Protocol of the Session on September 25, 2003

Wer die Fragen beantwortet, entscheidet der Senat, Herr Kaczmarek! Herr Wegner hat deutlich gemacht, dass er mich fragen wollte, und da wollten wir gegenüber dem Abgeordneten auch höflich sein, damit er von dem, den er fragt, auch die Antwort bekommt.

[Czaja (CDU): Sie sind ganz schön frech heute! – Weiterer Zuruf von der CDU: Heute wieder!]

Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Matuschek zu ihrer Mündlichen Anfrage über

ÖPNV-Linienveränderungen am Kunden vorbei?

Bitte schön, Frau Matuschek!

Ich frage den Senat:

1. Wann wurden die von der BVG beabsichtigten Linienveränderungen zum Fahrplanwechsel im Dezember 2003 mit wem diskutiert und durch wen genehmigt?

2. Durch welche Gutachten o. Ä. wurden diese Linienveränderungen als wirtschaftlich notwendig für den Verkehrsbetrieb definiert, welche Untersuchungen hinsichtlich der Kundenakzeptanz wurden durchgeführt, wann und wie wurden Betroffene und Bezirke in diese Diskussion einbezogen?

Das Wort zur Beantwortung hat der Verkehrssenator Herr Strieder. – Bitte!

Herr Präsident! Frau Matuschek! Meine Damen und Herren! Der Senat hat die BVG aufgefordert, ihre Linien zu optimieren und zu überlegen, ob die veränderten Verkehrsbedürfnisse in der Stadt noch der gegenwärtigen Linienführung entsprechen. Das beruht auf einer Verkehrserhebung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aus dem Jahr 2002 und eigenen Verkehrserhebungen der BVG.

Es liegt doch auf der Hand, dass beispielsweise bei einer Schließung des S-Bahnrings sich andere Verkehrsströme in der Stadt ergeben als zu einem Zeitpunkt, wo dieser S-Bahnring noch unterbrochen war. Es liegt auf der Hand, dass wir endlich daran gehen müssen – und nicht nur davon reden dürfen –, dass Parallelverkehre zwischen S-Bahn und Buslinien abgebaut werden. Alle diese Verkehrsangebote sind von der Steuerzahlerin und dem Steuerzahler zu finanzieren.

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Matuschek – bitte schön!

Vielen Dank! – Herr Senator! Ich habe noch gar nicht nach den einzelnen Linien gefragt, sondern zunächst einmal nach dem Verfahren. Da möchte ich sie gern fragen: Die BVG behauptet, diese Linienveränderungen seien genehmigt, die Genehmigungsbehörde behauptet, man sei noch in der Prüfung, die Bezirke wurden zwar angeschrieben, aber offensichtlich haben sie es nicht so verstanden, dass sie zur Meinungsäußerung gebeten wurden, und die Kunden sind bei diesem Verfahren bisher völlig draußen. Wie bewerten Sie diesen Zustand?

Herr Senator Strieder – bitte!

Frau Abgeordnete! Ich kann Ihnen nur sagen, bei uns liegen noch nicht einmal alle Anträge auf die Genehmigung der Veränderung von Linienführungen vor. Insofern sind Genehmigungen noch nicht erteilt worden. Ich glaube auch nicht, dass wir diese Linienänderungen in einer öffentlichen Volksbefragung durchführen können, sondern es gibt eine wissenschaftliche Untersuchung, die Verkehrserhebung, die uns sagt, wie sich Verkehrsströme in der Stadt verändern. Es liegt auf der Hand – ich jedenfalls

Sen Strieder

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Wie bewerten Sie die Situation in Paris, wo nach meiner Kenntnis nach 20 Uhr, wenn die Kaufhäuser geschlossen haben, der Busverkehr generell eingestellt

wird und es üblich und preisgünstig ist, dann Taxi zu fahren?

Eine der größten Errungenschaften in Berlin war, dass Berlin 24 Stunden geöffnet ist und keine Sperrstunde hat. Daran wollen wir auch bei der BVG festhalten.

Dann rufe ich die Anfrage des Abgeordneten Matz von der Fraktion der FDP auf zum Thema

finde es sehr plausibel –, dass dann, wenn die S-Bahn ein ausgeweitetes, vergrößertes Verkehrsangebot hat, Verkehrsströme sich verändern und infolgedessen einige andere Linien deutlich weniger Passagiere als in der Vergangenheit haben. Wenn das der Fall ist, muss man überprüfen, ob man diese Linien noch so braucht, ob man sie mit einer veränderten Führung dazu bringen kann, wieder mehr Kunden zu gewinnen, oder ob man solche Linien ganz einstellen muss. Das ist die Diskussion, die zur Zeit geführt wird. Das Ergebnis wird eine deutliche Kostenreduktion bei der BVG sein, die dringend notwendig ist, wie die Anfrage, die wir gerade beantwortet haben, deutlich zeigt. Es wird auch – ich sage es noch einmal – an der einen oder anderen Stelle zu Unannehmlichkeiten oder mindestens zu Ungewohntem führen, aber es führt kein Weg daran vorbei, das System des öffentlichen Personennahverkehrs in Berlin zu optimieren.

Danke schön, Herr Senator! – Eine weitere Nachfrage von Frau Hertlein!

[Zuruf]

Frau Matuschek hat zwei Nachfragen gestellt, oder?

[Zuruf]

Eine nur? – Frau Matuschek, ich kann ja sonst sogar bis drei zählen.

[Zuruf von der CDU: Das ist das Alter!]

Ich bitte um Nachsicht, dann haben Sie das Wort. – Bitte, Frau Matuschek! – Ich wollte der Opposition auch mal eine kleine Freude machen.

[Frau Senftleben (FDP): Das ist Ihnen gelungen, Herr Momper!]

Herr Strieder, in der Zielstellung sind wir uns einig. Mir geht es darum, dass die Kunden bei dieser Angelegenheit nicht auf der Strecke bleiben. Die Einbeziehung von Kunden muss nicht unbedingt mit einer Volksbefragung erreicht werden. Deswegen noch die Nachfrage: Welche Prüfkriterien außer den betriebswirtschaftlichen Effizienzgewinnen der BVG legen Sie einer Genehmigung zu Grunde?

Herr Senator Strieder!

Frau Matuschek! Wir orientieren uns an den Nachfrageveränderungen bei den einzelnen Linien. Das heißt, die Kunden haben schon abgestimmt, indem sie bestimmte Linien deutlich weniger als früher nutzen. Insofern orientieren wir uns an den Kundenwünschen.

Jetzt ist aber Frau Hertlein mit einer Nachfrage dran. – Bitte schön, Frau Hertlein!

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Wir haben nicht vor, die Busverkehre in Berlin nach 20 Uhr einzustellen.

[Czaja (CDU): Morgen steht das auf Sarrazins Liste!]

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Senator!

Drohende Zahlungs- und Handlungsunfähigkeit von Vivantes

Bitte schön, Herr Matz!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

Wie gedenkt der Senat – wie versprochen ohne den Einsatz weiterer Steuergelder – sicherzustellen, dass die Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH zahlungs- und handlungsfähig bleibt, obwohl keine Reserven bestehen und – entgegen der Planung 30 Millionen € Verlust im Jahr 2003 erwartet werden,

zusätzliche Kosten durch die EuGH-Entscheidung zur Anerkennung der Ärzte-Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit entstehen sowie

Betriebskostensenkungen in Folge eines Krankenhausneubaus in Hellersdorf nicht erfolgen werden?

Danke schön, Herr Abgeordneter! – Das Wort zur Beantwortung hat der Finanzsenator Dr. Sarrazin.

Vielen Dank! – Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Das ist ja teilweise heute schon erörtert worden. Worum geht es beim Unternehmen Vivantes? – Es geht darum, dass der Umsatz kostendämpfungsbedingt fällt. Das ist auch gut so, weil wir keine steigenden Beitragssätze mehr wollen. Das bedeutet, dass wie für alle Krankenhausunternehmen auch hier die Bäume umsatzseitig außer durch Marktanteilsgewinne nicht in den Himmel wachsen. Der Umsatz beim Unternehmen entwickelt sich im Wesentlichen planmäßig. Die Abweichungen sind minimal und unter einem Prozent der Umsätze in diesem Jahr. Der Personalabbau entwickelt sich von den Kopfzahlen her ebenfalls planmäßig. Wir werden in diesem Jahr bei Vivantes von den Gesamtausgaben für Personal her 30 Millionen € weniger Ausgaben als vor

)

Sen Dr. Sarrazin

Herr Präsident, Sie erkennen aber hoffentlich auch, wenn Senatoren Fragen nicht vollständig beantworten, und dass man dann nachsetzt und sagt, ich möchte die Frage richtig beantwortet haben.

Deshalb habe ich Ihnen das Wort erteilt. Bitte, stellen Sie Ihre Frage.

(D