Protocol of the Session on November 27, 2003

Mit diesen Maßnahmen legt Rot-Rot die Axt an die Kinderbetreuung in Berlin. Die CDU-Fraktion lehnt die schleichende Demontage der Kitas ab. Wir fordern stattdessen: Hören Sie auf die Bildungsdebatten im Bund und in der Wissenschaft und bauen Sie die Kitas weiter als Bildungseinrichtungen aus. Dazu beantragt die CDUFraktion und die Fraktion der Grünen, zunächst das letzte Kitajahr kostenfrei zu stellen. Das ist bildungspolitische Konsequenz. Handeln Sie konsequent und stimmen Sie für den CDU-Antrag!

[Beifall bei der CDU – Frau Schaub (PDS): Und was ist mit dem Verfassungsgerichtsurteil? – Frau Jantzen (Grüne): Etwas Besseres fällt euch auch nicht ein!]

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Müller das Wort.

[Goetze (CDU): Kann man wohl sagen!]

aber ich denke, in gewisser Hinsicht recht einseitig.

[Goetze (CDU): Weil das Gesetz einseitig ist!]

Ich denke eher nicht.

Berlin liegt beim Angebot an Kitaplätzen bundesweit sehr weit vorne, um nicht zu sagen, in einigen Gebieten an der Spitze,

[Zuruf der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

[Beifall bei der SPD]

Nachdem der Entwurf vorlag, gab es intensive Diskussionen nicht nur in der SPD und in der PDS, sondern auch bei der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und in der breiten Öffentlichkeit. Als Ergebnis dieser Dialoge wurde von der Koalition ein umfassender Änderungsantrag erarbeitet, der in der vorigen Woche im Jugendausschuss beschlossen wurde. Diese Änderung sorgt erstens dafür, dass der Zuschlag von 20 % für den erhöhten Betreuungsaufwand in den Krippen nicht kommen wird. Es wird zweitens eine Deckelung bei der Tagespflege ab ca. 71 000 € Jahreseinkommen geben, da es sonst zu einer Kostenüberdeckung käme.

Außerdem – also drittens – ist die bisher im Gesetz vorgesehene Anpassung gestrichen, denn wir haben vor, die Kitalandschaft in den kommenden Jahren umfassend zu verändern. Dazu gehört die Einführung der verlässlichen Halbtagsgrundschule, die Übertragung der Zuständigkeiten für die Horte an die Grundschule sowie verbesserte Angebote im Rahmen der Ganztagsbetreuung. Damit wird sich der Bedarf insbesondere an Hortplätzen verändern. Dementsprechend soll diese Entwicklung bewertet und, wenn nötig, durch eine weitere Gesetzesänderung beeinflusst werden.

Damit wäre zu dem Gesetz eigentlich genügend gesagt, aber wenn man das Gesetz richtig einschätzen will,

Frau Müller

Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird in Frage gestellt. Jungen Eltern wird die Rückkehr in das Berufsleben unnötig erschwert. Stattdessen sollten durch weitgehende Überführung der staatlichen Kitas in freie Trägerschaft die Wahlfreiheit der Eltern gestärkt, der Qualitätswettbewerb gefördert und Effizienzgewinne erzielt werden – denkbar ist hierbei ein Betrag bis zu 100 Millionen €. Schließlich sollte die Einführung der Kita-Card ermöglicht werden. Das würde dann letztendlich die Erhöhung der Kitagebühren entbehrlich machen.

Die rot-rote Koalition bewahrt stattdessen nach wie vor die unwirtschaftlichen staatlichen Strukturen und senkt die Qualitätsstandards. Die Liberalen akzeptieren diese einseitige Belastung junger Familien und diese Verschlechterung der Leistung bei Festhalten an ineffizienten Strukturen nicht. Bildung und Betreuung unserer Kinder in Schulen und Kitas sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die nicht zu Lasten der ohnehin finanziell stark belasteten Familien gehen dürfen.

In 41 Einkommensstufen wird die Höhe der zu bezahlenden Kitabeiträge festgelegt, und damit wird unnötige Arbeit für die Verwaltungen in den bezirklichen Jugendämtern geschaffen. Betrachtet man die vorgesehenen Spitzensätze, wird deutlich, dass der Bildungsauftrag seitens der SPD und der PDS völlig ausgeblendet wurde und es hierbei ausschließlich um eine fiskalische Maßnahme geht. Kitas sind aber Bildungseinrichtungen. Sie tragen dazu bei, die vorschulische Sozialisation und die Bildung von Kindern aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Milieus positiv zu beeinflussen

muss man auch das Umfeld betrachten, wie es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Wurde über die Gesetzesänderung gesprochen, ist gleich der Tarifvertrag mit zur Sprache gekommen. Aber es besteht kein Zusammenhang zwischen der Gesetzesänderung und dem Tarifabschluss. Das heißt, die durch den Tarifabschluss erforderlichen Stellen werden entsprechend besetzt.

Bis vor kurzem lautete die Frage noch: Steht die Stellenbesetzung im Einklang mit dem Verfassungsgerichtsurteil? – Gestern hat der Wissenschaftliche Parlamentsdienst entschieden, dass die Stellen besetzt werden können und dass es keinen Dissens zum Verfassungsgerichtsurteil gibt.

[Schruoffeneger (Grüne): Der WPD entscheidet nicht!]

Deswegen werden wir die Stellen auch umgehend besetzen. Es wird nicht nur bei den bisher besetzten 92 Stellen bleiben, sondern auch die anderen Stellen werden zügig besetzt.

[Beifall bei der SPD – Beifall von Frau Abg. Freundl (PDS)]

So wollte es die SPD schon immer,

[Steuer (CDU): Was? – Schruoffeneger (Grüne): Sie leiden wohl an Amnesie!]

und jetzt können wir das im Einklang mit der Verfassung auch so umsetzen.

Für die SPD-Fraktion steht fest, dass die Sicherung der Standards und der Qualität in den Kindertagesstätten gewährleistet ist und auch weiterhin gewährleistet sein wird. Es wird keine Änderung der Zugangsvoraussetzung geben, d. h. der Versorgungsgrad wird so gehalten. Deswegen bitte ich Sie um Unterstützung für den vorliegenden Antrag zu der Gesetzesänderung – so, wie der Jugendausschuss ihn in der vorigen Woche beschlossen hat –,

[Frau Senftleben (FDP): Den Gefallen tun wir Ihnen nicht!]

damit wir weiterhin auf hohe Standards in den Kitas setzen können. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Das Wort hat Herr Dr. Augstin. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem nunmehr vorgelegten Gesetz zur Änderung der Kita- und Tagespflegekostenbeteiligung zum 1. Januar werden sich die Kitabeiträge für die überwiegende Mehrheit der Familien drastisch erhöhen. Die FDP lehnt diese Beitragssteigerung grundsätzlich ab. Diese Erhöhung ist familien- und bildungsfeindlich. Die Mehreinnahmen dienen noch nicht einmal dazu, die Bildungseinrichtungen, die es dringend benötigen, zu sanieren.

[Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der FDP]

Deshalb treten die Liberalen für eine günstige Kernzeitbetreuung für alle Kinder im Umfang von 5 Stunden pro Tag ein. Darüber hinaus treten die Liberalen für eine kostenorientierte Zusatzbetreuung ein – also ein Betreuungsangebot, das über das Kernangebot hinausreicht. Für berufstätige Alleinerziehende oder im Fall sozialer Härten sind Ermäßigungen und Vergünstigungen zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für kinderreiche Familien.

Das Fünfte Gesetz zur Änderung der Kita- und Tagespflegekostenbeteiligung in der von SPD und PDS eingebrachten Form lehnt die FDP-Fraktion ab. Dem Änderungsantrag der CDU können die Liberalen aus Gründen der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts nicht zustimmen. Letztendlich muss man hier ein gespaltenes Verhältnis selbst bei der CDU feststellen,

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Hoffmann (CDU): Oh!]

denn letzten Endes kann es nicht sein, dass man ein Jahr praktisch freistellt, ohne dazu eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu haben.

Wir Liberalen lehnen den CDU-Antrag aber auch deshalb ab, weil wir für eine vorgezogene Einschulung in Form des Startklassenmodells eintreten. Das FDP

Die Gespräche der vergangenen Wochen, die ich mit vielen Eltern geführt habe, haben für mich deutlich gemacht, dass die Staffelung der Elternbeiträge nach sozialen Gesichtspunkten nicht in Frage gestellt wird. Es wird auch begrüßt, dass die unterste Einkommensstufe und damit die größte Gruppe der Beitragszahler nicht belastet, sondern durch die Einführung der Geschwisterregelung sogar entlastet wird. Es wird von uns nicht bestritten, dass die Belastungen für die betroffenen Eltern in den anderen Einkommensgruppen als schmerzlich empfunden werden. Doch auch in Anbetracht der steuerlichen Entlastungsmöglichkeiten und der Vergleichbarkeit der Beiträge mit denen in anderen deutschen Großstädten erwarten wir Realitätssinn und Solidarität mit den Eltern, für die wir eine Beitragserhöhung ausgeschlossen haben.

Konzept betont so den bildungspolitischen Aspekt wesentlich stärker.

[Beifall bei der FDP]

Wenn aber Bildung von Kindern eine gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgabe darstellt, steht dieses Kita- und Tagespflegekostenbeteiligungsgesetz in Form einer Luxus-, einer Verhütungs-, einer Genusssteuer diesem Grundgedanken unvereinbar gegenüber. Es ist aber kein Luxus, für die Bildung der Kinder zu sorgen, sondern eine gesamtgesellschaftliche Notwendigkeit. Es trägt im Übrigen auch dazu bei, die demographische Frage zu entschärfen. Das belegt Frankreich mit einem sehr gut ausgebauten und kostenlosen vorschulischen Bildungswesen. Das hat seit langem zu einer steigenden Geburtenrate geführt. Wir sollten uns das zum Vorbild nehmen. – Danke!

[Beifall bei der FDP]

Das Wort hat nun die Abgeordnete Frau Dr. Barth. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den zurückliegenden Tagen und Wochen sind in unserer Stadt und teilweise auch darüber hinaus viele Meinungen zur Vorlage des Senats zur Neuregelung der Elternbeiträge für den Kitabereich ausgetauscht worden. Die öffentliche Debatte dazu war intensiv und teilweise sehr hitzig. Sie ist nicht spurlos an der Vorlage vorbeigegangen, und wie so oft, bestätigt sich auch in diesem Fall die Tatsache, dass selten ein Gesetzentwurf dieses Haus so verlässt, wie er eingebracht wurde. Ich denke, das spricht für unser Parlament. Ich möchte jetzt noch kurz etwas zu den Veränderungen im Vergleich zur Senatsvorlage darstellen. Was wurde verändert?

Erstens: Nach ernsthafter Auseinandersetzung hat die PDS im Einvernehmen mit dem Koalitionspartner entschieden, die überproportionale Erhöhung der Beiträge für den Krippenbereich rückgängig zu machen. Wenn man der frühkindlichen Förderung mehr Bedeutung beimessen will, wie dies meine Partei tut, ist das aus unserer Sicht konsequent. Der höhere Aufwand für die Betreuung so kleiner Kinder ist enorm, aber gerechtfertigt und aus der Sicht dessen, was ein so kleines Kind braucht, aber auch aus der Sicht einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig. Wir sind deshalb dagegen, den Familien diese Mehraufwendungen aufzubürden.

[Beifall bei der PDS]

Zweitens: Gedeckelt wurde der Elternbeitrag für die Tagespflege. Es ist nur natürlich, dass die Elternbeiträge den tatsächlichen Aufwand nicht übersteigen dürfen. Dies macht aber noch auf ein anderes Problem aufmerksam. Es wäre aus unserer Sicht falsch, die Tagespflege als Billigangebot zu verstehen und damit abzuwerten. Was Tagesmütter in dieser Stadt unter den gegebenen Bedingungen leisten, ist sicher in der Mehrzahl der Fälle sehr zu würdigen. Das heißt allerdings nicht, dass das Vorhandene nicht noch besser werden kann. Wir werden uns in der nächsten Zeit damit auseinander setzen.

Drittens: Gestrichen wurde § 3 Abs. 9 des Kita- und Tagespflegebeteiligungsgesetzes. Dieser Paragraph ermächtigt den Senat, per Rechtsverordnung, also an diesem Hause vorbei, die Elternbeiträge und den Beitrag für das Essensgeld zu erhöhen. Wenn der Senat irgendwann planen sollte, eine Veränderung der Kita- oder Essensgeldbeiträge vorzunehmen, muss er das künftig über eine Gesetzesänderung in dieses Haus einbringen. Damit sind die demokratische Beteiligung und Transparenz aus unserer Sicht garantiert.

[Beifall bei der PDS]

In meinen zahlreichen Gesprächen habe ich registriert, dass viele Eltern durchaus bereit sind, mehr für den Kitabesuch zu zahlen, wenn damit ein Zugewinn an Qualität und Verlässlichkeit verbunden ist. An dieser Stelle hatte ich eigentlich vor, ein persönliches Wort an den Finanzsenator zu richten, aber Herr Senator Sarrazin hat andere Verpflichtungen, was uns vorab mitgeteilt wurde. Deshalb richte ich diese Worte an den Regierenden Bürgermeister: