Protocol of the Session on May 22, 2003

3. Die Investoren wollten die Verkehrsanbindung nicht finanzieren. In der Tat ist sie nach dem alten westberliner Motto „Das Beste ist gerade gut genug für uns, wenn es die anderen bezahlen müssen“ äußerst luxuriös ausgestaltet worden. Von den vorgesehenen 250 Millionen € lässt sich locker mehr als die Hälfte einsparen, ohne dass die Attraktivität für die Fluggäste darunter leidet. Viel wichtiger ist, dass am Lehrter Bahnhof ein Voll-Check-in für alle Airlines realisiert wird, damit die Flugreise schon am Lehrter Bahnhof und nicht erst am 23 Kilometer entfernten Flughafen Schönefeld beginnt, wie das in London mit Paddington Station und Heathrow Airport bereits der Fall ist.

Mit den 50 Millionen Fluggästen in Frankfurt am Main kann sich Berlin ebenfalls nicht messen. Dort umfasst der Einzugsbereich mit 20 Millionen Einwohnern das Vierfache von Berlin und Brandenburg. Leere Slots, dort heiß begehrt, werden hier wie Sauerbier angeboten. Während von Frankfurt pro Woche 600 interkontinentale Ziele direkt angeflogen werden, sind es in Berlin lediglich 30.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schmidt?

Nein! Ich habe zu wenig Zeit. – Der Umsteigeverkehr in Frankfurt liegt bei 60 %, in Berlin beträgt er weniger als 3 %. Zudem gibt es hier 60 % Kurzstreckenflüge unter 600 Kilometern, die durch die Fertigstellung der schnellen Eisenbahnen sukzessive reduziert werden.

Herr Regierender Bürgermeister! Zum Stichwort Eisenbahn: Machen Sie sich nicht, wie weiland Herwig Haase, zur öffentlichen Lachnummer! Wir brauchen keinen Transrapid, weder in München noch im Ruhrgebiet und schon gar nicht zwischen Berlin und Moskau.

[Beifall bei den Grünen – Niedergesäß (CDU): Doch, da brauchen wir ihn!]

Ja, Sie! – Was diese Region benötigt, wenn sie nach der EU-Erweiterung nicht in Stau und Abgasen ersticken will, ist die schnellstmögliche Wiederherstellung der Schienenverbindungen nach Ost- und Mitteleuropa.

[Dr. Lindner (FDP): Och!]

Hier war Ihnen bei den Beratungen zum Bundesverkehrswegeplan die Verlängerung der Stadtautobahn wichtiger als die Eisenbahnstrecken ins Baltikum oder ins südliche Polen. Ihre Transrapid-Phantasien, Herr Regierender Bürgermeister, und Berlins Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan, Herr Senator Strieder, sind nicht nur ein verkehrs- und umweltpolitischer, sondern auch ein europapolitischer Skandal. Beides zeigt Ihre begrenzte Wahrnehmung von Realität und aktueller Notwendigkeit.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie überhaupt keine Zwischenfragen?

Nein. Erst wenn ich fertig bin. – Zurück zum Flughafen. Nach dem Scheitern der Privatisierung gibt es nur zwei Alternativen: Neuausschreibung oder Bau durch die öffentliche Hand. Die Neuausschreibung bringt einen Zeitverlust von mindestens zwei Jahren und birgt, wie wir schmerzlich erfahren mussten, zahlreiche Risiken. Dass auch die öffentliche Hand bauen kann, stellt sie permanent unter Beweis. Die zahlreichen Autobahnprojekte oder der 10 Milliarden teure Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin wurden durch die öffentliche Hand gemanaget.

[Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Unter diesen Voraussetzungen gibt es bei einem öffentlichen Management gegenüber dem gescheiterten Privatisierungsvertrag sechs Vorteile:

4. Die Investoren wollten für ihr eingesetztes Kapital eine Rendite von 13,5 % garantiert haben. Weil das Land Berlin Kommunalkredite für weniger als 3 % bekommt, ergibt sich eine gewaltige Einsparsumme.

5. Mit der Privatisierung wären dem Land Berlin auch die Einnahmen der Flughäfen verloren gegangen. Trotz der Verluste in Tempelhof und Schönefeld waren das im letzten Jahr immerhin 20 Millionen €. Nach Fertigstellung von BBI und der Schließung von Tegel und Tempelhof sind Einnahmen in Höhe von gut 60 Millionen € pro Jahr zu erwarten.

6. Die Flughafengebühr ist eine Lizenz zum Gelddrucken. Sie sollte von Land Berlin nicht leichtsinnig aus der Hand gegeben werden. Vorgesehen war ein Betrag von 10 €. Das ergibt bei 13 Millionen Fluggästen 130 Millionen € pro Jahr. Nach meiner Überzeugung lässt sich mit diesem Geld auch für die öffentliche Hand der SingleAirport in Schönefeld finanzieren, insbesondere wenn auf Großkotzigkeit verzichtet wird, Antikorruptionsorganisationen eingebunden werden, ein wirksames Controlling

verwirklicht worden wäre, dann hätte München gar keine

und zwar dann, wenn die Kapazitäten in München und in Frankfurt nicht mehr ausreichen und internationale Verbindungen von Berlin aus einen Sinn machen. Frankfurt und München leben nicht nur aus dem Einzugsgebiet, das sie selber abdecken, sondern auch dadurch, dass die Menschen aus Norddeutschland, aus den neuen Bundesländern alle gezwungen sind, nach Frankfurt und München zu gehen. Natürlich haben wir es zurzeit verpasst, den Stellenwert Münchens zu erreichen. Wenn die Entscheidungen früher gefallen wären und wenn die Projektion

wirklicht worden wäre, dann hätte München gar keine Chance gehabt, als zweiter HUB sich in Deutschland zu etablieren. Dies ist aber alles immer: wenn, wenn, wenn, hätte, hätte, hätte – nutzt uns nicht viel. Diese Chancen sind in der Tat verpasst worden. Trotzdem macht es Sinn, daran zu arbeiten, den Flughafen als Single-Standort auch als Drehscheibe zu nutzen, nicht nur für die Menschen aus der Region, sondern auch als strategische Verbindung gerade Richtung Asien, Osteuropa, Russland. Das macht viel Sinn. Davon sollten wir auch in der Projektion nicht lassen.

Die ursprünglichen Planungen von 60 Millionen Passagieren sind reduziert worden. Die beantragten Pläne haben eine Balance zwischen der Perspektive der Entwicklungschancen und den Realitäten. Dieses Projekt ist für uns wichtig. Wir sind in Partnerschaft mit Brandenburg, mit dem Bund. Diese Partnerschaft ist auch wieder bestätigt worden.

Die Frage der Privatisierung hat eine längere Geschichte. Wir befinden uns immer noch im Vergabeverfahren. Das ist noch nicht rechtlich abgeschlossen. Was wir erreicht haben durch die Beschlussfassung des Aufsichtsrats der PPS und der Gesellschafterversammlung heute, ist, dass eine Abwicklungsvereinbarung zur Grundlage genommen wird. Diese Abwicklungsvereinbarung ist von uns – jedenfalls von den drei Gesellschaftern – bestätigt worden. Sie kann abgeschlossen werden. Ich gehe davon aus, dass das Konsortium, das mit den entsprechenden Verhandlungsführern das gemeinsam erarbeitet hat, auch dazu steht. Damit ist ein Interessenausgleich gefunden worden. Man hat die Chance, einen Schlusspunkt zu setzen. Es hilft auch nicht mehr viel, zu bewerten: Haben da die Konsortialmitglieder versucht, die Gesellschafter über den Tisch zu ziehen? Ist das ein tragfähiges Konzept gewesen oder nicht? – Es hat sich herausgestellt, dass im Laufe der Verhandlungen der Optimismus zur Privatisierung doch mehrere Dämpfer bekommen hat und dass auch im Vergleich zum alten Vertrag – das an die Seite der CDU gerichtet – die Risiken, die in dem alten Vertrag waren, die nicht benannt waren und einseitig zu Lasten der Gesellschafter in dem alten Vertrag gingen. Wenn das Entgeltrisiko einseitig zu Lasten der Altgesellschafter im alten Vertrag geregelt war, dann wäre es automatisch zu Nachforderungen und Nachzahlungen gekommen. Unser Bestreben war von vornherein, auch bei einem Privatisierungsvertrag klar zu machen, dass die Risiken klar benannt und klar verteilt werden. Dazu gehörte u. a. auch eine Übernahme der Risiken bezüglich der Entgelte durch die Bieter. Das hat zum Schluss auch ein großes Problem gemacht, weil es nicht automatisch so ist, Herr Cramer, dass man einfach anordnen kann, man kassiert 10 € mehr Gebühr, sondern dazu braucht man Genehmigungsverfahren, und die sind auch gerichtlich überprüfbar. Da ist nicht die Garantie, dass man sie auch bekommt. Deshalb wollten wie sie aus unserer Risikosphäre heraushaben. Bei Privatisierungen muss ein Grundsatz immer für die öffentliche Hand gelten: Alle Gewinne bei den Käufern und alle Risiken bei den Ver

eingebaut und der Flughafen Schritt für Schritt bedarfsgerecht ausgebaut wird.

Aus all diesen Gründen begrüßen wir die gescheiterte Privatisierung mit Hochtief-IVG und fordern die drei Gesellschafter auf, schnellstmöglich ein öffentliches Finanzierungskonzept vorzulegen. Unabhängig davon muss das Planfeststellungsverfahren für den SingleAirport in Schönefeld zügig zu einem rechtskräftigen Abschluss geführt werden. Im Interesse von Umwelt und Natur, im Interesse der Menschen in Pankow und Reinickendorf, in Tempelhof und Lichtenberg und auch im Interesse der knappen Haushaltsmittel von Bund und Ländern bleibt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dabei: Der Single-Airport in Schönefeld muss zügig fertig gestellt, Tempelhof und Tegel müssen schnellstmöglich geschlossen werden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Danke schön! – Für den Senat hat nunmehr der Regierende Bürgermeister das Wort. – Bitte schön!

[Zuruf von rechts: Ist der heute mal da?]

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verwirklichung des Projekts Berlin-Brandenburg International Single-Airport in Schönefeld ist nach wie vor eines der wichtigsten wirtschaftspolitischen Projekte in der Region Berlin-Brandenburg. Wir müssen alles tun, dass dieses Projekt sich auch verwirklichen lässt. Ich bin zufrieden, dass im Prinzip bei allen Fraktionen des Hauses ein breiter Konsens zur Frage der Privatisierung besteht. Dies ist in der Debatte deutlich geworden. Es war auch nicht immer so. Das ist eine gute Grundlage, dass klar wird, dass jenseits von allen parteipolitischen Usancen und Grenzen ein gemeinsamer Wille da ist, auch die Zukunft dieser Region zu gestalten. Und dazu ist es wichtig, dass wir die Flughäfen konzentrieren, einen Flughafen bauen und die Gewährleistung dafür bieten, dass sich eine wirtschaftliche Entwicklung ergeben kann.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Dabei ist aus meiner Sicht gar nicht die entscheidende Frage, ob da ein internationales Drehkreuz kreiert wird, Herr Cramer, dies ergibt sich von alleine,

[Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

Wer in Frage stellt, dass wir einen Singleairport bilden, und dazu gehört, dass Tempelhof und Tegel geschlossen werden, der stellt das Planfeststellungsverfahren in Frage.

Derjenige stellt den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum BBI in Frage. Das wäre fahrlässig, dass muss man bewusst machen bei allen öffentlichen Debatten darüber.

Die Pläne sind für eine Dimension dieses Flughafens abgegeben, sie werden überprüft werden. Das ist auch das Recht derjenigen, die dagegen vorgehen. Wenn die Gesellschafter mitten im Verfahren anfangen zu sagen, sie bauen den Flughafen anders oder kleiner, oder lassen Tegel offen oder ein bisschen Tempelhof offen, dann wird das Planfeststellungsverfahren scheitern. Deshalb muss man vorsichtig damit umgehen. Selbstverständlich werden wir bei dem Konsensbeschluss bleiben. Das bedeutet, dass Tempelhof geschlossen wird

und er muss aus auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen, Herr Lindner, wo Sie ja sonst immer so viel Wert darauf legen –, weil er der absolute Verlustbringer ist. Wir können es uns nicht erlauben, ihn aufrechtzuerhalten. Dementsprechend sind die Anträge zur Stilllegung auch gestellt. Sie werden bewilligt werden. Ich gehe davon aus, dass wir Tempelhof dann schließen. Selbstverständlich muss Tegel geschlossen werden, wenn der BBI fertig gestellt ist. Daran darf es überhaupt keinen Zweifel geben. Wer Zweifel sät, sät auch Zweifel am Erfolg des Planfeststellungsverfahrens.

käufern. – Das ist kein Prinzip, das der Senat mitmacht. Und so haben wir auch verhandelt.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich hoffe, dass durch das Privatisierungsverfahren oder dann eben den Abschluss des Privatisierungsverfahrens in der beschriebenen Art und Weise ein Punkt gesetzt wird, der eine Zukunftsperspektive für die Realisierung des Flughafens bietet.

Zu trennen von der Privatisierung ist das Planfeststellungsverfahren. Das wird im politischen Raum oft nicht begriffen. Das Planfeststellungsverfahren ist viel komplizierter und viel risikoreicher als das Privatisierungsverfahren, denn beim Privatisierungsverfahren ist man zumindest – daran hatte ich zwar zwischendurch auch manchmal Zweifel – Träger des Verfahrens und kann auch Alternativen bieten. Wenn wir das Planfeststellungsverfahren nicht juristisch zum Abschluss bringen in der Weise, dass das bevorstehende Gerichtsverfahren den Plan bestätigt, dann brauchen wir uns über die Frage des Baus nicht mehr zu unterhalten, sondern dann ist das Projekt gescheitert. Das sind die Dinge, die wir berücksichtigen müssen. Die Pläne sind abgegeben. Es hat die Nachbesserungen gegeben, die notwendig waren. Ich hoffe, dass diejenigen, die das komplizierte Verfahren mit den entsprechenden anwaltlichen und juristischen Begleitungen betreut haben, das Verfahren so gestaltet haben, dass es auch gerichtsfest sein wird. Danach kann erst mit dem Bau begonnen werden, um das klar zu machen, nicht vorher. Insofern ist auch durch die Zeit, die jetzt vergangen ist, im Rahmen der Privatisierungsverhandlungen nichts an Zeitverlust passiert, was die Fertigstellung des Termins des Flughafens anbelangt. Wir werden in der Zwischenzeit bis zur Planfeststellung die Zeit nutzen, um Voraussetzungen zu schaffen, dass nach Planfeststellungsbeschluss mit dem Bau begonnen werden kann. Dazu gehört es, dass mit dem Umsiedlungsverfahren schon weiter gemacht wird. Das ist natürlich ein Risiko. Aber es gibt auch einen Vertrauensschutz gegenüber den Menschen, die in Diepensee und Selchow betroffen sind, die sich auf die Vorverträge verlassen und sagen: Wir wollen auch die Erfüllung haben. – Die Gesellschafter haben sich entschieden, die Verträge tatsächlich zu erfüllen, das Geld zur Verfügung zu stellen, damit die Umsiedlung passieren kann und auch damit nach Planfeststellungsbeschluss kein Zeitverlust entsteht, so dass die Realisierung des Projekts beginnen kann. Zu dieser Realisierung gehört es, dass diejenigen, die den Antrag bei der Planfeststellungsbehörde gestellt haben, nicht ständig während des Antragsverfahrens ihre Meinung ändern. Da wundere ich mich doch sehr über die FDP. Mit ihrer Position, die sie hier artikuliert haben, könnte ich das Planfeststellungsverfahren selbst beenden, weil ich den Antrag zurückziehen müsste, weil mit ihrer Position die Grundlage für die Planfeststellung entzogen ist. [Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

[Dr. Lindner (FDP): Wann denn?]

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Herr Regierender Bürgermeister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kaczmarek von der CDU-Fraktion?

Bitte!

Dann haben Sie jetzt das Wort!

Herr Regierender Bürgermeister! Sind Ihnen Äußerungen der Planfeststellungsbehörde aus Brandenburg bekannt, wonach es für den Erfolg des Planfeststellungsverfahrens in Schönefeld völlig unerheblich ist – das sind übrigens auch Äußerungen, die Staatssekretär Stimman im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr bestätigt hat –, ob eine Million Passagiere in Tempelhof abgefertigt wird oder nicht?

Nein, sie sind mir nicht bekannt. Selbstverständlich ist die Kapazitätserweiterung in Schönefeld Teil des Planfeststellungsverfahrens. Wenn Sie propagieren, dass es weiterhin bei zwei Flughäfen bleibt, dass war die FDP – –

[Zurufe von der CDU: Einen! – Lindner (FDP): Einen!]

Nein, die FDP hat noch etwas ganz anderes gesagt. Schönefeld ein bisschen ausbauen, dann Tegel weitermachen und Tempelhof erweitern. Damit können sie alles begraben. Wir sagen aus Kapazitätsgründen für die Be

Selbstverständlich haben wir öffentliche Kontrollmechanismen, die dazu da sind, dass gar nicht der Hauch einer Anmutung kommt. Aber pauschal solche Dinge zu unterstellen, finde ich unerträglich. Ich finde auch das unerträglich, was Sie zu einigen Personen gesagt haben. Man kann einzelne Persönlichkeiten als Führungspersonal in Unternehmen unterschiedlich bewerten, aber das, was Sie hier teilweise losgelassen haben, ist an jeder Realität vorbei und ist auch nicht der Stil, in dem wir uns auseinandersetzen sollten.