Protocol of the Session on June 26, 2003

Der Boulevard Unter den Linden ist eine der weltbe

kanntesten Straßen und jedem Berliner und Touristen ein Begriff. Kein Wunder also, wenn sich die Geister anhand der Planungen von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder entzünden, hat doch ein jeder seine eigenen Vorstellungen, wie sich der Boulevard in Zukunft präsentieren soll.

Um es am Anfang gleich klarzustellen: Die CDU

Fraktion kritisiert nicht den Umbau in der Sache. Jede Maßnahme, die den Boulevard aufwertet, ist grundsätzlich zu begrüßen. Was die CDU kritisiert, ist der Zeitpunkt und die Begründung von Senator Peter Strieder für den Umbau.

In Zeiten, wo die Berliner jeden Tag lesen dürfen, wie

schlecht es der Stadt doch geht, wir kein Geld haben und wie viele Leistungen eingespart werden müssen, ist es nicht zu vermitteln, dass die Linden für knapp 13 Millionen Euro umgebaut werden sollen.

Hinzu kommt noch, dass es viele Straßen in Berlin

gibt, die in einem wesentlich schlechteren Zustand sind als die Linden, die der Sanierung dringender bedürfen, als es die Aufwertung der Linden ist.

Um es auf den Punkt zu bringen, Herr Senator: Wir

halten Ihre politische Prioritätensetzung schlichtweg für falsch und nicht in diese Zeit passend! Aus Sicht der CDU stellen sich andere Prioritäten bei der Straßenunterhaltung in dieser Stadt.

Bleiben wir zunächst beim Parlaments- und Regie

rungsviertel. Der Ausbau der Französischen Straße kommt nicht voran, weil der Senat angeblich kein Geld hat. Wir brauchen aber dringend weitere Ost-WestVerbindungen, nachdem das Brandenburger Tor geschlossen wurde. Spätestens mit der Fertigstellung des Holocaust-Mahnmals wird der Verkehr dort zu nehmen, so dass die Straßen hier ertüchtigt werden müssen.

Aber auch viele Nebenstraßen des Boulevards Unter

den Linden sind dringend sanierungsbedürftig. Die von Bund durch den Hauptstadtvertrag bereitgestellten Mittel, die Senator Peter Strieder nun für den Umbau Unter den Linden verwenden will, könnten problemlos für die Sanierung dieser Straßen eingesetzt werden.

In beiden Punkten sieht sich die CDU in Überein

stimmung mit der IHK Berlin, die erst gestern dies auch gefordert hat.

Aus Sicht der CDU sind die mit dem Hauptstadt

Vertrag vom Bund bereitgestellten Gelder vorrangig für solche Maßnahmen zu verwenden, die dort die Straßeninfrastruktur sanieren.

Zurück zu unserem Boulevard Unter den Linden. Aus

Sicht der CDU gibt es zur Zeit nur einen wirklichen Abschnitt, wo Handlungsbedarf besteht, nämlich von der Schlossbrücke bis zur Universitätsstraße, und zwar nach Abschluss der Bauarbeiten am Bebelplatz, wo gerade die Bauarbeiten für die Tiefgarage begonnen haben.

Hinzu kommt, dass Bertelsmann dort gerade die

Kommandatur wieder aufbaut und dabei auch den Bürgersteig davor saniert. Herr Senator Strieder, was glauben Sie eigentlich, wie Ihre Pläne bei Bertelsmann gewirkt haben? Ein Investor saniert auf eigene Kosten ein Stück öffentliches Straßenland, hofft, dass die Stadt, weil rechts und links der Handlungsbedarf offensichtlich ist, nachzieht und darf dann aus den Medien erfahren, dass sein Areal keine politische Priorität genießt, sondern ein Abschnitt, der bei in Augenscheinnahme einen geordneten Eindruck hinterlässt. Herr Senator Strieder, so zerstört man Vertrauen bei Investoren in die Politik!

Nach Abschluss der Arbeiten dort unterstützt die CDU

die Pläne, die Linden bis zur Schlossbrücke zu sanieren. Die jetzt auf dem Mittelstreifen vor der HumboldtUniversität befindlichen Parkplätze werden dann nicht mehr benötigt. Die CDU plädiert jedoch im Gegensatz zu den Antragsstellern Bündnis 90/Die Grünen dafür, die jetzige Straßenführung mit einer Busspur und zwei Spuren für den Individualverkehr aufrechtzuerhalten.

Die im Hause Strieder vorbereitete Maßnahme ist

nach Meinung der PDS im Grundsatz richtig, im Detail aber zu hinterfragen. Zu begrüßen ist zweifellos die Verbreiterung der Gehwege. Ob dabei auch die Linden versetzt werden müssen, um sie wieder an der Bordsteinkante zu platzieren und somit verstärkt einer Schädigung durch Autoverkehr auszusetzen, erscheint uns überprüfenswert. Die Gehwegverbreiterung kann auch ohne Standortänderung der Linden realisiert werden. Die Café

tische stehen dann eben unter den Bäumen und nicht davor.

Zu begrüßen ist die Erneuerung des Stadtmobiliars,

also der Bänke usw. Zweifelhaft ist aber die Wiederherstellung eines historisierenden Zustandes einschließlich der Wegnahme von Silberlinden und der Neupflanzung von Kaiserlinden. Den Menschen, die auf diesem Boulevard spazieren wollen, ist diese Frage sicher nicht so wichtig wie die Begrenzung des hohen Lärmpegels durch den Autoverkehr.

Unverzichtbar ist eine überbreite Umweltspur von

4,50 m Breite. Die Notwendigkeit dafür begründet sich in dem überdurchschnittlich hohen Anteil des Fahrradverkehrs auf diesem Straßenabschnitt, der maßgeblich zur Attraktivität des Boulevards beiträgt. Der übrige Straßenraum – nach Verbreiterung der Fußwege verbleiben ca. 5 m – kann durch den Kfz-Verkehr ohne Spurmarkierung genutzt werden. Diese Variante ist in vielen leistungsfähigen Straßen Berlins üblich.

Wir werden im Ausschuss diese und andere Fragen

diskutieren. Wir werden dann auch die Finanzierung der Maßnahme überprüfen, wie viel Geld für die notwendige Sanierung der Fahrbahn benötigt wird, wie viel für die Gestaltung der Gehwege, wie viel für die Pflanzarbeiten.

Wer das Ku’damm-Modell für die Linden prokla

miert, nimmt auch in Kauf, dass wir dort die gleichen Staus bekommen. Aus Sicht der CDU steigert es nicht die Aufenthaltsqualität auf dem Boulevard, wenn sich auf einer verbleibenden Spur für den Individualverkehr der Verkehr staut. Hinzu kommt, dass es im Gegensatz zum Ku’damm auch keine ausreichenden leistungsfähigen Umfahrungsrouten gibt. Aus Sicht der CDU muss stattdessen auf den Linden ein vernünftiger Verkehrsfluss gewährleistet sein. Dies ist jedoch nur bei zwei Fahrspuren und einer Busspur gegeben.

Aus diesem Grunde werden wir den Antrag der Frak

tion Bündnis 90 / Die Grünen auch nicht unterstützen.

Der Antrag der Grünen benennt einige Aspekte, die es

lohnt zu diskutieren. In seiner Gesamtheit aber sagt er gerade nicht, was die Grünen wollen: Wollen sie eine Aufwertung des Boulevards Unter den Linden, der als einer der wichtigsten Touristenanziehungsorte Berlins zu bezeichnen und zu behandeln ist, oder wollen sie diese Aufwertung nicht?

Wir wollen den Boulevardcharakter der Straße stär

ken, und zwar für alle Nutzerinnen, für Fußgänger und Cafébesucher, für Radfahrer und Einkaufsbummler, für Nutzer des ÖPNV und auch für die nicht zu verleugnenden Autofahrer.

Für die Maßnahme gibt es einen gewissen Handlungs

druck. Der wird zunächst durch die beabsichtigte Umgestaltung des Forum Fridericianum determiniert. Die Eröffnung der Tiefgarage unter dem Bebelplatz muss unbedingt mit der zeitgleichen Umgestaltung des oberirdischen öffentlichen Raumes einhergehen. Alles andere ist unakzeptabel.

Die Umgestaltung der Linden ist Bestandteil der

Entwicklungsmaßnahme Regierungsviertel, und als

solche wird sie zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von Berlin finanziert. Eine Verschiebung der Maßnahme scheint möglich, aber nur im Rahmen der Entwicklungsmaßnahme. Eine Abwägung dieser

Maßnahme gegenüber anderen geplanten Maßnahmen kann man machen, aber dann soll man auch sagen, welche anderen Maßnahmen das wären und welchen Nutzen diese Maßnahmen hätten.

In dieser Legislaturperiode haben wir im Abgeordne

tenhaus bereits mehrfach über die Strasse Unter den Linden diskutiert. Ursache war die fragwürdige Entscheidung des Senats, das Brandenburger Tor für den Verkehr vollständig zu schließen. Jedoch möchte ich nicht diese Diskussion fortsetzen, sondern zur aktuellen Debatte um den Umbau der Straße Unter den Linden sprechen.

Wer bezweifelt, dass der Umbau überhaupt notwendig

ist, verkennt die Situation vor Ort vollkommen. Zwar ist inzwischen die Mittelpromenade vom Pariser Platz bis zur Universitätsstrasse in einem guten Zustand; die uneinheitliche Gestaltung des übrigen Straßenprofils spricht aber schon optisch für den Umbau. Dafür gibt es jedoch noch weitere gute Gründe.