Unter der Betrachtung erscheinen die 75 Millionen € Einsparung eher als eine Vorgabe aus der Finanzverwaltung als tatsächlich wissenschaftlich unterlegbar. Uns wäre eine tatsächliche Betrachtung der Folgen wichtig und eine Antwort auf die Frage: Wo liegen Einsparpotentiale in der Verwaltung und auch in der Lehre? Da kann man durchaus einzelne Doppelangebote diskutieren, und danach sollte der Betrag genannt werden und nicht – das Pferd von hinten aufgezäumt – erst einmal Zahlen nennen und dann gucken, wie es irgendwie geht. In der Hochschulmedizin haben Sie das schon so gemacht. Dass Sie das Ergebnis dort erreichen, das Sie sich vorgenommen haben, ist äußerst fragwürdig. Nun wird die Koalition aus ihrer Sicht sagen, die Hochschulen haben die Verträge selbst paraphiert und sind deshalb auch der Ansicht, sie könnten diese Einsparungen erbringen. Dazu ist jedoch zu sagen: Wir haben zwar weitestgehend Hochschulautonomie bei den internen Entscheidungen, die im Großen und Ganzen auch ganz gut funktioniert. Wenn es aber um Vertragsverhandlungen für die Hochschulverträge mit dem Land geht, ist diese Autonomie doch äußerst einge
Zum Instrument der Hochschulverträge bitte ich den Senat, zukünftig dieses Instrument nicht zu schwächen,
sondern zu stärken. Gerade die Hochschulvertragsergänzungsverhandlungen, die für 2003 bis 2005 geführt wurden, zeigen, dass Hochschulverträge kein sicheres Planungsinstrument für die Hochschulen darstellen. Man kann nicht beurteilen, wie die Klage in Karlsruhe ausgehen wird, doch es ist nicht auszuschließen, dass – wenn dort nicht der Erfolg eintritt, den wir uns erhoffen – weitere Eingriffe in die Hochschuletats erfolgen können. Der Hochschulergänzungsvertrag ist daher ein Signal an die Hochschulen. Wir müssen uns die Frage stellen, ob diese Verträge so sicher sind, wie sie sein sollten, und ob wir nicht mehr tun können, um sie als Instrument der Hochschulpolitik zu sich
Zwei Forderungen stelle ich an den Senat: Er möge dafür Sorge tragen, dass die Hochschulfinanzierung in dem Maße gewährleistet wird, dass sie der Wissenschaft in Berlin nutzt und nicht schadet. Dazu muss eine Folgenabschätzung über Einsparungssummen erfolgen. Es darf keine weitere Taschenrechnerpolitik gemacht werden. Es muss alles ergriffen werden, Hochschulautonomie zu sichern und nicht zu untergraben. Es muss ein fairer Umgang mit den Betroffenen im Wissenschaftsbereich gewahrt werden. – Vielen Dank!
Danke schön! – Nun hat Herr Dr. Flemming von der Fraktion der SPD das Wort. – Bitte schön, Herr Dr. Flemming!
schränkt. Man muss den Hochschulen zugestehen, dass sie im Interesse ihrer Einrichtung werden ein Kompromissangebot machen, was ihrer Meinung nach den Universitätsbetrieb einigermaßen gewährleistet. Und von anderer Seite aus ist diese Paraphierung keine Aussage, dass tatsächlich diese Einsparungen ohne Einbußen in Forschung und Lehre erreicht werden können.
Nun zu dem Punkt Strukturplanung an den Universitäten und den Zahlen, die dort für den Abbau von einzelnen Professorenstellen usw. genannt wurden. Da konnte man sich fragen, wie das Verfahren aussehen soll. Erstellen die Universitäten etwas, was macht der Senat damit, der Senator, die Senatsverwaltung, in welcher Weise soll die Politik daran beteiligt werden? Gestern im Kuratorium der Technischen Universität war zu den Überlegungen von Senator Flierl etwas zu erfahren, und zwar stellt er sich ein Gremium aus Senator, den Kuratoriumsvorsitzenden der Universitäten und den Koalitionsfraktionen vor. Da muss ich deutlich sagen, wir haben Gewaltenteilungen – und das nicht ohne Grund. In ein solches Gremium der Exekutive gehören die Koalitionsfraktionen überhaupt nicht hinein, dort werden Interessen vermischt, die sollte man ganz sauber trennen. Die politische Diskussion der Legislative findet hier im Wissenschaftsausschuss statt, im Abgeordnetenhaus, im Plenum, und es sollten keine vermengten Gremien geschaffen werden. Nun wurde auch in dem Kuratorium der Technischen Universität gefordert, die 85 000 Studienplätze, die die Berliner Politik als Ziel hat, in bestimmte Bereiche aufzuteilen: Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften und Technik. Da bitte ich den Senator in seinem Redebeitrag um Stellungnahme, ob er diese Aufteilung machen möchte – das war ja nur eine Forderung, die von der TU erhoben wurde – und, wenn ja, wie die Beteiligung des Parlaments in diesem Prozess aussehen soll und welche Vorstellungen der Senator dazu hat.
Es wäre vernünftig, wenn man die drei Universitäten auf Grund der Planungsbudgets, die diese bis jetzt erhalten haben, Strukturplanentwürfe erstellen ließe, die dann im Parlament diskutiert werden müssten. Auf Grundlage dieser Entwürfe müsste die Verteilung der Einsparungen sowie die Höhe der Einsparvorgabe von 75 Millionen € noch einmal diskutiert werden. Unser Ziel ist es – insbesondere mit Blick auf den internationalen Vergleich –, mehr Absolventen zu erhalten. Daher müssen wir uns auch über die Folgen der Sparmaßnahmen Gedanken machen und uns auch die politische Entscheidung zutrauen, dass an dieser Stelle eine Einsparung nicht sinnvoll ist. Die Mittel müssen entweder unter den Universitäten anders verteilt werden, oder es müssen Abstriche in der Gesamtsumme der Einsparungen gemacht werden. Grundsätzlich ist es ratsam, sich bei der Ermittlung der Höhe solcher Einsparungspotentialien mit den Betroffenen zusammenzusetzen statt auf Studien zu vertrauen, die Äpfel mit Birnen vergleichen und wenig brauchbar sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der PISA-Studie, die vor allem Bildungsdefizite für bestimmte Schichten unserer Bevölkerung dargelegt hat, hat die OECD fast unbemerkt dargelegt, dass in Deutschland, im Vergleich zu anderen Staaten, der Anteil derjenigen, die hier studieren, ganz niedrig liegt. Daran sind Länder wie z. B. Bayern Schuld, nicht das Land Berlin.
Die Bildungsrevolution Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre bestand darin, Strukturen, die vorhanden waren, einfach zu vervielfältigen. Das erforderte immer mehr finanzielle Ressourcen. Spätestens Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre war allen Beteiligten klar, dass ohne strukturelle Änderungen und neue Zielbestimmungen dieses System so nicht mehr haltbar ist. Während in den 60er Jahren die Hochschulen vor allem wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden sollten, kam die berufsqualifizierende Ausbildung hinzu. Deshalb werden immer mehr Studierende an Fachhochschulen ausgebildet¸ dies ist jedoch in Berlin nicht ausreichend. Neben den Fachhochschulen müssen sich auch die Universitäten dieser Aufgabe verstärkt stellen. Die Bundesländer haben sich verpflichtet, einen Weg der Strukturänderungen, wie sie z. B. in den skandinavischen Ländern weit fortgeschritten sind, nachzuholen. Dies erfolgt im so genannten BolognaProzess durch Einführung anerkannter Abschlüsse wie z. B. Bachelor und Master. Das muss in Berlin beschleunigt werden. Berlin steht vor den gleichen strukturellen
Dieser Bereich – wir reden von Wissenschaft – wird auch durch keine Kürzungsmaßnahmen in absehbarer Zeit betroffen werden, da er gleichzeitig auch kofinanziert ist. Wir haben hier ein Pfund, mit dem wir wuchern können. Berlin ist mit seinen Einrichtungen und Wissenschaftlern der größte Wissenschaftsstandort in Deutschland und wird es auch nach den heutigen Beratungen bleiben. Die strukturellen Diskussionen finden in allen anderen Bundesländern statt und sind auch in Berlin notwendig. Allerdings sollte man alle Beteiligten dazu auffordern, den Strukturwandel rational und effektiv zu gestalten. Dies scheint jedoch in Berlin ein schwierigeres Unterfangen als in anderen Bundesländern zu sein. Nicht zuletzt die Politik, auch die Oppositionsparteien, wie man heute hören kann, tragen dazu bei. Lassen Sie uns gemeinsam mit den Hochschulen, den Studierenden und der Gesellschaft einen Weg suchen – die Ziele sind nicht strittig. – Ich danke Ihnen.
In der „FAZ“ erschien am 9. September ein Übersichtsartikel über die finanziellen Ressourcen und strukturellen Veränderungen der Hochschulen in den einzelnen Bundesländern. Hiernach sind – wie bekannt – die Aufwendungen pro Berliner Steuerzahler weitaus die höchsten, z. B. doppelt so hoch wie in Bayern. Auch die heute zur Diskussion stehenden Hochschulverträge werden an dieser Rangfolge nichts ändern. Bayern hat weniger Abiturienten und Studenten, sie importieren praktisch kostenlose Ausbildungsleistungen einer ganzen Maximilians-Universität. Dafür zahlen jedoch die Steuerzahler der anderen Länder, vor allen Dingen Berlin.
Die Kürzungen im Haushalt der Hochschulen ab 2006 bis 2009 sind nicht bildungspolitisch begründbar, jedoch durch die Berliner Haushaltslage unabwendbar. Es ist sicher der intensiven Diskussion in Berlin zu danken, dass sowohl die Hochschulen – und hier besonders die Universitäten – als auch die Gruppierungen wie z. B. „An morgen denken“ den jetzt gefundenen, langfristigen finanziellen Kompromiss akzeptieren.
Der augenblickliche Streit entzündet sich vielmehr an der Verteilung. Hier kann die Feststellung von Prioritäten nicht allein den Hochschulleitungen überlassen werden. Hochschulen sind kein Selbstzweck, sie haben bildungspolitische, wissenschaftspolitische, arbeitsmarktpolitische, wirtschaftspolitische, gesellschaftspolitische und auch außenpolitische Ziele und solchen Erfordernissen zu entsprechen. Das kann nur im Dialog mit den Hochschulen geschehen, aber auch mit den Studierenden, mit Gruppierungen wie „An morgen denken“ und vielen anderen. Diese Interessen müssen auf der politischen Seite gebündelt und gemeinsam mit den Hochschulen realisiert werden.
Unter der Autonomie der Hochschulen verstehen wir nicht, dass die Hochschulen ihre Aufgaben praktisch selbst bestimmen. Das Was muss in Abstimmung mit der Gesellschaft definiert, das Wie in der Autonomie der Hochschule realisiert werden. Hier sind in Berlin durch die Hochschulverträge Voraussetzungen geschaffen worden, die dieses ermöglichen. Die Notwendigkeit, dass mindestens 40 % eines Jahrgangs ein Studium aufnehmen, ist unbestritten. Deutschlandweit ist der Anteil in den letzten 5 Jahren erfreulicherweise auf 37 % gestiegen. Wenn aber andererseits nur 19 % eines Jahrgangs das Studium erfolgreich beenden können, dann wird niemand bestreiten, dass das Hochschulsystem Effektivitätsreserven hat. Diese sind nicht unmittelbar mit dem finanziellen Input gekoppelt. Hier kann man durch gestufte Abschlüsse, mit vorhandenen und neu zu verhandelnden Hochschulverträgen sowie mit vermehrten Leistungsparametern eingreifen. Von dem vom Senator vorgeschlagenen Studienkontenmodell erwarten wir eine transparentere und effizientere Steuerung der Finanzen hin zu besserer Lehre.
Neben den Hochschulen wird die Wissenschaftslandschaft durch außeruniversitäre Institutionen wie Adlershof und Buch geprägt. Das ist eine Erfolgsgeschichte, Berlin hat hier Spitzenleistung erreicht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Flemming! Wie finden Sie eigentlich das traurige Bild auf der Senatsbank bei einer solchen Debatte?
Das ist Gott sei Dank auch Ihnen peinlich. Das ist bei einem solchen Zukunftsthema wirklich blamabel, und ich würde gerne warten, bis wenigstens noch ein paar Kollegen, die etwas dazu zu sagen haben, anwesend sind. Ich bitte, dass dies nicht von meiner Redezeit abgezogen wird.
Nein, das wird natürlich nicht von Ihrer Redezeit abgezogen. Ich habe mich eingemischt, weil ich das auch von hier oben unterstreichen wollte. Der Finanzsenator kommt gerade. Wir haben gerade einen Mitarbeiter losgeschickt. Vielleicht warten wir noch, bis wenigstens ein weiterer Senator oder eine Senatorin hier erscheint.
[Dr. Lindner (FDP): Wenigstens ist der Totengräber der Unis schon da! – Zurufe der Abgn. Doering (PDS) und Gaebler (SPD)]
Lieber etwas später, dann weiß er vielleicht, wie der Gedankengang geht. – Ich finde, dass das eine Zumutung ist, Herr Gaebler, und auch eine traurige Kapitulation vor dem politischen Ziel, Prioritäten zu setzen, und zwar am besten da, wo Berlin zumindest jetzt noch Stärken hat. Herr Flemming meint, das hätte Berlin auch noch nach dieser Debatte, und zwar in der Wissenschaft.
Was Sie dagegen seit zwei Jahren mit der Wissenschaft machen, fällt vor allen Dingen durch zwei Merkmale auf. Das eine ist eine echte, gerade finanzpolitische Kahlschlagpolitik. Das andere ist, wir haben seit der Wende noch nie eine solche Ideologisierung in der Wissenschaft erlebt wie mit dieser rot-roten Koalition.
Nein, wir haben uns darauf verständigt, Herr Gaebler! Ich bitte um Verständnis. Hier geht es auch um parlamentarisches Selbstverständnis.
Die Sitzung ist unterbrochen bis zum Eintreffen eines weiteren Senators. Das sollten wir schon unserem eigenen Ansinnen schuldig sein.
[Zurufe der Abgn. Hoff (PDS) und Dr. Heide (CDU) – Wegner (CDU): Der Senat verlässt das sinkende Schiff! Keiner ist mehr da! – Czaja (CDU): Wo ist eigentlich Herr Wowereit? Er sortiert wohl gerade die Bilder von Mexiko!]
Herr Körting, Sie haben gerade die Ehre des Senats gerettet! – Ich wollte Ihnen gerade vorlesen, dass sich zum Wintersemester 66 800 Studierwillige an Berliner Universitäten beworben haben und nur 16 600 genommen werden können. Das sind knapp 25 %. Jeder vierte kann hier starten. Drei Viertel aller jungen Menschen werden wieder weggeschickt, obwohl sie gerne nach Berlin gekommen wären. Meine Damen und Herren von der Regierungsbank, ein Großteil von Ihnen hat studiert, der eine oder andere vielleicht sogar in Berlin. Glück gehabt, könnte man sagen, dass Sie vor vielen Jahren diesen Wunsch gehegt haben und dass man Ihnen den damals noch erfüllt hat. Heute müssten drei von vier unverrichteter Dinge wieder gehen. Berlin glaubt, auf diese jungen Menschen verzichten zu können.
Gut, hätte ich gedacht, dass wir heute wenigstens eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema aufrufen, auch wenn es nur aus Verlegenheit passiert, weil Herr Wowereit ungern über seine Mexikoreise sprechen wollte. Die Studis danken es ihm. Ich finde es übrigens reichlich frech, Herr Gaebler, wenn ausgerechnet Ihre Partei diese Verlegenheitsgeste mit dem klingenden Titel versehen will: „Zukunft planen, Wissenschaftsstandort sichern“. Die Realität zeigt, wie wenig ernst Sie es damit meinen.
Erinnern wir uns einmal an die letzte Wissenschaftsausschusssitzung, ein hypernervöser Kollege Hoff und ein Senator, der bei drei von vier Tagesordnungspunkten zu verstehen gab: Ja, es gebe im Senat andere Meinungen als die, die wir bei dem einen oder anderen Wissenschaftsthema gerade zu diskutieren hätten. Nur leider könne er sich damit am Kabinettstisch nicht durchsetzen. – Diese Haltung zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Politik. Herr Flierl, immer wieder deuten Sie andere Meinungen als diejenige an, die Sie dann doch entnervt vertreten. Für die Einrichtungen zählt aber, was hinten herauskommt. Die Masche zieht nicht immer. Und wenn es die garstige Handschrift einer schon immer eher wissenschaftsfeindli
Der Kahlschlag begann bereits mit Ihrer Koalitionsvereinbarung. Das stärkste Stück Berliner Medizinstandort sollte extra bluten: Weg mit dem UKBF, das brauchen wir nicht mehr. – 98 Millionen € werden aus der Medizin gepresst, ungeachtet der Drittmitteleinwerbungen in dreistelliger Millionenhöhe. 54 weitere Millionen haben Sie aus den Unis einseitig abgezogen – ein einseitiger Vertragsbruch, das darf nie wieder passieren –, haben Sie aus der Tarifvorsorge dieser Unis weggenommen. Das darf nie wieder passieren. Das ist ein Vertragsbruch, der auch ein Vertrauensbruch ist.
Jetzt kommen Sie für den nächsten Vertragszeitraum mit weiteren 75 Millionen € Plafondabsenkung. Insgesamt, Herr Flemming, zerstören Sie ein Drittel unserer Kapazitäten im tertiären Bildungsbereich.
Von den 85 000 Studienplätzen sind schon lange nicht einmal mehr 65 000 finanziert. Herr Senator, Sie sollten wenigstens den Mut zu dieser Wahrheit haben.