU hat das Wort der Abgeordnete Herr Zimmer. – Bitte sehr!

worden sind. – Bloß einmal zum Festhalten! – Dann will ich noch etwas zur CDU sagen, die ja auch klagen wird. Es waren zwei CDU-Senatoren, die 26 % der Studienplätze in Berlin abgebaut haben. Sie können sich gern die Reden ansehen von Herrn Erhardt oder Herrn Radunski, mit welcher Begründung sie das getan haben.

[Frau Grütters (CDU): Waren Sie da nicht auch dabei, Herr Flemming?]

Ja, genau! Ich rede ja nur davon. Sehen Sie mal, das ist der Fall. Aus welchen Gründen? Weil es finanzpolitische Gründe gab. Bloß zur Orientierung, das muss man einmal festhalten. –

[Zurufe von der CDU]

Jetzt werden 0,5 % der Zuweisungen an die Hochschulen gekürzt. 0,5 %! Allerdings muss man auch sagen und festhalten, dass – selbst wenn diese Einsparungen vollzogen sind – Berlin weiterhin der Wissenschaftsstandort in Europa ist. Wir haben unstreitig die höchste Wissenschaftlerdichte mit der höchsten Anzahl von Forschungsinstituten. Auch danach!

[Zurufe von der CDU]

Allerdings muss man auch über die Effizienz der Wissenschaft reden. Obwohl Berlin doppelt so viele öffentliche Mittel ausgibt wie Bayern oder Baden-Württemberg,

[Dr. Lindner (FDP): Jetzt kommt der Kram wieder!]

kommt nur die Hälfte von Patenten in Berlin dabei heraus. Da muss nachgefragt werden. Die Quote derjenigen in Berlin, die ihr Studium erfolgreich abschließen können, liegt unter dem Bundesdurchschnitt. Lediglich 30 % der Lehrerstudenten werden in Berlin fertig. Das ist alles keine Frage von Mitteln.

[Heiterkeit bei der CDU]

Dabei sind Hochschulen wie die Gesellschaft und die Politik gefragt, endlich Strukturen in den Hochschulen zu verändern.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Wir haben damit übrigens alle gemeinsam bei der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses angefangen und haben das Lehrerbildungsgesetz novelliert und hoffen einfach, dadurch Verbesserungen zu erhalten. Dazu haben Sie genauso gestanden wie wir auch.