Protocol of the Session on June 26, 2003

[Zillich (PDS): Im Gegenteil!]

[Gelächter bei der PDS und den Grünen – Wieland (Grüne): Das versuchen Sie mal!]

Dieser Antrag ist deshalb unseres Erachtens vollkommen überflüssig.

Ähnlich verhält es sich mit Ihrem Antrag zum Demonstrationsrecht bei Staatsbesuchen. Selbstverständlich ist die Demonstrationsfreiheit auch bei Besuchen dieser Art zu gewährleisten, das ist überhaupt keine Frage. Wie Sie wissen, haben die Sicherheitsbehörden in einem solchen Fall nur sehr begrenzten Spielraum. Die restriktive Rechtsprechung in diesen Fällen ist Ihnen wahrscheinlich besser bekannt als mir, weil Sie ja der Jurist in diesem Haus sind.

[Wieland (Grüne): Ja!]

Auch bekannt ist die Auffassung der Union, dass hier an der einen oder anderen Stelle etwas geändert werden sollte, allerdings ist völlig unstreitig: Auch für uns gilt das

Bei allen ernst zu nehmenden Forderungen in Ihren Anträgen, zu denen ich gleich kommen werde, wünschte ich mir schon, dass von den Grünen in der Bundesregierung die Bürgerrechtsproblematik annähernd in einem solchen Maße thematisiert würde wie von der Berliner Koalition. Manche Debatte wäre schlicht überflüssig, wenn die Rahmenbedingungen durch die Bundesregierung anders gesetzt wären.

In Ihrem ersten Antrag fordern Sie, die Schleierfahndung abzuschaffen. Ich sage ganz deutlich: In Anbetracht der rechtlichen Problematik der Kosten und der Ergebnisse, die nämlich schlicht Null sind – so viel an die CDU, es gibt keine positiven Ergebnisse der Schleierfahndung –, müssen wir ernsthaft darüber nachdenken und werden dies auch tun. Auch wenn der Koalitionspartner den Begriff der Schleierfahndung nicht schätzt, weil diese Maßnahme in Berlin anlassabhängig geregelt ist, bleibt aus unserer Sicht die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Dieser Punkt gehört ganz eindeutig auf den Prüfstand.

Im zweiten Antrag wollen Sie die Kennzeichnung der Polizei gesetzlich regeln. Auch da wissen Sie, dass die Kennzeichnungspflicht ein Punkt der Koalitionsvereinbarung ist.

Grundrecht der Versammlungsfreiheit als ein außergewöhnlich hohes Gut. Hier sollten Sie nicht immer wieder versuchen, einen Popanz zwischen uns, dem Rest des Hauses und Ihnen darzustellen. Aber auch hier beschwören Sie etwas, was es so gar nicht gibt, wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben, denn es gibt keine Gefährdung von Demonstrationsrecht bei Staatsbesuchen. Das ist schlichtweg Unsinn.

Letzter Antrag – keine Fahndung mit verdeckten SMS: Ich habe eingangs ein paar Grundzüge unserer Politik erwähnt und darauf hingewiesen, dass die Bürgerinnen und Bürger ein Anrecht darauf haben, dass wir als verantwortlich politisch Handelnde alles Nötige und Mögliche tun, um innere Sicherheit zu gewährleisten. Das Argument der Einengung bürgerlicher Freiheiten durch den so genannten Überwachungsstaat ist doch völlig überholt. Es ist deshalb überholt, weil nur in Sicherheit Freiheit überhaupt einen Nutzen hat. Diese Freiheit wird in keinster Weise durch einen überbordenden Kompetenzvorsprung der Sicherheitsbehörden bedroht, sondern durch die Feinde des Rechtsstaates. Unter anderem deshalb muss die Bekämpfung von schweren Straftaten durch den Einsatz modernster Fahndungsmethoden ermöglicht werden. Dazu gehört aus unserer Sicht auch das aktive Aufspüren von Straftätern durch SMS-Mitteilungen der Polizei. Die jüngst bekannt gewordenen Fahndungserfolge per SMS sind im Übrigen nicht durch eigenmächtiges Handeln der Polizei, sondern jeweils durch eine richterliche Anordnung erfolgt. Deshalb haben die datenschutzrechtlichen Bedenken keinen Bestand und entbehren auch hier jeglicher Grundlage. – Im Ergebnis unterstützen wir Innensenator Körting bei seinen Bemühungen, moderne Ermittlungsmethoden, die den datenschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechen, anzuwenden, um damit der Verbrechensbekämpfung in Berlin zum Erfolg zu verhelfen. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Danke, Herr Kollege Henkel! – Für die PDS spricht Frau Seelig! – Sie haben das Wort, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wieland, ich bin in keiner Weise beleidigt bei diesen Anträgen, zumal da eine relativ große Übereinstimmung an bestimmten Stellen zu verzeichnen ist.

[Wieland (Grüne): Gut!]

Ich bin öfter einmal beleidigt bei anderen Anträgen, nämlich da, wo die Bundesregierung mit den Grünen so hohe Schranken gesetzt hat – teilweise im Ausländerrecht – und wir vorneweggejagt werden. Da bin ich dann beleidigt, heute nur vergrippt.

Die Überschriften der fünf Grünen-Anträge beginnen mit der Forderung nach mehr Liberalität in Berlin. Ich glaube, wir können mit Fug und Recht von uns in Berlin behaupten, dass es hier tatsächlich ein Mehr an Liberalität

gibt, als es beispielsweise in manchen Sicherheitsgesetzen des Bundes und anderer Bundesländer zu finden ist.

[Beifall bei der PDS]

[Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

[Beifall des Abg. Wieland (Grüne)]

[Wieland (Grüne): Eben!]

Er wird umgesetzt. Zurzeit läuft ein Modellversuch. Ich denke, darüber sollten wir uns im Ausschuss von der Polizeiführung berichten lassen. Dass das gesamte Projekt nicht so schnell umzusetzen ist, wie wir es auch gewünscht haben, muss auch Ihnen einleuchten. Wir haben eine umfassende Strukturreform bei der Polizei, wir haben einen neuen Ansatz bei Großlagen, nämlich Deeskalation als Einsatzphilosphie, und all dies wäre niemals gegen den Willen der Polizistinnen und Polizisten möglich gewesen. Wir müssen Mitarbeiter an solchen Stellen mitnehmen. Wir wissen, dass der Widerstand der Gewerkschaften und Personalvertretungen gegen die Kennzeichnung so irrational wie massiv ist. Da halte ich es nicht für verkehrt, zuerst einen einvernehmlichen Weg zu suchen, zumal sich der Polizeipräsident eindeutig für eine Kennzeichnung ausgesprochen hat.

Ihren dritten Antrag verstehe ich nicht ganz, weil ich davon ausgehe, dass in Berlin das Versammlungsgesetz gilt und das im Gegensatz zu CDU-Senatoren von Senator Körting auch niemals in Frage gestellt wurde.

[Wieland (Grüne): Die Beispiele stehen doch in dem Antrag!]

Wenn Sie in Ihren Beispielen auf Lagen anlässlich von Staatsbesuchen eingehen, denke ich fast, dass an dieser Stelle auch noch einmal die Frage des Hauptstadtsicherheitsvertrags aufgeworfen werden sollte, der, in ausrei

Ich möchte mich hier inhaltlich auf die Schleierfahndung konzentrieren, weil sie aus unserer Sicht der gravierendste Eingriff ist. Man hat sich von dieser Maßnahme viel versprochen, aber selbst die Befürworter müs

sen doch eingestehen, dass es sehr viel Lärm um fast nichts gewesen ist.

Aus bürgerrechtlicher Sicht war es schnell klar, dass hier riesige Bedenken vorherrschen müssen: verdachts- und anlassunabhängige Kontrollen. Tausende von Bürgern werden einfach mal kontrolliert. Und was springt dabei heraus? – Natürlich auch ein paar Strafanzeigen. Wer das allerdings in einer freiheitlichen Gesellschaft für sinnvoll hält, möchte vielleicht auch, dass regelmäßig Hausdurchsuchungen in Problembezirken durchgeführt werden. Die Absurdität dieses Vorschlages erschließt sich ja selbst. Aber ich glaube, das möchte ja nicht einmal die CDU hier beantragen. – Das Ziel, die grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen, hat die Schleierfahndung nicht erreicht. Deswegen muss sie letzten Endes auch abgeschafft werden.

Die Alternative der FDP sieht wie folgt aus: Wir fordern einen verstärkten Einsatz der Polizei in den Kriminalitätsschwerpunkten mit einer bürgernahen Polizei, die auch durch Fußstreifen präsent ist.

Damit erreichen wir nämlich zweierlei, Herr Kollege Trapp. Auf der einen Seite stärken wir das subjektive Sicherheitsgefühl, es ist Polizei wirklich vor Ort. Ich sehe einen Polizisten, ich könnte ihn ansprechen, wenn etwas passiert. Auf der anderen Seite würde das zu einer wirklichen Verbesserung der objektiven Sicherheitslage führen. Das sind unsere Vorschläge. Sie sind aus unserer Sicht auch viel besser geeignet, um eine wirkliche Verbesserung der Sicherheitslage herbeizuführen.

chender Höhe umgesetzt, die Lage der Berliner Sicherheitsbehörden sicher auch im gewünschten Maße entspannen würde. Wenn es da Überreaktion gibt, dann sind sie auch einer gewissen extremen Forderung in diesen Einsatzlagen geschuldet.

[Wieland (Grüne): Och!]

Mit Ihrem vierten Antrag wollen Sie die Rasterfahndung eingrenzen. Und auch bei der Rasterfahndung sprechen die Ergebnisse, wie sie jüngst von Schily vorgestellt wurden, für sich. Ausschließlich alle Treffer im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung sind mit herkömmlichen kriminalistischen Methoden erreicht worden. Im Gegenteil, die massenhafte Datenflut im Zusammenhang mit der Rasterfahndung hat sehr viel kriminalistisches Potential gebunden. Es ist sicher angemessen, eine solche Maßnahme als Ultima Ratio anzusehen und dies auch in der gesetzlichen Bindung so zu formulieren. Man muss realistischerweise davon ausgehen, dass die Maßnahme im Wesentlichen einen psychologischen Aspekt hat. Ich gebe nur einmal zu bedenken, wenn sich Berlin als einziges Bundesland nach dem 11. September dieser Maßnahme verschlossen hätte und es wäre etwas passiert – davon ganz abgesehen, dass man das man mit der Maßnahme nicht verhindert hätte –, wäre das Sicherheitsempfinden der Menschen dieser Stadt noch einmal erheblich beschädigt worden. Und es liegt aus meiner Sicht auch da bei der Bundesregierung, diese Maßnahme ernsthaft auf den Prüfstand zu stellen, weil ich denke, da kann kein einzelnes Bundesland die Entscheidung für sich allein treffen. Sie haben hier auch nur eine Einschränkung, nicht eine Abschaffung vorgeschlagen. Wir werden uns die Dinge genau ansehen.

[Wieland (Grüne): Es geht noch weiter, wenn Sie das möchten!]

Über Ihren letzten Antrag – keine Fahndung mit verdeckten SMS – erinnere ich nur an den Datenschutzausschuss. Es gibt offensichtlich mindestens drei unterschiedliche Rechtsauffassungen. Es ist darum gebeten worden, eine rechtliche Stellungnahme durch die Innen- und Justizverwaltung vorzubereiten. Lassen Sie uns die einfach abwarten. – Danke schön!

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Frau Kollegin Seelig. – Als Letzter in der Liste hat das Wort Herr Ritzmann für die FDP. – Bitte schön!

Herr Henkel! Auch bestehende staatliche polizeiliche Eingriffsrechte müssen überprüft werden, und zwar immer wieder auf ihre Verhältnismäßigkeit und ihre Tauglichkeit.

[Zuruf des Abg. Trapp (CDU)]

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

[Zuruf des Abg. Trapp (CDU)]

[Trapp (CDU): Das bedeutet 500 Stellen runter, Abschnitt 44 wird aus Personalmangel geschlossen!]

Noch ein Wort zum Titel: „Mehr Liberalität in Berlin“. Richtig ist, Berlin braucht mehr Liberalität. Aber was hat das denn mit den Grünen zu tun?

Herr Kollege! – Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Trapp?

Ich bin im Schlusswort, Herr Trapp. Können wir das nachher nicht untereinander regeln? – Danke schön. – Was hat Liberalität mit Grün zu tun? – Es kann sich doch letztendlich nur um gefühlte Liberalität handeln,

[Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

denn mit objektiv nachgewiesener Freiheitsliebe habe ich bei Ihrer Fraktion kaum etwas wahrgenommen,

[Frau Oesterheld (Grüne): Jetzt reicht es aber!]

einer Partei, die sich über staatliche Regulierungswut in allen Lebensbereichen profiliert, von der Gängelung der Baumbesitzer über eine Kulturpolizei bis zum HundeTÜV.

[Frau Jantzen (Grüne): Schön wäre es ja!]